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Die Krone des Lebens

von Diana Engel

Predigtdatum : 14.11.2021
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : 2. Korinther 5,1-10
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Wochenspruch: Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. (2. Korinther 5,10a)

Psalm: 50,1-6.14–15.23

Lesungen

Reihe I: Hiob 14,1-6(7-12)13(14)15-17
Reihe II: Lukas 16,1-8(9)
Reihe III: 2. Korinther 5,1-10
Reihe IV: Lukas 18,1-8
Reihe V: Matthäus 25,31-46
Reihe VI: Römer 14,(1-6)7-13

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 450 Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied: EG 378 Es mag sein, dass alles fällt
Predigtlied: EG 526,1-4 Jesus, meine Zuversicht
Schlusslied: EG 526,7 Jesus, meine Zuversicht

Predigttext: 2. Korinther 5,1-10

1 Denn wir wissen: Wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.
2 Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden,
3 weil wir dann bekleidet und nicht nackt befunden werden.
4 Denn solange wir in dieser Hütte sind, seufzen wir und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden wollen, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben.
5 Der uns aber dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat.
6 So sind wir denn allezeit getrost und wissen: Solange wir im Leibe wohnen, weilen wir fern von dem Herrn;
7 denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen.
8 Wir sind aber getrost und begehren sehr, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn.
9 Darum setzen wir auch unsre Ehre darein, ob wir daheim sind oder in der Fremde, dass wir ihm wohlgefallen.
10 Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf dass ein jeder empfange nach dem, was er getan hat im Leib, es sei gut oder böse.

Hinweis

Die Gedankenführung der Predigt baut auf der Übersetzung des Predigttextes „Hoffnung für Alle“ auf, genauer gesagt dem Wort „Zelt“. Der Predigttext wird nach der Einleitung verlesen.

Predigt

Liebe Gemeinde!

„70 ist das neue 50!“
So wird heute schon mal zum Geburtstag gratuliert.
Und es ist ja auch wahr! Die heutigen 70jährigen wirken ganz anders als die 70jährigen in meiner Kindheit.

Die Frauen tragen schon lange keine Schürzen mehr und erst recht keine Kopftücher. Und die Männer sitzen auch nicht den ganzen Tag auf der Ofenbank.
Nein, heutzutage geht es zwei bis drei Mal die Woche ins Fitnessstudio. Das E-Bike ermöglicht große Fahrradtouren. Es gibt spezielle Angebote für Seniorengymnastik. Und ihr Gehirnjogging erledigen viele über das Smartphone.

So hat man gute Chancen alt zu werden und dabei möglichst fit zu bleiben.

Lebenszuversicht im Älterwerden - dazu wollen diese Novembertage nicht so recht passen.

Heute gedenken wir derjenigen, die jetzt hochbetagt sein könnten wenn sie nicht im Krieg umgekommen wären. Ihre Kinder hätten nicht ohne Vater aufwachsen müssen. Ihre Frauen wären keine Witwen gewesen. Ihren Enkeln würde heute nicht bewusst, dass die Familie bis heute von diesen Schrecken geprägt ist.

Menschen müssten heutzutage nicht evakuiert werden weil bei Bauarbeiten mal wieder eine Fliegerbombe gefunden worden ist, die nun entschärft werden soll.

Und wir könnten am 9. November die Öffnung der Mauer 1989 feiern – wenn da nicht noch die Pogrome vom 9. November 1938 gewesen wären und alles, was damit erst begann.

Nein, wir werden nicht so gerne erinnert an schreckliche Geschehnisse. Wir schauen lieber nach vorne.

Das tut unser Predigttext auch. Er schaut weit nach vorne, über die Grenze unseres menschlichen Lebens hinaus.

Hören wir aus dem 2. Brief an die Gemeinde in Korinth im 5. Kapitel nach einer modernen Übersetzung (Hoffnung für Alle):

1 Das wissen wir: Unser irdischer Leib ist vergänglich; er gleicht einem Zelt, das eines Tages abgebrochen wird. Dann erhalten wir einen neuen Leib, eine Behausung, die nicht von Menschen errichtet ist. Gott hält sie im Himmel für uns bereit, und sie wird ewig bleiben. 2 Voll Verlangen sehnen wir uns danach, den neuen Leib schon jetzt überzuziehen wie ein Gewand, 3 damit wir nicht nackt, sondern bekleidet sind, wenn wir unseren irdischen Körper ablegen müssen. 4 Solange wir in diesem Körper leben, liegt eine schwere Last auf uns. Am liebsten wäre es uns, wenn wir nicht erst sterben müssten, um unseren neuen Körper anziehen zu können. Wir möchten den neuen Körper einfach über den alten ziehen, damit alles Vergängliche vom Leben überwunden wird. 5 Auf dieses neue Leben hat uns Gott vorbereitet, indem er uns als sicheres Pfand dafür schon jetzt seinen Geist gegeben hat. 6 Deshalb sind wir jederzeit zuversichtlich, auch wenn wir in unserem irdischen Leib noch nicht bei Gott zu Hause sind. 7 Unser Leben auf dieser Erde ist dadurch bestimmt, dass wir an ihn glauben, und nicht, dass wir ihn sehen. Aber wir rechnen fest damit und würden am liebsten diesen Leib verlassen, um endlich zu Hause beim Herrn zu sein. 9 Ganz gleich ob wir nun daheim bei ihm sind oder noch auf dieser Erde leben, wir möchten in jedem Fall tun, was Gott gefällt. 10 Denn einmal werden wir uns alle vor Christus als unserem Richter verantworten müssen. Dann wird jeder das bekommen, was er für sein Tun auf dieser Erde verdient hat, mag es gut oder schlecht gewesen sein.

Das ist ein eingängiges Bild: ein Zelt.

In einem Zelt kann man vorübergehend leben, am besten im Sommer bei schönem Wetter.

Aber auf Dauer ist das nichts in unseren Breitengraden. Da wird es im November zu kalt. Das Zelt kann den Winterstürmen nicht trotzen.

Es ist eine Art Provisorium, so wie man die Opfer eines Erdbebens vorübergehend in Zelten unterbringt oder Flüchtlinge. Hauptsache erst mal ein Dach über dem Kopf, etwas Privatsphäre. Aber nichts für immer.
Und mit einem Zelt vergleicht Paulus nun unseren Körper: Nichts für die Ewigkeit!

Im doppelten Wortsinn: nichts für die Ewigkeit!

Diesen Körper, den wir hegen und pflegen, den wir schmücken und auch operieren lassen wenn es nötig ist; diesen Körper brauchen wir dann nicht mehr.

Und wenn die Fitness im Alter nachlässt, im Herbst des Lebens, da wird die Sehnsucht größer nach einer bleibenden Behausung.

Da fällt mir ein interessantes Detail im Predigttext auf:
„Voll Verlangen sehnen wir uns danach, den neuen Leib schon jetzt überzuziehen wie ein Gewand, damit wir nicht nackt, sondern bekleidet sind, wenn wir unseren irdischen Körper ablegen müssen.“

Nanu?! Ich kann mir meinen irdischen Körper nackt und bekleidet vorstellen.

Aber da steht doch: „damit wir nicht nackt …sind, wenn wir unseren irdischen Körper ablegen müssen“!

Ich bin also noch da, wenn ich meinen irdischen Körper verlassen habe?!

Ja, ich bin noch da!

Ich bin mehr als dieses Wunderwerk, in dem die Organe aufeinander abgestimmt funktionieren und alles von einem Knochengerüst getragen und von Muskeln zusammengehalten wird.

Ich bin mehr als mein Körper und ich bin noch da, wenn ich den irdischen Körper abgelegt habe.

Ich kann mir mich ohne meinen Körper nicht vorstellen.
Auch wenn ich einen altgewordenen, schrumpeligen und schmerzenden Körper gerne abstreifen möchte:  Bin ich dann nicht unbehaust?

Im Predigttext steht: „Dann erhalten wir einen neuen Leib, eine Behausung, die nicht von Menschen errichtet ist. Gott hält sie im Himmel für uns bereit, und sie wird ewig bleiben.“

Oder in der Übersetzung Martin Luthers: „Wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.“

Ja, ein Haus, das ist massiv, das hält. Das ist für die Ewigkeit.

Ein Haus kann ich nicht anziehen, nicht um mich legen wie ein Zelt. Aber in ein Haus kann ich hineinschlüpfen. Es birgt mich in seinem Inneren.

Mit einem Zelt kann ich umherziehen. In einem Haus dagegen bin ich angekommen, kann ich bleiben für immer.

So glauben wir es: dass die Toten geborgen sind, angekommen, gut aufgehoben.

Wir wissen nicht genau wie es ist. Wir haben nur Bilder um das zu beschreiben.

Sterben als Umzug: aus dem irdischen Zelt in das himmlische Haus. Sterben als Nach-Hause-Kommen.

Der Apostel Paulus spricht in diesem Abschnitt des Briefes überraschend seelsorglich. Streckenweise führt er in den Briefen an die Gemeinde in Korinth scharfe Auseinandersetzungen. Hier aber nicht. Hier ist er viel mehr Seelsorger.
Paulus kennt offensichtlich selber die Angst vor dem Sterben, wenn er schreibt: Am liebsten wäre es uns, wenn wir nicht erst sterben müssten, sondern gleich – ja was eigentlich? - verwandelt würden in dieses neue Leben. Einziehen in dieses himmlische Haus.

Nun, sterben muss jeder. Eine Verwandlung in dieses neue Leben ohne Sterben gibt es nicht. Wir müssen das irdische Zelt irgendwann verlassen. Aber: den „Blick hinüber“ haben wir schon. Das „himmlische Haus“ können wir schon sehen. Das ist der tröstende Ausblick, den Paulus uns geben kann.

Nun denken wir heute, am Volkstrauertag zurück an die Toten vergangener Generationen. Da sind so viele aus dem Leben gerissen worden vor ihrer Zeit, in der Jugend, in der Blüte ihres Lebens.

Wir denken auch an die, die als Soldaten im Auslandseinsatz, auch an die vielen, die im zivilen Hilfseinsatz ihr Leben lassen mussten.

Und wir denken in diesem Jahr auch an die Corona-Toten, die vielen, die einsam und isoliert auf den Intensivstationen oft tage- und wochenlang mit dem Tode gerungen haben. Und ihre Angehörigen, die nicht bei ihnen sein konnten.

Unsere Hoffnung für sie alle, wie für uns ist, dass es da für uns alle dieses Haus gibt, „einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.“ Unsere Hoffnung ist, dass Gott sein Versprechen wahrmacht, das er uns jetzt schon ins Herz gepflanzt hat durch seinen Geist.

Mit dieser Hoffnung lasst uns gehen in das stille Gedenken dieses Tages.
Amen.

Fürbittgebet

Lasst uns beten und gemeinsam bitten: Komm, tröste uns.
In deinen Händen, Gott, sind wir alle: 
die Lebenden, die Sterbenden, die Toten.
Das wollen wir spüren.

Wir bitten dich, Gott, unbegreiflich und nahe:
        Komm, tröste uns.

Was schön war im Leben der Toten – du weißt es.
Was schmerzhaft war, was nicht gelungen ist – auch das kennst du. In deine Hände legen wir das Schöne und das Bruchstückhafte.

Wir bitten dich, Gott, der alles vollendet:
        Komm, tröste uns.

Manche sind einsam gestorben. Nicht einmal ihre Lieben konnten bei ihnen sein in den letzten Stunden.
Das tut weh, noch immer. Was nicht mehr getan, nicht mehr gesagt, nicht mehr gelebt werden konnte – es ist dir nicht verborgen.

Wir bitten dich, Gott, voll Liebe und Erbarmen:
        Komm, tröste uns.

Viele sind zu Grabe getragen worden im engsten Kreis.
Wir konnten nicht mitgehen, nicht Abschied nehmen. Das fehlt uns. Und hinter den täglichen Zahlen der Toten die Lebens- und Sterbensgeschichten, die niemand erzählt – du kennst sie alle.

Wir bitten dich, Gott des Friedens und der Versöhnung:
        Komm, tröste uns.

Wir sehen Jesus auf dem Leidensweg. Einsam und isoliert von den Seinen hat er den Tod erlitten. Aber du, Gott, hast ihn aus dem Abgrund des Todes aufgehoben ins neue Leben, in die Gemeinschaft mit dir – auf ewig.

Aus: TrauerZeit. Gemeindedienst der EKM, Februar 2021

Verfasserin: Pastorin Diana Engel, Bad Salzungen


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