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Die neue Geburt

von

Predigtdatum : 11.05.2003
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Miserikordias Domini
Textstelle : Johannes 15,1-8
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Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.
(1. Petrus 1,3)

Psalm: 116,1-9 (EG 746)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 40,26-31
Epistel:
1. Petrus 1,3-9
Evangelium:
Johannes 20,19-29

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 279
Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren
Wochenlied:
EG 108
Mit Freuden zart
Predigtlied:
EG 406
Bei dir, Jesu, will ich bleiben
Schlusslied:
EG 157
Lass mich dein sein und bleiben

Liebe Gemeinde,
ich freue mich, dass Sie jetzt noch ein bisschen dableiben...
Es geht nämlich heute um das Bleiben. Schuster, bleib bei deinen Leisten, sagt der Volksmund und verlangt damit ein Standesdenken. Nur nicht ausbrechen aus dem, was der Großvater und der Vater schon gewesen sind. Wie viele Träume junger Menschen wurden da schon zerstört, wie viele Talente ungenutzt vergraben mit diesem Spruch: Schuster, bleib bei deinen Leisten!? Es ist doch jeder ein neuer, ein anderer Mensch. Ist das Bleiben da nicht sterbenslangweilig?
Oder: Sitzenbleiben musst du, sagte der Lehrer am Ende des Schuljahres zu dem Schüler, dessen Leistungen zwar im Steinschleuder-Zielwurf hervorragend, aber in allen anderen Fächern eher mangelhaft waren. So einer muss eben sitzenbleiben. Das Bleiben ist hier die Strafe - oder netter gesagt, eine zweite Chance. Allemal aber wird deutlich, dass das Bleiben schon wieder eher frustrierend ist, eher mit Abbruch als mit Aufbruch zu tun hat.
Nicht zuletzt wird der Verbrecher, der den Ruf hört, „Halt, Stehenbleiben!“, wissen dass jetzt ein langes Bleiben angesagt ist. Wer im Gefängnis ist, der muss bleiben, kann nicht weg, kann nicht ausbrechen.
Das Bleiben ist also ein Feind des Lebens. Glauben Sie nicht? Mit all diesen Fragen im Kopf hören wir jetzt den Predigttext für den heutigen Sonntag.
1 Jesus sprach zu seinen Jüngern: „Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. 2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. 3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. 4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.
Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. 6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.“

1.) An der Quelle-Bleiben
Dieses Bleiben ist ein an der Quelle-Bleiben. Jesus sagt diese Worte zu den Jüngern. Im Johannes-Evangelium finden wir sie in den Abschiedsreden. Das waren die Dinge, zuletzt wichtig waren, wenn alles hohle Geschwätz vorüber war. Abschied bedeutet ja, nicht zu bleiben. Abschied bedeutet Trennung. Dass das nicht das Letzte ist, das für die Jünger zählt, sagt dieses Bild.
Es ist ein dichtes, eindrückliches Bild, vom Weinstock und von den Reben. Es leuchtet sofort ein, wenn aus der Rebe etwas werden soll, dann muss sie am Weinstock bleiben, wenn aus dem Weinstock etwas werden soll, dann muss er im Weingarten, im guten Boden bleiben. Wichtig ist das Bleiben - und das Bleiben hier ist ein An-der-Quelle-Bleiben.
Ich habe eben noch das Bleiben schlecht gemacht. Immer am Alten - Hängen - Bleiben, nicht loskommen vom alten Trott, sitzenbleiben, festgesetzt und erstarrt, das sind für mich schlimme Vorstellungen. Man entdeckt das manchmal bei Menschen: das Leben verrinnt Jahr um Jahr im engen Rahmen, und es gibt keine Sehnsucht nach Veränderung.
Dieses Bleiben ist ein anderes Bleiben. Es ist ein Bleiben an der Quelle, die Menschen mit Kraft, mit Energie, mit Mut und Tatendrang auffüllt. Dieses An-der-Quelle-Bleiben bedeutet, dass ein Mensch aufbricht, wie eine Knospe ja auch aufbricht. Dieses An-der-Quelle-Bleiben bedeutet, dass ein Mensch nicht hockenbleibt, sondern belebt aufsteht.
Ich wünsche mir, ich wünsche uns als Gemeinde ganz neu, dass wir miteinander zu dieser Quelle kommen, dass wir wie die Reben fest verbunden sind mit dem Weinstock Jesus Christus und seine Lebenssäfte, seine Energien in uns hineinfließen.
Wie geht das? Drei Aspekte sind wichtig: Wir brauchen den Kontakt zu seinem Wort, zum Gebet und zu Christinnen und Christen, zu Geschwistern. Wir brauchen das Wort. Vielen Menschen fällt das Bibellesen schwer. Wenn man da vorne anfängt im Alten Testament und vor lauter komischen Namen nur Bahnhof versteht. Aber vielleicht ist es ja nur ein kleines Wort, das mit uns geht, wochenlang, das wir bei Spaziergängen wiederholen uns vorsagen. Oder ein Liedvers. Es begleitet uns, geht mit uns. „Alle eure Sorge werft auf ihn, er sorgt für euch.“ Vielleicht sind wir in diesem „Jahr der Bibel“ schon einem Wort für uns begegnet?!
Wir brauchen weiter die Stille und das Gebet. Auch das fällt vielen schwer, auch da sind Fragen offen. Aber schon das Aussprechen der Bitte erleichtert, und wenn man einmal zu Danken beginnt und überlegt, für was man alles danken kann, dann ändert sich schon bald die Perspektive.
Alleine allerdings ist Christsein schwer und langweilig. Wir brauchen die Gemeinschaft im Gottesdienst. Es gibt Menschen, die brauchen mehr, es gibt Menschen, die brauchen weniger. Aber das Emeritentum hat sich nicht durchgesetzt. Wir sind einander überreiche Geschenke und lassen uns unausgepackt viel zu oft links liegen. Das bedeutet Bleiben. Keine Langeweile, aber ein An-der-Quelle-Bleiben.
2.) Dranbleiben
Ein Weinstock trägt ja nicht sofort. Bis ein neuangelegter Wingert Trauben trägt, vergehen Jahre, braucht es Wachstum und Geduld. Es braucht Zeit, in der die Weinstöcke immer wieder beschnitten werden, in der Äste, die dürr werden, abgeschnitten werden, damit sie anderen verheißungsvollen Reben nicht die Kraft nehmen.
Das ist das Zweite. Bleiben bedeutet nicht gelangweilt Hängen-Bleiben, sondern gespannt Dran-Bleiben! Der Weingärtner betreibt seine mühsame Arbeit das ganze Jahr über. Neulich hatte ich Gelegenheit, einen Abend lang mit einem Önologen, einem diplomierten Winzer zu sprechen. Es ist viel Mühe, bis alles reift. Man kann da nichts zwingen, man muss warten können. Die Arbeit hat ein Ziel. Am Ende soll es im Glas duften und funkeln, am Ende soll man sagen: Es hat sich gelohnt.
Das ist das Zweite, das ich diesem Text entnehmen will. Er fordert uns auf zu einem ungeheuer dynamischen Dranbleiben. Geben wir es doch zu: Wie oft ist unser Leben eher ein Dümpeln? Was ist die Perspektive, die wir als Christen und Christinnen, als Gemeinde miteinander haben? Wie oft denken wir: Ach, wie es ist, ist es schlecht und recht, aber das wird auch morgen noch so sein.
Im Wort Jesu steckt eine ungeheure Dynamik. Wenn ihr mit mir verbunden bleibt und meine Worte in euch lebendig sind, könnt ihr den Vater um alles bitten, was ihr wollt, und ihr werdet es bekommen...!
Wie gehen wir mit einem solchen Wort um? Sagen wir bitte nicht sofort: Das habe ich schon ausprobiert, hat er nicht gemacht. Der erwünschte Mercedes stand nicht vor der Haustür.
Worum es geht: Wenn wir verbunden sind, am Weinstock bleiben, dann gelten für uns die Möglichkeiten, die Gott hat. Und wir trauen ihm viel zu wenig zu, und deshalb erleben wir so wenig. Ehrlich: Ich predige das auch mir selbst. Wenn wir den Wunsch haben, dass wir eine erneuerte Gemeinde erleben, in der Menschen aller Jahrgänge eine Heimat finden, fängt es mit dem Vertrauenssatz an, dass wir das Gott durchaus zutrauen, dass er so etwas bewirken kann. Es liegt nicht an uns, an unserem Können - wir sind nur Rebe, sondern an dem, was Gott tun kann.
3.) Nicht frustig, sondern...
Solch ein Leben im Dranbleiben am Weinstock wie die Rebe ist nicht frustig, solch ein Leben ist im hohen Maße fruchtig. Ich möchte den Satz aus der Werbung vom fruchtig - frischen Trinkvergnügen doch anbringen, denn das stimmt! In den Reben ist der Saft niemals abgestanden, sondern frisch. Fruchtig heißt: Das Leben in der Perspektive, dass es ein gutes Ziel gibt, um das Gott schon weiß.
Ich möchte schließen mit dem Verweis darauf, dass diese Worte bei uns Entspannung bewirken dürfen und den Krampf lösen können. Die Rebe wächst, wenn sie am Weinstock ist, automatisch, von selbst. Sie muss für ihr Wachstum überhaupt nichts tun. Sie dürfte sich - aber das kann eine Rebe vom Bild her nicht - auch einmal auf die faule Haut legen.
Eine Rebe wächst von selbst. Ohne mich könnt ihr nichts tun. Alle selbstangelegten Wachstumsförderungs-Maßnahmen richten nichts aus. Alle verkrampften Arbeitseinsätze ohne Anschluss an den Lebenssaft laugen nur aus. Ohne mich könnt ihr nichts tun, aber mit mir habt ihr fruchtige Aussichten. Wir dürfen entkrampfen, und wir dürfen loslassen. Was kann eine Rebe schon viel tun...!
Jesus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt, so wie ich in ihm, der bringt reiche Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Aber mit ihm...! Amen.

Verfasser: Pfr. Andreas Klein, Goethestr. 7, 64367 Mühltal-Traisa

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