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Die Menschwerdung Gottes

von Sabine Leonhard (60433 Frankfurt)

Predigtdatum : 26.12.1999
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 2. Feiertag
Textstelle : Offenbarung 7,9-12.(13-17)
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Wochenspruch:

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannes 1,14)

Psalm: 96 (EG 738)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 11,1-9
Epistel:
Hebräer 1,1-3 (4-6)
Evangelium:
Johannes 1,1-5 (6-8) 9-14

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 39
Kommt und laßt uns Christum ehren
Wochenlied:
EG 23
Gelobet seist du, Jesu Christ
Predigtlied:
EG 50
Du Kind, zu dieser heilgen Zeit
Schlußlied:
EG 31
Es ist ein Ros entsprungen

Hinführung
- Spontane Einwände gegen den Text als “Weihnachtstext”
- Von der Weihnachtsstimmung zum eigentlichen Kern von Weihnachten
- Stellung des Textes im Zusammenhang der Offenbarung
- Bedeutung des Textes für damalige (und heutige) Gemeinden
- Herkunft - Zukunft - Ausblick auf das dritte Jahrtausend.

9 Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen, 10 und riefen mit großer Stimme: Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott, und dem Lamm!
11 Und alle Engel standen rings um den Thron und um die Ältesten und um die vier Gestalten und fielen nieder vor dem Thron auf ihr Angesicht und beteten Gott an 12 und sprachen: Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
[13 Und einer der Ältesten fing an und sprach zu mir: Wer sind diese, die mit den weißen Kleidern angetan sind, und woher sind sie gekommen? 14 Und ich sprach zu ihm: Mein Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind's, die gekommen sind aus der großen Trübsal und haben ihre Kleider gewaschen und haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lammes. 15 Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen. 16 Sie werden nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf ihnen lasten die Sonne oder irgendeine Hitze; 17 denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und leiten zu den Quellen des lebendigen Wassers, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.]

Liebe Gemeinde,
was für ein Text! Was für ein Text für den zweiten Weihnachtstag! Wir feiern das Kommen Gottes in diese irdische Welt - und der Text öffnet uns einen Blick in eine jenseitige Welt. Wir singen “O du fröhliche, o du selige Weihnachtszeit” - und hören von “großer Trübsal.” Und wenn wir uns dann noch vergegenwärtigen, daß dieser zweite Weihnachtstag seit alters her dem Gedenken an Stephanus, den ersten Märtyrer, gewidmet ist, dann, ja dann gerät unsere weihnachtliche Stimmung vollends aus dem Gleis. Oder könnte es sein, daß sie einer notwendigen Korrektur unterzogen wird? Ich denke da z. B. an Weihnachtsgedichte von Jochen Klepper, in denen es heißt “Die Feier ward zu bunt und heiter, mit der die Welt dein Fest begeht. Mach uns doch für die Nacht bereiter” oder auch “Die Welt ist heut voll Freudenhall, du aber liegst im armen Stall. Dein Urteilsspruch ist längst gefällt, das Kreuz ist dir schon aufgestellt.”
Doch, es hat schon seinen Sinn, gerade zu Weihnachten auch an Trübsal zu erinnern, zumal in unserer Zeit; daran zu erinnern, daß der Weg der Kirche, der zu Weihnachten begann, immer auch Weg unter dem Kreuz ist. Die Adressaten der Offenbarung wußten jedenfalls etwas davon. Sie erlebten schon etwas von der Verfolgung, die auch dem neugeborenen Kind nicht erspart blieb. Sie brauchten Ermutigung, Stärkung. Es galt, ihnen Zusammenhänge klar zu machen, sie auf das Ziel hinzuweisen - den endgültigen Sieg Christi!
Unser Text steht ja inmitten von Gerichtsandrohungen, gleichsam wie eine Oase. Von großen Schwertern ist die Rede; von der Macht, den Frieden auf Erden zu nehmen, Dann ist es wie ein Innehalten - Menschen werden vor dem Gericht bewahrt. Zunächst scheint das nur auf Israel zuzutreffen - von 144.000 spricht der vorangehende Text, je 12.000 aus den zwölf Stämmen Israels. Aber sie sind doch nur die ersten, denen Bewahrung zuteil wird; es folgt die Schar derer, “die niemand zählen kann.”
Es findet also keine Aussonderung statt, keine Ausgrenzung – eine Mahnung an uns, die wir so gern bestimmen wollen, wer einmal dazu gehören wird und wer nicht. Für die nicht-jüdischen Gemeinde ist dies ein großer Trost, auch sie werden einmal teilnehmen an einem ewigen Gottesdienst, wie ihn der Seher der Offenbarung jetzt erlebt.
So vielgestaltig diese nicht zu zählende Schar auch ist nach Rasse, Sprache, Herkommen, sie haben ein gemeinsames Merkmal: die weißen Kleider, Zeichen der Überwinder. Und alle, alle singen den Lobgesang.
Hier wird der Text nun doch weihnachtlich, ja, er geht über Weihnachten hinaus, denn nicht nur die Engel singen den Lobgesang, sie stimmen alle ein.
Der Seher ist so gefesselt von dem Geschauten, daß es ihm zunächst gar nicht in den Sinn kommt, dies könnte irgendeinen Bezug zu seinem eigenen Schicksal oder dem der angeschriebenen Gemeinden haben. Wie oft geht es uns ähnlich. Wir lesen Worte der Bibel und merken nicht, wie sehr sie uns etwas angehen. Erst Frage und dann die Antwort des Ältesten macht dem Seher die Zusammenhänge klar: es geht um Trübsal, es geht Verfolgung, und das heißt, es geht um ihn und seine Gemeinden.
Noch einmal wird von den “weißen Kleidern” gesprochen. Sicher, es geht auch um Überwindung, so, wie es im Sendschreiben an die Gemeinde in Sardes zum Ausdruck kommt: “Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angetan werden.” Aber unser Text macht deutlich, daß diese Überwindung nicht aus eigener Kraft geschieht, nicht aus eigener Beharrlichkeit, aus eigenem Durchhaltevermögen. Überwindung ist nur möglich durch das Blut Christi. Es klingt paradox, daß Kleider, in Blut gewaschen, weiß werden sollen. Es erinnert uns an Propheten Jesaja “Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden” (Jes. 1,18). Was für Menschen unmöglich scheint - im roten Blut Kleider weiß zu waschen -, Christus kann es. In seinem Blut wird unsere Sünde “gewaschen”, d. h. vergeben. Welch eine tröstliche Botschaft, - auch für uns, für unsere Anfechtungen und Zweifel, ob wir denn in der “großen Trübsal” bestehen könnten. Wir könnten es nicht aus eigener Kraft und Durchhaltevermögen - wir können es nur, indem wir uns dem anvertrauen, der nicht nur für uns geboren, sondern auch für uns gestorben ist - Weihnachten und Karfreitag gehören zusammen.
Von der Herkunft derer, die vor dem Thron stehen, sprach unser Text. Von ihrer Zukunft sprechen die letzten Verse. Alle irdischen Beschwerden und Leiden werden einmal ausgelöscht sein - Hunger, Durst, Hitze, Tränen. Was dem Beter des 23. Psalms eine schon erlebte Erfahrung war – “Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zu frischem Wasser” , was uns in unserem mühseligen Alltag weithin verlorengegangen ist, hier leuchtet es als Verheißung wieder auf: das Lamm, also Christus, wird uns weiden und zu den Quellen des lebendigen Wassers leiten. Leid, Tränen, Trauer sind Vergangenheit.
Liebe Gemeinde! Nur wenige Tage trennen uns noch von dem Jahr 2000, eine Zahl die eine so merkwürdige Faszination ausübt. Beginnen damit die tausend Friedensjahre, von denen die Offenbarung in einem späteren Kapitel spricht? Signalisiert es die lang erwartete Wiederkunft Christi? Oder ist es doch nur ein “normales” neues Jahr mit einer neuen Zahl? Wir wissen es nicht. Wir sollen auch nicht darüber spekulieren. Aber wir sollen wissen - und das ist die Botschaft dieses zweiten Weihnachtstages des Jahres 1999 -, auch im dritten Jahrtausend darf “Lob, Dank und Preis” nicht verstummen.
Auch das dritte Jahrtausend, was immer es uns bringen mag, ist eingebettet in die Ewigkeit Gottes. Und durch die Jahrtausende hindurch darf der Ruf der christlichen Gemeinde nicht verstummen, mit dem die Offenbarung schließt: “Amen. Ja, komm, Herr Jesus.” Amen.

Verfasser: Prädikantin Sabine Leonhardt, Friedlebenstr. 6, 60433 Frankfurt

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