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Die Kirche des Geistes

von Petra Assmann-Daum (Lollar)

Predigtdatum : 04.06.2001
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Pfingstsonntag
Textstelle : Johannes 4,19-26
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Wochenspruch:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth. (Sacharja 4,6)

Psalm: 100 (EG 740)

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 11,1-9
Epistel:
1. Korinther 12,4-11
Evangelium:
Matthäus 16,13-19

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 136, 1+7
O komm du Geist der Wahrheit
Wochenlied:
EG 125
oder EG 129
Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
Freut euch, ihr Christen alle
Predigtlied:
EG 638, 1-3
Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt
Schlusslied:
EG 171, 1-4
Bewahre uns Gott

Kurze Hinführung:
Ich möchte die Perikope für den Pfingstmontag 2001 im Zusammenhang Joh. 4,5-30 betrachten: die Begegnungsgeschichte Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen.
In der Begegnung mit Jesus erfährt diese Frau, dass sie wertgeachtet, angenommen und befähigt ist. Dadurch verändert sich ihr Leben, und sie findet ihren wahren „Anbetungsort“, indem sich Jesus ihr Schritt für Schritt zu erkennen gibt.
Aus einem einsamen und verschlossenen Menschen wird jemand, der auf andere zugeht, um ihnen die gemachten Glaubenserfahrungen zu verkündigen.
Insofern hat auch diese Perikope ihren Ort in der Verkündigung der Pfingstbotschaft: Menschen geraten in Bewegung, in Aufbruchsstimmung und können durch das Wort Gottes, durch seelsorgerliche Begegnung in ihrem Alltag (Brunnen) das Wirken des Heiligen Geistes erfahren.
Dies möchte ich im Verlaufe des Gespräches narrativ nachzeichnen. (in Anlehnung an Maria Hermann, Was geht’s dich an, Frau?- Geschichten des Glaubens neu erzählt, Quell Verlag 1988)
Lesung: 1.Kor 12, 4-11

19 Die Frau aus Samarien spricht zu Jesus: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. 20 Unsere Väter haben auf diesem Berge angebetet, und ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten soll. 21 Jesus spricht zu ihr: Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, dass ihr weder auf diesem Berge noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. 22 Ihr wisst nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber, was wir anbeten; denn das Heil kommt von den Juden. 23 Aber es kommt die Zeit und ist schon jetzt, in der die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben. 24 Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.
25 Spricht die Frau zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen.
26 Jesus spricht zu ihr: Ich bin's, der mit dir redet.

„Wes Herz voll ist, dem geht der Mund über“ - so, liebe Gemeinde, könnte man eine der schönsten Begegnungsgeschichten des Neuen Testamentes überschreiben. Sie ist uns im 4. Kapitel des Johannes-Evangeliums überliefert. Ich will sie nicht vorlesen, sondern die Frau selbst zu Wort kommen lassen. Sie sagt:
Das hätte ich mir nie träumen lassen, dass ein Tag kommen würde, an dem ihr mir zuhört.
Bisher bin ich für euch ja nie in Betracht gekommen.
Ihr habt mich gemieden.
Ihr habt mir böse Blicke zugeworfen.
Ihr seid auf die andere Straßenseite gegangen, um eine Begegnung mit mir zu vermeiden.
Ich will euch erzählen, wer mir begegnet ist, und ich bitte euch: Hört mir bis zum Ende zu.
Ich gehe um die Mittagszeit zum Jakobsbrunnen wie immer. Keine Frau holt ihr Wasser um diese Zeit, wo die Sonne am höchsten steht.
Ich weiß, aber es hat seine Gründe, warum ich es mir angewöhnt habe.
Das ist schließlich meine Sache, wann ich mein Wasser hole. Jedenfalls will um diese Zeit niemand etwas von mir.
Aber heute war das anders. Schon von weitem sehe ich tatsächlich einen Mann am Brunnen sitzen. Schnell umkehren, so denke ich, denn seine Kleidung verriet, dass es ein jüdischer Mann war.
Er schien müde zu sein. Ganz zusammengesunken, ganz in sich gekehrt saß er da.
Ach, schoss es mir durch den Kopf, der wird dich gar nicht bemerken. Hol schnell dein Wasser, der wird dich schon in Ruhe lassen.
Aber als ich mich über den Brunnen neigte, sprach er mich plötzlich an. Vor Schreck hätte ich beinahe meinen Krug fallen lassen.
Er sagte: „Bitte gib mir zu trinken“ - „Bitte“, sagte er. Er befahl nicht, wie Männer das Frauen gegenüber gewöhnlich tun. Er nahm mir nicht den Krug weg und bediente sich selbst. Er, der jüdische Mann, bat mich, die samaritanische Frau. Er nahm aus meiner Hand ein Geschenk an!
Ich aber konnte nicht anders, ich musste ihn fragen: „Wie kommst du dazu, ein Mann, ein Jude, mich, eine Frau aus Samaria, zu bitten?“
Ich muss gestehen, es hat mir bis in mein Innerstes hinein gut getan.
Ich weiß nicht, ob mir bis dahin jemand so begegnet ist. Er kannte keinen kulturellen Schranken, und ich spürte eine große Wertschätzung.
Und dann sagt er etwas ganz Merkwürdiges: „Ich habe dir auch etwas zu geben - Wasser des Lebens.“
Das war mir zu hoch. Ich habe ihn nicht verstanden. Er hatte doch weder Krug, noch Schöpfeimer. Nichts, als seine Hände, um Wasser zu schöpfen.
Wie wollte er damit in die Tiefe zur Quelle gelangen? War er am Ende doch nicht so bescheiden, wie er sich gab, als er mich bat? Meinte er etwas Besseres zu sein als Urvater Jakob, nach dem der Brunnen benannt ist, weil er schon aus ihm geschöpft hatte?
Er sah mich an. Er spürte meinen Unwillen, mein Unverständnis, mein Zögern, aber auch meine Neugier. Hatte er etwa bemerkt, dass ich schon immer ein Mensch gewesen bin, der nach dem Leben, nach dem Sinn gesucht hat?
Er sagte zu mir: „Das Wasser des Lebens, das ich gebe, löscht den Durst nach dem Leben. Mehr noch, es wird zur Quelle, die Durstige anzieht.“
O, damit sprach er etwas in mir an, das ich bisher vergeblich suchte.
Ich habe es bei Menschen gesucht - und in dem, was ich Glauben nannte. Vergeblich.
Vielleicht kennt ihr das auch - diesen Durst nach Leben, wirklichem Leben. Den Durst nach Geliebtwerden und Angenommensein - so wie man ist. Auch wenn ich noch so viel arbeite, mir noch so viel leisten kann - dieser Durst bleibt.
Ich flehte ihn an: „Gib mir solches Wasser, Herr, das den Lebensdurst stillt. Dann muss ich mich nicht mehr in der Hitze aufmachen und zum Brunnen laufen.“
Aber merkwürdig – er holte kein Wasser, auch keinen Zaubertrank oder etwas ähnliches. Völlig unvermittelt sagte er zu mir: „Geh und hole deinen Mann!“
Diese Worte berührten mich da, wo ich besonders empfindlich und verletzlich bin.
Ich sagte: „Ich habe keinen.“
Er aber sah mich an und sagte: „Du hast recht. Keiner ist in Wahrheit dein Mann geworden, dein Gegenüber. Niemand konnte dir das geben, wonach du dich sehnst.“
Er kannte die Wahrheit meines Lebens, all das, was mich so werden ließ, wie ich heute bin. Er berührte den wunden Punkt meines Lebens.
Ich spürte ihm ab, dass er mich um meiner selbst willen liebte.
Aber das war für mich gar nicht so leicht. Bis jetzt gelang es mir ganz gut, alles vor den anderen zu verbergen.
Ihr kennt das doch sicher auch: Wie man sich nach außen abschotteten und verhärten kann, damit andere bloß nicht die eigentlichen Probleme sehen können, die man mit sich herumschleppt.
Das macht einsam, kann ich euch sagen. Jawohl, eine einsame Frau war ich, die niemandem vertrauen konnte, sich auch niemandem anvertraute.
Aber bei diesem Jesus war das anders. Er schien bei mir durchzublicken. Er wusste um meine verborgenen Not. Und zum erstenmal - und das war unglaublich - spürte ich so etwas wie Vertrauen.
Aber, wer war er?
„Du bist wohl ein Prophet. Du hast mich erkannt wie noch nie jemand in meinem Leben. Dann weißt du auch mehr von Gott als andere.
Wir gehen zum Heiligen Berg, um Gott nahe zu sein und mit ihm zu reden. Ihr sagt, im Tempel in Jerusalem sei der Ort, wo man Gott findet. Wer hat recht? Wo kann ich Gott finden?“
Er sagte: „Es wird die Zeit kommen, da werden alle Gott nicht mehr an einem bestimmten Ort suchen. Sie werden ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“
Auch diese Worten berührten mich.
Alle, hatte er gesagt. Nicht nur die Männer, auch wir Frauen. Gott hat seinen Geist nicht den Männern vorbehalten.
Er redet auch zu uns. Er braucht auch uns, damit sein Geist wirkt.
Nicht nur die Juden, auch wir Samaritaner und auch Menschen, die Gott noch nicht kennen und noch nichts von ihm wissen, werden erkennen, mit ihm reden.
Reden - nicht nur von dem, was sie gelehrt worden sind, sondern auch von dem, was sie selber erfahren haben, was ihr Herz berührt hat.
Wie die Worte dieses Mannes.
Er wurde mir immer rätselhafter, jener Fremde, und zugleich war er mir ganz nah. Und diese Nähe verletzte mich nicht, sondern tat mir gut. Auch dass er so viel von mir wusste, demütigte mich nicht - im Gegenteil: Lasten fielen von mir ab. Ich fühlte mich unendlich frei - wie noch nie in meinem Leben.
Ich habe dann etwas gesagt, was ich gar nicht sagen wollte. Ich wollte den Fremden ja nicht verletzen und wollte auch nicht von ihm ablenken, jetzt, wo er mir so nahe war.
Ich sagte: „Wenn der Messias kommt, der wird uns alles sagen. Dann werden wir alles verstehen und die Wahrheit wissen.“
Und wisst ihr, was er geantwortet hat? „Ich bin es, der mit dir redet.“
Unglaublich. Mein Herz schlug immer höher, ich war ganz verwirrt.
Inzwischen kamen Männer, die offensichtlich seine Freunde waren. Die haben sich gewundert, vielleicht sogar entsetzt, dass er mit mir - einer samaritanischen Frau - sprach. Aber das war mir ganz egal.
Ich ließ meinen Krug stehen und bin gelaufen, als ginge es um mein Leben. Die Achtung, die ich erfahren hatte, setzte in mir Kräfte frei für andere. Ich lief bis in die Stadt hinein und rief allen zu: „Kommt schnell zum Jakobsbrunnen. Ich bitte euch, starrt mich nicht so an.
Ich weiß ja, dass ihr nicht viel von mir haltet und mir aus dem Weg geht. Ich kann es verstehen.
Aber denkt jetzt nicht an mich und an das, was euch nicht an mir gefällt. Das ist vergangen. Neues Leben ist möglich. Denn er ist da, der Messias, unser Messias.
Er hat keinen Bogen um unsere Stadt gemacht, nicht um mich, nicht um euch. Er kann einen Menschen verwandeln, ich kann das sagen. Öffnet eure Herzen und ihr werdet seine Kraft spüren. Die Veränderung, die von ihm ausgeht. An mir könnt ihr es sehen.
Er hat mir alles gesagt. Aber geht und schaut selbst. Findet das Leben, euer Leben, in ihm! Amen.

Verfasserin: Pfrn. Petra Assmann-Daum, Daubringer Str. 55, 35457 Lollar

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