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Die eigene Berufung finden

von Elke Burkholz (Messel)

Predigtdatum : 27.01.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Sexagesimae
Textstelle : Apostelgeschichte 16,9-15
ggf. Homepage, auf der die Predigt verzeichnet ist : http://kirchemessel.de
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Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus,
liebe Gemeinde,
die Wege Gottes mit uns Menschen halten manche Überraschung bereit. Es ist manchmal gar nicht so einfach, sich darauf einzustellen. Paulus zum Beispiel hat das erfahren. Er wollte als guter Jude dafür sorgen, dass Gott geehrt wird. Und deshalb hat er versucht, die Ausbreitung dieser merkwürdigen neuen jüdischen Sekte, der Christen, zu verhindern. Dabei dachte er, er handelt im Auftrag Gottes. Und dann kam es ganz anders. Jesus Christus ist ihm erschienen und hat ihm im Namen Gottes einen neuen Auftrag erteilt, der das Gegenteil von dem war, was Paulus für seinen Auftrag gehalten hat. Ab dieser Erfahrung hat er den christlichen Glauben in der römischen Welt ausgebreitet. Paulus hat in seiner Lebensgeschichte gelernt, auf Gottes Hinweise und Aufträge zu hören und aufzupassen. Ein Beispiel dafür ist unser heutiger Predigttext. Ich lese Apostelgeschichte 16,9-15
Und Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: ein Mann aus Mazedonien stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!
(10)Als er aber die Erscheinung gesehen hatte, da suchten wir sogleich nach Mazedonien zu reisen, gewiß, daß uns Gott dahin berufen hatte, ihnen das Evangelium zu predigen.
Da fuhren wir von Troas ab und kamen geradewegs nach Samothrake, am nächsten Tag nach Neapolis
(12)und von da nach Philippi, das ist eine Stadt des ersten Bezirks von Mazedonien, eine römische Kolonie. Wir blieben aber einige Tage in dieser Stadt.
(13)Am Sabbattag gingen wir hinaus vor die Stadt an den Fluß, wo wir dachten, daß man zu beten pflegte, und wir setzten uns und redeten mit den Frauen, die dort zusammenkamen.
Und eine gottesfürchtige Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, so daß sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde.
(15)Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach: Wenn ihr anerkennt, daß ich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie nötigte uns.
Fragen Sie sich manchmal, was der Sinn Ihres Lebens ist?
Fragen Sie sich manchmal, wozu lebe ich jetzt hier und heute an diesem Ort, mit diesen Menschen? Wenn Sie sich das fragen, dann fragen Sie nach Gottes Auftrag in Ihrem Leben!
Und ich sage Ihnen heute: Es gibt diesen Auftrag für Ihr Leben. Ihr Leben hier in Messel hat einen Sinn. Sie sind hier zu dieser Zeit und an diesem Ort, weil Sie einen Auftrag haben, der nicht nur Sie betrifft sondern auch die Menschen mit denen Sie zusammen leben und denen Sie begegnen. Vielleicht kennen Sie Ihren Auftrag schon ganz genau. Vielleicht wissen Sie, was Gott von Ihnen und für Sie will und Sie leben damit zufrieden und glücklich. Vielleicht bezieht sich dieser Auftrag auf Ihre Familie oder Ihre Arbeit oder Ihre Nachbarschaft oder Ihr ehrenamtliches Engagement oder alles zusammen. Wenn Sie es genau wissen, was der Sinn Ihres Lebens ist, dann meinen herzlichen Glückwunsch. Ich freue mich für Sie, bleiben Sie dabei. Aber wenn Sie es noch nicht so genau wissen, wenn Sie noch nicht so genau wissen, was der Sinn Ihres Lebens ist und warum Sie auf diese Erde leben, warum sie genau so gebracht werden wie Sie sind? Wenn Sie noch nicht wissen, was Sie tun und sollen und wie Sie etwas Gutes für sich und die Welt und Menschen um Sie herum bewirken können und sollen, dann können Sie sich an Paulus ein Beispiel nehmen.
Inwiefern an Paulus, könnten Sie jetzt fragen? Ich erkläre es Ihnen an unserem Predigttext. Paulus ist unterwegs in der heutigen Türkei. Er hat sich mit seinem alten Reisegefährten Barnabas zerstritten. Ursprünglich wollte er mit ihm zusammen auf einer zweiten Reise die Gemeinden besuchen, die sie auf ihrer ersten Reise gegründet hatten. Jetzt auf der zweiten Reise hat er einen neuen Begleiter Silas. Er fühlt sich mit seinem Begleiter Silas zusammen berufen in der Gegend der heutigen Türkei das Evangelium zu verbreiten. Aber dann passieren ihm merkwürdige Dinge. Er will in der Norden der heutigen Türkei reisen und darf es nicht. Dann will er in den Westen. Aber er muss an der Gegend, in der er missionieren wollte vorbeiziehen. Und schließlich kommt er nach Troas an der Küste. Und da hat er diesen Traum. Es erscheint ihm im Traum ein Mann aus Mazedonien und bittet ihn herüber zu kommen. Jetzt ist das keine Kleinigkeit. Troas liegt an der Küste und bis Mazedonien sind es ca 250 km. Aber Paulus ist sich sicher, Gott hat diesen Traum geschickt und er fährt los. Er schifft sich in Troas ein. Das Schiff fährt an der Küste entlang. Und bereits am ersten Tag kommt das Schiff bis Samothrake. Das bedeutet. Es legt über 100 km an einem Tag zurück. Das sind mehr als günstige Winde. Das grenzt an ein Wunder. Am zweiten Tag kommen sie bis nach Neapolis, an der heutigen griechischen Küste. Noch einmal über 100 Kilometer an einem Tag. Diese Reise hatten Paulus und Silas so nicht geplant. Aber sie tun, was sie als ihren Auftrag erkannt haben. Und etwas, was vorher fast unmöglich erschienen war, geht plötzlich ganz leicht. Die beiden haben Rückenwind. In Neapolis gelandet gehen sie dann auf dem Landweg in die Hauptstadt von Mazedonien: Phillipi. Da sind sie ein paar Tage und nun müssen sie warten. Es ergibt sich erst einmal gar nichts. Aber am Sabbat finden sie am Fluss eine Gruppe von Frauen, die einen jüdischen Gottesdienst feiern. Paulus nutzt die Chance und erzählt dort am Fluss in diesem Gottesdienst von Jesus Christus. Das kann man sich so vorstellen. Als durchreisender Jude wird er von den anderen Jüdinnen und Juden freundlich empfangen. Man tauscht Nachrichten aus. Und natürlich wird der Gast aufgefordert etwas aus der heiligen Schrift vorzulesen und ein paar Worte dazu zu sagen. Da ergab es sich ganz natürlich, dass er die Gelegenheit hatte von Jesus Christus zu erzählen. Und gleich an diesem ersten Sabbat passiert etwas ganz Erstaunliches. Die Purpurhändlerin Lydia interessiert sich für seine Botschaft. In unserem Text steht, Gott öffnete ihr Herz. Und in der Folge lässt sie sich mit ihrem ganzen Färberei- und Handelsbetrieb taufen.
Das ist nicht nur ein überraschender Erfolg. Es ist auch eine Geschichte mit einem hintergründigen Witz. Man muss etwas näher hinsehen, um zu verstehen, was dem Paulus hier passiert ist, als er sich auf Gottes Führung eingelassen hat.
1. Paulus erscheint im Traum ein mazedonischer Mann, der ihn um Hilfe bittet. Was Paulus in Phillipi findet ist eine Frau. Ob er sich, wenn ihm eine Frau im Traum erschienen wäre auch auf die weite und gefährliche Reise gemacht hätte? Ich glaube eher nicht!
2. Paulus ist im Traum ein mazedonischer Mann erschienen. Und Paulus findet nicht nur eine Frau sondern sondern noch dazu eine ausländische Frau. Lydia kommt aus Tyatira. Das liegt in der heutigen Westtürkei und zwar in der Gegend an der Paulus vorbeigezogen ist. Paulus reist 250 Kilometer um eine Frau anzusprechen, die aus der Gegend kommt, wo er eigentlich missionieren wollte. Das ist doch heiß oder?
3. Paulus wollte unter den Jüdinnen und Juden der Gegend das Evangelium verbreiten, deshalb hat er ja nach einer Synagoge gesucht. In Lydia hat er eine sogenannte Gottesfürchtige gefunden, dass heißt eine Frau, die nicht als Jüdin geboren ist, aber am jüdischen Gottesdienst teilnimmt. Diese Frau kocht vermutlich nicht koscher und sie hält sich auch sonst nicht an die Reinheitsgebote. Und sie lädt Paulus ein, bei sich zu wohnen. Eine unverheiratete Frau und ein unverheirateter Mann und sie keine Jüdin, er ein Jude. Das wird Geschwätz geben. Da muss Paulus sich überwinden um diese Einladung anzunehmen. Aber es muss, damit seine Botschaft glaubwürdig bleibt. Er hat ja Lydia und den anderen gesagt: Es ist nicht mehr wichtig ob jemand Jude oder Grieche, Frau oder Mann oder sonst was ist, alle sind eins in Christus. Wenn man an Christus glaubt, gehört man dazu. Und dazu muss er jetzt stehen.
Paulus bekommt da ganz schön etwas zugemutet. Aber er bekommt auch etwas Wunderbares geschenkt. Um den Haushalt von Lydia in Phillipi herum entsteht die erste christliche Gemeinde auf europäischem Boden. Und Phillipi ist die diejenige Gemeinde die Paulus unterstützen wird, als er ins Gefängnis kommt. Es die diejenige Gemeinde, die ihm viel Freude machen wird und die seinem Herzen immer am nächsten stehen wird. Und ja von Phillipi aus stösst Paulus auf seiner zweiten Missionsreise in neues Gebiet vor. Er wird die großen Gemeinden, die wir aus der Bibel von den Titeln seiner Briefe kennen auf dieser Reise gründen: Thessalonich und Korinth. Indem Paulus diesem Traum gefolgt ist, der sich erst einmal überhaupt nicht erfüllt hat, hat sich für ihn ein neuer Raum erschlossen. Und er hat das Evangelium nach Europa gebracht. 2000 Jahre später wissen wir, dass es sich von Europa aus in die ganze Welt ausgebreitet hat. Was für ein Segen ist daraus geflossen, dass Paulus auf seinen Traum gehört, den Traum, in dem Gott ihm seinen Auftrag gezeigt hat.
Ich habe vorhin gesagt: Wenn wir den Sinn unseres Lebens und den Auftrag Gottes für uns finden wollen, können wir uns Paulus zum Vorbild nehmen.
Inwiefern kann Paulus uns da Vorbild sein?
Paulus ist offen für Gottes Führung gewesen. Erst ist er an Mysien vorbei gelaufen, weil seine innere Stimme ihm gesagt hat, da solle er nicht hingehen. Das ist wichtig, wenn wir unsere Berufung finden wollen. Auf die innere Stimme hören. Wenn wir das Gefühl haben, das was ich da gerade mache ist falsch. Es passt nicht zu mir, dann sollte ich mir überlegen, ob ich wirklich auf dem richtigen Weg bin und eventuell einen anderen einschlagen.
Paulus hat dann auf seinen Traum gehört. Wie ist das mit unseren Träumen? Gibt es etwas, was wir unbedingt noch einmal tun wollten aber uns nie getraut haben. In uns allen gibt es ungelebtes Leben, Dinge zu denen wir nie gekommen sind, die wir unrealistisch fanden aber nach denen unsere Seele sich sehnt. Und vielleicht kommen wir dem Sinn unseres Lebens näher, wenn wir etwas mehr auf unsere Träume hören.
Ja und dann hatte Paulus Rückenwind auf der Reise. An dem Rückenwind hat er gemerkt, dass er richtig liegt. Er hat diesen Rückenwind genutzt.
Wo spüren Sie in ihrem Leben Rückenwind? Was fällt Ihnen leicht? Bei was sagen Sie, das ist doch ganz einfach? Dafür habe ich ein Händchen? Ich glaube, dass die Berufung Gottes in Ihrem Leben in etwas liegt, was Ihnen leicht fällt, was Ihnen Freude macht, was sie gut können, in etwas mit dem Sie sehr zufrieden und glücklich sein werden. In welche Richtung müssten Sie suchen, um so etwas zu finden?
Und dann war Paulus hartnäckig und hat sich nicht von seinem Ziel abbringen lassen als er auf etwas ganz anderes gestoßen ist als er von seinem Traum her vermutet hat. Er hat sich mit dem arrangiert, was anders war und hat flexibel auf das reagiert was ihm entgegen gekommen ist.
Ich glaube das gehört auch dazu, wenn wir wissen wollen, welchen Auftrag wir in der Welt haben, dass wir uns auf das einstellen, was uns überraschend begegnet und was nicht so ist, wie wir uns das vorstellt haben. Wenn wir in dem, was uns auch an Schwierigem entgegen kommt, Gottes Auftrag und Gottes Güte erkennen können, dann werden wir mit unserem Leben zufrieden sein. Wenn wir uns darauf verlassen können: Gott meint es gut mit uns. Und er will uns segnen durch dass was er uns zumutet, dann werden wir die Herausforderung annehmen, die uns überraschend im Leben entgegen kommt. Glauben Sie mir, ich weiß, dass das manchmal schwer ist. Aber ich weiß auch, dass es ein Glück ist, wenn es gelingt. Das wünsche ich Ihnen heute, dass Sie Gottes Güte finden, in dem was Ihnen begegnet. Und dass wenn Sie Gottes Güte darin nicht finden, doch weiter danach suchen. Ich wünsche uns allen, dass wir nicht aufgeben von Gott zu verlangen, dass er uns seine Güte zeigt und wir mit dem Rückenwind von Gottes Segen weiter gehen dürfen. Und der Friede ……