Menü

Gott kommt in diese Welt

von Klaus Schmid (Taunusstein)

Predigtdatum : 25.12.2017
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 1. Feiertag
Textstelle : 1. Johannesbrief 3,1-6
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:
"Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit." (Johannes 1, 14 a)
Psalm: 96 (EG 738)

Lesungen
Reihe I: Lukas 2, (1 - 14) 15 - 20
Reihe II: Titus 3, 4 - 7
Reihe III: Micha 5, 1 - 4 a
Reihe IV: 1. Johannes 3, 1 - 6
Reihe V: Johannes 3, 31 - 36
Reihe VI Galater 4, 4 - 7

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 36, 1 - 3 Fröhlich soll mein Herze sprin-gen
Wochenlied: EG 23, 1 - 7 Gelobet seist du, Jesu Christ
Predigtlied: EG 42, 1 - 6 Dies ist der Tag, den Gott ge-macht
Schlusslied: EG 57, 1 + 3 Uns wird erzählt von Jesus Christ

Predigttext 1. Johannes 3, 1 – 6
Die Herrlichkeit der Gotteskindschaft
1 Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Da-rum erkennt uns die Welt nicht; denn sie hat ihn nicht er-kannt.
2 Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
3 Und jeder, der solche Hoffnung auf ihn hat, der reinigt sich, wie auch jener rein ist.
4 Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht, und die Sünde ist das Unrecht.
5 Und ihr wisst, dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde.
6 Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen noch erkannt.


Liebe Gemeinde,

Weihnachten ist das Fest der Kinder. Endlich die Geschenke auspacken dürfen. Glänzende Kinderaugen, glückliche Eltern, stolze Großeltern. Eine emotionale Zeit wie keine andere im Jahr. Eine Zeit, die ihre ganz besonderen Rituale besitzt, ihre Gerüche und Gefühle.

Manche denken zurück an eigene Weihnachtserfahrungen. An Geschenke, die es damals gab. Oder eben auch nicht. An ein paar nach Anis und Vanille duftende Weihnachtsplätz-chen. An die Puppe, die nach den Festtagen wieder wegge-packt wurde und die Spielzeugeisenbahn. Sie lagen im nächs-ten Jahr wieder unter dem Christbaum. Und dennoch war Weihnachten ganz besonders, geheimnisvoll und schön.

Weihnachten ist das Fest der Kinder. An Weihnachten noch einmal Kind sein dürfen, so wie damals. Unbedarft und fröh-lich, gespannt und unendlich glücklich, wenn das, was ge-wünscht wurde, auf dem Gabentisch lag.
Weihnachten ist das Fest der Kinder. Das hat auch etwas mit unserem heutigen Predigttext zu tun. Ob der Verfasser je-doch schon Weihnachten feierte, verrät er uns in seinem Brief nicht. Er schrieb an eine junge Christengemeinde. Und die hatte keineswegs das Problem: „Was schenke ich wem?“ Es ging vielmehr um eine ernste Krise. Schon in den jungen Gemeinden gab es bald Streit um die richtige Theologie und darum, wer das Sagen hat. Der Spaltpilz ging schon früh im Christentum um.

Manche hatten deswegen die Gemeinde schon verlassen. Der Verfasser versuchte zu retten, was zu retten war. Und for-mulierte in seinem Brief das, worum es im christlichen Glau-ben geht. Was alle Christenmenschen miteinander verbindet.

Manchmal lassen sich schwierige Sachverhalte ja besser in einem Bild ausdrücken. Das nutzt auch der Predigttext: „Welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Got-tes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!“, heißt es dort.
Das Bild gefällt mir: Christenmenschen als Gottes Kinder. Immer wieder spricht der 1. Johannesbrief davon. Und das passt gut zu Weihnachten. Denn im Kind in der Krippe wird Gottes Sohn unser Menschenbruder. Christinnen und Christen werden so selbst zu Kindern Gottes, zu Schwestern und Brü-dern im Glauben. Gehören zu einer großen, weltumspannen-den Familie.

Das Bild tut gut. Kinder Gottes. Kinder sind ja unendlich wertvoll. Für Eltern ist ihr Kind das Schönste auf der ganzen Welt. Sie lieben es, wie nichts anderes. Liebe lässt Kinder sich entfalten, lässt sie heranwachsen. Ist Voraussetzung für ihre Entwicklung.

Kinder dürfen sich ausprobieren. Können hinfallen und wie-der aufstehen. Brauchen nicht perfekt und vollkommen zu sein. Sie wissen sich immer wieder in den liebenden Armen der Eltern geborgen. Trotz aller Unvollkommenheit dürfen sie sich immer wieder neu ausprobieren, dabei manchmal hinfal-len und wieder neu aufstehen. Sie wachsen, sind offen für die Zukunft, kreativ und initiativ, fröhlich und neugierig, nicht eingefahren oder ein für alle Mal festgelegt. Es ist diese spielerische Existenz, die das Kind sein geradezu ausmacht.

Wenn Christinnen und Christen Gottes Kinder sind, dann gel-ten diese Attribute auch für sie. Sie sind geliebt. Ebenbilder Gottes und deshalb unendlich wertvoll. Sie wachsen im Glau-ben und sind nie fertig damit. Auch sie dürfen Fehler ma-chen. Doch sie dürfen auch wissen, dass in Christus Schuld vergeben ist. Und sie neu und hoffnungsvoll ins Leben gehen können. Spielerisch: „Vergnügt, erlöst, befreit…“, wie es Hanns-Dieter Hüsch einmal formulierte.

Manchmal wünsche ich mir, dass davon bei den Kindern Got-tes etwas mehr deutlich wird. „Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.", hat der Philosoph und Pfarrerssohn Friedrich Nietzsche einmal gesagt. Ja, manchmal geht es bei den Kindern Gottes zu, als hätte der Engel den Hirten auf dem Felde gesagt: „Siehe, ich verkün-dige ich euch große Trübsal.“ Dabei haben sie die beste Bot-schaft der Welt: sie sind Kinder Gottes. Können mit der fröh-lichen Gelassenheit, die den Kindern Gottes eigen ist, ins Le-ben gehen.

Doch mit Kindern ist es ja auch so eine Sache. Selbst wenn sie von denselben Eltern abstammen, sind sie nie gleich. Sie sind eigenständige Individuen, mit unterschiedlichen Meinun-gen und Interessen. Das ist gut so, dass nicht alle das Glei-che denken müssen. Die Vielfalt macht ja das Leben erst reich und lebendig. Aber das kann auch zu Auseinanderset-zungen führen.

In einer Familie gibt es unterschiedliche Meinungen und Auf-fassungen! Da ist es wichtig, einander ernst zu nehmen. Mit-einander zu reden und zuzuhören. Andere Meinungen auch einmal stehen zu lassen und Gottes Kind im Andern zu ent-decken. Aber trotz aller Verschiedenheit sich immer wieder auf die eigenen Wurzeln zu besinnen. Unterschiede zu über-winden und gemeinsam zu feiern. Und gerade darin beispiel-haft für das menschliche Miteinander in der Welt zu werden.
Dem Verfasser des 1. Johannesbriefs betont das ausdrück-lich. Christenmenschen besitzen eine gemeinsame DNA. Sie sind allesamt Kinder Gottes. Stolz spricht er davon. Das scheint bei manchen Gliedern der Gemeinde, an die der Ver-fasser schreibt, nicht ganz klar zu sein. Sie sind hin- und hergerissen, haben offenbar auch Alternativen zur christli-chen Gemeinde. Wissen nicht, wo sie eigentlich hingehören, wem sie glauben sollen.

Es zerreißt Menschen innerlich, wenn diese Frage nicht be-antwortet werden kann. Es ist schwer, hin- und hergerissen zu sein. Sich immer wieder zu fragen, wo die eigenen Wur-zeln sind, wer die Menschen sind, die in Freud und Leid mit-tragen. Die von Flucht und Vertreibung auseinandergerisse-nen Familien in unserer Welt spüren das besonders deutlich.

An Weihnachten wird ja die Familie besonders wichtig. Men-schen kommen zusammen, essen und trinken gemeinsam, beschenken sich und feiern. Tauschen sich aus, teilen so manches miteinander. Und vergewissern sich ihrer Wurzeln, der Familie, die –meistens jedenfalls- zusammenhält.

Der 1. Johannesbrief verweist auf die Familie der Kinder Gottes. „Dort seid ihr verortet“, so versichert der Verfasser. Durch Jesus, der Mensch geworden ist, gehört ihr dazu. Hier sind Menschen, die euch geschwisterlich mittragen. Chris-tenmenschen tragen die Sehnsucht nach dieser Gemein-schaft in sich.

Falls Sie für Weihnachten 2018 noch ein Weihnachtsgeschenk suchen, sei Ihnen das Buch von Sarooh Brierley „Lion“ emp-fohlen. Es erzählt die autobiografische Geschichte von einem kleinen indischen Jungen, der durch die Verkettung unglückli-cher Umstände seiner Familie abhandenkommt. Er wird schließlich in ein indisches Waisenhaus gebracht, bevor ihn ein australisches Ehepaar adoptiert. In Australien geht er zur Schule, ist sehr erfolgreich und beginnt schließlich ein Studi-um.

Als er bei Freunden zu Besuch ist, steigt ihm plötzlich der süßliche Duft einer indischen Leckerei in die Nase. Das weckt in ihm die Sehnsucht nach seiner eigentlichen Familie. Er lässt alles stehen und liegen und macht sich auf die Suche. Dass er nur ganz wenige Kindheitserinnerungen besitzt, macht es schwer. Schließlich, nach langen Bemühungen und Dank der Hilfe eines berühmten Kartendienstes im Internet, gelingt es ihm doch. Er findet den abgeschiedenen Ort, aus dem er stammt, macht sich auf die Reise und trifft seine Mutter sowie seine Schwester wieder. Nicht, dass er deswe-gen seine australische Familie aufgibt. Doch die Sehnsucht lässt ihn nicht los, seine Mutter, seine Schwestern und Brü-der zu finden. Übrigens wurde die Geschichte im letzten Jahr in eindrucksvollen Bildern verfilmt. Lässt sich also Weihnach-ten 2018 auch als DVD verschenken.

Vielleicht ist es so etwas wie diese Sehnsucht, die Kinder Gottes in aller Unterschiedlichkeit in den Weihnachtsgottes-diensten zusammenkommen lässt. Die Sehnsucht, Schwes-tern und Brüder im Glauben zu treffen. Mit ihnen zu Gott, der Vater und Mutter zugleich ist, zu beten, zu singen und zu feiern. Sich auszutauschen, sich des eigenen Glaubens zu vergewissern. Und miteinander die Gemeinschaft der Kinder Gottes zu leben; auch in aller Verantwortung, die damit ver-bunden ist.
Weihnachten ist das Fest der Kinder. An Weihnachten ist Gott aus Liebe selbst Kind geworden. In dem Kind Jesus in der Krippe zu Bethlehem. Klein und verletzlich, schutzbedürftig und zart. In ihm ist er unser Menschenbruder geworden und macht uns alle zu Geschwistern, zu Kindern Gottes.

In diesem Kind liegt das Heil der Welt verborgen, in ihm zeigt sich Gott. Nicht mächtig und gewaltig kommt Gott in unsere Welt, sondern ganz klein und unscheinbar, arm und elend. Er geht als Jesus von Nazareth diesen Weg weiter. Hin zu de-nen, die ausgestoßen und verlassen, krank an Leib und Seele sind. Gerade deshalb liegt in diesem Kind das Heil der Welt. In ihm zeigt sich die Liebe Gottes zu den Menschen. Durch ihn und in ihm dürfen wir Kinder Gottes heißen.

Weihnachten ist das Fest der Kinder, der großen und der kleinen, der alten und der jungen. Was aus den Christinnen und Christen geworden ist, die der Verfasser des 1. Johan-nesbriefs als „Kinder“ anspricht, wissen wir heute nicht mehr. Aber unser Predigttext bringt Weihnachten auf den Punkt: in Jesus Christus sind wir Kinder Gottes. Was für eine Botschaft: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwie-sen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!“. Das tut gut. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, al-len Kindern Gottes, ein frohes Weihnachtsfest.
Amen


Verfasser: Dekan Klaus Schmid
Aarstraße 44, 65232 Taunusstein

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de