Menü

Die nahende Freude

von Andreas Rose (64380 Roßdorf)

Predigtdatum : 19.12.1999
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 4. Advent
Textstelle : 2. Korinther 1,18-22
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe! (Phil. 4,4.5b)

Psalm: 102,17-23 (EG 741)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 52,7-10
Epistel:
Philipper 4,4-7
Evangelium:
Lukas 1, (39-45) 46-55 (56)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 13
Tochter Zion, freue dich!
Wochenlied:
EG 9
Nun jauchzet, all ihr Frommen
Predigtlied:
EG 5
oder EG 8
Gottes Sohn ist kommen
Es kommt ein Schiff geladen
Schlußlied:
EG 1,4-5
Macht hoch die Tür

Liebe Gemeinde,
was gäbe ich manchmal für das einfache Wörtchen “Ja”!
Z. B. fehlt mir noch ein Geschenk für eine der Töchter, und zwar soll es genau das sein, was auf ihrem Wunschzettel steht. Ich betrete das Geschäft schon mit einer gewissen inneren Spannung, und während ich dem Verkäufer sage, was ich suche, schaue ich aufmerksam in sein Gesicht, und da sehe ich, wie er die Stirn runzelt und sagt: “Da muß ich mal nachschauen ...” - was wird er sagen, wenn er aus dem Lager kommt? “Tut mir leid” oder “bitte schön”? Ja oder nein?
Und dabei ist das so ein banales Beispiel. Wenn ich das Gewünschte hier nicht bekomme, gehe ich eben in ein anderes Geschäft, und wenn es garnicht mehr zu bekommen ist, findet sich eine andere Lösung.
Ich brauche nicht lange zu überlegen, und es fallen mir andere Beispiele ein:
Z. B., wenn der Lehrer die Klassenarbeit zurückgibt. Einige haben schon ihr Heft, gleich kommt meins. Bin ich über dem Strich oder drunter?
Z. B., wenn nach der Fahrprüfung der Prüfer sagt: “So, bitte hier jetzt anhalten ...” “Bestanden” oder “nochmal kommen”?
Z. B., wenn ich das Mädchen, auf das ich ein Auge geworfen habe, frage, ob sie mit mir geht. “Okay” oder “hau ab”?
Z. B., wenn ich für eine bestimmte Aufgabe jemanden suche, der bereit ist, sie zu übernehmen - ich sage mein Sprüchlein am Telefon und warte gespannt: “Ja” oder “nein”?
Und wie mag es einem Menschen gehen, der ängstlich in das Gesicht des Arztes blickt und fragt: Gutartig oder bösartig - “ja” oder “nein”?
Ein Pfarrer erzählt, wie er während seiner Studienzeit eine junge Frau kennen lernte. Die beiden verband bald eine richtige Freundschaft. Sie vertrauten einander sehr persönliche Dinge an. Doch eines Tages kam sie auf ihn zu, und er spürte gleich, daß sie etwas bedrückte. Nach einer Weile fragte sie: “Stehst du eigentlich wirklich zu mir? Du bist doch nicht nur zu mir so nett, sondern zu jedem ...”
Der Student war erstaunt über die Frage seiner Kommilitonin, aber er antwortete: “Ja, ich stehe zu dir.” Und erst im Nachdenken wurde ihm klar: Nicht jedes “Ja” vermögen wir Menschen einander abzunehmen. Gerade, wenn es um die eigene Bestätigung geht, kommt leicht ein Mißtrauen ins Spiel, oder jedenfalls eine gewisse Skepsis, die damit zu tun hat, daß es dir manchmal schwerfällt, selbst “Ja” zu dir zu sagen.
Und wenn dann ein Mensch “Ja” zu dir sagt, dich so annimmt, wie du bist, dann schreibst du das irgendwo dir selbst zu. Du hast etwas, sagst du dir, was dem anderen gefällt. Du bist ihm sympathisch. Anders kannst du es dir nicht vorstellen, denn wir Menschen neigen dazu, das zu lieben, was liebenswürdig ist. Das “Ja”, das der andere zu dir sagt, nimmst du ihm ab, solange du jemand besonderes für ihn bist. Er kann doch nicht zu allen in gleicher Weise “Ja” sagen. Und mehr oder weniger bewußt überprüfst du ständig, ob das “Ja” zu dir noch Bestand hat. Und das “Ja” zu dir möchtest du ungeteilt.
Die Suche nach dem “Ja” zu mir als Mensch greift tief. Damit verglichen sind die meisten der eingangs erwähnten Beispiele tatsächlich banal. Und die Skepsis führt dazu, daß ich das Ja zu mir ständig in Gefahr sehe: Ich muß mich dessen immer wieder versichern, ich brauche immer wieder Zeichen dafür, daß es noch stimmt. Und wenn da jemand “Nein” sagt zu meiner Meinung, oder “Nein” sagt zu etwas, was ich tue: Wie schnell werte ich das als ein Nein zu mir. Wie schnell nehme ich etwas persönlich, was ganz sachlich gemeint ist. Und wie leicht werte ich das Ja zu einem anderen als ein Nein zu mir, garnicht mal aus Eifersucht, sondern, weil es so schwerfällt, zu glauben, daß einer zu mir “Ja” sagt, wenn er es genauso zu jemand sagt, der ganz anders ist als ich. Eben weil wir selbst dazu neigen, einen Menschen nur dann anzunehmen, wenn er sympathisch ist. Weil wir das Ja zu einem Menschen von Bedingungen abhängig machen. Und weil wir zu oft erlebt haben, daß einer nachher hintenherum etwas ganz anderes gesagt hat.
Unter uns Christen sollte es anders sein. Unter uns sollte das Ja zu einem Menschen nicht von Bedingungen abhängig sein. Wir sollten einen Menschen nicht nur dann annehmen, wenn er uns liebenswürdig erscheint. Daß wir von diesem Ziel weit entfernt sind, liebe Gemeinde, das wissen wir alle. Aber wir wissen auch, daß Gott das große, unbedingte und uneingeschränkte Ja zu uns gesprochen hat: Das Kind in der Krippe ist Gottes sichtbares Ja zum Leben, zu dieser Welt, zu jedem Menschen ohne Unterschied. Darum feiern wir Weihnachten, darum freuen wir uns; und diese Freude ist jetzt so nah, wo alle Kerzen am Adventskranz brennen, daß sie uns schon zu erfüllen beginnt. Jesus Christus ist Gottes großes Ja. Paulus sagt es in dem heutigen Predigttext so:
18 Gott ist mein Zeuge, daß unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist. 19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.
20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe. 21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt 22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.
“Auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja”- Jesus Christus ist das Ja, die Bestätigung für alles, was die Menschen von Gott nach seinen Verheißungen erhoffen. Erlebt haben es als erste die Hirten, denen der Engel die gute Botschaft gebracht hatte: Sie kamen nach Bethlehem und fanden den Stall, und als sie das Kind Marias dort im Futtertrog liegen sahen, spürten sie: Das ist Gottes lebendiges Ja. Du armer Hirte, der du anderer Leute Tiere hütest für einen kargen Lohn, der du dir die Nacht um die Ohren schlägst weitab der Stadt, der du nichts zu sagen hast und froh sein mußt, wenn du nicht diesen Job auch noch verlierst: Du brauchst dich nicht mehr zu fragen: “Sagt Gott Ja zu mir? Genügt ihm das, was ich zuwege gebracht habe? Steht er zu mir? Nimmt er mich an, trotz allem, was mich an mir selber stört? Steht Gott nicht erhaben über all den kleinen und großen Freuden und Nöten meines Lebens? Bin ich für ihn, den Schöpfer der Welt, denn nicht nur ein Körnchen im Wüstensand?”
Du brauchst dich nicht mehr zu fragen, denn in diesem Kind hat Gott selbst menschliche Gestalt angenommen; er hat allen Abstand überbrückt und sich hineinbegeben in das Leben, und zwar dorthin, wo es am allerwenigsten Glanz und Pracht hat: Sein Lager ist die hölzerne Krippe, seine Behausung der Unterstand für das Vieh, seine Mutter eine bescheidene Zimmermannsbraut, und seine ersten Gäste sind ein paar rohe Gesellen, die fast nichts zu verlieren haben. Das ist Gottes Ja nicht nur zu allem, was liebenswürdig ist, nicht nur zu Menschen, die ihm sympathisch sind, nicht nur zu denen, die sich an die Gesetze halten, sondern zu jedem ohne Unterschied - zu den einfachen Hirten genauso wie zu den gelehrten Reisenden aus dem Osten.
Gottes geteiltes Ja, sein Ja zu allen Menschen, ist dennoch ein ganzes Ja. Sein Ja zum Leben gilt ohne alle Einschränkung, und er hält fest an diesem Ja von der Krippe bis zum Kreuz. Keine Not des Lebens bringt ihn davon ab, sondern jede Not, der er begegnet, wird für ihn zur Gelegenheit, dieses Ja immer wieder neu unter Beweis zu stellen.
Unsere Welt ist heute so kompliziert wie noch nie zuvor, und kaum ein Mensch kann noch guten Gewissens die wichtigen Fragen unserer Zeit mit einem klaren Ja oder einem klaren Nein beantworten. Es gibt nichts, das nicht mit anderem zusammenhängt, und so werden einfache Antworten und Rezepte zu gesuchten, aber schließlich unmöglichen Lösungen für die Probleme der Menschheit. Dennoch sehnen sich Menschen nach solchen einfachen Antworten, und sie gehen denen auf den Leim, die solche einfachen Lösungen versprechen. Paulus dagegen weist klar auf den hin, der als einziger das große Ja ohne Wenn und Aber in die Welt gebracht hat: “Gott ist’s aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt und versiegelt und in unsere Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.” Kein anderer kann sich anmaßen, dieses große, klare Ja zu sprechen, aber Jesus Christus ist das leibhaftige Versprechen Gottes, daß sein Ja kein Ende kennt.
Gesalbt und versiegelt hat er uns: In diesen Bildern drückt Paulus aus, daß Gott uns durch die Taufe unverlierbar sein großes Ja zugesprochen hat. “Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein” - die prophetische Verheißung ist erfüllt mit Brief und Siegel. Das Unterpfand, die Sicherheit für uns ist Gottes Geist als der Treuering Gottes an unserem Herzen. So erkenne ich auch den Adventskranz wieder als diesen Treue-Ring - und das Licht, das ihn heute vollständig erleuchtet, als das Licht der Welt, das in unsere Dunkelheit kommt als Gottes unverbrüchliches Ja zu uns allen. Amen.

Verfasser: Pfr. Andreas Rose, Nordhäuser Str. 33, 64380 Roßdorf

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de