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Die ewige Stadt

von Stephan Arras (64743 Beerfelden)

Predigtdatum : 23.11.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Letzter Sonntag des Kirchenjahres: Ewigkeitssonntag
Textstelle : 2. Petrus 3,(3-7).8-13
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Wochenspruch:

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.(Lukas 12,35)

Psalm: 126 (EG 750)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 65,17-19 (20-22) 23-25
Epistel:
Offenbarung 21,1-7
Evangelium:
Matthäus 25,1-13

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 152
Wir warten dein, o Gottes Sohn
Wochenlied:
EG 147
Wachet auf, ruft uns die Stimme
Predigtlied:
EG 449, 7-12
Menschliches Wesen
Schlusslied:
EG 533
Du kannst nicht tiefer fallen


3 Ihr sollt vor allem wissen, daß in den letzten Tagen Spötter kommen werden, die ihren Spott treiben, ihren eigenen Begierden nachgehen 4 und sagen: Wo bleibt die Verheißung seines Kommens? Denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt es alles, wie es von Anfang der Schöpfung gewesen ist.
5 Denn sie wollen nichts davon wissen, daß der Himmel vorzeiten auch war, dazu die Erde, die aus Wasser und durch Wasser Bestand hatte durch Gottes Wort; 6 dennoch wurde damals die Welt dadurch in der Sintflut vernichtet. 7 So werden auch der Himmel, der jetzt ist, und die Erde durch dasselbe Wort aufgespart für das Feuer, bewahrt für den Tag des Gerichts und der Verdammnis der gottlosen Menschen.
8 Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben, daß ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag. 9 Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten; sondern er hat Geduld mit euch und will nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß jedermann zur Buße finde. 10 Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden.
11 Wenn nun das alles so zergehen wird, wie müßt ihr dann dastehen in heiligem Wandel und frommem Wesen, 12 die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und erstrebt, an dem die Himmel vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden. 13 Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.

Hinführung zum Predigttext:
Der zweite Petrusbrief ist vermutlich das jüngste Buch in der Bibel: Er setzt voraus, dass die erste Generation der Christen bereits gestorben ist (2. Petr. 3,4). In unserem Predigtabschnitt geht es um die Frage, wie die junge Christengemeinde denn damit umgehen soll, dass die sofortige Wiederkunft Christi ausgeblieben ist. Zahlreich sind die Spötter, die fragen: Wann kommt denn eure neue Welt?
Zur Beantwortung dieser Fragen knüpft der Verfasser zum einen an die durch Jesus Christus erfüllten Verheißungen der Propheten des Alten Testamentes an und zieht den logischen Schluss: So wie diese Verheißungen in und mit Jesus Christus in Erfüllung gingen, so wird auch die Wiederkunft Christi in Erfüllung gehen (1,16-19).
Zum anderen sieht der Verfasser in der noch ausgebliebenen Wiederkunft Christi zum Gericht nicht eine Verzögerung oder Panne oder Missverständnis oder falschen Glauben. Er sieht vielmehr in der verzögerten Wiederkunft, im verzögerten Weltende die Geduld Gottes: Gott will, dass die Menschen umkehren, und deshalb schenkt er ihnen noch Zeit (3,9)!
Das Thema des Weltendes beschäftigt die Menschen heute noch: So sahen viele im Geschehen am 11. September 2001 den Anfang des Endes, und immer wieder faszinieren die Gedanken des Nostradamus die Menschen.
Für die Predigt gilt es, eine Brücke zu schlagen von dem eher abstrakten Reden über das Weltende hin zum konkret erfahrenen Tod lieber Menschen. Viele Gottesdienstbesucher sind deswegen am Ewigkeitssonntag im Gottesdienst, weil sie sich erinnern wollen und weil sie Gedanken suchen, wie sie mit dem Tod umgehen können.
In der Predigt möchte ich vom Nachdenken über das Weltende hinführen zum persönlichen Umgang mit dem Tod. Anknüpfungspunkte bieten die Stichworte Zeit, Geduld Gottes und der neue Himmel bzw. die neue Erde.

Gnade sei mit euch und Friede durch Gott unseren Vater und unseren Herrn Jesus Christus, Amen.

Liebe Gemeinde,
am Ewigkeitssonntag gehen viele von uns an das Grab eines Menschen, der zum eigenen Leben dazugehört hatte. Viele von uns hören heute im Gottesdienst den Namen eines geliebten Menschen, von dem sie haben Abschied nehmen müssen. Hinter jedem Namen steht die Geschichte eines Lebens und eines Sterbens. Sie ist zugleich die Geschichte unserer Trauer. Viele Fragen und Gedanken werden wieder wach: Warum hast du so früh sterben müssen? Warum hat das Beten nicht geholfen? Warum gibt es noch keine Medizin gegen den Krebs? Warum ist der Tod so grausam? Warum müssen wir Abschied nehmen, warum die Tränen und das Leid? Warum traf dich der Unfall? Und manchmal, ganz leise, gibt es den Gedanken, dass der Tod eine Erlösung war.
Ein wunderbares Geschenk ist das Leben. Kostbar ist es – und sehr zerbrechlich. Eigentlich müssten wir uns das jeden Tag aufs Neue bewusst machen: An jedem Morgen, an dem wir die Augen aufschlagen, erleben wir die Welt aufs Neue. Wieder wird uns ein Tag geschenkt, ein kleines Stück Zeit mitten in der Unendlichkeit. Jeder Tag birgt seine Chancen, seine Schönheit. Egal, wie alt wir sind. Weil wir sterben müssen, ist die Zeit so kostbar.
Wie können wir lernen, mit dem Tod umzugehen? Für den Ewigkeitssonntag ist uns ein Bibeltext vorgegeben, der uns dabei helfen möchte. Es handelt sich um einen Abschnitt aus dem zweiten Petrusbrief:
Lesung: 2. Petrus 3,8-13
Vom Weltende ist hier die Rede, von einer kosmischen Katastrophe. Oft genug haben uns in den letzten Jahren globale Ereignisse beschäftigt, in denen viele Menschen Vorzeichen für ein Ende der Welt sehen: Mit dem 11. September 2001 schien sich die Prophezeiung der Unruhen vor dem Weltende zu bestätigen. Die Klimaveränderungen auf der Erde sind eine andere Art möglicher Vorzeichen: Wird es zu warm werden, wird Leben auf der Erde in wenigen hundert Jahren unmöglich sein? Dazu kommen die Spekulationen vieler Sekten, und immer wieder lassen sich Menschen von den pessimistischen Vorhersagen des Nostradamus aus dem 16. Jahrhundert faszinieren. Viele Menschen verbinden das Ende der Welt mit dem Weltgericht und stehen damit in biblischer Tradition. Nur zu gerne möchte man wissen, wann es denn so weit ist.

Aber es ist doch so: viel mehr als diese Spekulationen berührt uns in Wirklichkeit der Tod, der ein Gesicht hat. Was sind schon Vermutungen über ein Weltende angesichts der realen Trauer, wenn man da am Grab steht und der Sarg hinuntergelassen wird und die Tränen fließen! Persönlich gesehen ist jeder Tod eines verwandten, befreundeten, geliebten Menschen ein Weltuntergang. Auch der eigene Tod gleicht dem Weltuntergang: Wenn wir nicht mehr sind, ist diese Erde nicht mehr für uns da.
Wie gehen wir mit den kleinen und großen Weltuntergängen um? Was haben wir dem Tod entgegenzusetzen?
Zugegeben, der Predigttext gehört ursprünglich in einen anderen Zusammenhang. Da ging es um die Frage der Christen der zweiten Generation, warum Jesus nicht sofort wieder gekommen ist. Viel Spott mussten sie sich deshalb gefallen lassen. Die Antworten des zweiten Petrusbriefes können uns aber auch heute bei unseren Fragen helfen. Drei Gedankengänge entdecke ich in diesem Brief:
Erstens: Zeit ist nicht gleich Zeit
Unsere Uhren gaukeln uns vor, die Zeit würde gleichmäßig fließen. Doch wer kennt das nicht: Da gibt es erfüllte Zeit, intensive Zeit, zum Beispiel, wenn man mit einem geliebten Menschen zusammen ist. Ehe man sich’s versieht, sind Stunden vergangen! Und da gibt es quälend langsame Zeit, bleierne, zum Beispiel im Wartezimmer eines Arztes oder einer Behörde. Oder es gibt die Wochen des Urlaubs, die zumindest am Anfang viel langsamer vergehen als die Zeit im Alltag. Das Geheimnis der Zeit kleidet die Bibel in die Formulierung: Vor dir, Gott, sind tausend Jahre wie ein Tag.
Wer weiß das schon, ob nicht ein kurzes Leben ein Leben mit erfüllter Zeit gewesen ist! Wer weiß das schon, ob es wichtiger ist, kurz und intensiv mit einem Menschen zusammen gelebt zu haben oder an Jahren möglichst lange! Die Zeit haben wir nicht in der Hand, weder unsere noch die der Welt. Die Zeit liegt in Gottes Hand. Das führt uns zum zweiten Gedanken des Predigttextes:

Zweitens: Die Geduld Gottes
Die Antwort des zweiten Petrusbriefes auf die zunächst ausgebliebene Wiederkunft Christi ist eine klare und verständliche: Gott hat Geduld, er möchte der Welt noch ein wenig Zeit geben. Wenn das stimmt, dass Gott Zeit schenkt, dann sehe ich unsere gesamte Lebenszeit auf einmal in einem anderen Licht: Wir schauen oft erschrocken, wenn ein junger Mensch stirbt. So viel Lebenszeit wäre noch möglich gewesen. Aber wir müssen wohl anders hinschauen, so schwer es dann fällt: Ein großes Geschenk sind die Jahre, die gelebt wurden, waren es auch noch so wenige in unseren Augen. Wir rechnen immer damit, dass jeder Mensch etwa 90 Jahre alt werden müsste. Aber können nicht auch 14 Jahre ein Geschenk Gottes sein – auch wenn die Frage offen bleibt, warum es nicht länger dauerte? Kann es nicht sein, dass vor Gott auch ein kurzes Leben rund und schön ist – auch wenn wir es nur halb sehen – ganz wie im Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“ in der 3. Strophe:
Seht ihr den Mond dort stehen? / Er ist nur halb zu sehen / und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen, / die wir getrost belachen, / weil unsre Augen sie nicht sehn.
Statt mögliche und nicht gelebte Zeit zu sehen, gilt es, geschenkte Zeit zu entdecken! Ist nicht jeder Lebenstag ein Geschenk? Und wenn es so ist, müssten wir selbst nicht viel gelassener und geduldiger und voller Staunen im Leben sein?

Drittens: Das Warten auf den neuen Himmel
Geschenkte Zeit – und doch wissen wir, dass unsere Lebenszeit endlich ist. Und was dann? Der zweite Petrusbrief sagt es deutlich: Biblische Verheißung ist, dass nach dem Weltende – nach dem der Welt und nach dem Ende eines jeden Lebens – nicht das Nichts steht, sondern ein neuer Himmel und eine neue Erde. Wissen, wo es hingeht, das ist ein tröstlicher Gedanke. Das gilt nicht nur für Wanderungen, bei denen es gut ist, ein Ziel zu haben, sondern auch bei der Wanderung des Lebens. Wenn man auf eine ausgedehnte Wanderung geht, hat man eine Karte und kann auf ihr das Ziel sehen – ohne von der Karte ablesen zu können, wie es da aussieht am Zielort. So ein bisschen ist das auch so beim Warten auf den neuen Himmel und die neue Erde: Wie sie aussehen werden, können wir nicht wissen. All unsere Sinne sind ja von dieser jetzigen Welt. Aber es ist gut, zu wissen, dass es dieses Ziel gibt. Wenn Gott selbst der Herr über die Zeit ist, wenn tausend Jahre wie ein Tag bei ihm sind, dann möchte ich gerne glauben: Weltende und das Ende jedes Lebens werden zusammen fallen. Durch alle Tränen hindurch wird uns ein Ausblick geschenkt.
Heute sind wir auf dem Friedhof vereint mit denen, die hier begraben liegen, vereint in Gedanken, in Tränen, in Trauer, in Erinnerung an gemeinsame, geschenkte Zeit, und mit manchem neuen Anfang. Aber es wird einmal so sein, dass wir wieder richtig vereint sind – unter Gottes neuem Himmel.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, sei mit uns allen, Amen.

Verfasser: Dekan Stephan Arras, Finkenweg 9, 64753 Brombachtal – Kirchbrombach

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