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Gott kommt in diese Welt

von Uwe Seibert (Dillenburg)

Predigtdatum : 25.12.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 1. Feiertag
Textstelle : Titus 3,4-7
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Wochenspruch:
"Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit." (Johannes 1, 14 a)

Psalm: 96 (EG 738)

Lesungen
Altes Testament: Micha 5, 1 - 4 a

Epistel: Titus 3, 4 - 7

Evangelium: Lukas 2, (1 - 14) 15 - 20

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 35 Nun singet und seid froh
Wochenlied: EG 23 Gelobet seist du, Jesu Christ
Predigtlied: EG 36 Fröhlich soll mein Herze springen
Schlusslied: EG 44 O du fröhliche

Predigttext Titus 3, 4 - 7
„Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes unseres Heilandes, machte er uns selig – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.“

Liebe Gemeinde,
gab es bei Ihnen gestern Abend auch eine Bescherung? Oder machen Sie das wie die Leute in den USA? Da öffnen die Kinder ihre Geschenke erst am Morgen des ersten Weihnachtstags, also heute, am 25. Dezember.

In unserem heutigen Predigttext geht es auch um Geschenke. Um Dinge, die man bekommt, ohne dass man sie verdient hat oder etwas dafür tun muss.

Manchmal sind Geschenke fest verpackt und es ist schwierig, an sie heran zu kommen. So kommt es Ihnen vielleicht vor, wenn ich jetzt den Predigttext vorlese. Wir finden ihn im Brief des Paulus an seinen Mitarbeiter Titus, im Kapitel 3, V. 4 - 7:

Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilandes, machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit - durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.

Auweia, lieber Paulus! – das ist ja eine schöne „Bescherung“. Das war jetzt ein einziger Satz, bestehend aus mehreren verschachtelten Sätzen. So als ob das Geschenk in einer Schachtel steckt, die in einer weiteren größeren Schachtel steckt, die dann noch mal in einer weiteren Verpackung steckt. Als Jugendliche haben wir uns manchmal den Spaß gemacht, unseren Freunden solche mehrfach verpackten Geschenke zu machen.

Und dann erst der Inhalt: Jede Menge Hauptwörter. In dem Päckchen finden wir Freundlichkeit, Menschenliebe, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Wiedergeburt, Gnade, Hoffnung und ewiges Leben. Große und wichtige Worte. Danke, Paulus!
Man würde jetzt dieses Päckchen gerne erst mal beiseitelegen und sich ein anderes Mal in Ruhe damit beschäftigen. Aber nun sind wir ja hier zusammen im Gottesdienst und haben ein wenig Zeit, uns das Geschenk genauer anzuschauen. Machen Sie mit, es lohnt sich!

Weihnachten, das „Fest der Liebe“

In der Lutherübersetzung beginnt der Predigttext mit den Worten: Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes ...

Zu Luthers Zeiten stellte man sich Gott als strengen Richter vor, der die Sünden der Menschen hart bestraft. Der sie im Fegefeuer für ihre Untaten büßen lässt. Worte wie Freundlichkeit und Menschenliebe im Zusammenhang mit Gott wären da wohl kaum jemand in den Sinn gekommen.

Aber dann ist in der Reformation wieder neu entdeckt worden, was Paulus schon im 1. Jahrhundert nach Christus erkannt hatte: Gott ist ein freundlicher Gott, ein Menschenfreund. Kein kleinlicher, pingeliger Griesgram, der nur darauf wartet, dass wir einen Fehler machen und der uns dann sofort dafür tadelt und bestraft. Gott ist ein Menschenfreund, er kennt und liebt uns in unserer ganzen Menschlichkeit, mit allem, was dazu gehört.

Weil wir Menschen sind, machen wir Fehler, sind eingebildet und stur, gefangen in allerlei Süchten, regen uns auf über unsere Nachbarn, streiten mit unseren Ehepartnern und Fa-milienmitgliedern. Auch an Weihnachten, dem "Fest der Liebe", wie es heutzutage gerne genannt wird. Aber seien wir mal ehrlich: auch an Weihnachten sind wir nicht nur freundlich und liebenswert, so sehr wir uns auch bemühen.
Ich denke, wir sollten den Begriff "Fest der Liebe" anders verstehen. Nicht als eine Zeit, in der wir uns anstrengen müssen, ganz besonders liebevoll zu sein. Stattdessen dürfen wir uns an Weihnachten die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes bewusst machen. Weihnachten als "Fest der Liebe" Gottes zu uns, der selbst Mensch wurde. So men-schenfreundlich ist unser Gott, dass er einer von uns wurde!
In Jesus ist die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes in dieser Welt sichtbar erschienen. Das ist das erste Geschenk, das man in diesem Text entdecken kann.

Wer bringt uns das wahre Heil?

Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilandes, machte er uns selig – so schreibt Paulus weiter. In der Antike, als Paulus den Titusbrief verfasste, war es durchaus üblich, Titel wie „Heiland“ und „Menschenfreund" im Zusammenhang mit weltlichen Herrschern zu gebrauchen. So wurde zum Beispiel der Kaiser Augustus, zu dessen Lebzeiten Jesus geboren wurde, als „Heiland des Allgemeinen Menschengeschlechtes“ bezeichnet. Es gab bei den Römern eine Zeit lang einen regelrechten Kaiserkult. Kaiser ließen sich anbeten wie Götter. Paulus wusste das und wenn er das Wort „Heiland“ gebraucht, dann steckt darin auch ein Bekenntnis: „Jesus ist der wahre Heiland, der wahre Menschenfreund.“

Der wahre Retter der ganzen Welt ist für Paulus nicht der Kaiser Augustus, sondern ein kleines Kind, geboren in Armut in einem abgelegenen Winkel des römischen Reiches. Augustus ist ein „Heiland“ der von oben herab verordnet, was er unter „Heil“ versteht: Recht und Ordnung, eine Volkszählung. Sein Heil heißt „pax romana“ – römischer Frieden. Frieden, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand – dafür steht Augustus. Das war sein Verdienst, nach den langen Jahren des Bürgerkriegs in Rom.

Aber dieser Frieden ließ sich auf Dauer nur mit Waffengewalt erzwingen oder indem man die Menschen mit „Brot und Spielen“ bei Laune hielt.

Frieden, Sicherheit und Wohlstand sind gut und erstrebenswert, aber man kann die Menschen nicht mit Gewalt zurecht biegen. Nur eine innere Erneuerung kann uns dauerhaft verändern.

Paulus drückt das so aus: „Er machte uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit - durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist“

Wir müssen und können uns unser Heil nicht verdienen. Es ist ein Geschenk, das wir von Gott empfangen. Nicht weil wir so gut und liebenswert sind, sondern weil Gott barmherzig und freundlich ist. Weil er weiß, dass wir uns aus eigener Kraft nicht ändern können.

Gottes Geist schafft Veränderung

Aber wie geschieht die Veränderung, die wir selber nicht schaffen können? Paulus schreibt: durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat.

Der Ausdruck "Bad der Wiedergeburt" erinnert an die Taufe. Wir gehen dabei symbolisch durch den Tod in ein neues Leben. Wir werden gleichsam von neuem geboren. Natürlich ist die Taufe nur der Anfang. Ein neugeborenes Kind muss wachsen. Es muss laufen lernen. Und das bedeutet ganz oft: Hinfallen und wieder aufstehen.
[Wenn man so richtig dreckig und verschwitzt ist, dann kann man sich nach einem Vollbad tatsächlich fühlen „wie neu geboren“. Allerdings hinkt dieser Vergleich, denn wir werden ja nur einmal im Leben getauft. Deshalb ist dieser Abschnitt eingeklammert. ]

Außer dem „Bad der Wiedergeburt“ erwähnt Paulus auch noch eine „warme Dusche“. Ist Ihnen das aufgefallen? Er schreibt von einer Erneuerung im Heiligen Geist, den Gott über uns reichlich ausgegossen hat.

Der Heilige Geist reichlich über uns ausgegossen – quasi „Duschen im Geist“ – das klingt wie ein körperlich spürbares Phänomen, wie es von Menschen in charismatisch geprägten Gemeinden gerne bezeugt wird. Das ist manchem vielleicht eher unheimlich.

Aber ganz egal, ob wir das nun körperlich spüren oder nicht, Gott schenkt uns seinen Geist als Antriebskraft, die sich auswirken will, Tag für Tag.

Gottes Geist gibt uns immer wieder den Anstoß, aus verkehrten Lebensmustern aufzubrechen, festgefahrene Gewohnheiten abzulegen, uns zu öffnen für die Erneuerung unseres Denkens, Wollens und Handelns. Das geschieht nicht über Nacht, sondern ein Leben lang.

In Jesus ist uns alles geschenkt

Das geschieht, schreibt Paulus am Ende des Abschnitts, durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.

In Jesus erweist Gott uns seine Gnade, in ihm werden wir gerecht. In ihm empfangen wir den Geist und das „ewige Leben“. Lauter große Geschenke, die uns hier angeboten werden. Geschenke, die sich nicht schnell aufbrauchen und verzehren, die ein Leben lang halten und sogar noch darüber hinaus!

Aber vielleicht ist Ihnen das heute Morgen zu viel auf einmal und alles zu abstrakt. Dann könnten Sie zumindest einen Satz mitnehmen, den wir eben auch schon mal gesungen haben: „Gott wird Mensch, dir Mensch, zu Gute!“ So menschenfreundlich ist unser Gott, dass er einer von uns wurde! In Jesus ist die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes in dieser Welt sichtbar erschienen.

Gott hat uns das Wertvollste und Liebste geschenkt, was er hatte: seinen Sohn. Deshalb feiern wir Weihnachten.

Die anderen großen Geschenke, von denen Paulus schreibt: Heil, Gerechtigkeit, Wiedergeburt, Erneuerung im heiligen Geist, ewiges Leben – die sind alle mit diesem einen Geschenk verbunden. Wenn wir Jesus als Gottes Geschenk annehmen, bekommen wir die anderen Geschenke noch dazu. Und wir dürfen uns unser ganzes Leben lang darüber freuen, denn mit dem Auspacken dieser Geschenke werden wir so schnell nicht fertig!

Verfasser: Dr. Uwe Seibert
Weihergarten 3, 35689 Dillenburg

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