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Gesandt von oben

von Michael Stavenhagen (Friedberg)

Predigtdatum : 25.12.2007
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 1. Feiertag
Textstelle : Galater 4,4-7
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Wochenspruch:

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.
(Johannes 1, 14)

Psalm: 96 (EG 738)

Lesungen

Altes Testament:
Micha 5, 1 – 4
Epistel:
Titus 3, 4 – 7
Evangelium:
Lukas 2, (1 – 14 ) 15 – 20

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 24
Vom Himmel hoch
Wochenlied:
EG 23
Gelobet seist du, Jesus Christ
Predigtlied:
EG 37
Ich steh an deiner Krippe hier
Schlusslied:
EG 44
O du fröhliche

Hinführung zur Predigt:
Der Gottesdienst am 1. Weihnachtstag steht im Schatten des Heiligen Abends – das ist die eine Sichtweise. Am Heiligen Abend, in der Heiligen Nacht haben unzählig viele Menschen die Gottesdienste mitgefeiert; jetzt, am ersten Weihnachtstag, sind es eher wenige, die sich „am Morgen danach“ zum Gottesdienst einfinden.
Den Gottesdienst am 1. Weihnachtstag feiern wir im Licht des Heiligen Abends, von dem Licht, das in die Welt gekommen ist her – das ist die andere Sichtweise. Sie freut sich daran, dass Menschen bereit sind, „am Morgen danach“ davon zu hören (und davon zu singen), was und wer da in der Heiligen Nacht „zur Welt gekommen“ ist.
Der Predigttext aus dem Galaterbrief kommt dem letzteren entgegen, weil er Predigende und Hörende auf einer anderen Ebene anspricht und fordert: nicht Erzählung, sondern Reflexion – Bedenken und Weiterdenken der Weihnachtsbotschaft. Um den Gedankengang von Paulus deutlich zu machen, nehme ich den Vers 3 des 4. Kapitels des Galaterbriefes hinzu.

[3 Als wir unmündig waren, waren wir in der Knechtschaft der Mächte der Welt.] 4 Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, 5 damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. 6 Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! 7 So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.

Liebe Gemeinde,
„EUCH IST HEUTE DER HEILAND GEBOREN“ – das ist die Weihnachtsbotschaft des Engels an die Hirten auf dem Feld vor Bethlehem. Gestern, am Heiligen Abend, in der Heiligen Nacht haben wir mit vielen anderen diese Worte wieder gehört, haben uns wahrscheinlich in die Geschichte von der Geburt Jesu hineinversenkt und uns von ihr berühren lassen.
Auch heute, am 1. Weihnachtstag, am „Morgen danach“ sind diese Worte aus dem Lukasevangelium wieder erklungen, in der Lesung in der Eingangsliturgie. Heute hören wir diese Botschaft im hellen Licht des Weihnachtstages:
„Ein neuer Tag aufgegangen
das Wunder ist zu bedenken;
die Botschaft wird gewogen,
so fasst es ein Prediger in Worte.“
Ja, das ist die Aufgabe dieses Gottesdienstes am 1. Weihnachtstag: Das Wunder der Weihnacht zu bedenken, die Botschaft von Weihnachten zu „erwägen“, sie hin und her zu wenden und in unserer Leben leuchten zu lassen.
Dazu sind uns in diesem Jahr Worte des Apostels Paulus aufgegeben. Und so beschreibt er im Galaterbrief, was wir an Weihnachten feiern können:
„Als wir unmündig waren, waren wir in der Knechtschaft der Mächte der Welt.
Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott“ (Galater 4, 3-7).
Diese Worte des Apostels Paulus ziehen uns nicht in eine Geschichte hinein, wie die Weihnachtsgeschichte von Lukas oder Matthäus, diese Sätze des Paulus fordern uns heraus. Sie bilden eine Gedanken-Kette, bei der ein Schritt auf den anderen folgt und aufbaut.
Gehen wir seinem weihnachtlichen Gedankengang in drei Schritten noch einmal nach:

1. „...als die Zeit erfüllt war“
Gott kommt zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Welt.
„Welt ging verloren – Christ ward geboren“ – so besingt das bekannte Weihnachtslied diesen Zeitpunkt. Als die Welt verloren zu gehen droht, da kommt Gott. Da beginnt die Wende, da beginnt eine neue Zeit, ja: eine neue Zeitrechnung: „nach Christi Geburt“!
In diese Welt, – in seine Welt, die er erschaffen und freigegeben hat – kommt er, „ein Mensch, geboren von einer Frau (einer Mutter)“. Er wird geboren, so wie wir alle geboren wurden. Er ist uns Menschen also vollkommen gleichgestellt. Auch darin ist er uns gleich, dass er „unter das Gesetz getan“ ist, den Mächten dieser Welt unterworfen, wie es Paulus wichtig ist zu formulieren. Vorbehaltlos, rückhaltlos lässt sich Gott auf die menschliche Situation ein. Er riskiert alles – für uns. Diesen Einsatz Gottes für uns betont Paulus, denn ohne diesen Einsatz wäre die Welt verloren.

2 „... nicht mehr Knecht, sondern Kind“
Gottes Einsatz gilt uns, den verlorenen Menschen. Er kommt, um uns loszulösen, herauszulösen aus der Knechtschaft. Jetzt sind wir nicht mehr wie unmündige Kinder, wie solche, die einen Aufseher brauchen. Jetzt sind wir frei.
„Euch ist heute der Heiland, wörtlich: der Erlöser geboren“. So sagte es der Verkündigungsengel bei Lukas den Hirten. Von Erlösung spricht auch Paulus.
Erlöst – wovon, woraus?
Aus der Knechtschaft der Mächte der Welt. Im griechischen Urtext heißen diese „Mächte“ „stoicheiai“. Kurz gesagt waren damit zunächst die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer gemeint. Mit zahlreichen Ritualen beugte man sich unter sie, damit sie einem wohlgesonnen waren. Erst recht, als aus diesen „Elementen“ Götter geworden waren, als man sie personalisierte. Nun musste man erst recht um deren Gunst buhlen. Denn wer weiß schon, was die Götter wirklich wollen?
Von diesen Mächten seid ihr Christen ein- für allemal befreit. Der Sohn hat euch zu Söhnen, zu Töchtern Gottes gemacht.
Weihnachten ist die Geburtsstunde unserer Freiheit, unserer Selbständigkeit, unserer Würde.
„Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden ... lebe nicht unter deiner Würde! ... Bedenke, dass du der Macht der Finsternis entrissen bist und in das Licht und das Reich Gottes aufgenommen bist. Unterwirf dich nicht wieder der Knechtschaft...; denn der Preis für deine Freiheit ist das Blut Christi“.
So sagte es schon vor über 1500 Jahren der damalige Papst Leo der Große in einer Weihnachtspredigt. Weihnachten ist die Geburtsstunde unserer Freiheit, unserer Würde. Sie kommt von Gott her, ist (für uns) also theologisch begründet. Sie ist unverletzlich, darf nicht genommen werden, kann nicht genommen werden.
Weihnachten ist eine weltbewegende und zu Herzen gehende Angelegenheit, es wirkt nachhaltig.
Mit Weihnachten ist uns aber auch eine Aufgabe, eine Verantwortung gegeben: dieser Würde entsprechend zu leben, das Leben für alle entsprechend zu gestalten: als Gottes – erwachsene – Kinder angesichts der Weltmächte, der „stoicheiai“, die heute unser Leben zu bestimmen suchen.
Solche Weltmächte gibt es auch heute. Nur haben sie nichts Überirdisches an sich. Sie sind von Menschen gemacht, und doch wirken sie auf uns wie unausweichliche, alles bestimmende Mächte: Wirtschaft – Marktgesetze – Beschleunigung – Medien – Fortschrittsglaube und viele andere.
Wir alle haben mit ihnen zu tun, um nicht zu sagen: wir dienen ihnen.
Christ Befreiungstat reicht auch in diese Lebensbereiche hinein. Wir können leben, wir können atmen, uns zur Wehr setzen, diese Welt gestalten: als Gottes – erwachsene – Kinder.

3. „...wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott“
Wir können dieses Erbe annehmen, es antreten oder dieses Erbe, dieses Geschenk ausschlagen.
An uns ist es, dieses Erbe, dieses nicht selbsterworbene Geschenk anzunehmen und gemäß unserer von Gott erworbenen Würde zu leben. Gott jedenfalls hat das Seine getan; er hat sich festgelegt. Er riskiert alles an Weihnachten, seit Weihnachten, als er Mensch wurde in dem Kind in der Krippe, in Jesus Christus.
„EUCH IST HEUTE DER HEILAND GEBOREN“ – Er will unsere Herzen und unseren Verstand erreichen. Er will, dass wir annehmen, was uns in Christus, mit Christus geschenkt ist, dass es Weihnachten werde für uns. Dazu hat er „den Geist seines Sohnes gesandt in unsere Herzen“.

Dies ist die morgenklare, tag-helle Botschaft des Paulus an diesem 1. Weihnachttag. Sie begleitet uns, sie leitet uns bei Tag und bei Nacht. Von dieser „Geburtsstunde unserer Würde“ her können wir unser Leben gestalten, wie die Hirten zurückkehren in unser Leben, unseren Alltag, unsere Aufgaben und Gott loben und preisen.
AMEN.

Verfasser: Pfarrer Michael Stavenhagen, Feldbergstr. 6D, 61169 Friedberg

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