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Die nahende Freude

von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)

Predigtdatum : 24.12.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 4. Advent
Textstelle : Johannes 1,19-23.(24-28)
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Wochenspruch:

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe! (Phil. 4,4.5b)

Psalm: 102,17-23 (EG 741)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 52,7-10
Epistel:
Philipper 4,4-7
Evangelium:
Lukas 1, (39-45) 46-55 (56)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 13
Tochter Zion, freue dich!
Wochenlied:
EG 9,1+3-6
Nun jauchzet, all ihr Frommen
Predigtlied:
EG 5
Gottes Sohn ist kommen
Schlusslied:
EG 1,4-5
Macht hoch die Tür

19 Dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden zu ihm sandten Priester und Leviten von Jerusalem, dass sie ihn fragten: Wer bist du? 20 Und er bekannte und leugnete nicht, und er bekannte: Ich bin nicht der Christus. 21 Und sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elia? Er sprach: Ich bin's nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein. 22 Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du dann? dass wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir selbst? 23 Er sprach: »Ich bin eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Ebnet den Weg des Herrn!«, wie der Prophet Jesaja gesagt hat (Jesaja 40,3).
[24 Und sie waren von den Pharisäern abgesandt, 25 und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum taufst du denn, wenn du nicht der Christus bist noch Elia noch der Prophet? 26 Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser; aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt. 27 Der wird nach mir kommen, und ich bin nicht wert, dass ich seine Schuhriemen löse. 28 Dies geschah in Betanien jenseits des Jordans, wo Johannes taufte.]

Liebe Gemeinde!
Bereitet dem Herrn den Weg! - das ist die zentrale Botschaft unseres Textes. Es ist die Botschaft, die wir alle Jahre wieder zur Adventszeit hören. In welchem Zusammenhang steht sie hier eigentlich; in welchem Zusammenhang stand sie ursprünglich; und in welchem Zusammenhang steht sie heute als Aufruf an uns?
Da ist zunächst der Prophet Jesaja, der dem Volk Israel in der Gefangenschaft den Trost und die Hilfe Gottes anzukündigen hat. Die Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft wird dem Volk zugesagt. Der Befreier kommt. Stellt euch auf ihn ein! Es war eine hochpolitische Situation damals und zugleich eine brisante Glaubens-Anfechtung für das Volk Gottes, in der Gefangenschaft eines heidnischen Volkes leben zu müssen. Stellt euch darauf ein, daß Gott als der Erretter zu euch kommt!
Nun ist da wieder ein Prophet, Johannes. Dabei müssen wir uns klar machen, daß es auch zur Zeit Jesu noch Propheten gegeben hat, auch wenn sie vielleicht nicht so bedeutend waren wie die des Alten Testaments. Vielleicht wissen wir auch einfach deshalb nichts von ihnen, weil sie überragt wurden durch Johannes den Täufer und Jesus, und weil die Aufzeichnungen über sie verloren gegangen sind.
Was wissen wir von Johannes dem Täufer? - Es gibt nur wenige Berichte - gerade neunmal ist von ihm die Rede - wenn wir die Parallelen nicht mit rechnen. Trotzdem hoben wir ein recht deutliches Bild von ihm: Er war der heiß ersehnte - und erst sehr spät geborene - Sohn eines Priesters am Tempel von Jerusalem. Er lebte draußen am Jordan und predigte und taufte. Dort muss er ein recht ungewöhnliches Bild abgegeben haben, denn er trug ein auffallend rauhes Gewand und ernährte sich von Heuschrecken und wildem Honig. Ein asketisches Leben und eine insgesamt recht skurrile Erscheinung. Aber Aufsehen erregte er schon mit seiner Lebensweise und mit seiner Botschaft, die im wesentlichen aus Bußpredigt bestand. Kein Wunder also, wenn die Tempeloberen - sozusagen die oberste Kirchen-Leitung des jüdischen Volkes - eine Delegation zu ihm schicken und anfragen, wie er als Sohn eines wohlbestallten Priesters dazu kommt, in dieser Weise aufzutreten. Sie stellen ihn zur Rede. Wer bist du eigentlich, dass du dir das alles erlaubst, was du da sagst? - Bist du etwa Elia, der Vorbote des Messias? - Oder bist du der große letzte Prophet vor dem Weltgericht? - Oder bist du etwa der Messias selbst?
Alles weist er von sich. Das alles ist er nicht. Er ist nur eine Stimme eines Predigers, wie er schon von Jesaja angekündigt worden ist. Damals wie jetzt steht das Volk politisch und religiös unter Knechtschaft. Und es wartet darauf, aus dieser Situation erlöst zu werden, befreit zu werden. Darauf muss man sich einstellen.
Wir wissen, dass damals große Widerstände gegen Johannes und Jesus aufgebaut wurden. Johannes machte sich unbeliebt mit seiner Buß-Predigt, mit seinem Aufruf umzudenken, Sinneswandel, Gesinnungs-Wandel zu vollziehen. Und schließlich hat ihn ja Herodes enthaupten lassen, weil er ihm lästig wurde. Das Volk war gespalten in die Anhänger und Gegner - zunächst bei Johannes, dann bei Jesus.
Buße, Umdenken, Sinneswandel - das erfordert einiges von uns, Zugeständnisse an eine neue Denkart, an neue, ungewohnte Verhaltensweisen, die oft gar nicht bequem sind. Wir müssen uns lösen von dem Gewohnten und uns auf Neuland einlassen.
Was sagt uns dieses Wort eigentlich ganz konkret in unsere Zeit, in unsere Lebens-Situation hinein?
Vielleicht wird das deutlicher, wenn wir uns den Urtext etwas genauer anschauen. In der hebräischen Schrift, in der die Propheten - also auch das Jesaja-Wort - überliefert waren, kannte man keine Satz-Zeichen, keinen Punkt und Komma. So ist es bis heute nicht geklärt, ob es heißt: „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: ‚Bereitet dem Herrn den Weg‘“ oder. „Es ist eine Stimme eines Predigers: ,In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg.‘“ Aber gerade dies ist - bei genauerem Hinsehen – unwichtig. Wichtig ist, dass da eine mahnende Stimme ist. Und da ist Wüste. Ob nun der Prediger in der Wüste steht und aus ihr herausruft, oder ob er auffordert, in der Wüste etwas zu tun, das ist letztlich Nebensache. Entscheidend ist die Tatsache, dass vor Gottes Augen überall da, wo Menschen am Werk sind, auch Wüste ist. Sehen wir uns doch um in unserer Zeit! Kriege und Bürgerkriege weltweit. Vor unserer Haustür auf dem Balkan ist er zwar einigermaßen zur Ruhe gekommen, aber Friede ist dort nicht eingekehrt.
Da schauen wir jeden Abend im Fernsehen hin und sind entsetzt über das, was wir sehen. Und wir wissen nicht, was wir dagegen tun können. Wir wissen nur eines: Gottes Wille ist es nicht, dass da gemordet wird. Und wir wissen auch: Unsere Aufgabe an unserem Platz besteht mit Sicherheit nicht darin, uns moralisch zu entrüsten über das kriminelle Treiben dort. Krieg und Bürgerkrieg ist in der Tat kriminell, verbrecherisch. Doch haben wir das Recht, moralische Urteile zu fällen? Sind wir berufen zum Richter über andere Völker? Wie sieht es eigentlich in unseren eigenen Herzen aus?
Sind wir denn in den kleinen Dingen des Alltags immer so friedfertig, dass wir uns da so überlegen fühlen dürfen?
Es kann hier nicht darum gehen, uns ein Urteil, eine Meinung über die Geschehnisse in dieser Welt zu verbieten. Aber es geht darum, ob wir an den Punkten, wo wir ganz persönlich gefordert sind, so handeln oder wenigstens so denken, uns bemühen, so zu handeln, dass der König der Ehren bei uns einziehen möchte. Und hier kommt noch etwas hinzu: Jesus hat sich nicht bei denen angemeldet, die aufgrund ihrer moralischen Integrität würdig wären, dass er ihr Gast ist. Nein, er hat sich bei denen angesagt, die sich ihrer Armut, ihrer Armseligkeit bewusst sind. Bei denen, die darauf warten, dass einer zu ihnen kommt, der sie befreit von allem, was unser Leben so beschwert.
Nicht, dass die Befreiungs-Tat von unserem Wohlverhalten abhängig wäre. Aber es ist von uns abhängig, ob sie uns auch erreicht. Wir sollen das Weg-Bereiten nur so verstehen, dass wir uns auf ihn einstellen müssen, wenn wir der Befreiung teilhaftig werden wollen.
Bereitet dem Herrn den Weg! - das heißt nicht, dass wir das alles wegräumen sollten oder könnten, was ihm im Wege stehen könnte. Das können und brauchen wir auch nicht. Das einzige, was wir können, ist, uns ihm zu öffnen, ihn zu bitten, dass er kommt. Er kommt auf einem Esel. Das ist nicht das Reittier der Könige, der Herrschenden, der Mächtigen und Reichen, sondern der einfachen Leute. Er ist noch heute in südlichen Ländern das Arbeitstier. Und er hat noch etwas anderes. Er ist kletterfest. Er überwindet steile Pfade, er meistert enge, gefährliche Wege.
Ihm den Weg zu bereiten, das bedeutet in unserem persönlichen Leben, daß wir ihm sagen, wo er hinkommen soll: zu uns, zu uns ganz persönlich. Damit zuerst in unseren eigenen Herzen Friede einkehren möge.
Nur wer selbst einigermaßen friedlich gestimmt ist, der ist auch in der Lage, auf andere friedenstiftend zu wirken.
Und ein Letztes: Der Aufruf ist kein Befehl, kein Gebot, sondern ein Angebot, eine Ermunterung, ihn, den Friedefürst zu uns einzuladen: Tu es, ruf’ ihn zu dir, lade ihn ein, öffne Ihm die Tür!
Dazu gehört es auch, ihm ein Stück Weges entgegenzugehen, ihm den Weg zu zeigen, wie man einem Gast, den man erwartet, auch ein Stück entgegengeht. Das ist ein Zeichen für den Gast, daß wir ihn bei uns haben wollen, daß er bei uns einkehren soll. Man kann auch den Weg bereiten, indem man Wegweiser aufstellt oder Lichter aufsteckt. Wenn wir in der Adventszeit Kerzen aufstellen, dann zeigen wir damit, dass wir empfangsbereit sind für sein Kommen. Dann zeigen wir auch uns selbst, dass wir uns auf sein Kommen einrichten müssen. Wenn wir ihm den Weg bereiten, dann brauchen wir nur die Hindernisse zu beseitigen, die sich ihm in unseren Herzen entgegenstellen wollen. Und ihm die Tür öffnen.
Wenn wir heute abend die Lichter an unseren Christbäumen anzünden, dann freuen wir uns über sein Kommen. Und viele Menschen in unserer Nachbarschaft freuen sich an den Lichtern des Friedens, ohne zu wissen - oder sich dessen bewusst zu sein, dass der Friede von einem kleinen Kind ausging, dessen Geburtstag wir heute feiern wollen. Das gibt uns - gerade heute - nicht das Recht, hochmütig über sie zu denken oder auch nur mitleidig auf sie herab zu sehen, sondern es ist Anlass für uns, dankbar zu sein, dass der Friedefürst bei uns einkehren will.
Gehen wir ihm entgegen, um ihm zu zeigen, dass er bei uns einkehren soll. Er will uns reich beschenken, indem er uns den Geist seines Friedens bringt, aus dem heraus wir Frieden in unseren Herzen und Frieden mit unseren Mitmenschen finden. Das möge er uns schenken.
Amen.

Verfasser: Prädikant Martin Bender, Südring 98, 55128 Mainz

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