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Die große Krankenheilung

von Felizitas Muntanjohl (65549 Limburg)

Predigtdatum : 29.08.2004
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 10. Sonntag nach Trinitatis - Israelsonntag: Gedenktag der Zerstörung Jerusalem
Textstelle : Apostelgeschichte 9,1-9.(10-20)
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Wochenspruch:

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. (Jesaja 42,3)

Psalm: 147,1-3.11-14a oder 113 (EG 745)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 29,17-24
Epistel:
Apostelgeschichte 9,1-9 [10-20]
Evangelium:
Markus 7,31-37

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 328
Dir, dir, o Höchster, will ich singen
Wochenlied:
EG 289
Nun lob, mein Seel, den Herren
Predigtlied:
EG 66
Jesus ist kommen
Schlusslied:
EG 171
Bewahre uns, Gott

1 Saulus schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn und ging zum Hohenpriester 2 und bat ihn um Briefe nach Damaskus an die Synagogen, damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führe. 3 Als er aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel; 4 und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich? 5 Er aber sprach: Herr, wer bist du? Der sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. 6 Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst. 7 Die Männer aber, die seine Gefährten waren, standen sprachlos da; denn sie hörten zwar die Stimme, aber sahen niemanden. 8 Saulus aber richtete sich auf von der Erde; und als er seine Augen aufschlug, sah er nichts. Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führten ihn nach Damaskus; 9 und er konnte drei Tage nicht sehen und aß nicht und trank nicht.
[10 Es war aber ein Jünger in Damaskus mit Namen Hananias; dem erschien der Herr und sprach: Hananias! Und er sprach: Hier bin ich, Herr. 11 Der Herr sprach zu ihm: Steh auf und geh in die Straße, die die Gerade heißt, und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus von Tarsus. Denn siehe, er betet 12 und hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Hananias, der zu ihm hereinkam und die Hand auf ihn legte, damit er wieder sehend werde. 13 Hananias aber antwortete: Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat; 14 und hier hat er Vollmacht von den Hohenpriestern, alle gefangen zu nehmen, die deinen Namen anrufen. 15 Doch der Herr sprach zu ihm: Geh nur hin; denn dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und bvor Könige und vor das Volk Israel. 16 Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen. 17 Und Hananias ging hin und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn und sprach: Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Wege hierher erschienen ist, dass du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werdest. 18 Und sogleich fiel es von seinen Augen wie Schuppen und er wurde wieder sehend; und er stand auf, ließ sich taufen 19 und nahm Speise zu sich und stärkte sich.
Saulus blieb aber einige Tage bei den Jüngern in Damaskus. 20 Und alsbald predigte er in den Synagogen von Jesus, dass dieser Gottes Sohn sei.]

Liebe Gemeinde!
Wir haben vor drei Wochen schon einmal an diese Geschichte gedacht, als wir bei Paulus lasen, dass er nun all das als Schaden erkennt, was er früher für gut und ehrenvoll hielt. Und diese Änderung in seinem Denken setzte mit jenem Ereignis vor Damaskus ein.
Paulus war ein leidenschaftlicher Vertreter seines jüdischen Glaubens, und der neue Glaube an diesen Menschen Jesus aus Nazareth erschien ihm geradezu als eine Beleidigung Gottes. Denn Gott war doch viel zu groß, um sich in die Gestalt eines Menschen zu begeben.
Und so tat er, was er allein als richtig und ehrenhaft ansehen konnte: die Tradition seines Glaubens mit allen Mitteln verteidigen und vor solchen neuen Bestrebungen zu schützen. Er ging dabei nicht zimperlich vor. An der Steinigung von Stephanus z. B. soll er seine Freude gehabt haben. Nun will er seine Aktion ausweiten nach Kleinasien, um von dort die Ketzer nach Jerusalem vor Gericht zu bringen. Und er ist überzeugt, dass das gut ist und dass er damit Gott dient.
Aber auf dem Weg nach Damaskus geschieht etwas, das alles in einem anderen Licht erscheinen lässt. Das beginnt damit, dass er plötzlich in unheimlich hellem Licht steht, so dass er nichts mehr sehen kann, und erschrocken und geblendet zu Boden fällt. Und da hört er eine Stimme: „Saul, was verfolgst du mich?“ Und er fragt, wer so redet. „Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst.“
Ein gespenstisches Geschehen. Mancher wird sich jetzt fragen, ob das denn wirklich so geschehen sein kann. Aber mancher wird es auch wissen: Er hat selber schon Gott zu sich reden gehört oder plötzlich für einen kurzen Moment klar und hell gesehen, was er normalerweise nicht verstand. Aber es war ein kurzer Augenblick, in diesem Moment klar und wahr, aber im nächsten schon wieder vorbei und rätselhaft. Und man kann eigentlich kaum darüber reden. Denn fast jeder würde, wenn wir davon erzählten, grinsen und den Kopf schütteln oder wenigstens skeptisch zurückschrecken, ob wir denn den Verstand verloren haben. Und so redet niemand von diesen Momenten; und wer sie kennt, der erschreckt vielleicht sogar selber und sagt sich nachher: Es war vielleicht nur Einbildung, jetzt ist ja wieder alles normal. Und es bleibt alles beim Alten.
Bei Paulus aber nicht. Er nahm diesen unbegreiflichen Moment ernst und fragte: Was passiert hier? Und er erhält die Antwort, dass es Jesus selber ist, der ihn darauf hinweist, dass er nicht nur Menschen verfolgt, sondern Jesus und damit Gott selber. In diesem Moment versteht er, was er vorher bei allem Wissen, allem Glaubenseifer, aller Treue zur Tradition nicht verstehen konnte:
Dass Gott nicht unbedingt in einer festen Form zu fassen ist, sondern sich plötzlich ganz neu und alles umwerfend zeigen kann; und dann sind wir zu einem anderen Leben, zu einem neuen Gehorsam herausgerufen.
Denn unser Gott war seit jeher ein geschichtlicher Gott, d. h. ein Gott, der immer wieder eingreift in die Geschichte, in Menschenleben – und dann geht es anders weiter als vorher.
Paulus hat hier seine menschliche Größe bewiesen: Er war bereit, umzudenken, seinen Fehler einzusehen und dann anders zu leben. Das fällt wohl jedem von uns schwer. Keiner mag gerne zugeben, dass er sich geirrt hat. Aber noch schwerer ist es dann, sogar sein Verhalten oder seine Art zu leben zu ändern; sich mit einem mal anders zu verhalten, als das jeder von uns kennt und erwartet. Paulus tat es: Er unterstützte nun diejenigen, die er bis dahin verfolgte.
Aber bevor es dazu kam, geschah erst noch etwas anderes: Als Paulus weitergehen will, merkt er, dass er blind ist. Das muss ein Schrecken gewesen sein! Wir wissen im Nachhinein, dass es drei Tage gewesen sind. Aber das wusste er ja nicht. Er merkte, dass er blind ist und dass er nun nicht mehr so leben kann wie vorher. Und der Schrecken packte ihn, und er aß nicht und trank nicht.
In dieser Zeit wird er wohl nachgedacht haben über sein Leben, und wie kräftig Gott uns manchmal anpacken muss, damit wir verstehen, was er uns sagen will. Weil wir lieber ein Leben lang falsch laufen, als uns einmal zu besinnen und umzukehren.
Ich denke, hier liegt der Schlüssel zu vielen unserer Krankheiten. Viel häufiger als wir wahrhaben wollen, sind sie handfeste Zugriffe Gottes, Anreden, die wir, als sie noch leise waren, nicht verstanden und nicht hören wollten. Fragen wir ruhig bei unseren Krankheiten, was Gott uns wohl damit sagen will. Wir werden meist die Antwort finden.
Paulus hat die Antwort für sich gefunden: Er wurde äußerlich blind, weil er innerlich schon längst blind gewesen war; weil er blindwütig zugeschlagen hat, wie er meinte, es sei richtig, aber nie wirklich die Augen aufgemacht und gesehen hat. Nie eigentlich selber gesehen und nachgedacht hat, sondern einfach übernommen hat, was man halt so meinte.
Und nun ist er blind und sieht nichts – und in dieser Zeit endlich sieht er, was er vorher nicht gesehen hatte: wie fehlgegangen er bisher gelebt hat.
Und er, der kranke Mann, bekommt in dieser Zeit die Kraft, sein Leben neu anzufangen. Und er hat es tapfer durchgezogen, gegen allen Ärger der Juden, gegen alles Misstrauen der Christen. Er lebte nach dem, was er selber in diesem kurzen Moment der Klarheit erfahren hatte.
Wir werden alle kein Paulus werden.
Aber jedem von uns kann es geschehen, dass Gott ihn plötzlich anredet, erst leise, dann lauter, in sekundenkurzen Momenten – und uns zur Besinnung ruft. Und wenn wir nicht hören, vielleicht mit festem Griff.
Und wenn wir es verstehen und Gottes Anruf ernst nehmen – dann tut sich was in unserem Leben. Dann wird es sicher nicht langweilig und ganz sicher nicht sinnlos. Dann hat Gott schon eine besondere, uns eigene Aufgabe für uns. Und unser Leben bekommt einen ganz neuen Wert. Amen.

Verfasserin: Pfrn. Felizitas Muntanjohl, Theodor- Bogner- Straße 20, 65549 Limburg

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