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Gott kommt in diese Welt

von Peter Ziehmann (Stuttgart)

Predigtdatum : 25.12.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 1. Feiertag
Textstelle : Johannes 3,31-36
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Wochenspruch:

"Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit." (Johannes 1, 14 a)

Psalm: 96 (EG 738)

Lesungen

Altes Testament: Micha 5, 1 - 4 a

Epistel: Titus 3, 4 - 7

Evangelium: Lukas 2, (1 - 14) 15 - 20

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 39, 1 – 7 EG 42, 1 - 6 Kommt und lasst uns Christus ehren oder Dies ist der Tag, den Gott gemacht

Wochenlied: EG 23, 1 - 7 Gelobet seist du, Jesu Christ

Predigtlied: EG 36, 1 - 3, 10 + 11 Fröhlich soll mein Herze springen

Schlusslied: EG 44, 1 – 3 EG 47, 5 O du fröhliche oder

Ehr sei Gott im höchsten Thorn

Hinführung:

Am ersten Christtag sind meist die unter sich, die sich bewusst zur gottesdienstlichen Gemeinde zählen. Manche waren nicht am Heiligen Abend im Gottesdienst, bei anderen klingt das „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“ noch nach.

Ich empfehle das Nizänische Glaubensbekenntnis laut werden zu lassen – am besten nach der Predigt als Antwort der Gemeinde auf das Gehörte.

Der Textabschnitt ist in der Endgestalt als Johannes-Evangelium ein Vermächtnis von Johannes dem Täufer.

Zu Grunde liegt ein Bild aus dem Antiken Leben. Ein Bote kommt mit seiner Botschaft. Der Inhalt der Botschaft lautet: Der Vater hat übergeben (seine Macht, den Hof, sein Einfluss…), und der Sohn hat das Erbe angetreten und ist nun Herr über viele und vieles. Das Bild wird gesehen aus der Perspektive derer, die einen neuen Herrn haben. Der Text sollte in der Übersetzung der Basisbibel gelesen werden (http://www.basisbibel.de).

Da die Musik und dem Gesang der Gemeinde viel Raum gebührt am Christtag eine kurze Predigt!

Gliederung:

(vgl. O du fröhliche EG 44, 1-3)

1. Welt ging verloren

2. Christ ist geboren

3. Freue dich, o Christenheit

Predigt:

Liebe Gemeinde,

1. Welt ging verloren

der Christtag oder der erste Weihnachtsfeiertag hat einen ganz anderen Charakter als der Heilige Abend.

Am Heiligen Abend – da waren die Erinnerungen wach an die Kindheit, an Menschen, die nicht mehr unter uns sind – oder die nicht dabei sein können, weil die Entfernung zu groß ist oder weil sie arbeiten müssen, damit wir feiern können.

Und bei den älteren unter uns – da waren es vielleicht auch die Erinnerungen an die Weihnachtsabende der Kriegs- und Nachkriegszeit.

Am Heiligen Abend – da waren Gefühle erlaubt, sie hatten ein wenig die Oberhand gewonnen. Heute Morgen sieht es anders aus. Da haben weihnachtliche Gefühle wieder dem ruhigen Nachdenken Platz gemacht. Und das ist vielleicht gut so.

Wir können zusammen mit dem Evangelisten Johannes darüber nachdenken, was die Geburt des Kindes in der Krippe für die ganze Welt bedeutet. Damit tut sich ein großer Horizont auf.

Wir hören aus dem Johannesevangelium im 3. Kapitel die Verse 31 - 36 in der Übersetzung der Basisbibel: (1)

Johannes spricht über Jesus:

31"Wer von oben kommt, steht über allen. Wer dagegen von der Erde stammt, gehört zur Erde und spricht aus irdischer Sicht.Er, der vom Himmel kommt, steht über allen.

32Was er dort gesehen und gehört hat, dafür tritt er hier als Zeuge auf. Aber niemand glaubt seiner Zeugenaussage.

33Wer auf das hört, was er bezeugt, bestätigt damit: Was Gott sagt,

das ist wahr.

34Der, den Gott gesandt hat, der spricht die Worte Gottes. Denn Gott gibt ihm den Geist in seiner ganzen Fülle.

35Der Vater liebt den Sohn und hat ihm alles anvertraut.

36Wer an den Sohn glaubt, erhält das ewige Leben. Wer sich aber vom Sohn abwendet, wird das Leben nicht sehen. Dem Zorn Gottes entgeht er nicht.

Liebe Gemeinde,

mit dem, was Johannes in seinem Evangelium schreibt, widerspricht er einer alten Weisheit: „Das Endliche kann das Unendliche nicht fassen“, das Begrenzte nicht das Grenzenlose, das Kleine nicht das Große. Bleiben wir bei dieser Logik, dann müssen wir sagen: Es kann Weihnachten eigentlich nicht geben.

Auch der unendliche Gott kann nicht vom Endlichen gefasst werden, nicht von der Weite des Weltalls, nicht von irgendeiner Sonne und erst recht nicht von unserer kleinen Erde.

Aber Gott ist nicht an die Gesetze der Logik gebunden. Wenn er es wäre – dann wäre er nicht Gott, sondern der Untertan eines Denkgesetzes. Und so redet Johannes von einem großen Wunder: Der unendliche Gott begibt sich in die Endlichkeit unserer Welt.

Gott beugt sich in seiner Barmherzigkeit zu uns Menschen herab. Er macht sich so klein, dass er in Christus Platz findet auf unserer Erde, in der Kleinstadt Bethlehem, in einem abseitigen Winkel der Weltgeschichte in einer Krippe, in der Maria ihr Kind wickelt.

„Den aller Weltkreis nie beschloss, der liegt in Marien Schoß“ heißt es in einem unserer Weihnachtslieder.

Gott macht sich auf den Weg; steigt ganz tief herab und sucht seine Menschheit auf, die ihn von sich aus nicht finden konnte. Gewiss, es hat an der Sehnsucht der Menschen nach Gott oder Göttern nie gefehlt. Religiöse Leidenschaft war immer wieder aufgebrochen, bis heute ist das so. Große, tiefe und fromme Gedanken hatte man entwickelt, Tempel gebaut und gewaltige religiöse Feste gefeiert.

Aber so hat der Mensch Gott nicht erreichen können. Von der Tragik, die hinter allem Bemühen steckt, Gott zu suchen, wo er nicht zu finden ist, spricht Johannes mit einem Satz, der einen Düsteren Klang hat: „Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde“. Es kann gar nicht anders sein: Streckt sich der Mensch nach Gott aus, aus eigener Kraft, bleibt er im Irdischen stecken. Doch unter dieser Tragik müssen wir nicht mehr leiden, wenn wir uns für das Wunder öffnen, das in Bethlehem geschehen ist. Wir müssen nicht mehr Gott suchende Menschen sein. Die Suche nach Gott ist nicht mehr nötig, weil Gott selbst die Menschen gesucht, aufgesucht hat.

Gott steckt in Christus seine Hand nach uns aus, wir brauchen sie nur zu ergreifen. Ist das zu groß für uns, oder zu einfach oder vielleicht sogar widersinnig? Johannes rechnet damit, dass es nicht wenige sind, die das so sehen, denn er sagt im Blick auf Christus: „Sein Zeugnis nimmt niemand an“. Aber dann fährt er fort: „Wer es aber annimmt, der besiegelt es, dass Gott wahrhaftig ist.“

2. Christus ist geboren

Wer das Zeugnis Jesu annimmt, der stimmt dem zu: „Ja, mein Gott, ich glaube dir, dass du mit dem Kind in der Krippe zu mir gekommen bist, mein Gott und mein Vater sein willst.

Ich sehe, dass Jesus nicht nur dein Wort oder eine ethische Herausforderung, sondern dass er selbst als Person dein Wort ist, deine lebendige Anrede an mich kleinen Menschen.“

So wie uns ein kleines Kind herausfordert in unserer ganzen Person, wenn es uns anvertraut ist, so fordert uns auch Jesus als kleines Kind in der Krippe ganz heraus.

Denn Gott gibt uns Wahrheit in der Gestalt eines Menschen der geboren wird, der stirbt und aufersteht. Er schafft damit eine neue Wirklichkeit des Lebens. Gott hätte auch anders verfahren können: ‚Hier hast du ein Buch, nimm es und lies es, dann wirst du entdecken, was Wahrheit ist.‘ Gott schickt kein Buch, er schickt einen Menschen von Fleisch und Blut.

Er schickt einen Menschen, der eine eigene, unverwechselbare Lebensgeschichte hat; so, wie wir eine eigene, unverwechselbare Lebensgeschichte haben, von Gott gewollt und in ihm begründet.

Und doch fragen sich immer die Menschen, was mit der Nacht in Bethlehem denn anders geworden ist in der Lebensgeschichte von Menschen.

Vieles ist doch so geblieben, wie es immer war. Menschen stellen nach wie vor die Frage: Warum gibt es so viel Leid? Warum muss der eine ein schweres Schicksal tragen während ein anderer eher leichtfüßig und unbeschwert durchs Leben geht?

Warum greift Gott nicht ein, wenn die Ungerechtigkeit überhandnimmt? Auf solche Fragen gibt uns die Heilige Schrift keine Antwort. Hier kennt sie nur das Klagen, das man vor Gott bringen darf. Entlastendes Klagen.

Auch nach der Geburt Christi müssen wir mit Fragen leben, auf die wir keine Antwort wissen. Auch erleben wir die dunkle Seite Gottes, - mit den Worten des Johannes - den Zorn Gottes.

Und doch ist seit jener Nacht etwas anders geworden. Davon hat Paul Gerhardt in einem seiner Weihnachtslieder geschrieben: „Heute geht aus seiner Kammer, Gottes Held, der die Welt reißt aus allem Jammer.“ (2)

Er meint den Jammer dieser Welt in allen seinen Richtungen und Ausprägungen, das Gefühl von Einsamkeit, das Leiden an einer Schuld, Schmerzen, Trauer um einen geliebten Menschen...

Aber nun hören wir: Wir sind gar nicht allein, Gott ist da, verborgen zwar, verborgen in dem Kind, - so ist er für uns da. „Sollt uns Gott nun können hassen, der uns gibt, was er liebt über alle Maßen. Gott gibt, unserm Leid zu wehren, seinen Sohn aus dem Thron seiner Macht und Ehren.“ (3)

Wieder weist uns eines der Weihnachtslieder den Weg zu dem Menschen suchenden Gott. Dass er uns Menschen sucht, es ist Ausdruck der Liebe Gottes.

Zweifeln Sie bitte nicht daran, dass Gott Sie liebt. Denn Gott findet Sie liebenswerter als Sie sich selbst, liebenswerter als Sie möglicherweise Ihr Ich beurteilen? Denn Weihnachten heißt: Wir werden geehrt durch die unverdiente Liebe Gottes.

Und wie alle echte Liebe ist sie unverdient. Lassen wir uns diese Liebe gefallen, dann werden wir gestärkt aus diesem Gottesdienst nach Haus gehen.

3. Freue Dich, o Christenheit

Gewiss, es bleiben die ungelösten und unlösbaren Fragen, das Leiden an dem was wir nicht verstehen können. Aber es ist nicht zu übersehen, dass mit dem Mann, der in Bethlehem geboren wurde, unsere Welt mit einer Hoffnung beschenkt wurde. Der Kernsatz seiner Botschaft war das Wort. „Freut euch, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ (4)

Wenn Gott seine Schöpfung erneuert und sein Reich endgültig aufrichtet, wird es die unlösbaren Fragen nicht mehr geben. Trauen wir es Jesus zu, dass er mit seiner Rede vom kommenden Gottesreich im Recht war, dann können wir leichter tragen und ertragen, was uns gegenwärtig ratlos und oft auch traurig macht. Denn das kommende Reich, so sagt der Evangelist Johannes, es reicht bereits in unsere Zeit hinein. Er schreibt: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.“

Er sagt nicht: „Wer glaubt, der wird das ewige Leben empfangen, irgendwann, später einmal“. Er redet von der Gegenwart: „der hat das ewige Leben“.

Mit der Geburt Jesu im Stall hat Gott Grenzen verschoben: Die Grenze zwischen hoch und niedrig, genauso wie die Grenze zwischen Leben und Tod. Wer glaubt, der hat das ewige Leben. Wer glaubt der hat bereits Anteil an Gottes Leben. Er oder sie hat von Gott her gesehen den Tod schon hinter sich.

Nehmen Sie was Johannes sagt aus diesem Gottesdienst mit nach Hause.

‚Ich habe mich von der Liebe Gottes berühren lassen. Sie ist sichtbar in dem Kind in der Krippe. Ich glaube, dass er auch mich liebt. Wenn ich glaube, habe ich bereits Anteil am ewigen Leben.‘

Das zu wissen, kann uns gelassener, weniger verbissen und fröhlicher machen. Und dann kann auch etwas wirklich werden von dem Wunsch „Frohe Weihnachten“, den wir uns, vielleicht ohne viel zu denken, in den letzten Tagen geschrieben und gesagt haben.

Frohe Weihnacht – das ist dann, wenn wir unser Leben vertrauensvoll in Gottes Hand legen, heute, in den nächsten Tagen, im kommenden Jahr.

Frohe Weihnacht - weil Christus geboren ist, - für uns - als Mensch geboren. Zu unserem Besten ist er vom Himmel gekommen.

Amen.

Fürbittengebet:

Nicht in Tempeln und Palästen willst du wohnen, Gott.

Nicht durch Macht und Gewalt willst du herrschen,

nicht von oben herab die Herzen der Menschen lenken.

In einem Stall hast du Wohnung genommen,

in einem Kind deine Herrschaft aufgerichtet.

So hilf uns dabei, unsere Welt so zu gestalten,

dass sie frei ist von Krieg und Gewalt,

dass alle Menschen ein Recht auf Leben,

auf Freiheit, auf Gesundheit und Bildung,

auf ein menschenwürdiges Leben haben.

Wir bitten dich für unsere Politiker

und für alle, die Verantwortung tragen,

dass sie die richtigen Entscheidungen treffen.

Hilf uns auch, unser eigenes Leben so zu ordnen,

dass es deinem Willen entspricht.

Lass uns anderen Menschen mit Verständnis begegnen,

hilf unseren Familien, dass sie ein Ort der Gemeinschaft seien,

ermutige die Eheleute, an ihrem Versprechen festzuhalten,

gib uns Weisheit und Güte in der Erziehung unserer Kinder.

Nimm Wohnung bei allen Menschen,

die auf ein Zeichen deiner Nähe warten,

tröste die Traurigen, stärke die Schwachen, ermutige die Starken,

sende deinen Engel den Kranken und Sterbenden.

Mache die ganze Erde zu einem Ort deiner Gegenwart,

dass sie erblühe und zu einer Heimat für alle werde.

Lass die ganze Schöpfung deinen Namen

loben und preisen ohne Ende.

aus GottesdienstPraxis V/1-2006

Verfasser: Pfarrer Peter Ziehmann

Mönchhof 5, 70599 Stuttgart


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