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Einsetzung des Heiligen Abendmahls

von Siegfried Kasparick (06886 Lutherstadt Wittenberg)

Predigtdatum : 13.04.2006
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Palmsonntag
Textstelle : 1. Korinther 10,16-17
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Wochenspruch:

Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder, der gnädige und barmherzige HERR. (Psalm 111,4)
Psalm: 111 (EG 744)

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 12,1.3-4.6-7.11-14
Epistel:
1. Korinther 11,23-26
Evangelium:
Johannes 13,1-15 (34-35)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 213
Kommt her, ihr seid geladen
Wochenlied:
EG 223
Das Wort geht von dem Vater aus
Predigtlied:
EG 221
Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
Schlusslied:
EG 228
Er ist das Brot

16 Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? 17 Denn ein Brot ist's: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.
Der biblische Kontext
Paulus wendet sich an die Korinther, um die zerstrittene und von Spaltung bedrohte Gemeinde zur Einheit im Glauben und damit zur Einheit in Christus zu bewegen.
Zu den Gefährdungen des Glaubens, die in die Spaltung und in die Trennung von Gott führen, gehört, dass sich die Menschen zu sehr auf ihre liturgische Praxis verlassen und zu wenig die Gefährdungen ihres Lebens im Blick haben.
So erinnert Paulus am Anfang des 10. Kapitels an die Geschichte des Volkes Israel, das Gottes Nähe in der Wolke und im Meer (V. 2) und durch Speise und Trank in der Wüste (V. 4) erfuhr und doch abfiel. Fazit ist: Seid euch nicht so sicher. „Wer meint, er stehe, mag zusehen, dass er nicht falle“ (V. 12)
Dasselbe gilt für den Umgang mit den Angeboten der heidnischen Umwelt zur Zeit des Paulus. Natürlich darf alles genossen werden
(V. 23-25 ) und die Götzen haben keine Macht mehr (V. 19f). Aber gerade deswegen ist darauf zu achten, sich nicht wieder in ihren Herrschaftsbereich zu begeben (V. 14.21), nicht wieder abhängig und unfrei zu werden. Denn: „alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten (V. 23).
Der liturgische Kontext
Der Psalm (111) ist ein Danklied über die großen Wunder Gottes, der Speise denen gibt, die ihn fürchten und der ein Gedächtnis dieser Wunder gestiftet hat. ( Liturgischer Bezug zum Abendmahl)
Die alttestamentliche Lesung (2. Mose 12) erzählt von der Einsetzung des Passahfestes und damit von der jüdischen Tradition, die hinter unserer Abendmahlstradition steht.
Die Epistel (1. Kor11) betont den Zusammenhang zwischen der Gemeinschaft im Abendmahl und der alltäglichen Gemeinschaft unter den Feiernden. Es geht nicht, dass im Zusammenhang des Abendmahls die einen betrunken und die anderen hungrig sind.
Und das Evangelium schließlich nimmt den Text auf (Joh.13), der bei Johannes anstelle der Abendmahlsberichte in den anderen Evangelien steht, nämlich die Fußwaschung und weist damit auf die Konsequenzen der Gemeinschaft mit Jesus Christus hin.
Liebe Schwestern und Brüder,
eigentlich ist es doch selbstverständlich, was der Apostel Paulus hier schreibt. „Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen,“ also der Abendmahlskelch, über dem das Dankgebet gesprochen wird, steht er nicht für die Gemeinschaft des Blutes Christi? Sind wir nicht im Abendmahl mit Christus verbunden?
Natürlich, würden wir sagen. Sonst wären wir ja nicht hier. Dass wir heute am Gründonnerstag Abendmahl feiern, das bedeutet doch nicht nur, dass wir uns kurz vor Karfreitag an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern erinnern.
Es bedeutet doch auch, dass wir im Abendmahl mit Christus zusammengehören. Dass wir ihn in unser Leben aufnehmen wollen. Im Abendmahl zeigen wir unsere Dankbarkeit, weil er mit seinem Leben und mit seinem Sterben uns einen Weg zu Gott geöffnet hat. „Kommt her, betrübte Seelen, die Not und Jammer drückt, kommt her, ihr seid geladen“, das haben wir doch bewusst gesungen.
Und auch das andere ist unter Christen doch selbstverständlich: „Das Brot, das wir brechen“, das Brot, das wir im Abendmahl teilen und essen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Natürlich, wir gehören doch im Abendmahl zusammen. Im Abendmahl wird unseren Feindseligkeiten und unseren Konkurrenzen und unseren Abneigungen der Boden entzogen.
Im Abendmahl steht eben nicht im Vordergrund, wie gut es uns gelingt, Freunde zu sein oder Friede zu halten. Nein, hier sind wir zuerst Schwestern und Brüder, Kinder unseres Vaters im Himmel. Das bringt uns zusammen und das ist eben nicht unsere eigene Leistung.
Christus schenkt uns Gemeinschaft mit sich selbst und untereinander. Darum feiern wir Abendmahl. Das ist doch selbstverständlich. Oder nicht?
Offensichtlich scheint das für Paulus nicht so selbstverständlich gewesen zu sein, sonst würde er die Gemeinschaft des Blutes und des Leibes Christi in unserem Predigttext nicht so betonen.
Sie haben Abendmahl gefeiert – auch damals schon, in Korinth. Und sie haben wie wir gedankt, Gott gedankt für die Gemeinschaft mit Christus und für die Gemeinschaft untereinander. Und dann?
Dann gab es Streit – viel Streit in der Gemeinde. Verschiedene Gruppen kämpften gegeneinander, verschiedene Auffassungen vom christlichen Leben prallten aufeinander. Viele Führer gab es und viele wollten Einfluss haben und im Mittelpunkt stehen.
Und dann gab es einige, die sagten: Weil wir zu Christus gehören, ist alles andere im Leben nicht mehr so wichtig. Also lasst uns das Leben leicht nehmen, lasst uns überall mitmachen, wo wir nur wollen, lasst uns unser Leben führen, wie es uns gefällt, lasst uns sogar den heidnischen Göttern opfern, das ist alles nicht wichtig. Denn wir gehören ja zu Christus. Er hat uns frei gemacht.
Und andere wiederum feierten das Abendmahl, und sie fanden es wertvoll für sich selbst. Die anderen in der Gemeinde aber haben sie übersehen, sie waren ihnen egal, gleichgültig war es, ob die hungrig waren oder bedürftig. Hauptsache, ich habe meinen Glauben und Gott ist im Abendmahl für mich da.
In diese komplizierte Situation hinein schreibt Paulus:
„Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen: Ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen: Ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?
Denn ein Brot ist es: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.“
Mit anderen Worten: Wenn ihr im Abendmahl Gott für das dankt, was er für euch getan hat, dann fragt euch, ob euer Leben dieser Dankbarkeit entspricht. Wenn ihr die Gemeinschaft im Abendmahl feiert, dann fragt euch, wie ihr miteinander umgeht. Wenn ihr im Abendmahl zu einem Leib werdet, dann fragt euch, was euch die anderen bedeuten, was ihr von ihnen wisst, wo sie euch brauchen.
Und wenn ihr im Abendmahl das „Heilig, Heilig“ singt, dann fragt euch, was euch wirklich heilig ist im Leben. Vergesst nicht den Zusammenhang von Abendmahl und Alltag, von Glauben und Leben.
Oder wie Luther es einmal drastisch ausgedrückt hat: Manche „predigen sehr fein und mit rechtem Ernst von der Gnade Christi, von der Vergebung der Sünden. Aber die Konsequenz fliehen sie wie der Teufel.“ Sie sagen: „Hörest du, bist du ein Ehebrecher, ein Hurer, ein Geizhals oder sonst ein Sünder, glaubest du nur, so bist du selig, darfst dich vor dem Gesetz nicht fürchten, Christus hat alles erfüllet“. Ja, das bedeutet in einem Atemzug „Christum wegnehmen und zunichte machen, wenn er am höchsten gepredigt wird.“
Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir uns diesen Zusammenhang von Abendmahl und Alltag, von Glauben und Leben vor Augen führen, dann sind wir gar nicht mehr im alten Korinth oder in Luthers Zeiten, dann sind wir ganz bei uns. Wir singen in der Abendmahlsliturgie das „Heilig, Heilig“. Nun gibt es die heidnischen Götter aus der Zeit des Paulus nicht mehr, die als heilig galten und denen die Menschen geopfert haben. Aber die Frage ist doch geblieben und bis heute sinnvoll: Was ist dir eigentlich heilig im Leben? Und wofür bringst du Opfer?
Ich weiß nicht, was Sie darauf antworten würden: Manche sagen oder denken auch nur: Mir ist mein Erfolg heilig und dafür bringe ich Opfer. Die anderen sind mir dabei hilfreich oder im Wege. Andere wiederum: Mir ist meine Leistungsfähigkeit, meine Fitness, meine Stärke, meine Jugend heilig. Dafür opfere ich alles.
Viele Menschen opfern Zeit und Kraft und Beziehungen dem Besitz. Viel haben, das gibt die nötige Sicherheit im Leben. Das ist das feste Fundament. Besitz ist heilig. Was ist den Menschen heilig? Wofür bringen sie Opfer?
Und was gilt in unserem Land als heilig und wofür gilt es Opfer zu bringen? Für ständiges Wachstum? Für Stärke und Leistung und Erfolg? Für Wirtschaftskraft? Und was wird dafür geopfert?
Und wir selbst – wie würden wir die Frage beantworten? Was ist uns wirklich heilig? Und wofür bringen wir Opfer? Und – wo bleibt dabei die Gemeinschaft – wo bleiben die anderen – die Schwachen, die Hilfsbedürftigen, unsere Nächsten?
Alles Fragen, die aus dem Abendmahl entspringen. Nicht umsonst erzählt der Evangelist Johannes an der Stelle, an der die anderen Evangelien vom Abendmahl berichten, von der Fußwaschung. Wir haben es gehört. Beides gehört zusammen. Die Feier des Abendmahls und Jesu Rede: „Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.“
Liebe Gemeinde, damit es kein Missverständnis gibt. Im Abendmahl mit Christus und mit den anderen zusammen zu sein, durch Brot und Wein zu neuem Leben und neuer Gemeinschaft befreit zu werden, dass heißt nicht, alles andere wegzugeben, sich aus dem Leben zurückzuziehen. Wenn es auch solche Formen der Nachfolge immer wieder gegeben hat.
Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi, Dankbarkeit für Gottes Tun bedeutet nicht: Erfolg und Besitz und Gesundheit und die vielen Dinge, die uns im Leben wichtig sind, müssten aufgeben werden. Ein Christ müsse sich von all dem fernhalten. Aber wir haben uns zu fragen, welche Bedeutung hat das alles für uns? Wie wichtig und unverzichtbar ist uns das alles und: Was bedeutet es in unserem Leben, wenn wir singen: „Heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll!“
Mehrfach redet Paulus im ersten Korintherbrief von der Freiheit, die aus dem Glauben entspringt. „Alles ist erlaubt“, schrieb er.
Aber dann fügt er sofort an: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Niemand suche das Seine, sondern was dem andern dient. Alles ist erlaubt, aber es soll mich nichts gefangen nehmen.
Wenn wir also gemeinsam Abendmahl feiern, und wenn wir mit Paulus nach den Konsequenzen für unser Leben fragen, dann geht es dabei nicht um einen erhobenen Zeigefinger. Es geht nicht darum, dass wir in erster Linie begreifen, was wir im Leben alles falsch machen und welchen fremden Göttern wir nachlaufen, das gehört auch dazu, aber in erster Linie geht es um unsere Freiheit.
Ganz zu Jesus Christus zu gehören ist die große Möglichkeit, mit den Dingen, die unser Leben ausmachen und bestimmen, freier umgehen zu können. Denn was ist, wenn all das mich nicht trägt, was mir so wichtig war im Leben. Was ist, wenn Besitz verloren geht oder mir nicht hilft in Lebenskrisen, was ist, wenn die Kräfte nachlassen und das Leben brüchig wird, was ist, wenn ich nicht mehr im Mittelpunkt stehe oder meine Beziehungen zerbrechen?
Dann brauche ich eine Freiheit, die mich weiterleben lässt. Dann brauche ich etwas, was mich trägt. Dann brauche ich Freiheit, die mich weiterleben lässt und mir neue Horizonte eröffnet.
Eine Freiheit, die aus der Gemeinschaft mit Christus erwächst. Heilig, Heilig ist der Herr Zebaoth… - Und plötzlich ist das Geld nicht mehr heilig und Menschen lernen abgeben und teilen. Da stehen plötzlich meine Arbeit und mein Terminkalender und meine Wichtigkeit nicht mehr im Mittelpunkt und ich kann Zeit und Kraft für andere aufbringen. Da werden Menschen frei vom Druck der Verhältnisse und sie hören auf, die Achseln zu zucken und sie hören auf zu sagen: „Es lohnt ja doch nicht“. Und sie beginnen, im Sinne Jesu dafür einzutreten, dass die Welt nicht so bleibt, wie sie ist.
Und sie schauen nicht mehr nur auf sich selbst und ihren Glauben und ihren Trost, sondern der Blick wird frei für die anderen Menschen. Und sie fragen gerade beim Abendmahl: Wo sind denn die anderen? Wo sind die Kranken? Wo sind die Kinder? Wo sind die, die sich zurückgezogen haben? Wo sind die, die nicht mehr glauben können, die keine Hoffnung mehr haben?
Es gibt in manchen Gemeinden die gute Sitte, aus dem Abendmahlsgottesdienst einen Gruß, ein Stück Brot, einige Weintrauben oder ähnliches in die Häuser zu tragen zu denen, die nicht da waren.
Das Abendmahl hilft mir, von mir selbst wegzukommen, und das gibt mir schließlich auch die Freiheit, auf andere zugehen zu können. Selbst auf die Ungeliebten und Schwierigen und Andersdenkenden.
Und so kann es gelingen, dass wir freier werden von der Fixierung auf die eigene Empfindlichkeit oder die eigenen Richtigkeiten oder die eigene Gruppe.
Liebe Gemeinde, eigentlich ist es selbstverständlich, was Paulus hier schreibt. Aber manchmal gerät das Selbstverständliche aus dem Blick. Manchmal ist es nötig, dass wir erinnert werden: „Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen: Ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen: Ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist es: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.“
Oder anders gesagt und gesungen:
„Wir sind, die wir von einem Brote essen, aus einem Kelche trinken, Jesu Glieder, Schwestern und Brüder.“
Gott sei Dank! Amen.

Verfasser: Propst Siegfried Kasparick, 06886 Lutherstadt Wittenberg

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