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Früchte des Geistes

von Hartmut Mildenberger

Predigtdatum : 22.07.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 8. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Korinther 6,9-14.18-20
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Wochenspruch: "Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit." (Epheser 5, 8 b.9)

Psalm: 48, 2 – 3 a.9 – 11

Lesungen

Reihe I: Matthäus 5, 13 - 16
Reihe II: Epheser 5, 8 b - 14
Reihe III: Jesaja 2, 1 – 5
Reihe IV: 1. Korinther 6, 9 - 14. 18 - 20
Reihe V: Johannes 9, 1 - 7
Reihe VI: Römer 6, 19 - 23

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 165 Gott ist gegenwärtig
Wochenlied: EG 318 O gläubig Herz, gebenedei
Predigtlied: EG 130, 1. 5 – 7 O Heilger Geist, kehr bei uns ein
Schlusslied: EG 333 Danket dem Herrn

Predigttext 1. Korinther 6, 11 b – 15.19 – 20

Der Leib als Tempel des Heiligen Geistes

11 Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.

12 Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.

13 Die Speise dem Bauch und der Bauch der Speise; aber Gott wird das eine wie das andere zunichtemachen. Der Leib aber nicht der Hurerei, sondern dem Herrn, und der Herr dem Leibe.

14 Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft.

15 Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne!

19 Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?

20 Denn ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe.

Leiblichkeit des Glaubens

I. Zum Staunen: »Ihr seid der Tempel Gottes«

Liebe Gemeinde,

wisst ihr eigentlich, dass euer Leib ein Tempel Gottes ist? Eure Leiber sind Glieder, die zu Jesus Christus gehören. Der Heilige Geist wohnt in euren Körpern. Ihr seid der Tempel Gottes.

Das ist doch ein starkes Stück. Man denkt gar nicht daran. Man sitzt oder steht da. Man spürt die Füße auf dem Boden. Man spürt die Hände. Man spürt die Lehne am Rücken. Man spürt die Kleidung auf der Haut. Man spürt den Kopf auf dem Hals. Man spürt wie man einatmet und ausatmet.

All das ist unser Körper, unser Leib. Manches nehmen wir wahr und noch viel mehr nehmen wir bewusst nicht wahr.

Und dann das:

Wisst ihr eigentlich, dass euer Leib ein Tempel Gottes ist? Eure Leiber sind Glieder, die zu Jesus Christus gehören. Der Heilige Geist wohnt in euren Körpern. Ihr seid der Tempel Gottes.

Da bekommt ja alles, was wir für unseren Körper tun, eine neue Dimension.

Man wäscht sich, man duscht, man putzt sich die Zähne, man pflegt sich, zieht sich an. Man frühstückt. Man ernährt sich. Manche gehen laufen oder treiben Sport.

Das ist nicht nur Körperpflege. Das tut man nicht nur für sich. All dies ist Gottesdienst. Wir pflegen Gottes Wohnung. »Ihr seid der Tempel Gottes«

Vielleicht fahren Sie demnächst in den Urlaub. Oder Sie nehmen sich eine Stunde frei und liegen in die Sonne oder machen es sich gemütlich. Sehen Sie doch mal den Urlaub und diese Mußestunde so: Sie pflegen Gottes Wohnung. Sie tun Küsterdienst. Sie feiern Gottesdienst.

Wisst ihr eigentlich, dass euer Leib ein Tempel Gottes ist?

Die Frage des Paulus ist berechtigt. Ich staune und lasse es mir heute sagen. Und ganz begriffen habe ich es auch noch nicht.

Mein Leib – Gottes Tempel?

Was könnte das gerade dann bedeuten, wenn der Körper krank ist? Wenn ich mich selbst nicht wohl fühle in meiner Haut. Wenn alles weh tut. Wenn alles verfällt. Ist mein Leib auch dann noch Gottes Tempel?

Paulus schränkt das nicht ein. Und gerade hier wird deutlich wie unglaublich, wie erstaunlich diese Aussage ist:

»Mein Leib ist Wohnung Gottes.«

II. Leiblichkeit des Glaubens – damals und heute

1. Der historische Hintergrund – Prostitution in Korinth

Wie kommt Paulus eigentlich dazu, so Erstaunliches über den Leib zu sagen?

Er hat einen Anlass dazu. Versetzen wir uns einen Moment zweitausend Jahre zurück.

Wir befinden uns in der lebendigen Hafenstadt Korinth. Da gibt es wie in allen größeren Hafenstädten Straßen, da gehen die Männer hin. Sie besuchen Frauen. Nach dem Besuch geben die Männer Geld – den Frauen selbst oder anderen Männern.

Das gab es damals in Korinth, das gibt es heute an verschiedenen Orten. Das sogenannte älteste Gewerbe der Welt florierte im damaligen Korinth.

Damals war das nichts Anstößiges. Die Philosophen sagten: »Der Körper, der ist nur der Kerker für die Seele. Der Körper ist schmutzig und stinkt und verdirbt sowieso. Die Seele ist es, um die es geht. Sie ist das göttliche Licht im Menschen.«

Da war es also gar nichts Anrüchiges, dass Männer zu Frauen gehen. Es gab auch allerlei andere Praktiken: Erwachsene haben auch an Kindern ihre Triebe befriedigt. Schlimm, dass dies auch in unserer Gegenwart passiert.

Manche von den Korinthern sind Christen geworden. Da stellt sich doch die Frage: Wie halten sie es jetzt mit der Sexualität, mit diesen Praktiken?

Einige von den führenden Leuten in der korinthischen Gemeinde sagen: »Es ist alles erlaubt. Man kann tun und lassen was man will. Christus ist gekommen, um den Lichtfunken aus dem Leib zu lösen. Alles andere geht uns nichts an. Alles ist erlaubt. Warum sollen wir nicht in die Hafenstraße gehen?«

Manche waren da nicht so sicher. Die haben Paulus gefragt, was er dazu meint.

Wie soll man sich dazu stellen? Hat Christus und seine Erlösung durch ihn etwas mit unserm Leib zu tun? Hat unsere Zugehörigkeit zu Christus Auswirkungen auf den Körper?

Was meinen Sie? Was hätte er antworten sollen damals?

2. Ein Mensch aus Korinth spricht mit Paulus

Stellen wir uns ein Gespräch mit so einem Korinther vor:

Ein Korinther: Paulus, wie ist das jetzt, darf ich weiterhin in die Hafenstraße gehen? Wie siehst du das?

Paulus: Es ist alles erlaubt. So sagen doch alle. Und ich sage es auch. »Es ist alles erlaubt.« Christus hat dich freigemacht. Deshalb ist alles erlaubt. Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Durch ihn dürfen wir alles tun, was wir wollen.

K: Du stimmst also dieser Parole zu: »Alles ist erlaubt?«

P: In gewisser Weise ja. Aber denke daran, warum du frei bist. Befreiung kennst du doch vom Sklavenhandel auf dem Markt. Einer zahlt einen Preis, dann gehört der Sklave ihm. Der neue Herr kann dann mit dem Sklaven machen, was er will (1).

Stell dir das so vor mit Christus. Christus hat für dich bezahlt. Er hat dich losgekauft. Das heißt: du gehörst jetzt zu Christus. Du wurdest getauft. Das ist so etwas wie der Kaufvertrag. Und jetzt sagt dein neuer Herr, Christus: Du bist frei. Du kannst gehen und tun, was du willst. Es ist dir alles erlaubt.

K: Und was hat das jetzt mit dem Leib zu tun?

P: Erinnere dich nochmals an deine Taufe. Nicht nur deine Seele wurde getauft. Du hast das Wasser gespürt. Auch dein Leib wurde getauft. Ganz gehörst du zu Christus – auch dein Leib.

Schau Christus selbst an: Er hat sich selbst ganz gegeben – mit Haut und Haaren. Am Kreuz ist er ganz gestorben – Seele und Leib. Auferstanden ist er leiblich, so wie wir auch leiblich auferstehen.

Deshalb ist es nicht gleichgültig, was wir tun mit unserem Leib.

K: Aber was soll ich jetzt tun? Ich bin ein Mann. Ich bin nicht verheiratet. Ich habe Bedürfnisse.

P: Alles ist erlaubt. Wer zu Christus gehört, der ist ein freier Mensch in allem. Du bist frei, weil du jetzt mit deinem Leib zu Christus gehörst. Deshalb stell dir immer zwei Fragen:

Dient es dem Guten, also dient es der Gemeinschaft, zu der du jetzt gehörst, dient es Christus, zu dessen Leib du jetzt gehörst? Das ist die eine Frage.

Die andere Frage: Was geschieht mit dir? Nimmt dich das, was du tust, gefangen?

3. Tu was der Gemeinschaft dient

Liebe Gemeinde, ich unterbreche hier das Gespräch. Wir wissen, Paulus rät von den Besuchen in der Hafenstraße ab. Die Begründung würde mit heutigen Worten etwa so lauten:

Christus ist Mensch geworden. Er hat Fleisch angenommen. Leib und Seele gehören zusammen. Bei allen Menschen. Kein Mensch darf also wie eine Sache benutzt werden. Eine Prostituierte ist kein Sexualobjekt, sondern ein Mensch. Bedürfnisbefriedigung auf Kosten anderer schadet der Würde aller. Die ganze Person ist angelegt auf Gemeinschaft. Deshalb redet Paulus vom Leib. »Leib« bezeichnet den Menschen in Beziehung zu anderen.

Paulus sah damals zwei Möglichkeiten zur Frage der Sexualethik: (2)

Er selbst lebte enthaltsam und ehelos. Da er dachte, Christus und das Weltende stünden vor der Tür und diese Fragen hätten sich eh bald erledigt.

Andern hat er geraten zu heiraten. Denn die Ehe zwischen Mann und Frau entsprach aus seiner Sicht am ehesten der Ganzheitlichkeit der Gemeinschaft.

4. Orientierung für heute

Wir leben heute. Auch wir fragen: Wie sollen wir unser Leben gestalten? »Alles ist erlaubt.« Der Spruch könnte auch in vielen Dingen bei uns gelten. Unsere Gesellschaft ist liberal mit vielen Freiheiten. Gott sei Dank.

Aber die Frage bleibt: Wie verhalten wir uns als Christinnen und Christen?

Da geht es auch um Sexualität. Vorhin bei der Körperwahrnehmung haben wir die gar nicht beachtet. Auch wir sind ja Frau und Mann – je in unserem Alter – mit unserer uns eigenen Sexualität. Und das ist gut so, wie es ist. Gott hat uns geschaffen.

Dennoch stellen sich ja doch Fragen unterschiedlichster Art; – je nachdem: ob man jung ist oder älter, unverheiratet oder verheiratet. Die Fragen zu Sexualität und Partnerschaft, die uns da beschäftigen, kennen wir selbst wohl am besten.

Und wir wissen auch, dass in Bezug auf die Sexualität es viele Spielarten gibt. Manche fühlen sich zu Menschen des eigenen Geschlechts hingezogen. Andere fühlen sich gar nicht so sicher, ob sie Mann oder Frau sind.

Und dadurch, dass man getauft ist und Christ ist, ändert sich ja an dem allem gar nichts.

»Alles ist erlaubt.« In Christus sind wir frei. Und womöglich geht diese Freiheit in Christus viel weiter als Paulus damals gedacht hat und wir heute denken.

Aber Freiheit darf nicht mit Beliebigkeit und Gleichgültigkeit verwechselt werden. Deshalb sagt Paulus etwas ganz Entscheidendes dazu, was auch heute gelten könnte:

Es ist mir alles erlaubt, aber es dient nicht alles zum Guten. Es ist mir alles erlaubt, aber es darf mich nichts gefangen nehmen.

Die Leiblichkeit des Glaubens ist ein weites Feld.

Schon in Korinth waren die Fragen heiß diskutiert. Paulus erinnert an die grundsätzliche Freiheit in allem. Aber Freiheit muss immer mit Rücksicht auf die Gemeinschaft gestaltet werden. Freiheit und Verantwortung gehören zusammen.

III. Ziel der Leiblichkeit des Glaubens ist, Gott zu preisen

Wisst ihr eigentlich, dass euer Leib ein Tempel Gottes ist? Eure Leiber sind Glieder, die zu Jesus Christus gehören. Der Heilige Geist wohnt in euren Körpern. Ihr seid der Tempel Gottes. Ihr seid teuer erkauft, darum preiset Gott mit eurem Leibe.

Paulus bringt uns zum Staunen, wenn wir heute unseren Körper, unseren Leib wahrnehmen.

Wir sind Gottes Tempel – als Frau, als Mann, ob jung oder alt.

Jede Faser, jede Zelle, jedes Gefäß, jede körperliche Funktion ist dazu da, Gott zu preisen.

Wir sind Gottes Wohnung. Was für eine Ehre.

Amen

Fürbittengebet

Gott der Gnade und Barmherzigkeit, in deiner Freiheit können wir unser Leben gestalten, alles ist uns erlaubt.

Dafür danken wir dir.

Doch nichts soll uns gefangen nehmen.

Deshalb bitten wir dich für die, die auf ihre Weise versklavt sind.

Sei mit deiner Liebe bei allen, deren Körper nur ein Stück Ware ist, den sie verkaufen müssen.

Schenke deinen Frieden denen, die Sexualität nur in Form von Gewalt erfahren.

Wehre dort, wo Gewalt eine Ehe zerstört, wo Missbrauch Kinder zerbricht.

Alles soll zum Guten dienen.

Deshalb erhalte uns den Blick für den Nächsten,

die Freude an unserm Körper,

die Zärtlichkeit in den Berührungen,

die Liebe, in der alles zum Ziel kommt.  

Amen

Nach Gottesdienst-Praxis Serie A IV. Perikopenreihe 2006

Verfasser: Pfarrer Hartmut Mildenberger, Anna-Peters-Straße 29 a, 70597 Stuttgart

______________

Anmerkungen:

  1. Evtl. steht hinter V20 »Loskauf« auch die Vorstellung der Auslösung von Kriegsgefangenen oder das Motiv der Befreiung Israels aus der ägyptischen Knechtschaft.
  2. vgl. Kapitel 7

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