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Die Gewissheit des Heils

von Gabriele Koenigs (75385 Bad Teinach-Zavelstein)

Predigtdatum : 12.11.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : Römer 8,18-25
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Wochenspruch: "Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen." (Matthäus 5,9)

Psalm: 85,9-14

Predigtreihen

Reihe I: Lukas 6,27-38
Reihe II: 1. Thessalonicher 5,1-6(7-11)
Reihe III: Psalm 85,1-14
Reihe IV: Lukas 17,20-24(25-30)
Reihe V: Römer 8,18-25
Reihe VI: Micha 4,1-5(7b)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 147,1.2 Wachet auf, ruft uns die Stimme
Wochenlied: EG 152 Wir warten dein, o Gottes Sohn
Predigtlied: EG+ 102 Da wohnt ein Sehnen tief in uns
Schlusslied: EG+ 122 Grenzenlos

Predigttext: Römer 8,18-25

18 Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. 19 Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. 20 Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; 21 denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. 22 Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.
23 Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes. 24 Denn wir sind gerettet auf Hoffnung hin. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? 25 Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.

Predigt

I. Der Ruf des Käuzchens

Zwei Menschen sind abends noch unterwegs zu einem Nachtspaziergang. Die Sterne funkeln über ihnen. Alles ist still. Sie lieben diese Momente der völligen Stille. Kein Auto ist zu hören, auch nicht in weiter Ferne. Kein Flugzeug. Keine Maschinen. Nicht einmal menschliche Stimmen. Manchmal bleiben sie stehen und bewegen sich nicht. Nicht einmal ihre eigenen Schritte sollen die Stille stören.

„Hörst du das Käuzchen“?, fragt die Frau. Ihr Mann hört schon nicht mehr ganz so gut. Ihm war es noch nicht aufgefallen. Aber nun lauscht auch er hin. Das Käuzchen ruft wieder durch die Nacht. Welch ein Ruf! Er geht durch Mark und Bein. Etwas ganz Tiefes liegt in ihm. Etwas Schauriges. Etwas Wahres. Klage liegt in ihm, und Sehnsucht.

II. Wir werden alle sterben

Die Schwester dieses Mannes liegt im Sterben. Sie hat einen schweren Leidensweg durchgemacht in den letzten Jahren. Nach einem Sturz von einem Obstbaum war sie querschnittsgelähmt. Ihre ganze Familie hat sich bemüht, ihr beizustehen. Sie war tapfer und hat sich angestrengt, mit dem Leben im Rollstuhl zurechtzukommen. Ihr Haus wurde umgebaut, damit sie sich darin frei bewegen konnte. Aber sie wurde immer noch kränker und schwächer. Inzwischen ist auch ihr Geist verwirrt. Sie kann nicht mehr zuhause versorgt und gepflegt werden. Jetzt lebt sie im Pflegeheim.

„Wenn sie doch endlich sterben dürfte“, sagt er. Er liebt seine Schwester. Sie wird ihm sehr fehlen, wenn sie nicht mehr da ist. Schon jetzt fühlt er die Traurigkeit über ihren Verlust. Zugleich ist ihm klar, dass es für sie besser wäre, wenn sie sterben dürfte. Er gönnt es ihr, dass sie das Leiden hinter sich lassen wird. Er erzählt seiner Frau von den Stunden, die er heute bei seiner Schwester verbracht hat. „Ich möchte sie auch noch einmal sehen“, sagt seine Frau.

Wir werden alle sterben. Die ganze Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, sagt Paulus. Jeder Mensch, jedes Tier, jeder Baum wird einmal sterben. Ob Tier und Pflanze dieses ahnen können? Das wissen wir nicht. Aber wir Menschen wissen, dass wir sterben müssen. Jedes von uns wird einmal sterben. Es ist nicht so leicht, daran zu denken. Meistens vermeiden wir das. In besonderen Situationen kommt es uns aber wieder zu Bewusstsein. Ist es schrecklich, zu sterben? Oder ist es gut? Fürchten wir uns davor, oder sehnen wir uns danach? Beides kann sein. Manchmal ist es sogar beides zugleich. Wir fühlen in uns Sehnsucht und Traurigkeit, beides zugleich.

Wir sehnen uns danach, alles Schwere hinter uns zu lassen. Auch alles Schiefe und Krumme in unserem Leben. Auch das, womit man ein Leben lang nicht fertig werden kann.

Und wir sind traurig, nichts mehr von dem Schönen zu sehen, das um uns ist. Wir sind traurig, wenn wir uns vorstellen, dass niemand mehr von unseren Lieben um uns sein wird.

III. Wir werden jauchzen vor Freude

Am nächsten Tag fährt die Frau zu ihrer Schwägerin. Einige Stunden sitzt sie bei ihr am Bett. Die Sterbende kann nicht mehr sprechen. Aber sie reagiert auf Berührungen. Sie sucht die Hand ihrer Besucherin und drückt sie fest. Und sie hört ihren Gesang. Die Besucherin singt einige Lieder, die ihr in diesem Moment in den Sinn kommen. Ihre Schwägerin hat auch immer gerne gesungen. Viele Jahre lang war sie im Kirchenchor. Die Besucherin hofft, dass diese Lieder ankommen bei der Sterbenden und ihr helfen, mit der Angst zurechtzukommen. Mindestens tun sie ihr selbst gut. Sie singt: „Jesu, geh voran auf der Lebensbahn. Führst du uns durch rauhe Wege, gib uns auch die nötge Pflege. Tu uns nach dem Lauf deine Türe auf.“ Wie schön wäre es, wenn die Sterbende noch mit einstimmen könnte. Aber dafür ist es zu spät. Das Lied tut trotzdem seinen Dienst. Die Sterbende wird ruhig. Ihr fallen die Augen zu. Sie schläft ein Weilchen. Ein tiefer Frieden ist im Raum. Als die Kranke wieder wach ist und ihre Besucherin wahrnimmt, singt sie noch ein Lied. „Gloria sei dir gesungen mit Menschen- und mit Engelszungen, mit Harfen und mit Zymbeln schön. Von zwölf Perlen sind die Tore in deiner Stadt. Wir stehn im Chore der Engel hoch um deinen Thron. Kein Ohr hat je gehört. Kein Aug hat je gespürt solche Freude. Des jauchzen wir und singen dir das Halleluja für und für.“

Evtl. singen „Gloria sei dir gesungen“, EG 147,3

IV. Alles wird neu. Alles wird gut.

Welch eine große Hoffnung liegt in diesem Lied. Es ist die Hoffnung auf die Freude der Erlösten. Eines Tages wird es so weit sein, dass alle Klage überwunden ist. Eines Tages werden wir frei sein von aller Not und Beschwernis des Leibes und der Seele. Eines Tages werden wir Gott loben ohne Ende, zusammen mit allen Erlösten. Die Leiden dieser Zeit werden dann klein erscheinen. Sie sind überwunden. Die Freude wird um vieles größer sein. Das Halleluja wird erklingen ohne Ende. Welch eine Aussicht!

Wir können es niemandem beweisen, dass es wirklich so ist. Wir können es auch uns selbst nicht beweisen. Aber wir können in die Fußstapfen derer treten, die aus diesem Glauben gelebt haben und in diesem Glauben gestorben sind. Paulus ist einer von ihnen. Seine Worte helfen uns, über den Tod hinauszudenken. Der Tod ist nicht das Ende. Unser Erdenweg geht zu Ende. Aber die Beziehung zu Gott stirbt nicht. Gott hat noch etwas mit uns vor, auch nachdem wir gestorben sind. „Siehe, ich mache alles neu!“ So ist uns verheißen. „Gott wird abwischen alle Tränen aus unseren Augen. Der Tod wird nicht mehr sein, und Leid und Geschrei wird nicht mehr sein.“ (Offb. 21,4.5)

V. Aber wir leben

An einem schönen Frühlingstag sind Mann und Frau wieder unterwegs im Wald. Die ersten Blättchen an den Bäumen kommen hervor. Die Heidelbeersträucher sind schon ganz grün. Die Luft vibriert vom Zwitschern der Vögel. Die Sonne lacht vom Himmel. Es ist angenehm warm. Der Himmel ist blau. „Wie schön ist es, nochmals einen Frühling erleben zu dürfen“, denkt die Frau. „Hörst du dieses Vogelzwitschern“, fragt sie ihren Mann. „Es ist, wie wenn sie sich überschlagen vor Lebenslust und Freude!“ Er nickt. Seine Hand in ihrer fühlt sich warm an. „Ich lebe so gerne“, sagt sie. „Hoffentlich dürfen wir noch eine Weile zusammen hier sein.“ „Ja, das möchte ich auch“, sagt er.

Die Schöpfung jubelt mit uns. Und sie sehnt sich nach Erlösung, zusammen mit uns. Jubel und Klage, beides ist wahr. Ängste und Hoffnung, beides ist da. Traurigkeit und Freude. Alles gehört zu unserem Leben.

Keiner weiß, was das Leben bereithält in den Tagen und Jahren, in denen wir noch hier sind. Welche Freuden wir erleben dürfen. Durch welches Leid wir hindurchmüssen. Wie die Weltlage sich weiterentwickelt. Wie wir leben werden mit anderem Klima. Welche großen Veränderungen wir sehen werden. Wir wissen es gar nicht. Aber wir leben. Mit Ängsten. Mit Sehnsucht. In Liebe. Mit Hoffnung. Und in Geduld. Wir tragen den Glauben weiter durch die Zeit, solange, bis wir erlöst sind. Wir teilen ihn mit allem, was lebt.

Amen.

Verfasserin: Gabriele Koenigs, Künstlerin, Pfarrerin i. R., Bad Teinach-Zavelstein


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