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Gott kommt zur Welt

von Michael Erlenwein (Schifferstadt)

Predigtdatum : 24.12.2022
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : Heiligabend (Christvesper)
Textstelle : Lukas 2,1-20
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Wochenspruch: "Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids." (Lukas 2,10b.11)

Psalm: 96,1-3.7-13 (EG 738)

Predigtreihen

Reihe I: Jesaja 9,1-6
Reihe II: Hesekiel 37,24-28
Reihe III: Jesaja 11,1-10
Reihe IV: Micha 5,1-4a
Reihe V: Lukas 2,1-20
Reihe VI: Galater 4,4-7

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 8 Es kommt ein Schiff geladen
Wochenlied: EG 24 Vom Himmel hoch, EG 27 Lobt Gott, ihr Christen
Predigtlied: EG 43 Ihr Kinderlein kommet
Schlusslied: EG 37 Ich steh an deiner Krippen hier

Predigttext: Lukas 2,1-20

1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. 4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5 auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 6 Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. 8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9 Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. 15 Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Hinweis

Diese Predigt ist nicht für einen Familiengottesdienst geschrieben. Dort gelten andere Rahmenbedingungen. Sie richtet sich an heranwachsende und erwachsene Menschen, die man durchaus auch intellektuell herausfordern darf, über die Weihnachtsgeschichte nachzuDENKEN.

Geschrieben wurde diese Lesepredigt im Sommer 2022. Der Ukrainekrieg dauerte bereits ca. 100 Tage, in Deutschland sorgten sich viele Menschen um ihre wirtschaftliche Existenz und wussten nicht, wie sie ihren Alltag finanziell bewältigen sollen. Ganz zu schweigen von den vielen Katastrophen und schlechten Nachrichten, die es sonst noch gibt.

Wie unser Leben am 24.12.22 aussehen wird, wissen wir nicht – diese Unsicherheit wird sich, was die Konkretion angeht, auch in diesem Predigtentwurf widerspiegeln. Da ist dann das eigene Nachdenken und Arbeiten gefragt.

Predigt

Liebe Gemeinde!

Tausendfach gehört, das Heilige Evangelium nach Lukas, an vielen Heiligabenden in Lesungen, Krippenspielen und Inszenierungen. „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. … Da machte sich auf auch Josef … mit Maria …“ Und dann geht die tausendfach erzählte Geschichte los und wir werden mit hineingenommen in diesen Sog. Vielleicht wünscht man sich auch - ein wenig nur, aber doch mächtig - diese Welt auszublenden, wie sie das ganze Jahr über mit Macht über uns hereinbricht und verunsichert, die Welt auszuschließen, in den Stall ZU treten und die Tür hinter sich zuzumachen.

[Parkplatz: Hier an dieser Stelle können, wenn gewünscht, einige Gedanken zur aktuellen politischen Lage erfolgen.]

Weihnachten hat viel mit Gefühlen zu tun – und das braucht man und tut auch gut. Jenseits davon möchte ich aber heute Abend mit Ihnen einmal durch Gefühl und Bekanntheit hindurchschauen auf die Botschaft des Weihnachtsevangeliums. Vielleicht erhält man dadurch einen neuen Zugang.

Zunächst einmal: Der Evangelist Lukas, dem wir diese Geschichte mehr oder minder verdanken, will nicht erzählen „wie es gewesen ist“; er will vielmehr die Schönheit und die Wahrheit der frohen Botschaft von Jesus Christus erzählen, von Gottes Sohn, der in diese Welt gekommen, von den Toten auferstanden ist und so diese Welt rettet, wie die Engel verkünden. Und so fängt er an:

Er beginnt mit Gegensätzen: Augustus gegen Jesus, Rom gegen Bethlehem, Metropole gegen Provinz, Kaiser gegen Kind.

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa … mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger“. Eigentlich war damals Augustus der leuchtende Stern am römischen Kaiser-Himmel. Frieden und Eintracht habe er gebracht, sang man in Lobeshymnen auf das göttliche Kind. Dass das göttliche, goldene Zeitalter angebrochen sei, wurde gesungen. Der „Retter des Vaterlandes“ sei er.

Lukas aber sagt, das Kind in Holz und Stroh, das ist der Retter, klein und hilflos, ohne Verdienst und große Taten, alleine, dass es da ist, rettet schon die Welt. Ein himmelweiter Unterschied.

Der Kaiser will wissen, wer alles in seinem Reich lebt, das ist verständlich, das braucht man um Steuern zu erheben und für vieles mehr. Augustus nummeriert durch, alles wird zur Nummer, zu Zahl, zum Objekt der Obrigkeit.

Gott aber erhält einen Namen, wird konkret, ansprechbar, einmalig und unverwechselbar, in seiner Würde unantastbar. Keine Nummer im großen Getriebe der Welt, sondern man kennt seinen Namen. Die Würde jedes einzelnen Menschen hat – christlich gesehen – hier ihren Grund:

Gott wird nicht Nummer, sondern Mensch. Das muss mal all denen gesagt werden, die die Menschen so gerne zur Nummer, zum Rädchen im Getriebe machen.

[Parkplatz: Wenn man möchte, kann man hier Beispiele einfügen, wo der Mensch zur Nummer wird und wo er in seiner einmaligen Unverwechselbarkeit bei seinem Namen gerufen wird.]

Dann ist da der Gegensatz zwischen Bewegung und Ruhe: Ist Ihnen eigentlich schon mal aufgefallen, wieviel Bewegung in dieser Geschichte ist: „Jedermann ging“ – „Josef und Maria machten sich auf“ – „der Engel trat zu den Hirten“, der Engelschor taucht auf, die Engel fahren wieder gen Himmel, die Hirten kamen eilends, die Hirten kehren wieder um. Immer wieder tut einer etwas: Loben, singen, preisen, sich wundern, staunen.

Einzig das Jesuskind: Das liegt nur da und macht gar nichts. Nur an drei Stellen in den Evangelien liegt Jesus da und macht gar nichts, an pointierten Stellen: in der Krippe, bei den Jüngern auf dem See Genezareth im Boot, und schließlich im Grab. Im Boot und im Grab steht das Vertrauen dahinter: Gott trägt mich hindurch, Gott hält mich und lässt mich nicht ins Bodenlose stürzen. Und am Anfang die Empfänglichkeit, Offenheit und Passivität eines neugeborenen Kindes. Am Anfang, mittendrin und am Ende taucht immer wieder das tiefe Einverständnis und Vertrauen auf: Du musst dein Leben gar nicht im Griff haben, wichtiges wird dir geschenkt. Inmitten all der Aufforderungen, dies zu tun und jenes zu lassen, daran zu denken und dies nicht zu vergessen, ist das eine heilsame Unterbrechung des eigenen Lebens.

Und schließlich ist da der Gegensatz von Drinnen und Draußen: Die ganze Weihnachtsgeschichte lebt davon, Bilder, Krippenlandschaften und natürlich die Krippenspiele.

[Parkplatz: Wenn im Gottesdienst ein Krippenspiel war, kann man hier dann Bezug darauf nehmen.]

Ich möchte diesen Gegensatz an einem Beispiel verdeutlichen: Es gibt eine Person, die für jedes Krippenspiel unverzichtbar ist, die aber in der Weihnachtsgeschichte nicht vorkommt: der Wirt.

Seine Existenz verdankt er einer Leerstelle: „Sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge“. Wenn man die Wohngepflogenheiten von damals kennt, war das viel weniger dramatisch, als es sich in den Krippenspielen darstellt. Aber es gehört einfach dazu: Einer, der Josef und Maria mehr    oder weniger freundlich wegschickt.

Der Wirt ist drinnen: Er gehört zu den Einheimischen, hat ein Dach über dem Kopf, eine einigermaßen gesicherte Existenz, er ist zuhause, hat eine Heimat. Josef und Maria und dann das Neugeborene, sie sind draußen, kommen von woanders her, wissen nicht, was sie erwartet. Sie müssen sich durchschlagen. Sie sind die Fremden und sie sind in der Fremde.

Sich selbst wünscht man ja, drinnen zu sein, dazu zu gehören, Heimat zu haben und nicht der oder die Fremde zu sein. Verbunden ist das mit der heimlichen Angst, selber draußen vor der Tür zu stehen, fremd zu ein. So macht der Fremde einem Angst. Es ist die Angst vor der eigenen Fremdheit, aber auch die Furch nicht mehr genug zu haben, weil der Fremde einen beraubt. Vieles, was bei uns und in dieser Welt passiert, ist von daher zu erklären.

[Parkplatz für aktuelle, konkrete Beispiele.]

Schließlich und endlich gehen wir noch einmal zum Anfang zurück. Der Evangelist will die Schönheit und Wahrheit der frohen Botschaft erzählen und deuten. So interpretiert er das erzählte Geschehen durch den Lobgesang. Und es wird viel gesungen in dieser Geschichte:

Maria singt das Lob.
Zacharias sing das Lob.
Simeon singt das Lob.
Die Menge der himmlischen Heerscharen singen das Lob.
Die Hirten singen das Lob.

Alles Loben wird auf den Punkt gebracht im Lobgesang des Engels „Fürchtet euch nicht, siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren ist, Euch ist heute der Retter geboren, welcher ist Christus. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden ein Kind in einer Krippe liegend und in Windeln gewickelt.“

Ein neugeborenes Kind in der Krippe, das ist der Retter der Welt und unseres Lebens, eine Botschaft nicht zu glauben. Die Windeln waren wahrscheinlich auch nicht reinlich, wie uns manches Weihnachtslied glauben machen will – eher wird das Gegenteil der Fall gewesen sein. Menschlicher als so geht Gott gar nicht. Nirgendwo sonst als in einem Kind wird Leben sichtbar, die Anfänge und die Offenheit, eine Zukunft, die verheißungsvoll und offen vor einem liegt. So kommt der Retter, der Himmel und Erde zusammenbringt, bei dem Gerechtigkeit und Frieden sich küssen, der dieser oft so verkorksten Welt Hoffnung und Zukunft schenkt. Darauf dürfen wir hoffen und vertrauen, daran dürfen wir glauben, nicht nur heute.

Amen.

Verfasser: Pfarrer Michael Erlenwein, Langgasse 61, 67105 Schifferstadt


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