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Die Ordnungen Gottes

von Ulrike Reichardt (98528 Suhl-Goldlauter)

Predigtdatum : 09.10.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 19. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Mose 8,18-22
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Wochenspruch:

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
(Micha 6,8)

Psalm: 119,101-108 (EG 748)

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 8,18-22
Epistel:
1. Thessalonicher 4,1-8
Evangelium:
Markus 10,2-9 (10-16)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 445
Gott des Himmels und der Erden
Wochenlied:
EG 295
Wohl denen, die da wandeln
Predigtlied:
EG 129
Freut euch, ihr Christen alle
Schlusslied:
EG 157
Lass mich dein sein und bleiben

18 Noah ging heraus aus der Arche mit seinen Söhnen und mit seiner Frau und den Frauen seiner Söhne, 19 dazu alle wilden Tiere, alles Vieh, alle Vögel und alles Gewürm, das auf Erden kriecht; das ging aus der Arche, ein jedes mit seinesgleichen. 20 Noah aber baute dem HERRN einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar. 21 Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. 22 Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Vorüberlegungen:
Noah tritt aus der Arche, er kommt gleichsam nach der Errettung aus der Todesflut erneut zur Welt. – Noch einmal gerettet, noch einmal davongekommen. Er weiß, wem er dies zu verdanken hat: So baut er einen Altar, einen Ort, um Gott zu danken.
Der Moment, in dem Noah neu Land gewinnt, steht in Spannung zum Fazit Gottes: Das Dichten und Trachten der Menschen ist böse von Jugend auf. Damit begann die Flutgeschichte, doch damit endet sie nicht. Solange die Erde steht, wird es solche Momente des Neubeginns geben, wie Noah einen erlebt.
Flutgeschichten sind nicht nur weltweite Katastrophengeschichten. Manchmal erleben Menschen ganz nah und persönlich den Neubeginn, den nur Gott schenken kann. Lebensmomente, in denen Gott in seiner Gnade spürbar nah und in seiner Unerklärlichkeit unendlich weit entfernt erscheint. Auf der Suche nach einer „Ordnung der Welt“ erkennt sich der Mensch als begnadet, er lebt allein von der Gnade Gottes.

Liebe Gemeinde!
In der Arche kann Noah nicht bleiben. Er hatte in dem großen, dunklen Schiff überlebt. Behütet und geschützt fuhren Mensch und Tier durch die todbringenden Fluten. Doch nun verlassen sie die Arche. – So beginnt der Abschnitt der Sintflutgeschichte, den wir heute gelesen haben. Wie wird das Leben nun werden für Noah? Frisch ist die Luft nach dem Regen. Ein Licht bricht durch die dunklen Wolken. So hell war es lange nicht über der Erde. Und dann haben sie endlich festen Boden unter den Füßen, Gottes gute Erde.
„Denn du bist Erde...“, hatte Gott im Schöpfungsbericht zu Adam gesagt, zum Menschen, der aus Erde geschaffen wurde. Nun setzt Noah wieder den Fuß auf diese Erde. Er steht vor einem neuen Leben, das ihm nach Gottes Willen geschenkt wurde.
Und Noah baut einen Altar. – Keinen Hafen, kein Haus, keine Mauer. Das erste, das nach der Zerstörung der Sintflut wieder entsteht, ist ein Ort, an dem Mensch und Gott die Nähe zueinander spüren.
Ohne Gott wäre Noah nicht am Leben. Ohne Gott wäre die Erde nicht guter Boden für seine Füße. Ohne Frage: Gott schenkt ihm den Mut und Sinn für einen Neuanfang. Gottes Geschichte mit den Menschen beginnt erneut.
Gerhard Schöne erzählt in einem seiner Lieder, wie ein Mann im Traum hinaustritt ins Freie. Nach schwerer Krebserkrankung wird er für kurze Zeit aus der Klinik entlassen.
„Er trat aus der Klinik, vom Licht noch geblendet.
Die Frau stand im Eingang, im luftigen Kleid.
Im Baum schrieen die Spatzen, und draußen vorm
Schulhof warn Kinder, wie sonst um die Zeit.
Wie sonst jeden Tag gingen Menschen vorüber,
ein hupendes Auto, ein Hund hat gebellt.
Und doch war für ihn alles anders, so kostbar,
seit er wusste: Jeder Tag ist gezählt.“
Dieser Mann tritt auf neuen Boden. Sein altes Leben erscheint wie neu. Alles ist wie immer - und doch ganz anders. Viel schärfer nimmt er die Gefährdung, aber auch die Schönheit seines Lebens wahr. Viel intensiver trennt sich das Wichtige vom Unwichtigen; viel wertvoller wird ihm ein Augenblick und die Nähe zu seiner Frau.
„Mir ist es, sprach er, als ob alles auf Erden mich noch mal umarmen will eh es sich trennt.“ – Er begreift sich als Teil der Welt und des Lebens. Bisher war ihm das nie so bewusst. Und ihm ist gleichzeitig zum Heulen wie zum Lachen, er will „fluchen und beten zugleich“. Fluchen – über den Verlust, die Krankheit. Beten – vor Ehrfurcht über Gottes Lebensgeschenk.
Er fragt nicht: Warum hat mich dieses Leid betroffen? – So wie auch Noah nicht nach dem Warum der Lebenszerstörung fragt. Dennoch können wir als Zuhörende und Zuschauende den erlittenen Verlust wahrnehmen. Das Dunkel hängt noch über der Situation. Und doch ist zunächst und vor allem Gott nahe. Noah baut einen Altar, dem Träumenden ist alles wie ein Gebet.
In der Geschichte von Gerhard Schöne war alles nur ein Traum. Gegen Morgen erwacht der Mann und könnte eigentlich so weitermachen wie bisher. Aber der Traum hat auch die Wirklichkeit verändert. Schon die Möglichkeit, es könnte einmal so sein, dass er an die Grenzen geführt würde, lässt ihn neu werden. Nacht und Tag, Sommer und Winter, Saat und Ernte – die grundsätzlichsten Dinge haben ihre Wichtigkeit und Bedeutung zurückerlangt.
Eine Arche werden wir wieder und wieder brauchen. Immer wird es Leid und Zerstörung geben. Immer wieder müssen Menschen neu den Boden unter den Füßen finden. Solange die Erde steht, werden wir Schutz brauchen. Solange die Erde steht, wird es neben Tag auch Nacht, neben Wärme auch Kälte, neben Leben auch Tod und neben Freude auch Leid geben. „Das Dichten und Trachten der Menschen ist böse von Jugend auf.“ – Das ist Gottes Erfahrung mit den Menschen. Er sieht, dass trotz guter Absicht vieler Einzelner die Planungen der Menschen oft genug auf Zerstörung hinauslaufen. Bittere Erfahrungen mit dem, was Menschen anrichten können, kennen wir zuhauf. Und unerklärliches Leid, Fluten und Katastrophen werden das Gesicht der Erde immer wieder verändern. – Aber Noah verlässt die Arche dennoch. - Denn solange die Erde steht, will Gott mit den Menschen lebendige Erfahrung machen. Und er erwählt sich aus Noahs Nachkommen über Abraham sein Volk.
Ja, Noah tritt aus der Arche heraus, denn seine Erfahrung mit Gott ist die, dass „Gott auch im Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will.“ (D. Bonhoeffer)
Wenn es also durch Menschenschuld und Naturgewalt immer wieder zu Leid und Tod kommen wird, so kann Gott dennoch nach seinem Willen einen Neubeginn setzen. Wir sollen neu den Boden unter den Füßen und die Lebensgrundlage auf dieser Erde finden.
Solange die Erde steht, wird es den Lebensrhythmus von Saat und Ernte geben. Aber solange wird auch Werden und Vergehen sein, Vertrautes und Beängstigendes, die Wechselfälle des Lebens und die Erfahrung, das Eigene und das Eigentliche nicht in der Hand zu haben. Solange die Erde steht, wird aber auch das andere sein: Gott sagt uns zu, die Erde zu bewahren und macht uns Mut, aus seiner Gnade heraus neu das Land unter unseren Füßen anzunehmen. Noah bleibt nicht in der Arche. Gottes Licht bricht durch die Regenwolken. Und Menschen treten ans Licht. Sie feiern den neuen Morgen wie den Ostermorgen damals in Jerusalem. Gottes Nähe wird erfahrbar – solange die Erde steht. Und Menschen werden Gotteserfahrungen, und Gott wird Menschenerfahrungen machen – zwischen Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Amen.

Verfasserin: Pfrn. Ulrike Reichardt, Pochwerksgrund 2, 98528 Suhl-Goldlauter

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