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Gott kommt in diese Welt

von Martin Henninger (Frankenthal)

Predigtdatum : 25.12.2021
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 1. Feiertag
Textstelle : 1. Johannesbrief 3,1-2(3-5)
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Wochenspruch: Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannes 1,14a)

Psalm: 96,1-3.7–13 (EG 738)

Lesungen

Reihe I: Johannes 1,1-5.9-14(16-18)
Reihe II: Titus 3,4-7
Reihe III: Jesaja 52,7-10
Reihe IV: 1. Johannes 3,1-2(3-5)
Reihe V: Kolosser 2,3(4-5)6-10
Reihe VI: 2. Mose 2,1-10

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 42,1-6 Dies ist der Tag, den Gott gemacht
Wochenlied: EG 45 Herbei, o ihr Gläub’gen
Predigtlied: EG 37 Ich steh an deiner Krippen hier
Schlusslied: EG 44 O du fröhliche

Predigttext: 1. Johannes 3,1-2(3-5)

1 Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum erkennt uns die Welt nicht; denn sie hat ihn nicht erkannt.
2 Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
(3 Und jeder, der solche Hoffnung auf ihn hat, der reinigt sich, wie auch jener rein ist.
4 Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht, und die Sünde ist das Unrecht.
5 Und ihr wisst, dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde.)

Vorbemerkung

Es ist hilfreich, wenn Sie sich zu dieser Predigt die Power-Point-Präsentation mit den Bildern von meiner Cloud herunterladen.

Es sind meine eigenen Fotos die Sie gerne verwenden können. Mit >> ist im Text jeweils eine neue Folie markiert. Man kann die Predigt aber auch ohne die Power-Point-Präsentation halten, ich denke, die Beschreibung der Krippe ist klar genug. Oder, das wäre eine 3. Möglichkeit, Sie drucken eine Darstellung dieser Krippe als Bild und Handout.

Predigt

Liebe Gemeinde,

bei einer Ausstellung über Weihnachtskrippen im Liebighaus in Frankfurt gab es eine Krippe aus Burgund, geschaffen etwa um 1450. Heute gehört sie zum Metropolitan Museum of Modern Art in New York.

Man könnte sagen: diese Krippe ist ein Bild vom Morgen danach. Man könnte auch sagen: Sie zeigt, was von der Heiligen Nacht übrig bleibt.

Der Künstler beweist Humor: Joseph wäscht Windeln. Maria sitzt vor einer leeren Krippe. Das Jesuskind ist bei den Engeln. Die Hirten fensterln. Und einer der drei Weisen links oben ist vor Übermüdung eingeschlafen. Fazit: Diese Krippe zeigt nicht mehr ganz die Begeisterung der Heiligen Nacht.

Aber auch für uns ist der Höhepunkt des Weihnachtsfestes schon vorbei. Was tun Gottes Kinder, wenn der Höhepunkt vorbei ist? Bleibt da was?

Gleich im 1. Vers bringt Johannes die Nach-Weihnachtsbotschaft auf den Punkt:

Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass er seinen Sohn vom Himmel auf die Erde geschickt hat. Gottes Sohn wird einer von uns, damit wir alle neu erkennen, wer wir sind: Gottes Kinder – wie das Kind in der Krippe. Und das ist nicht nur ein schöner Traum, der so schnell vorbeigeht wie der Hl. Abend, nein, wir sind es auch und bleiben es auch, wenn Weihnachten vorbei ist.

Diese Krippendarstellung aus Burgund zeigt sehr schön, wie man auch am Tag nach Hl. Abend Gottes Kind bleiben kann.

Dann nämlich, wenn die Krippe leer ist. Denn das ist die 1. große Überraschung dieser Krippendarstellung. Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh, Maria und Joseph betrachten es froh – Nein, nicht hier. Das Kind fehlt in dieser Krippe. Nur zwei Engelchen beschäftigen sich mit dem Kissen. Maria hat immer noch die Hände anbetend gefaltet, aber ihr Blick geht nach oben. Dorthin, wo das Kind jetzt ist, bei den Engeln im Himmel.

(>> Jesus und die Engel)

Das Kind ist nicht dort, wo man es am Weihnachten erwartet, unten auf der Erde. Es ist im Himmel, weil Weihnachten nicht der Endpunkt der Jesusgeschichte ist. Die Weihnachtsgeschichte findet ihre Vollendung erst in der Auferstehung. Aus dem Kind in der Krippe, Gottes Geschenk an uns, wird Jesus, der Auferstandene, der wieder zurückkehrt zu seinem Vater im Himmel. Es ist seine Aufgabe, Himmel und Erde zu verbinden.

Ein zweites Detail: Schaut man genau, sieht man, wie das Kind seinen Arm ausstreckt, um Ochs und Esel zu streicheln. „Ein Ochse kennt seinen Herrn, und ein Esel die Krippe seines Herrn,“ heißt es beim Propheten Jesaja, und ist wieder ein kleiner Hinweis darauf, dass wir Gotteskinder wie das Gotteskind selbst, in der Krippe nicht nur ein Kind, sondern unseren Herrn und Heiland erkennen.

(>>Maria)

Maria. Maria kniet vor der leeren Krippe, aber ihr Blick geht nach oben. Im 15. Jh, als diese Krippendarstellung entstanden ist, haben Eltern ihre Kinder noch nicht so angebetet wie heute. „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast,“ betet sie. Es ist ein Gebet der Freude über seine Gegenwart, auch wenn sie weiß, dass sie ihn nicht festhalten kann. Sie kniet vor der Krippe, in der der Mensch gewordene Gottessohn lag. Zugleich aber richtet sie ihren Blick nach oben, wo das Kind in der Krippe seine Heimat hat: Im Himmel, bei Gott und den Engeln. Wahrer Mensch und wahrer Gott ist der, den Maria anbetet. Ganz in unserer Welt, geboren wie Millionen anderer Kinder, und doch nicht von unserer Welt. Ganz hier, und doch größer als dass der Himmel ihn fassen könnte. Nah und doch unverfügbar – das ist der Gottessohn, der durch Maria an Weihnachten in unsere Welt kam.

>> Joseph

Dann kommt Joseph in den Blick. Joseph, der emanzipierte, wäscht die Windel. Freude jeder Frau, vertieft in seine Haushaltspflichten. Unbeeindruckt von dem, was um ihn herum passiert. Konzentriert verrichtet er seine Tätigkeit und bekommt von dem Treiben hinter seinem Rücken nichts mit; nicht von den Engeln, oben und unten, nichts von der Anbetung Marias, nicht einmal von den Hirten unmittelbar über ihm. Fast unbeteiligt tut er, was nötig ist. Er beschäftigt sich mit der sehr irdischen Hinterlassenschaft des Kindes, der vollen Windel.

Wir wissen es, und er weiß es auch, das Kind war nicht von ihm. Das tat weh. Hat ihn verletzt. Fast hätte er sich aus dem Staub gemacht, berichtet Matthäus. Wenn Gott ihn nicht über die Zusammenhänge aufgeklärt hätte, wäre Joseph weg gewesen.

Vielleicht ist die banale Tätigkeit des Windelwaschens und -trocknens eine große Möglichkeit, die Gedanken zu ordnen, zu verstehen, wie Gott Maria und ihm und uns in seinem Sohn so nah kommen kann.

(> > Hirten)

Dem Kind nahe sein – nur das zählt. Also klettern die Hirten an den Steinen der Ruine hoch. Kann man überhaupt so hoch klettern, dass man dem Himmel nahe kommt? Sie bauten einen Turm bis an den Himmel, heißt es in der Geschichte vom Turmbau zu Babel im Alten Testament, und diese Geschichte ging nicht gut aus. Nun aber ist Gott ja auf die Erde gekommen, uns ganz nah, da darf man die letzten Meter schon klettern, um ihm noch näher zu kommen. Natürlich richten sie ihren Blick nicht auf den Stall, nicht auf die leere Wiege unten, nicht auf die die irdischen Eltern, sondern auf das Gotteskind, das mit den himmlischen Engeln spielt und den irdischen Ochsen streichelt. Sie fensterln und staunen.

Einer schaut zum Kind, einer nach unten – so als wollte der Künstler sagen: Beides ist wichtig: Der Blick nach unten, zu dem Platz, wo Gott in unsere Welt kam, und der Blick nach oben, wo dieses Kind hingehört. Es ist, als wollten sie sagen: Wir suchen den neugeborenen König. Wir suchen ihn auf der Erde, und wissen ihn oben im Himmel.

(>> Weisen)

Am anderen Bildrand erkennen wir die Weisen. Wie die Hirten sind auch sie hoch gestiegen. Sind dem Stern gefolgt. Haben einen langen Weg und eine mühsame Reise hinter sich. Jetzt sind sie da. Auch für sie ist es klar: Sie suchen mehr als ein Baby, sie suchen Gottes Sohn, deswegen sind sie nicht unten bei Maria und Joseph, sondern oben bei dem Kind.

Einer der Weisen hält seine Hand hinters Ohr, sucht, ob er vielleicht doch noch einmal die Stimme der Engel hört: Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr, die Erfüllung all eurer Hoffnungen. Er hält die Hand hinters Ohr in der Hoffnung auf Mehr; er kann gar nicht genug kriegen von der frohen Botschaft: Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit kommt hier auf die Welt in einem Kind.

Der 3. der Weisen schläft. Ist er müde von der weiten Reise oder träumt er von dem Engel, der sagt: „Geht nicht den gleichen Weg zurück. Herodes trachtet dem Kind nach dem Leben.“ Wahrscheinlich ist das letztere. Denn wenn der Weg auch noch so weit und ermüdend war, wie sollte man in der Gegenwart dieses Kindes schlafen können?!

(> Gesamtbild)

Und überall die Engel – zwei, die das Kissen der leeren Krippe aufschütteln, einer, der dem Kind die Decke richtet. Die Engel sind hier – anders als in der Heiligen Nacht - nicht mehr Verkünder der frohen Botschaft, sondern Diener des Höchsten. Sie umgeben und umsorgen dieses Gotteskind im Himmel wie auf Erden – wie auch uns andere Gotteskinder.

Johannes schreibt weiter: „Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ (Vers 2)

Was wir als Gotteskinder sind und sein werden, das kann uns die Weihnachtsgeschichte nur am Beispiel der anderen erzählen. Und vielleicht ist es auch gut so, dass die Weihnachtsgeschichte uns fragt: Wer willst du denn sein am Tag nach der Heiligen Nacht? Was kann denn deine Rolle sein als Gotteskind in dem anderen großen Himmel und Erde umspannenden Drama des anderen Gotteskindes?

Ist deine Rolle die der Maria, die den Christus anbetet und doch weiß, dass sie ihn nicht festhalten kann in ihrer Welt, weil er zum Himmel und zur Erde gehört?

Ist deine Rolle die des Joseph mit seinem praktischen Glauben, der tut, was nötig ist, und im Tun des Nötigen seinen Zweifel überwindet?

Ist deine Rolle die der Hirten, die alles in Bewegung setzen, um dem Kind nahe zu sein?

Oder die der Weisen, die im Traum Gottes Stimme hören und ihr folgen? Die sich aufmachen zu einer weiten Reise, mal sicher ihren Weg gehen und ein andermal sich verirren? Die den Stern, dem sie folgen wollen, verlieren, und durch Gottes Gnade ihn dann wieder finden?

Nein, du kannst Gott nicht in der Weihnachtskrippe festhalten, so schön das wäre. Die Krippe ist wieder leer. Aber so, wie das Gotteskind an Weihnachten zu Himmel und Erde gehört, so musst auch du als Gotteskind des Jahres 2021 nicht trauern darüber, dass die Krippe leer ist. Du hast Christus sehen dürfen, wie er ist: Gott und Mensch zugleich, und nun gehörst auch du zur Erde und zum Himmel gleichermaßen.

Amen.

Verfasser: Pfarrer Martin Henninger, Philipp-Rauch-Str. 9, 67227 Frankenthal, Pfarrer.henninger(at)t-online.de


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