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Die geistliche Waffenrüstung

von

Predigtdatum : 20.10.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 20. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Korinther 12,12-14.26-27
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Wochenspruch:

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
(Römer 12,21)

Psalm: 19,10-15 EG 708)

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 29,1.4-7.10-14
Epistel:
Epheser 6,10-17
Evangelium:
Matthäus 6,38-48

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 644
Nun ist vorbei die finstre Nacht
Wochenlied:
EG 273 oder
EG 377
Ach Gott, vom Himmel sieh darein
Zieh an die Macht, du Arm des Herrn
Predigtlied:
EG 251
Herz und Herz vereint zusammen
Schlusslied:
EG 222,3
O Herr, verleih, dass Lieb und Treu

Liebe Gemeinde,
Sie wissen sicher, was der Unterschied zwischen Himmel und Hölle ist. Oder? Eine alte jüdische Geschichte beschreibt diesen Unterschied mit einem ganz besonderen Bild.
Erst einmal sehen Himmel und Hölle sich zum Verwechseln ähnlich. Im Himmel, wie in der Hölle sieht man die Menschen um einen Suppentopf herum sitzen und jeder hat einen Löffel. Doch diese Löffel sind zu lang, viel zu lang geraten und man kann sie nur ganz hinten greifen. Niemand kann mit diesen langen Löffeln die Suppe zum eigenen Mund führen.
In der Hölle verhungern die Menschen deshalb, den Suppentopf vor Augen, hektisch versuchend, den Löffel doch zum eigenen Mund zu zwingen.
Im Himmel sieht es zunächst genau so aus – aber hier beginnen die Menschen, sich gegenseitig zu füttern, und alle werden satt.
Liebe Gemeinde, das ist die Hölle, wenn man nur den Suppentopf sieht und den anderen nicht. Das ist die Hölle, wenn man auf sich gestellt ist und der neben mir auch, und die neben mir auch. Und es fällt keinem mehr ein, dass man sich gegenseitig helfen kann.
Da mag man denken, so weit in die Hölle hinunter schauen muss man doch gar nicht, wenn man diese Menschen mit den langen Löffeln in der Hand sehen will, die sich selbst versorgen wollen. Die gibt’s doch allenthalben. Es sieht doch ganz so aus, als wolle es in unserer Welt bald noch viel mehr von denen geben.
Deute ich die Zeichen der Zeit richtig? Abbau des Sozialstaates, um Versorgung muss man sich fürchten oder selbst kümmern. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Doch das Feuer des Schmiedofens will bei den meisten nicht recht brennen.
Doch lassen Sie uns erst einmal einen Blick auf das schöne Bild werfen, welches Paulus hier skizziert. Die Gemeinde die Jesus in diese Welt gestellt hat, in diese Welt, die der Hölle der langen Löffel so gleicht, diese Gemeinde ist ein Leib.
12 Wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus. 13 Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt. 14 Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. 26 Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.
27 Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied.
Die Gemeinde ist ein Leib.
Die Gemeinde ist kein Club, liebe Gemeinde, in dem sich Club-Mitglieder nach bestandener Gesichtskontrolle zusammenfinden und sich gegenseitig bestaunen. Kein Club, wo es auf Prestige und Portemonnaie ankommt.
In einem Club kann man sich auch daneben benehmen. Neulich fand ich eine Bemerkung in der Zeitung, dass ein Engländer aus einem Freizeitclub der konservativen Partei herausgeworfen wurde, weil er trotz gegenteiliger Aufforderung im Clubraum Schuhe und Strümpfe auszog, und Dämpfe entwickelte.
Nein, die Gemeinde ist kein Club von einzelnen Mitgliedern. Sie ist ein Leib und der hat keine zahlenden Mitglieder, sondern zugehörige Glieder.
Die Gemeinde ist auch kein Staatsbezirk, der alles, was in seinen Grenzen kreucht und fleucht, sein eigen nennen kann.
Die Gemeinde entsteht nicht durch Grenzziehungen und außerdem merken wir ja, dass noch lange nicht alles, was innerhalb der Grenzen geschieht, organisch miteinander verbunden ist.
Als der römische Kaiser Konstantin Christ wurde und das römische Reich christlich und die Priester Beamte, da schien es so zu werden. Gemeinde wird wie ein Staat durch Grenzen gezogen. Noch bis vor wenigen hundert Jahren war das in Deutschland auch so. Im landesherrlichen Kirchenregiment bestimmte der Landesherr, ob die Untertanen reformiert oder lutherisch oder katholisch waren.
Doch bald schon hat man gespürt, dass das so nicht geht, das diese durch Grenzen definierte Gemeinde noch lange nicht von innen her lebt.
Die Gemeinde, so sagt Paulus ist ein Leib. Und dieser Leib besteht aus Menschen, aus Individuen, oder sagen wir besser aus Originalen. Jeder und jede persönlich gemeint und geliebt. Das ist wichtig.
Wir müssen fragen. Wie gehört man zu diesem Leib dazu? Paulus nennt die Taufe. Getauft wird ein Mensch persönlich, nicht in Massen. Da wird sein Name genannt, da ist sein Glaube gefragt, nicht abgefragt. Da ist dieser Mensch persönlich gemeint.
Doch in der Taufe ist sofort deutlich. Dieser Mensch gehört jetzt zu anderen, ist allein nicht mehr zu denken. Ein Christ in der Isolation ist unvorstellbar. Das Eremiten-Mönchstum hat sich nicht bewährt, die Gemeinschaft ist die Form in der Christen leben können und müssen.
Dieser Gedanke, dass ein Christ persönlich gemeint ist, als Original geliebt ist, dass Jesus Christus für jeden und jede gestorben ist und lebt, ist oft vergessen worden.
Und dann ist in der Geistesgeschichte der große denkerische Individualismus beschworen worden. Und René Descartes, der große Philosoph, der die Neuzeit begründet hat, hat gesagt: Ich denke, also bin ich. Auf neudeutsch heißt das: Ich bin ich. Is doch logo, oder was, was brauche ich andere...
Und das findet sich wieder in der Art, wie wir hier sitzen, in klassischen Kirchenbänken, in denen wir uns fast nicht ansehen können.
Es findet sich wieder in der Einstellung vieler Menschen, die sagen, ich finde meinen Gott allein, oder im Wald oder sonst wo.
Es ist natürlich wahr. Man kann an Gemeinschaft auch kaputtgehen. Man kann verletzt werden, man kann vor lauter Liebe und Sahnetorte erdrückt werden, man kann im entscheidenden Moment alleingelassen werden.
Doch das ist für mich ein Zeichen, dass mit der Gemeinde etwas nicht in Ordnung ist, und lange noch nicht der Beweis dafür, dass man Christsein auch alleine leben könnte.
Man kann es nicht.
Wo Menschen durch die Gnade und Liebe Gottes gerufen werden, da werden sie hineingerufen in die Communio sanctorum, in die Gemeinschaft der Heiligen, sind Glied am Leib. So ein Körperteil, ist allein nicht lebensfähig. -
Für Paulus ist ein weiterer Gedanke wichtig: In Korinth, dieser Hafen-Stadt in Griechenland war die christliche Gemeinde ein Spiegelbild der schillernden Gesellschaft, die es da zu bestaunen gab. Da gab es Reiche und Arme, Herren und Sklaven, da gab es Menschen aus aller Herren Länder, denn so hat man in Erdkunde gelernt. Berge trennen und Meere verbinden.
Und da kam es manchmal vor, in Korinth, dass sich die Gemeinde zum gemeinsamen Essen traf und die Reichen, die nicht so lange arbeiten mussten, fingen schon einmal genüsslich an, und als die Hafenarbeiter kamen, die vielleicht Sklaven waren, die Ausgang hatten, war alles aufgefuttert.
Was ist das für eine Gemeinschaft? Und Paulus sagt es klipp und klar. Kein Club, ein Leib. Und da zählt keiner mehr und ein anderer weniger. Wir gehören zusammen. Und jeder ist gleich wertvolles Glied am Leib.
Kneifen Sie sich doch einmal in Ihr rechtes Bein. Nein bitte, nicht in das ihres Nachbarn. In Ihres. Sie werden merken, was Sie sich auch schon so gedacht haben. Es tut weh.
So ein Pferdekuss tut weh. Doch wenn ein Organ des Körpers krank ist, dann ist es für den ganzen Körper gefährlich. Wenn ein Glied krankt, dann ist das Ganze in Gefahr.
Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit. Empfinden wir so? Spüren wir bei diesem Satz nicht, dass wir vom Individualismus, vom Denken: „Was geht’s mich an?“ geprägt, getränkt, wie die Einmachgurken von der Brühe.
Wenn ein Glied leidet, so leiden die anderen mit. Das ist nicht Mitleid, sondern Mitleiden. Mitgehen, mitkümmern, fragen, beten, hoffen.
Der Bezugskreis ist groß. Der Leib, um den es hier geht, ist der weltweite Christusleib. Sagt es uns was, dass im Südsudan Christen von den Radikalfundamentalisten wie Sklaven gehalten werden? Der Friedensnobelpreis ging in diesem Jahr an zwei Menschen aus Osttimor. Dort wurden jahrelang die katholischen Christen unterdrückt.
Nein ich will keine Betroffenheitsmienen hervorrufen. Ich möchte Bewusstsein dafür wecken, dass wir nicht alleine sind.
Paulus sagt den Gedanken ja zweifach: Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.
Nur wer mitleiden kann, kann sich auch mitfreuen. Und das ist doch eine wirklich schöne Perspektive. Das Eingebundensein in den Leib der Gemeinde verschafft mir Freude. Da kann ich mich freuen an der gelungenen Prüfung des anderen, da bin ich beschenkt im Glück, das einem anderen widerfährt.
Da freue ich mich, wenn ich Korea Menschen zum Glauben kommen, wenn in Südafrika Brüder und Schwestern nicht mehr unterdrückt werden.
Es ist eine gute Perspektive und es erfüllt unser Leben, wenn wir als Gemeinde wirklich Leib sind.
Ich schließe mit Gedanken des Kirchenvaters Augustin über Möglichkeiten, miteinander zu leben:
Miteinander reden und lachen
sich gegenseitig Gefälligkeiten erweisen
zusammen schöne Bücher lesen
sich necken
dabei auch einander sich Achtung erweisen
mitunter sich auch streiten
ohne Hass
so wie man es wohl einmal mit sich selbst tut
manchmal auch in den Meinungen auseinandergehen
und damit die Eintracht würzen
einander belehren und voneinander lernen
die Abwesenden schmerzlich vermissen
die Ankommenden freudig begrüßen
lauter Zeichen der Liebe und Gegenliebe
die aus dem Herzen kommen
sich äußern in Miene und Wort
und tausend freundlichen Gesten
und wie Zündstoff
den Geist in Gemeinsamkeiten entflammen
so dass aus vielen eine Einheit wird.
Amen.

Verfasser: Pfr. Andreas Klein, Goethestr. 7, 64367 Mühltal

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