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Einzug in das Heiligtum

von Anne-Katrin Helms (Frankfurt am Main)

Predigtdatum : 03.12.2023
Lesereihe : VI
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Advent
Textstelle : Psalmen 24,1-10
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Wochenspruch: "Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer." (Sach 9,9)

Psalm: 24 (EG 712)

Predigtreihen

Reihe I: Matthäus 21,1-11
Reihe II: Römer 13,8-12
Reihe III: Sacharja 9,9-10
Reihe IV: Jeremia 23,5-8
Reihe V: Offenbarung 3,14-22
Reihe VI: Psalm 24,1-10

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 1,1-3 Macht hoch die Tür
Wochenlied: EG 11,1-3 Wie soll ich die empfangen
Predigtlied: EG 166,1.2.5 Tut mir auf die schöne Pforte
Schlusslied: EG 18 Seht, die gute Zeit ist nah

Predigttext: Psalm 24,1-10

1 Ein Psalm Davids. Die Erde ist des HERRN und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen. 2 Denn er hat ihn über den Meeren gegründet und über den Wassern bereitet. 3 Wer darf auf des HERRN Berg gehen, und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte? 4 Wer unschuldige Hände hat und reinen Herzens ist, wer nicht bedacht ist auf Lüge und nicht schwört zum Trug: 5 der wird den Segen vom HERRN empfangen und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heils. 6 Das ist das Geschlecht, das nach ihm fragt, das da sucht dein Antlitz, Gott Jakobs. Sela. 7 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,[1] dass der König der Ehre einziehe! 8 Wer ist der König der Ehre? Es ist der HERR, stark und mächtig, der HERR, mächtig im Streit. 9 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe! 10 Wer ist der König der Ehre? Es ist der HERR Zebaoth; er ist der König der Ehre. Sela.

Hinführung zur Predigt

Mit dem ersten Advent beginnt das neue Kirchenjahr. Dieses Jahr haben wir nur drei Wochen Zeit, uns auf das Kommen Gottes an Weihnachten vorzubereiten.

Predigttext für den 1. Advent ist der Wochenpsalm Psalm 24. In ihm wird beschrieben, dass JHWH (und keinem anderen Gott) die ganze Erde gehört und alles, was auf ihr lebt. Gott zieht wie ein König in die Stadt Jerusalem oder in den Jerusalemer Tempel ein. Die Predigt veranschaulicht das alte Stadttor- oder Tempeltor-Ritual und zeigt: der dort einzieht, ist demütig. Auf seinen Besuch bereiten wir uns im Advent vor.

Predigt

Wenn Besuch kommt

Langjährige Freunde haben sich angekündigt. Als sie endlich da sind, reiße ich vor Freude die Tür auf. Es kann mir gar nicht schnell genug gehen, sie zu empfangen. Innig umarme ich sie und wir schauen uns an: "Wie lange ist es her, dass wir uns nicht gesehen haben? Viel zu lange! Schön, dass ihr da seid!“ Das Abendessen ist schon gerichtet, der Tisch gedeckt. Los geht’s mit Erzählen und Lachen, Bilder zeigen und auch bei Traurigem zuhören.

Es ist aber nicht immer so schön.

Einmal habe ich erlebt, dass mir eine Freundin die Tür vor der Nase zugeschlagen hat. (Hier vielleicht eigene Erfahrungen eintragen). Wir hatten uns zum Frühstück verabredet, so wie oft am Wochenende. Sie machte einen Spalt breit auf, schaute mich an und – batsch – war die Tür wieder zu. Ich war wie vom Donner gerührt. Was sollte ich tun? Nochmal klingeln? Das traute ich mich nicht. Ich habe einen Moment gewartet und gehofft, dass sie die Tür doch nochmal öffnet und alles wieder gut wird. Aber es geschah nichts. Nie wieder habe ich mit ihr gesprochen. Die Tür blieb zu und die Freundschaft war zu Ende. Ich weiß bis heute nicht, warum. Das hat richtig weh getan.

So ist das mit Türen: Sie können geöffnet oder geschlossen werden.

Wer ist der König der Ehre?

„Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!“ (Ps 24,7) Im 24. Psalm aus der Bibel geht es auch um eine Tür. Vermutlich das Jerusalemer Stadttor oder das Tor zum Tempel.

An dieser Tür wird ein Befehl gegeben. Wer ihn gibt, wird nicht erzählt. Und was er ganz praktisch bedeutet, ist auch nicht klar: Machet die Tore weit, noch weiter als nur offen. Sollten sogar Mauersteine herausgenommen werden, damit das Tor breiter wird?

Was wir aber wissen, ist: Es gab Torhüter. Sie bewachten die Tore. Menschen mussten sich ausweisen. Menschen, die mit böser Absicht kamen, mussten außen vor bleiben. Das war lebenswichtig für die Bewohnerinnen und Bewohner.

„Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!“

Wenn es hier um den König von Israel geht, dann ist es kaum vorstellbar, dass die Torhüter ihn nicht schon von Weitem erkannt und ihm das Tor so weit geöffnet hätten, dass er ohne Verzug durch das Tor hindurch in das Innere seiner Stadt gelangen konnte. Trotzdem fragen sie nach: „Wer ist der König der Ehre?“ Eine Antwort ertönt: „Es ist der HERR, stark und mächtig, der HERR mächtig im Streit.“

Aber die Tür öffnet sich nicht. Das Tor bleibt geschlossen. Ob die Antwort nicht korrekt war?

„Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!“ Der Befehl wird wiederholt. Die Türhüter aber lassen sich nicht unter Druck setzen. Bevor sie die Tore öffnen, fragen sie noch einmal: „Wer ist der König der Ehre?“ Endlich kommt die richtige Antwort, mit der der König und sein Gefolge das Tor passieren können. Die Antwort, das Passwort sozusagen, lautet: „Es ist der HERR Zebaoth; er ist der König der Ehre.“

Das ist offenbar kein spontaner Dialog. Für mich klingt dieses Hin und Her wie ein eingespieltes Ritual.

Eine jüdische Legende: König Salomo zieht nach Jerusalem ein

So erzählt es auch eine jüdische Legende:

König Salomo (einer der großen Könige im Alten Israel) zieht nach seiner Salbung in seine Stadt Jerusalem ein. Sein Gefolge ruft gebieterisch: Macht die Tore weit ... dass der König der Ehre einziehe.

Und die Torhüter fragen: Wer ist der König der Ehre?

Ihre Frage hat aber nichts damit zu tun, dass sie Salomo nicht erkennen könnten. Es ist mehr eine religiöse Frage und gleichzeitig auch ein heimlicher Test: Was wird der neue König jetzt wohl sagen?

Wird er sagen: Natürlich, ich, Salomo, bin der König der Ehre!?

Dann hätte er Gott die Herrschaft über Israel abgestritten. Für die Frommen in Israel war Gott aber immer der einzige König. Nur er allein herrscht über Land und Volk.

Hätte Salomo Gottes Ehre nicht anerkannt, wären zur Strafe die mächtigen Pforten beim Einzug über ihm zusammengestürzt und hätten ihn unter sich begraben.

Zum Glück gibt Salomo die richtige Antwort. Es ist eine demütige Antwort: Der König der Ehren? Das ist Gott, der HERR Zebaoth. Er ist der König der Ehre. Und ich bin sein Diener. Daraufhin lässt man ihn unter Jubel einziehen.

Eine Legende. Legenden haben oft ein Körnchen Wahrheit.

Mit dem Königtum in Israel war es kompliziert. Wenn Israel sich selbst richtig verstanden hat, dann hat es sich als ein Gotteskönigtum verstanden. Die irdischen Könige standen immer unter großer Kritik. Wenn die irdischen Könige selbstherrlich regierten, wurden sie bestraft. Was für alle Menschen galt, das galt in erster Linie für den höchsten Repräsentanten des Volkes. Alle sollten als Erstes Gott dienen.

Steht Gott für mich an erster Stelle?

Mir gefällt die Legende. Ich würde sie am liebsten nach Moskau schicken und nach Istanbul, aber auch nach Berlin und nach Washington und wo sonst noch Menschen sitzen, die viel Macht haben.

Demut ist selten bei den Großen der Weltpolitik. Wie sehr wünsche ich mir, dass unsere Politikerinnen und Politiker und auch die, die durch Wirtschaft und gesellschaftlichen Einfluss mächtig sind, demütig sind. Dass sie danach fragen und handeln, was dem Gemeinwohl dient und nicht dem eigenen Fortkommen.

Bei der Legende geht es aber nicht nur um Andere. Ich muss mich auch an die eigene Nase fassen. Auch ich habe Macht: Im Beruf, im Privaten. Lebe und arbeite ich so, dass ich abends sagen könnte: Ich habe mich an Gottes Wort gehalten, ich habe anderen die Ehre erwiesen und habe mich nicht gebrüstet mit meinem Können?

Gott kommt

Es ist Advent. Gott kündigt sich an. Reiße ich für ihn auch vor Freude die Türe auf, weil es mir nicht schnell genug gehen kann, ihn zu empfangen?

Wir haben drei (!) Wochen Zeit, uns auf seinen Besuch vorzubereiten.

Ein Glück, denn es gibt noch einiges zu tun bis dahin. Nicht nur das Abendessen muss gerichtet werden und der Tisch gedeckt.

Wenn Gott dann kommt, will ich ihn inniglich umarmen und sagen: „Komm rein, schön, dass du da bist. Jetzt ist alles gut.“ Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Anne-Katrin Helms, Frankfurt am Main


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