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Gottes Geist – Gabe des Lebens

von Wolfgang Herrmann (56379 Geilnau)

Predigtdatum : 27.05.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Exaudi
Textstelle : 1. Korinther 2,12-16
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Wochenspruch:

„Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth.“

(Sacharja 4, 6)

Psalm: 118, 24 – 29

Lesungen

Altes Testament: 4. Mose 11, 11 - 12. 14 - 17. 24 - 25

Epistel: Apostelgeschichte 2, 1 - 18

Evangelium: Johannes 14, 23 - 27

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 135, 1 - 4 Schmückt das Fest mit Maien

Wochenlied: EG 125, 1 - 3 Komm, Heiliger Geist

Predigtlied: EG 124, 1 - 4 Nun bitten wir den Heiligen Geist

Schlusslied: EG 557, 1 - 3 Ein Licht geht uns auf

Sieben mal sieben Tage nach Ostern, dann ist Pfingsten. So hatte es der jüdische Festkalender in uralten Zeiten festgelegt. Denn es war ein jüdisches Pfingstfest in Jeru¬sa¬lem, das zum ersten christlichen Pfing¬s¬ten wurde. So war es vorhin in der Lesung der Pfingstgeschichte zu hören.

Sieben mal sieben: Die Woche hat sieben Tage, und der siebte Tag, der Sabbat ist heilig; ein Tag der Feier, der Anbetung, der Ruhe. Ein Tag der Freiheit. Sieben mal sieben, - das ist Sabbat im Quadrat. So feierte man das jüdische Erntefest. Aber nicht nur die Früchte des Feldes und damit die Gaben der Schöpfung, standen im Mittel¬punkt dankbarer Gebete. Sondern auch geistige Gaben: Die Menschen feierten den Emp¬fang der 10 Gebote am Sinai. In diesen zehn Worten blieb Gott ihnen gegenwärtig. Er hatte sie in die Freiheit und zu einem Leben in Würde und Gerechtigkeit geführt. Das Volk ver¬sprach, aus dem Geist der Frei¬heit und der Wahrheit zu leben. Sie verpflichteten sich, dem Herrn in Anbetung verbunden zu bleiben und ihn mit Wort und Tat bezeugen.

Das alles war den Menschen in Jerusalem gegenwärtig, als eine Gruppe von Leuten auftrat, die offenbar in geistige Ekstase geraten waren und vom gekreuzigten und auf¬erstan¬denen Jesus predigten. Die Folge war eine Massentaufe. Die christliche Kirche war geboren. Damit verstand sich das christliche Pfingstfest als eine Steigerung dieses ohnehin so geisterfüllten Tages, an dem von der Schöpfung über die Befreiung und den Bund mit Gott die Geschichte des Gottesvolkes gefeiert wurde. Diese Geschichte gerät in Bewegung. Etwas Neues beginnt, ein Aufbruch bis zu den fernen Ufern der Völkerwelt. Gottes schöpferischer Geist beginnt, die Welt zu durch¬dringen und zu verändern.

Bald nach dem denkwürdigen Pfingstfest in Jerusalem tritt der Apostel Paulus auf die Bühne der Weltgeschichte. Er hat das werdende Christentum geprägt wie kaum ein anderer. Aus seinem ersten Brief nach Korinth stammt der heutige Predigttext, und der klingt in der Übersetzung Martin Luthers wie folgt:

Wir haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, dass wir wissen können, was uns von Gott ge-schenkt ist. Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erken¬nen; denn es muß geistlich beurteilt werden. Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt. Denn „wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen“ (Jes.40, 13)? Wir aber haben Christi Sinn. (1. Kor 2,12 - 16)

Paulus hatte anderthalb Jahre in Korinth gelebt und den neuen Glauben verkündet. Bei seiner Abreise hinterließ er eine christliche Gemeinde, die offenbar aus verschiedenen Bevöl-kerungsgruppen bunt zusammen gemischt war. Da gab es viele einfache Leute, Hafenarbeiter und Sklaven. Es gab aber auch wohlhabende Mitglieder, die ihre Häuser für die Versammlungen bereitstellten. Menschen, die sich vorher eher fremd gewesen waren, die nach unterschiedlichen religiösen und kulturellen Vorstel¬lungen gelebt hat¬ten, bildeten jetzt eine Gemeinschaft. Was hält sie zusammen? Der Glaube an Jesus.

Für viele Korinther war der neue Glaube ein befreiendes Er-lebnis, das sie tief gepackt und aufgewühlt hatte: Freisein von den alten Mächten der Finsternis, der Gewalt, des Aberglaubens. Frei sein von den Tabus, die zwischen den Menschen bestehen und sie voneinander trennen. Frei sein in einer großen Familie der Brüder und Schwestern. Frei durch die Sprache des Herzens, die im Anderen den Mitmenschen erkennt. Die Korin¬ther waren begeistert. Denn Geist und Begeisterung, das fiel bei ihnen erst einmal zusammen.

Aber kaum war der Apostel abgereist, entstanden Fragen. Der Alltag in Korinth war von den verschiedensten Vorschriften der bisherigen Religionen geprägt. Wie sollte man damit umgehen? Zum Beispiel: Durfte man eine nichtchristliche Frau heiraten? Es gab keine Lehrbücher, in denen man sich informieren konnte. Das Christentum machte ja gerade seine aller¬ersten Schritte. Logisch, dass diese Schritte mal hierhin, mal dorthin führten, dass die Leute sich fragten: Ist das in Ordnung so? Schnell gab es Streit; Parteien bildeten sich. Wer anders als der Grün¬der¬vater der Gemeinde, Paulus, konnte um Rat gefragt werden?

Eine der drängenden Fragen betraf den Heiligen Geist. Das ist für viele Menschen auch heute noch ein Problem. Was soll man sich unter dem Heiligen Geist vorstellen? „Geist“ – das ist irgendwie

abstrakt. Und wenn es ihn denn gibt, wo und wie spüre ich ihn? Zum Beispiel im Einerlei meines Alltags? Wo wird denn heutzutage die übliche Routine durch¬brochen; wo ent¬steht eine mitreißende Begeisterung; wo sind die großen Visionen für die Zukunft? Und zwar Visionen, hinter denen nicht nur das Geld steckt?

Paulus erinnert die Korinther: Durch die Taufe habt ihr den Geist Gottes empfangen. Damit habt ihr eine neue Lebensperspektive gewonnen. Diese Perspektive hat einen eindeutigen Maßstab: „Wir haben Christi Sinn“, schreibt Paulus. Denn die Taufe verbindet uns mit dem Tod und der Auferstehung Jesu. Damals wurden die Men¬schen bei der Taufe mit dem ganzen Körper untergetaucht, als Sinnbild dafür, dass ihr bis¬he¬ri¬ges Leben stirbt und mit dem Auftauchen ein neues Leben beginnt, das Leben mit Christus.

Die bisherigen Mächte und Zwänge verlieren ihre Macht. Da ist kein „Du musst“ mehr, kein „Wehe wenn du nicht...“ „Wir haben Christi Sinn“ – das ist eine große Befreiung. Die trennenden Grenzen zwischen Einheimischen und Ausländern, zwischen Männern und Frauen, zwischen den Mächtigen und den Schwachen werden gegenstandslos. Was zählt, ist die Sprache des Herzens.

Wer in die Schule Jesu geht, lernt, die Welt mit den Augen Jesu zu sehen. „Der Men¬schensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist“, so hatte er seine Sendung zu den Menschen definiert. Das Ver¬lo¬rene, das waren Menschen am Rande, Men¬schen, die gesell¬schaftlich nicht zählten. Außer man brauchte sie, z. B. als Tage¬löh¬ner. Er verkehrte mit ver¬achteten Zöll¬¬nern, scheu¬¬¬¬te nicht den Umgang mit Pro¬sti¬¬tu¬ier¬ten, nicht den Kontakt mit unheil¬bar Kran¬ken, zum Bei¬spiel Blinden oder Men-schen mit schweren psychischen Störungen. Nicht ein¬mal um Aussätzige, also Lepra¬kran¬ke, machte er einen Bogen, wie es doch wegen der An¬steckungs¬gefahr vorge¬schrieben war. Wo Wegsehen und Abwenden die Regel war, lebte er Hinsehen und Zuwen¬dung. Allen galt seine heilende Kraft.

„Wir haben Christi Sinn“, schreibt Paulus, denn Gottes Geist wohnt nun in uns. Unsere Gedanken, Worte und Taten haben Christi Sinn als Kompass. Es ist der Kompass des Herzens.

Wie es sich damit lebt? Hanns Dieter Hüsch hat das Wirken des Heiligen Geistes auf seine unnachahmliche Weise so be-schrieben:

„Wie oft hat er uns verlassen,

der Heilige Geist,

das heißt eigentlich,

wir haben ihn verlassen;

wie oft hat er es uns schwer gemacht;

das heißt, wir haben es ihm schwer gemacht;

und es gibt ja auch Tage bei uns,

wo wir ihn wirklich nicht spüren mit unserem kleinen

Menschenglauben,

wo wir ihn jedesmal aufs neue erfühlen müssen

und glück¬lich sind, wenn das Schwere plötzlich in uns abfällt

und der Geist

hier in uns und bei uns ist und Probleme sich aus dem Staub machen

und die Menschen wieder anfangen zu lächeln.

Gott ist leicht,

Gott ist nicht schwer,

Gott ist schwierig, ist kompliziert, ist hochdifferenziert,

aber nicht schwer.

Gott ist das Lachen, nicht das Gelächter,

Gott ist die Freude, nicht die Schadenfreude,

das Vertrauen, nicht das Mißtrauen,

er gab uns den Sohn um uns zu ertragen

und er schickt seit Jahrtausenden den Heiligen Geist in die Welt,

dass wir zuversichtlich sind,

dass wir uns freuen,

dass wir aufrecht gehen ohne Hochmut,

dass wir jedem die Hand reichen ohne Hintergedanken

und im Namen Gottes Kinder sind in allen Teilen der Welt

eins und einig sind

und Phantasten des Herrn werden

von zartem Gemüt

von fassungsloser Großzügigkeit

und von leichtem Geist.“

Amen.

(„Der Geist der lebendig macht“ (Auszug) aus: Hanns Dieter Hüsch, Das Schwere leicht gesagt. Düssel¬dorf 3. Aufl.1993, S.81-82)

Verfasser: Pfarrer Dr. Wolfgang Herrmann

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