Menü

Gott kommt zur Welt - Liedpredigt

von Lisa Neuhaus (Frankfurt/Main)

Predigtdatum : 24.12.2020
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Heiligabend (Christvesper)
Textstelle : Jesaja 11,1-10
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. (Lukas 2,10b.11)

Psalm: 96,1-3.7-13 (EG 738)

Lesungen

Reihe I: Jesaja 9,1-6
Reihe II: Hesekiel 37,24-28
Reihe III: Jesaja 11,1-10
Reihe IV: Micha 5,1-4a
Reihe V: Lukas 2,1-20
Reihe VI: Galater 4,4-7

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 13 Tochter Zion
Wochenlied: EG 27 Lobt Gott, ihr Christen
Predigtlied: EG 30 Es ist ein Ros entsprungen (vor der Predigt), EG 37 Ich steh an deiner Krippen hier (nach der Predigt)
Schlusslied: EG 44 O du fröhliche

Jesaja 11,1-10 in der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache

1 Dann wird ein Zweig aus dem Baumstumpf Isais austreiben, und ein Spross wächst aus seiner Wurzel heraus.
2 Auf dieser Person wird der Geisthauch Gottes ruhen, der Geisthauch der Weisheit und Einsicht, der Geisthauch des Rates und der Stärke, der Geisthauch der Erkenntnis und der Ehrfurcht vor Gott.
3 Sie wird Wohlgefallen an der Ehrfurcht vor Gott haben. Nicht nach dem Augenschein wird sie Recht aufrichten, nicht nach dem Hörensagen Ausgleich schaffen.
4 Vielmehr wird sie in Gerechtigkeit die Schwachen richten, in Aufrichtigkeit für die Armen des Landes entscheiden, wird das Land mit dem Stock ihres Mundes schlagen und mit dem Hauch ihrer Lippen die töten, die Böses tun.
5 Dann wird sie Gerechtigkeit als Gürtel um ihre Hüften und die Treue als Gürtel um die Taille tragen.
6 Dann wird der Wolf beim Lamm als Flüchtling unterkommen, und der Leopard wird beim Böckchen lagern; Kalb, Junglöwe und Mastvieh leben zusammen, ein kleines Kind treibt sie.

7 Kuh und Bärin werden weiden, gemeinsam werden ihre Jungen lagern, und der Löwe wird wie das Rind Stroh fressen.
8 Der Säugling wird vergnügt an der Höhle der Kreuzotter spielen, und nach dem Loch der Giftschlange wird das Kleinkind mit seiner Hand patschen.
9 Sie werden nichts Böses tun und kein Verderben mehr anrichten auf dem ganzen Berg meiner Heiligkeit.
Denn die Erde ist erfüllt mit Erkenntnis Gottes, wie die Wasser im Meer den Boden bedecken.
10 An jenem Tag wird die Wurzel der Familie Isais als Zeichen für die Völker dastehen, nach ihr werden die fremden Völker suchen, und ihr Ruheplatz wird ein Ehrenort sein.

Liedpredigt zu dem Lied „Es ist ein Ros entsprungen“

Liedtext „Es ist ein Ros entsprungen“ – EG 30

  1. Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart,
    wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art
    und hat ein Blümlein bracht mitten im kalten Winter
    wohl zu der halben Nacht.
     
  2. Das Blümlein, das ich meine, davon Jesaja sagt,
    hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd;
    aus Gottes ewgem Rat hat sie ein Kind geboren,
    welches uns selig macht.
     
  3. Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß;
    Mit seinem hellen Scheine vertreibt’s die Finsternis.
    Wahr’  Mensch und wahrer Gott, hilft uns aus allem Leide,
    rettet von Sünd und Tod.
     
  4. O Jesu, bis zum Scheiden aus diesem Jammertal
    laß dein Hilf uns geleiten hin in den Freudensaal,
    in deines Vaters Reich, da wir dich ewig loben;
    o Gott, uns das verleih!

Text: Str. 1-2 Trier 1587/88,
Str. 3-4 bei Fridrich Layriz 1844
Musik: 16. Jh., Köln 1599

Vorüberlegungen

Wie wird es mit der Musik werden an diesem Heiligen Abend?
Wie feiern wir Weihnachten ohne die vertrauten Lieder?
Wenn wir draußen Gottesdienst feiern, können wir vielleicht singen. Aber in der Kirche nicht.

Mit dieser Predigt (sie passt sicher besser in den geschützten Kirchraum) soll gerade deswegen ein vertrautes Weihnachtslied zu Gehör gebracht und ausgelegt werden. In der Hoffnung, dass im Hören auf seine Worte und Töne weihnachtliche Gemeinschaft und Freude erwächst.

Auf jeden Fall muss es in vertonter Form gehört werden. Ist die Organistin, der Organist bereit, zur Orgel selber zu  singen und die gesungenen Strophen im Lauf der Predigt zu übernehmen? Oder gibt es eine kleine Gruppe aus Chor oder Kinderchor, die das Lied singt? Wenn nicht: Es gibt ja viele Aufnahmen des Liedes, zum Beispiel eine CD „Es ist ein Ros entsprungen“ im Chrismon-Shop. Allerdings braucht es dafür eine einigermaßen gute Abspielanlage.

Wenn es neben der Weihnachtsgeschichte noch eine andere Schriftlesung gibt, eignet sich der Predigttext des Abends aus Jesaja 11.

Im Anschluss an die Predigt kann die 4. Strophe wie ein Gebet eingespielt werden. Aber ein gesungenes oder instrumentales Gloria, z.B. aus „Hört der Engel helle Lieder“ (EG 54) würde sicher auch gut passen und wäre vermutlich vor allem Kindern vertraut.

Predigt

Liebe Gemeinde am Heiligen Abend.
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden!“
So singen es die Engel in Bethlehem. Und wir würden gern einstimmen in ihr Lob.
Dass wir dazu in diesem Gottesdienst unsere vertrauten Weihnachtslieder nicht singen können, ist schwer.
Inzwischen haben wir es sonntags oft gemerkt, wie viel das Singen den meisten von uns bedeutet und wie viel es bewirken kann. Im Singen verbinden sich unsere Stimmen im Raum dieser Kirche und werden zu einem Klangkörper, sie werden wie ein Leib. Der Leib Christi mit den vielen Gliedern, der ist auch ein Leib mit vielen Stimmen.
Und gemeinsam gehen uns dann Worte über die Lippen, mit denen wir Gott loben. Solche Worte kommen ja in unserem Alltag selten vor.
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden! Gloria!“ Das würden wir heute Abend nur zu gern singen.

Damit wir uns dem Lob der Engel anschließen, brauchen wir jetzt andere Formen der Verwandlung und der Verbindung als das Singen.
Wir probieren es, indem wir gemeinsam auf ein Lied hören. Auf ein Weihnachtslied natürlich.
Wir hören den Klang einer alten Melodie und dazu Worte aus ferner Zeit.
Wir hören das Lied – gesungen von…../ auf CD gesungen von einem Chor…. –
Und ich wünsche uns, dass es auch in dieser Form seine Wirkung und seine Schönheit entfaltet und uns verbindet und verwandelt.

Hören: EG 30, 1 – 3 (nicht zu laut)

Zart und leise kommt dieses Lied zu uns. Aus der Höhe geht es in die Tiefe und wieder hinauf.
Einfach und klar und darin ganz innig besingt es ein Wunder:

„Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart.
Wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art.
Und hat ein Blümlein bracht.
Mitten im kalten Winter, wohl zu der halben Nacht.“

(Die Liedstrophen jeweils möglichst leicht lesen, so leicht wie die Melodie, es braucht keine gewichtigen Betonungen.)

Ein Wunder wird uns da vor Augen geführt. Wir sollen es genau ansehen und bestaunen:
Mitten im Winter, mitten in Nacht und Dunkelheit, mitten in finsteren Zeiten blüht eine Blume auf.
Aus einem alten Wurzelstock, der schon fast abgestorben ist und nicht aussieht, als ob da noch einmal etwas zum Blühen kommen würde.

„Von Jesse kam die Art.“
Es gibt alte Bilder von der Wurzel Jesse. Da ist ein alter Mann zu sehen, der auf der Erde liegt, wie ein Wurzelstock. Aus ihm ranken sich viele Äste und Zweige nach oben und tragen Blüten. Aus der Wurzel Jesse erwachsen viele Nachkommen. Durch einen einzelnen Menschen kommt Neues in die Welt und wächst und blüht und trägt Früchte.
Das geschieht auch durch jeden und jede von uns.

„Von Jesse kam die Art.“ Isai heißt der Alte in der hebräischen Bibel (Jesse ist die lateinische Form).
Und sein jüngster Sohn wird durch den Propheten Samuel zum König für Israel bestimmt: David, der Hirtenjunge, der meistens auf dem Feld bei seinen Schafen lebt. Der alte Samuel, der mit Gottes Hilfe ins Herz von Menschen sieht, weiß: In David wird Gottes Geist besonders viel Raum finden. Darum ist er der Richtige, der Auserwählte.
Und so ist es: Später wird David für Gott singen und tanzen. Er wird vom Hirten zum König werden und dabei mal ein guter und oft auch ein schlechter Hirte seines Volkes sein. Je nachdem, wie viel Raum er Gottes Geist in seinem Leben gibt. Diesem Geist der Weisheit, der Stärke, der Erkenntnis und der Ehrfurcht vor Gott. (nach Jesaja 11)

Das alles steckt hinter der kurzen Zeile: „Von Jesse kam die Art.“
Denn im Evangelium von Matthäus wird später erzählt, dass auch Josef ein Nachkomme von Isai war. Der Mann der Maria stammt von der Wurzel Jesse ab und ist ein Davidssohn. Und auf die richteten sich immer wieder große Hoffnungen auf bessere Hirten für das Volk.

„Von Jesse kam die Art. - Und hat ein Blümlein bracht.“
Das Blümlein Jesus kommt auf der väterlichen Linie aus guter, aus königlicher Familie. Er ist ein Hoffnungsträger. Und er ist - wie wir alle - von Anfang an verbunden in einem Beziehungsgeflecht von vielen Menschen, mit Erblasten und guten Genen, mit dürren und kräftigen Ästen, auffälligen Blüten und eher zarten Blümlein. So besingt ihn unser Lied. Hören wir es wieder.

Str. 1 und 2 in gesungener Form

„Das Röslein, das ich meine, davon Jesaja sagt,
hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd.
Aus Gottes ew‘gem Rat hat sie ein Kind geboren,
welches uns selig macht.“

Erst führt uns das Lied das Wurzelwerk Isais, das Beziehungsgeflecht im Stammbaum von Josef vor Augen und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das Blümlein, das väterlicherseits aus einem Reis an diesem Stamm erwächst.
Und was kommt dann? In der zweiten Strophe hören wir, das Röslein sei ganz allein durch Maria zum Blühen gebracht worden, die reine Magd von unbekannter Herkunft. „Aus Gottes ew‘gem Rat.“
Eigentlich sind das zwei Herkunftsgeschichten, die sich ausschließen.
Die sich jedenfalls dann ausschließen würden, hätten wir es hier mit einem Geschichtsbuch zu tun und mit klassischer Ahnenforschung. Also ENTWEDER Josef ist der Vater und durch ihn ist Jesus ein Sohn Davids geworden, wie er später auch oft genannt wird. Und damit ein Hoffnungsträger für einen Neuanfang mit einem guten Hirten.
ODER eine junge Frau bekommt ein Kind, allein: „aus Gottes ew‘gem Rat“. In dieser zweiten Strophe ist kein Platz für Jesse, David und Josef. Und Maria wird rein genannt. Dazu braucht es keine Fantasien über Jungfrauen und ihre Unschuld. Rein ist Maria, weil sie ganz allein mit Gott verbunden ist, sich ganz Gottes ew‘gem Rat überlassen hat.

Von Jesse kam die Art, davon Jesaja sagt, das ist das eine.
Und „Marie alleine“ und auch noch die reine, aus Gottes ew‘gem Rat: Das ist das andere.
Entweder – oder. So entspricht es unserer Logik. Aber das Lied eines unbekannten Dichters, vor über 400 Jahren zuerst gesungen, lässt uns ganz frech das eine nach dem anderen hören und singen.

Aus dem Wurzelwerk von Jesse erwächst in diesem Lied ein ganz eigener Stammbaum. Ein leichtes zartes Lied von einer Wunderblume.

Davidssohn und Marienkind. Aus Gottes Rat und Entscheidung und durch Marias Einwilligung.
Von Jesaja lang im Voraus angesagt und doch für alle eine Überraschung.
Ein Mischlingskind im wahren Sinn des Wortes.
Einer, der sein Leben lang eng mit Gottes ewigem Rat verbunden bleiben wird.
Er wird keinem anderen Geist als Gottes Geist in sich Raum geben und dadurch wachsen und blühen.
Er wird für manche Menschen Gott in der Welt verkörpern und andere werden vor allem sein wahrhaft menschliches Gesicht sehen.

Die Wunderblume Jesus.
Die empfangsbereite Mutter Maria. Ein unbeschriebenes Blatt.
Josef, der beschützende Vater aus der Sippe Davids.
Jesus Christus.
Gottes Wunschkind. Voll von gutem Geist. Voller Weisheit und Erkenntnis.
Eine Mischung, die andere Menschen selig macht. Weihnachtsselig.

Wir hören gemeinsam weiter.

Die 3. Strophe in gesungener Form.

„Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß.
Mit seinem hellen Scheine vertreibt’s die Finsternis.
Wahr‘ Mensch und wahrer Gott.
Hilft uns aus allem Leide, rettet von Sünd‘ und Tod.“

Klein und zart ist die Christ-Rose, die hier besungen wird.
Der süße Blütenduft erreicht die Nase kurz in der Kälte der Nacht.
Wie der ganz eigene Duft auf der Haut von neugeborenen Menschenkindern.
Das Entwaffnende, das Hilfsbedürftige, das Liebenswerte, das Babys ausstrahlen,
der „helle Schein“, der von ihnen ausgeht:
Der macht unsere Augen und Herzen hell
und vertreibt wenigstens für Augenblicke die Finsternis.
So, wie unsere trübe Sicht auf alles und jedes gerade durch den Schein der Kerzen aufgehellt wird.

Eine Mischung, ein Rätsel, ein Wunder.
Wahrlich menschlich, wahrhaft göttlich.
Wenn wir die Geschichten von Jesus immer wieder neu hören und seine Worte in unserem Herzen bewegen,
so wie Maria, seine Mutter,
dann wird dem Herz aus allem Leid geholfen.
Auch im neuen Jahr.
Und am Ende holt er uns aus dem Schoß der Erde und aus aller Finsternis heraus in seinen hellen Schein.

Denn uns ist heute der Heiland geboren.
Gloria, Ehre sei Gott.

Verfasserin: Pfarrerin i. R. Lisa Neuhaus, Frankfurt am Main


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de