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Die große Krankenheilung

von Christian Beuchel (06886 Lutherstadt Wittenberg)

Predigtdatum : 30.08.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 10. Sonntag nach Trinitatis - Israelsonntag: Gedenktag der Zerstörung Jerusalem
Textstelle : Markus 7,31-37
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Wochenspruch:

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. (Jesaja 42,3)

Psalm: 147,1-3.11-14a oder 113 (EG 745)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 29,17-24
Epistel:
Apostelgeschichte 9,1-9 [10-20]
Evangelium:
Markus 7,31-37

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 168, 1 - 3
Du hast uns, Herr,. gerufen
Wochenlied:
EG 289
Nun lob, mein Seel, den Herren
Predigtlied:
EG 392
Gott rufet noch
Schlusslied:
EG 168, 4 - 6
Wenn wir jetzt weitergehen

„Und als Jesus fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. Und sie brachten zu ihm einen, der taub und stumm war, und baten ihn, dass er die Hand auf ihn lege. Und er nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und berührte seine Zunge mit Speichel und sah auf zum Himmel und seufzte und sprach zu ihm: Hefata!, das heißt: Tu dich auf! Und sogleich taten sich seine Ohren auf, und die Fessel seiner Zunge löste sich, und er redete richtig. Und er gebot ihnen, sie sollten's niemandem sagen. Je mehr er's aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus. Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hörend und die Sprachlosen redend.“

Liebe Gemeinde,
Wundergeschichten hinterlassen bei vielen Menschen und auch bei uns gespaltene Gefühle. Wir fragen, wie denn funktionieren kann, was berichtet wird und zweifeln, ob dies so wirklich geschehen sein könnte. Das Berichtete liegt so ganz außerhalb unserer Erfahrungswelt und auch unserer Wissenschaftswelt.

Anderseits wird mit diesen Geschichten in uns eine Sehnsucht nach einer heilen, guten Welt wach. Ach, könnte es doch auf dieser Welt so sein, wie es in dieser Geschichte beschrieben wurde. Alles wäre so gut!

Zwischen diesen beiden Polen der Fragwürdigkeit und der Sehnsucht stehend, suchen wir nach dem, was aus dieser Geschichte heraus helfen könnte, das Leben zu gestalten. Und es lässt sich dann plötzlich vieles entdecken. Wir finden, was uns zum Nachdenken anregt und wo wir in der Nachfolge Jesu Christ sein können. Drei Gedanken möchte ich mit Ihnen vertiefen:

1. Bewegung und Begegnung
In der uns von Markus erzählten Geschichte sind viele Menschen unterwegs. Zuerst natürlich Jesus. Die Evangelien berichtet aus dem Lebensabschnitt, in dem er fast immer auf Wanderschaft ist. Mit seinen Jüngern zieht er lehrend und heilend durch das heilige Land. Und während er auf dem Weg ist, begegnen ihm Menschen und kommen ihm sogar entgegen. Der Kranke, der wahrscheinlich selbst den Weg zu Jesus nicht gefunden hätte, wird von seinen Mitmenschen gebracht.

In der Geschichte sind Menschen miteinander, zueinander und einander helfend auf dem Weg. Nur wer sich bewegt, kann sich mit anderen treffen und in einer Begegnung liegt dann auch der erste Schritt zur Heilung, zum Heil. Auf diesem Weg durch das Leben brauchen wir manchmal, einen der uns führt. Mitmenschen, die uns Begleiter sind. Menschen, die uns auch zu Jesus mitnehmen, die im Glauben neben uns sind.

2. Taubheit und Sprachlosigkeit haben nicht nur körperliche Ursachen 
Mit Taubheit und Sprachlosigkeit beschreiben wir nicht nur körperliche Einschränkungen und Handicaps. Diese Dimension der Stummheit und Taubheit hatte Jesus oder der Erzähler Markus sicher auch im Blick. Der Ort an dem diese Geschichte geschah, liegt im Gebiet der zehn Städte, einer Gegend, die als verschlossen gegenüber dem jüdischen Glauben beschrieben wird.

Menschen verstummen, wenn große Angst sie lähmt. Menschen bringen vor Schrecken kein Wort mehr über die Lippen. Menschen gehen stumm aneinander vorbei, weil die Verletzungen durch Streit und Neid und Bosheit zu tief geworden sind. Menschen schweigen, weil das Vertrauen missbraucht wurde.

Die Taubheit kommt über Menschen, die in den engen Mauern ihres Weltbildes gefangen sind. Traditionen können die Offenheit für andere Menschen einschränken und manchmal sogar verhindern. Das erleben wir in unseren Kirchengemeinden manchmal auch. Oder die Ohren sind verstopft durch die Lautstärke des allgemeinen Mainstreams. Die Gehörgänge sind verkleistert durch dumme Parolen, die die Unsicherheit von Menschen gegenüber der globalen Welt verdecken sollen. Auch Egoismus und Neid machen taub für den Mitmenschen.

Im geschäftigen Treiben und im Stress unseres Alltags überhören wir oft die leise Stimme der Verzweifelnden oder wir laufen gestresst am lauten Schrei kranker Menschen vorbei. Viele beklagten die kühl gewordene Gesellschaft nach der Wende, wo plötzlich Gleichgültigkeit gegenüber dem Nachbarn einzog und Neid ein Dorf beherrschte.

Für viele Menschen ist Taubheit und Sprachlosigkeit ein Schutz gegenüber der Unsicherheit des Lebens geworden. Sich zurück zuziehen in die eigenen vier Wände des Hause oder des Denkens wurde zur Selbstverständlichkeit.

Die Klage über den Egoismus in unserer Gesellschaft wird an vielen Ecken laut und eine Ellenbogengesellschaft macht sich breit, die stumm ist und für den Untenliegenden keine Worte mehr findet. Nur dann, wenn Menschen an die Grenzen des Lebens kommen, z.B. erkranken, spüren sie wieder, wir kalt das Miteinander geworden ist.

Taubheit und Sprachlosigkeit machen einsam. Jede Kommunikation ist behindert. Gute, helfende, tröstende Worte kommen nicht mehr über die Lippen und dringen nicht mehr ans Ohr.

3. Mit Jesus in Bewegung und Begegnung- der Blick zum Himmel
In der Begegnung mit Jesus werden uns die Ohren geöffnet, um wahrzunehmen, wo wir verschlossen sind.  Jesus kommt uns entgegen, aber auch wir sollen  uns aufmachen, sollen ihm entgegengehen, sollen aufstehen aus der Bequemlichkeit und nur dann werden wir ihn treffen können. Wir sollten aufbrechen aus der Selbstverständlichkeit von Taubheit und Sprachlosigkeit.

In der Begegnung mit Jesus wird der taube und stumme Mensch geheilt und er hört nicht nur, sondern er redet plötzlich richtig. Wir glauben, dass Menschen in der Begegnung mit Jesus geheilt werden können. Wir beten für Menschen, dass Jesus sie heilt. Wir beten für uns, dass wir geheilt werden.

Solche Wundergeschichten, wie Markus sie erzählt, bestärken uns im Vertrauen zu Jesus Christus. Er blickt zum Himmel, versichert sich der Beziehung zu Gott Vater als er heilte.
Die Sehnsucht nach einer heilen und guten Welt wird sich im Glauben erfüllen. Vollkommen sicher erst im Reich Gottes, aber in kleinen Schritten und Augenblicken schon auf dieser Welt.

Gottes Reich wird dann sichtbar, wenn ein Mensch gesund wird, Streit überwunden ist, Vertrauen wächst und wir aufeinander hören und miteinander reden. Wunder geschehen, wenn Angst und Unsicherheit überwunden werden.

Die Liebe zwischen zwei Menschen beginnt oft damit, dass sie eine ganze Nacht miteinander reden. Die Liebe geht verloren, wenn Ehepaare nicht mehr miteinander reden. Die Liebe öffnet das Ohr macht sensibel, lässt uns gute Worte finden.

Im Glauben kommt uns die Liebe Gottes entgegen. Und deshalb können wir im Glauben auch Taubheit und Sprachlosigkeit überwinden. Im Glauben lassen wir uns vom Wort Gottes ansprechen und verändern. Der Glaube ermutigt uns auf andere zuzugehen, er macht uns sensibel für den Menschen neben uns.

Martin Luther hat auch über diesen Text gepredigt und er sagt: „Es will aber der Herr mit diesem Wunderwerk uns auch das anzeigen, wie diese zwei Stücke sonderlich einem Christen zugehören, dass die Ohren ihm aufgetan und die Zunge gelöst sei; und dass er dies Werk täglich in seiner Kirche gegen den Teufel üben wolle. Die leibliche Wohltat, dass er gesunde Ohren und Zunge gibt, lässt er auch wohl den Heiden widerfahren; aber bei den Christen allein geht diese geistliche Wohltat, dass er ihnen die Ohren geistlich öffnet und die Zunge löst. Denn das ist ja gewiss, dass wir alle unsere Seligkeit allein durch das Wort Gottes haben. Was wüssten wir sonst von Gott, von unserem Herrn Christus und seinem Opfer, und vom Heiligen Geiste? Darum ist dies noch heutigen Tages das größte Wunderwerk und die größte Wohltat, wem Gott ein solches Ohr gibt, dass sein Wort gern hört, und eine Zunge, die Gott ehrt und nicht lästert.“

4. Wundergeschichten brauchen keine dicken Schlagzeilen
In den Wundergeschichten, die der Evangelist Markus erzählt, ermahnt Jesus oft die Zuschauer nicht über das Gesehene zu reden. Als ob sich seine Taten verheimlichen ließen, dazu war Jesus eine schon zu bekannte Persönlichkeit. 

In unserer Gesellschaft geschehen Geschichten, die von der Überwindung von Taubheit und Sprachlosigkeit erzählen meist im Stillen.  Keine Zeitung schreibt mit dicken Schlagzeilen darüber, denen sind die schlechten Nachrichten meistens doch lieber.

Sind unsere oft klein gewordenen Kirchengemeinden nicht ein idealer Ort, wo solche Wunder geschehen können, in denen die Liebe Gottes uns so aufeinander zu bewegt und verändert, dass wir Hören und Reden lernen, wo wir sonst ohne Worte aneinander vorbei gegangen sind.
„Das verleihe uns unser lieber Herr und Heiland, Christus Jesus.“ (Martin Luther) Amen

Superintendent Christian Beuchel, Jüdenstrasse 35- 37, 06886 Lutherstadt Wittenberg

Herausgegeben vom

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