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Die Vollmacht der Jünger

von Eva Fitschen (Zschepplin)

Predigtdatum : 07.04.2024
Lesereihe : VI
Predigttag im Kirchenjahr : Quasimodogeniti
Textstelle : Johannes 20,19-20(21-23)24-29
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Wochenspruch: "Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten." (1. Petrus 1,3)

Psalm: 116,1-9.13 (EG 746)

Predigtreihen

Reihe I: 1. Petrus 1,3-9
Reihe II: Jesaja 40,26-31
Reihe III: Johannes 21,1-14
Reihe IV: Kolosser 2,12-15
Reihe V: 1. Mose 32,23-32
Reihe VI: Johannes 20,19-20(21-23)24-29

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 114 Auf, auf, mein Herz mit Freuden
Wochenlied: EG 117 Der schöne Ostertag
Predigtlied: EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Schlusslied: EG 99 Christ ist erstanden

Predigttext: Johannes 20,19-20(21-23)24-29

19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.

(21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! 23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.)

24 Thomas aber, einer der Zwölf, der Zwilling genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich’s nicht glauben. 26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Predigt

Gnade und Friede sei mit euch von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Liebe Gemeinde!

Von Thomas haben wir in der Evangeliumslesung (in der Lesung des Predigttextes) gehört. Er ist einer der Jünger Jesu.
Er hat keine Angst, zumindest nicht so viel wie die anderen.
Er sperrt sich nicht mit ein. Vorsichtig, ja das ist er, muss ihn ja keiner als einen Anhänger Jesu erkennen.
Aber Angst, nein, die hat er nicht.
Ihn treibt Anderes um.
Sein Zorn, dass alles so gekommen ist, wie es gekommen ist. Hätte Jesus sich nicht zur Wehr setzen können! Hätte er nicht von seiner Macht als Sohn Gottes Gebrauch machen können!?

Er ballt seine Fäuste. Aber er weiß: Zorn hilft nicht. Er wird sich damit abfinden müssen und sein Leben neu ausrichten.
Aber da ist noch mehr: Seine Trauer. Die Trauer um den Freund, der ihnen von einer Zukunft erzählt hat, in der es das gleiche Recht für alle geben kann, in der alle Menschen in Frieden und ohne Angst vor anderen, vor den Stärkeren leben können.

Die Trauer tut weh. Könnte es ihm gelingen, etwas von dem umzusetzen, was Jesus gewollt hat? Könnte das gegen die Trauer um den Freund helfen?

Aber da ist auch die Trauer um die Gemeinschaft mit den anderen Freunden. Sie hatten so eine gute Zeit miteinander. Natürlich gab es auch mal Auseinandersetzungen. Aber das kam immer wieder in Ordnung. Aber seit Jesu Tod ist alles anders. Angst, Misstrauen, schlechte Stimmung, jedes Mal wenn sie sich treffen. Deshalb geht Thomas nicht mehr hin, bleibt lieber allein.

Allein mit seinem Zweifel. Und der ist das schlimmste. Der macht ihn wütend und hilflos zugleich. Dagegen kann er sich nicht wehren. Der Zweifel bohrt sich in seinen Kopf und in sein Herz.

Was soll denn das Geschwätz seiner Freunde, Jesus sei nicht tot. Er sei bei ihnen gewesen. Wie durch ein Wunder sei er in ihr verschlossenes Haus gekommen. So ein Unsinn! Wer kann denn durch geschlossene Türen und Wände gehen! Und kann einer von den Toten auferstehen!? Wie soll ich das denn glauben?

Bohrender Zweifel bei Thomas. Auch bei uns kann Zweifel bohrend sein ...
„Jesus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.“ So haben wir es zu Ostern auch in diesem Jahr wieder gehört. Es war schön, die alten Osterchoräle zu singen und die neue Osterkerze anzuzünden. Und sich ein frohes Osterfest zu wünschen. Erst eine Woche ist es her.

Aber was ist davon noch übrig? Diese Botschaft verblasst so schnell. Die Botschaft von der Auferstehung, das Reden davon, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass die Mächte des Todes und der Zerstörung von Gott überwunden wurden, damals und auch heute. Und schnell gewinnt der Zweifel wieder Raum. Denn unser Alltag ist ja durchzogen von Tod und Sterben und Not und Zerstörung.

Immer noch und immer wieder wird Krieg geführt. Die Schöpfung ächzt unter der Belastung durch uns Menschen. Menschen werden so schwer krank, dass sie nicht wieder gesunden können. (Raum für konkrete Beispiele)
Wie sind da die Mächte des Todes und der Zerstörung gebannt? Wo ist da zu sehen, dass Gott stärker ist als der Tod, ja ihn überwunden hat, für alle, für uns?
Zweifel treibt uns um. Und wie gern würden wir ihn überwinden können!

Thomas gelingt es immerhin, seinen Zorn, seine Trauer und seine Enttäuschung hintanzustellen. Er will sich davon nicht unterkriegen lassen. Und so ist er das nächste Mal, als sich die Jünger treffen, wieder dabei.

In der Runde mit den alten Freunden. Die unterhalten sich. Thomas sitzt schweigend dabei, etwas abseits. Verstohlen blickt er zur Tür, die wieder fest verrammelt ist. Würde Jesus tatsächlich kommen? Thomas bezweifelt es immer noch. Seine Freunde erzählen lebhaft von ihrer letzten Begegnung mit Jesus. „Wir haben ihn gesehen!“, sagen sie. Soll er ihnen das glauben? Kann er ihnen das glauben?

Und dann kommt Jesus tatsächlich wieder dazu. Er begrüßt sie: „Friede sei mit euch!“ Und Thomas treffen die Worte seines totgeglaubten Freundes mitten ins Herz. „So war es doch immer gewesen.“, geht es ihm durch den Kopf, und gleichzeitig: „Das kann doch gar nicht sein! Tot ist tot!“
Seine Zweifel scheinen ihm ins Gesicht geschrieben. Jesus spricht ihn an: „Thomas, komm her. Schau dir meine Hände an und meine Flanke. Berühre mich mit deinen Fingern und Händen.“

Ob Thomas gezögert hat? War er bereit, seinen Zweifel zu überwinden? Will er sich wirklich darauf einlassen?
Thomas lässt sich darauf ein. Er sieht Jesu vernarbte Seite und die Nägelmale auf seinen Händen und Füßen. Er legt seine Finger in diese Wunden. Und nun scheint auch der letzte Zweifel, zumindest für den Moment, verschwunden zu sein. Thomas steht vor seinem Freund Jesus, spürt und sieht, dass es Jesus ist, der tödlich verletzt wurde und dennoch als Lebender vor ihm steht.

Diese Begegnung berührt Thomas im Innersten. Und so sagt er aus tiefstem Herzen zu Jesus: „Mein Herr und mein Gott!“ In diesem Moment kann er Jesus als den sehen und anerkennen, der er ist: der gekreuzigte und auferstandene Christus. Der, durch den Gott gezeigt hat, dass er stärker ist als der Tod. Dieser ist tatsächlich besiegt.

In diesem Moment kann Thomas seinen Zweifel überwinden. Es gelingt ihm, über das Vordergründige hinaus zu sehen –  über die Verletzungen Jesu, über seine Erinnerungen an den am Kreuz gestorbenen Freund. Er kann dahinter das Leben sehen, den lebendigen Freund, der mit ihm spricht und ihn samt seinen Zweifeln annimmt.

In diesem Moment nimmt Thomas wahr, dass es Leben gibt über den Tod hinaus. Und er begreift und spürt gleichzeitig, dass es dieses Leben nicht ohne Schmerz und Verletzung gibt. Dass es dieses Leben nicht ohne das Kreuz und den Tod gibt.

Der Zweifel kann überwunden werden, wenn auch wir über Tod und Sterben und Not und Zerstörung hinauszusehen wagen. Das kann uns der Zweifler Thomas lehren. Er allerdings hat den Vorteil, dass er dem auferstandenen Jesus, der den Tod überwunden hat, begegnet ist, dass er die Wunden und Verletzungen sehen und berühren darf.
Wir gehören wohl zu den anderen, zu denen, die glauben können oder müssen, ohne zu sehen, und die dafür seliggesprochen werden. „Selig, die nicht sehen und doch glauben.“ Eine schwere Aufgabe.
Nur Schritt für Schritt können wir sie angehen.

Zunächst unseren Zweifel ernstnehmen, ihn nicht wegwischen. Uns selbst zugestehen, dass uns Tod und Sterben und Not und Zerstörung immer wieder zweifeln, oft auch verzweifeln lassen.

Um dann in einem nächsten Schritt darüber hinaus zu sehen. Man muss wohl sehr genau hinsehen, wo sich trotz Tod und Sterben und Not und Zerstörung das Leben Bahn bricht. Es sind oft ja nur ganz kleine Hinweise und Zeichen, die es zu entdecken gilt.

Jeder und jede wird da die je eigene Methode und auch Geschwindigkeit entwickeln. Für manche mag es die Musik sein, die alten Osterchoräle oder neue Osterlieder, die es einem ins Herz singen können, dass Tod und Sterben nicht das letzte Wort haben.

Für andere mag es sein, dass sie selbst mitanpacken, um Not zu lindern, Kranken oder Verletzten helfen, ihnen zuhören und vorsichtig Mut zusprechen, so dass auf diese Weise Not und Zerstörung nicht das letzte Wort haben.

Für wieder andere mag es das Gebet sein, die Bitte darum, dass Gott, auch an allen Kreuzen dieser Welt stehen, mit aushalten und Kraft geben möge. Kraft für den Glauben, dass er den Tod überwunden hat, auch wenn wir ihn am Ende unseres irdischen Lebens sterben müssen. Er mutet es uns zu, zu sterben und andere Menschen durch den Tod zu verlieren und auch, die todbringenden Mächte unserer Welt auszuhalten. Ja, das ist eine Zumutung.

Eine Zumutung jedoch, mit der Gott uns nicht allein lässt. So wie Jesus seine Jünger und mit ihnen den zweifelnden Thomas nicht allein gelassen hat und ihnen als erstes zuruft: „Friede sei mit euch!“

Diesen Frieden hat Gott in unser Herz gegeben und spricht ihn uns immer wieder zu. Um diesen Frieden können wir ihn jederzeit bitten, damit Zweifel und Glaubensunsicherheit aus unseren Herzen vertrieben werden.

Denn der Friede Gottes ist höher als unsere menschliche Vernunft, als unser Glauben und Zweifeln. Er bewahrt unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem auferstandenen Herrn.

Amen.

Fürbittgebet

Du Gott des Lebens,
du hast deinen Sohn, Jesus Christus, nicht im Tode gelassen,
sondern auferweckt, damit auch wir leben.
Wir danken dir, dass durch die Kraft der Auferstehung
der Stachel des Todes besiegt ist.
Wir bitten dich, lass uns den Sieg des Lebens spüren

und die Kraft der Auferstehung erfahren.
Wir bitten dich für offene Ohren,
die die Hinweise des Lebens verstehen und recht deuten.

Wir bitten dich für wache Augen,
damit wir die Spuren der Auferstehung auch in
unserem Leben finden.
Wir bitten dich, dass wir den Wert des Lebens begreifen
und es mit unseren Händen schützen und bewahren.

Wir bitten dich, dass wir den Geruch des Lebens wahrnehmen
und mit unserer Kraft dazu beitragen, es zu erhalten.
Und wir bitten dich, dass wir die Frucht deiner
Auferstehung schmecken
in jedem Brot, das wir essen, und in jedem Schluck, den wir trinken.
Du Gott des Lebens,
du hast deinen Sohn, Jesus Christus, nicht im Tode gelassen,
sondern auferweckt, damit auch wir leben.

Amen.

(Quelle: Stephan Goldschmidt, Denn du bist unser Gott. Gebete, Texte und Impulse für Gottesdienst und Kirchenjahr, Neukirchen-Vluyn, 2018)

Verfasserin: Pfarrerin Eva Fitschen, Zschepplin OT Krippehna


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