Menü

Die Kraft des Glaubens

von Daniela Opel-Koch (Idstein)

Predigtdatum : 23.09.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 17. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Jesaja 49,1-6
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Johannes 5, 4)

Psalm: 25, 8 – 15 (EG 713)

Lesungen

Reihe I: Matthäus 15, 21 - 28
Reihe II: Römer 10, 9 - 17
Reihe III: Markus 9, 17 - 27
Reihe IV: Jesaja 49, 1 - 6
Reihe V: Johannes 9, 35 - 41
Reihe VI: Epheser 4, 1 - 6

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 452, 1.4.5 Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied: EG 346,1.3.4. Such, wer da will
Predigtlied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit
Schlusslied: EG 446,1.3.4. 8.(9) Wach auf, mein Herz, und singe

Predigttext Jesaja 49, 1 - 6

Gottes Knecht wird das Licht der Völker

1 Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merkt auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war.

2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt.

3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will.

4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz. Doch mein Recht ist bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.

5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde – und ich bin vor dem HERRN wert geachtet und mein Gott ist meine Stärke –,

6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.

(Lesung Mt 15, 21 - 28)

Weckruf Gottes – Gottes Weckruf

Am Beginn der Predigt klingelt ein Wecker!

Guten Morgen, liebe Gemeinde,

sind Sie alle wach? Zeit zum Aufstehen! Ein Weckruf ereilt uns am heutigen Morgen:

„Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merkt auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war.“

Da ruft ein Berufener! Einer, der von Gott ausgesucht wurde, um sich Gehör zu verschaffen und der von sich sagt: „Der Herr hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt.“

Wow! Da hat einer eine gehörige Portion Selbstbewusstsein. Offenbar hat er sich und seine Wirkung auf andere gut reflektiert – seine Worte scheinen andere zu treffen, er hat eine rhetorische Gabe, um andere aufzurütteln und aufzuregen und erfährt dabei die Gewissheit, dass Gott ihn darin unterstützt und schützt. Gott als Mutgeber braucht er auch. Wir kennen das ja, Wahrheiten benennen ist oft eine schmerzliche Angelegenheit für beide Seiten. Deswegen vermeiden die meisten von uns solche Konfrontationen oder die aktive, lautstarke Benennung von Missständen, denn sollte es doch einmal notwendig sein, erfahren es viele als unbequem oder zerstörerisch. Natürlich hat dieser Mensch hier den Vorteil, dass Gott ihm persönlich zugesprochen hat: „Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will.“ Aber er hat nicht nur die Ehre, sondern auch die Last. Durch den Knecht soll Gottes Großartigkeit allen ersichtlich werden.

Ein Knecht mit scharfer Zunge. Ein Gehilfe, ein Assistent Gottes, den aber auch mancher Zweifel umtreibt, wenn er sagt: „Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz.“

Ah, da sind sie ja, die Zweifel, wenn man einen Job als Mahner, als Gewissensbeißer, als Anprangernder hat, der den Leuten ins Gesicht sagt, was sie eigentlich nicht hören wollen.

Gut, dass da seine innere Gewissheit herrscht: „Doch mein Recht ist bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.“ Ja, es ist gut, wenn man sich nicht von der Meinung anderer Menschen abhängig macht. Immer schön authentisch bleiben – erst recht, wenn Gott hinter einem steht.

„Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde. Und ich bin vor dem HERRN wert geachtet und mein Gott ist meine Stärke –, er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.“

Wir hören, der Berufene soll für Gott Werbung machen, seine Aufgabe ist es, jene wieder einzusammeln und zurückzubringen, die eigentlich von jeher zu Gott gehörten, sich dieser Anbindung aber nicht immer bewusst sind oder sie nicht spüren. Aber – und das ist das Furiose – der Horizont soll noch weiter werden – Gottes Licht soll die ganze Welt erhellen, alle Menschen, auch die, die noch nichts von diesem Gott erfahren haben, soll der Knecht zu Gott bringen. 

Kein Wunder, dass dieser alttestamentliche Text, eines der sogenannten Gottesknechtslieder – auf Jesus übertragen wurde. Denn das, was Gott da an Erwartungen stellt, ist von einem Menschen in Gänze schlichtweg nicht zu leisten. Natürlich – wenn wir von etwas überzeugt sind, dann können wir durchaus mit scharfer Zunge dafür kämpfen. Menschen zu Gott bringen? Punktuell gelingt uns dies sicher, wenn wir uns selbst zutrauen von uns und unserem Glauben zu reden. Aber unser eigener Glaube ist ja oft genug angefochten. Und Licht der Völker sein – das ist wirklich eine Nummer zu groß für jeden von uns.

Und liebe Gemeinde: Scheinbar ist es das sogar für Jesus, der von sich selbst sagt: Ich bin das Licht der Welt! Und damit stehen wir nun vor einer echten Herausforderung.

Denken Sie zurück an das Evangelium des heutigen Sonntags, das wir vorhin in der Lesung gehört haben. Schließlich sind die Texte der so genannten Perikopenordnung, die wir hinten im Gesangbuch finden, ja miteinander verwoben, sie beziehen sich auf einander.

Sie erinnern sich: laut Matthäus verweigert Jesus einer Frau seine Hilfe, weil sie nicht zum Volk Israel gehört. Matthäus spricht von einer Kanaanäerin aus dem Gebiet von Sidon und Tyrus. Also ist der rufende Berufene, von dem Gott sagt: Ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde, nicht identisch mit Jesus?

Die Haltung Jesu irritiert uns, umso bemerkenswerter erscheint das Verhalten der Frau. Sie lässt sich nicht in ihrem Anliegen beirren, um Heilung für ihre Tochter zu bitten, auch wenn Jesus ihr immer schroffer begegnet. Die Mutter erfährt das Nein Gottes, die Absage Jesu. Sie gehört nicht dazu, sie soll keinen Anteil am Heil haben, weil sie ihrer Abstammung nach keine Jüdin ist. Wie sie auch bittet und versucht, Jesus zu erweichen: Er eröffnet ihr erst einmal keinen Ausweg. Diese Szene versetzt in inneren Aufruhr. Das Verhalten Jesu ist kaum zu ertragen. Was soll denn das? Von wegen Licht der Welt!

Jesus tritt die Kanaanäerin verbal mit Füßen, sogar zur Hündin hat er sie abgewertet. Aber sie gibt die letzte Hoffnung auf seine Zuwendung immer noch nicht auf, sondern macht aus ihrer Not eine Tugend. Es ist erstaunlich und bewundernswert, wie sie sich verhält, wo doch eigentlich alles dagegen spricht, dass Jesus seine Meinung noch ändert. Sie stellt ihren Stolz und ihr Selbstbewusstsein ganz zurück und lässt sich auf Jesu Vergleich ein. Sie identifiziert sich mit der Hündin, macht sich ganz klein und beweist darin wahre Größe. Im Grunde sagt sie: „In Ordnung, Jesus, ich bin es vielleicht nicht wert, dass Du mich und meine Tochter anhörst und dass du uns stärkst und hilfst, damit wir leben können, aber ich weiß, dass selbst die Hunde unter dem Tisch nicht leer ausgehen und einige Krümel vom Brot abbekommen. Allein das genügt ihnen schon, um satt zu werden.“

Mit ihrem selbstlosen Bekenntnis, mit ihrem hohen Anspruch und ihrer gleichzeitig artikulierten Bescheidenheit, mit ihrer mutigen Demut und mit ihrem beständigen Glauben an Jesu Macht, kommt sie an ihr Ziel: Jesus erkennt ihren großen Glauben und sagt ihr zu, dass ihr geschehe, wie sie es wünscht. Ihre Tochter wird gesund. Nach einem wahren Kampf, einem zermürbenden Ringen sagt Gott schließlich: Ja.

Liebe Gemeinde,

wir haben es heute mit zwei sich konterkarierenden Texten  zu tun – auf der einen Seite der aktiv suchende, sich aufopfernde Knecht Gottes, der das Volk Gottes und die Völker zu Gott führen will. Auf der anderen Seite Gottes Sohn, der in der matthäischen Szene das Heil exklusiv dem Volk Israel vorbehält und sich dem Glaubenslicht, das schon längst bei der Kanaanäerin angekommen ist, verschließt.

Beide Texte beleuchten das Thema des heutigen Sonntags „Die Kraft des Glaubens“, der einerseits von Berufenen verbreitet werden soll und will, der sich andererseits auf unverhoffte und nahezu geheimnisvolle Weise selbst verbreitet. Zwei Wege zum gleichen Ziel.

Der Gottesknecht hat ein schweres Amt, er sagt: „Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz.“ Ja, es ist eine mühsame Aufgabe, Menschen aktiv vom Glauben zu überzeugen, letztendlich ist es ja auch Sache des Heiligen Geistes, ob er ein Herz oder eine Seele berührt, da helfen eine spitze Zunge, ein scharfer Verstand und ein erhobener Zeigefinger oft gar nichts. Ja, natürlich, auch diese Menschen brauchen wir, die Bekennenden unter uns, die sich aktiv dafür einsetzen, anderen ein Beispiel im Glauben zu sein und ein Vorbild. Und andererseits tragen Menschen, von denen man es gar nicht dachte, einen so tiefen Glauben in sich, der Berge versetzen kann, wozu niemand etwas beigetragen hat. Der Glaube ist einfach gewachsen – aus einem kleinen Samenkorn. Ganz von alleine. 

Die kanaanäische Frau und auch der Gottesknecht vergegenwärtigen uns eine Haltung, an die wir uns erinnern sollten, wenn wir uns hundeelend fühlen, wie ein begossener Pudel oder sogar drohen, vor die Hunde zu gehen. Das haben beide gemeinsam:

Der Weck-Ruf zu Gott bleibt niemals ungehört, während der Weckruf Gottes manches Mal verhallt. Sein Ohr ist immer offen, auch wenn es manchmal dauert bis er sie öffnet, Menschenohren sind häufig verstopft. Als die Frau bereits am Boden lag, hat Jesus ihr zunächst noch einen Stoß gegeben, aber sie hat ihren Kopf erhoben und gegen alle Widrigkeiten gefleht und gebeten, eine Verbindung zu Gott gesucht, ja, darauf bestanden, weil sie die Gewissheit in sich trug, dass ihr Bitten nicht umsonst sein würde.

Auch der Knecht hat bei aller Last, jedem Zweifel und aller Mühe die Gewissheit, dass Gott an seiner Seite ist von Mutterleibe an. Und das ist auch die frohe Botschaft vom heutigen Morgen: Wenngleich das Ja Gottes uns manchmal verborgen erscheint, steht am Ende der Wunsch und die Hoffnung, dass wir den Mut zum Glauben bewahren - in dem Wissen, dass Gott gegenwärtig ist und immer das erste und letzte Wort hat: Sein Ja zu uns und unserem Leben.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Verfasserin: Pfarrerin Dr. Daniela Opel-Koch, Taubenberg 6 a, 65510 Idstein  


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de