Menü

Gottes Geist - Gabe des Lebens

von Michael Dorsch ( Jena)

Predigtdatum : 24.05.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Exaudi
Textstelle : Johannes 14,23-27
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:
"Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth." (Sacharja 4, 6)

Psalm: 118, 24 - 29

Lesungen
Altes Testament: 4. Mose 11, 11 - 12. 14 - 17. 24 - 25

Epistel: Apostelgeschichte 2, 1 - 18

Evangelium: Johannes 14, 23 - 27

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 135 Schmückt das Fest mit Maien
Wochenlied: EG 130, 1 - 3 O heilger Geist, kehr bei uns ein
Predigtlied: EG 131 O heiliger Geist, o heiliger Gott
Schlusslied: EG 501, 1 + 3 Wie lieblich ist der Maien

Liebe Gemeinde,

sie pfiff vor sich hin. Und dabei schnaufte sie auch leise, die Küsterin.

Das tat sie immer, wenn sie die Kirche schmückte. Das Zu-schauen dabei hatte sie eigentlich nicht so sehr gern, aber die hauchigen Töne und die Flügelschläge kleiner Melodien verrieten sie doch, wenn sie am Werke war, verrieten sie und ihr emsiges Treiben.

An der Türe war es schon zu hören. Und bis heute hat die Gemeinde das Pfeifen und der Liederhauch in den Ohren und eine wärmende Gewissheit, dass die Kirche mit dem Leben und mit dem Glauben von Menschen erfüllt wird, auf und ab und hin und her und bis oben hin und von oben herab und ...
Pfingsten.

Sie freuten sich alle, und sie fragten sich alle Jahre wieder, ob sie denn am Ende nicht fliegen könnte, die Küsterin, fliegen so leicht und beschwingt wie ihr Pfeifen.

Zweige und Blätter der Birken nämlich lagen wie vom Him-mel geregnet, genau und sanft, verteilt bis in die kleinsten Winkel, ausgestreut über Altar und Kanzel, über die rote Decke und das schwarze Kreuz.

Das war nun grün geworden, birkengrün wie der liebliche Mai, und die rote Decke blühte wie der Kelch einer Rose ...
Pfingsten.

Und hier nun der Predigttext aus dem Evangelium nach Johannes:

Joh. 14, 23 - 26 lesen
Dieser Abschnitt ist ein Teil der Abschiedsreden Jesu.
Es wird ein ernstes Gespräch ... Jesus wird sterben. Er wird in seinem Kreuz den Menschen gezeigt werden, ausgestellt zur Abschreckung wie in einem Hinrichtungsvideo. Und doch aufgerichtet wie ein Turm über den Wassern, zu leuchten den Suchenden und Sehnsüchtigen.
Es ist sein Abschied.

Es wird ein ernstes Gespräch ... Die Seelen sind dunkel. Und da ist kein Pfeifen und kein Hauchen und kein Singen ...
Sie lauschen.
Jesus redet.
Natürlich geht es um die Liebe.
Was wunder.
Im Herzen des Abschiedes, da ist die Liebe.
Wir kennen das.
Aber ja!
Doch wird mit dem Tode Jesu alles durcheinanderkommen.
Der Weg zum Grab ist nicht der Weg zu einem Gedenkstein mehr.
Und im Gehen Jesu ist auch sein Kommen, mittendrin.
Und die Liebe reibt sich die Augen. „Morgenglanz der Ewigkeit...”
So wird es nun immer ”sehr früh”, sein, ”da die Sonne aufgeht...” Mk. 16,2).
Noch aber - und noch und noch verbirgt sich Jesu Kommen in seinem Gehen.
”Wer mich liebt, der wird mein Wort halten ... und Gott wird ihn lieben”.
Ja, ”... der wird mein Wort halten.”!

Warum denke ich hier immer wieder zuerst an Gehorsam und Pflichterfüllung und saubere Taschentücher und Ord-nung in meinem Herzen und in den Hosentaschen?

”Ich bin klein, mein Herz mach rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein”, habe ich als Kind gebetet.
Jesus hatte da wohl nicht so sehr viel mit dem Pfeifen im Sinn...
”Wer mich liebt, der wird mein Wort behalten ... zu dem kommt Gott”, sagt er.
Aber es ist hier nicht der große Rechner und Richter ge-meint, der sich immer noch und immer wieder so verbissen in meinem Herzen festsetzt, unerbittlich, im geheimsten Winkel seinen Aufseherthron zu errichten.

Nein, hier geht es um Gott in Jesus Christus.
Es ist der Gott, der die sucht, die sich in ihrem Leben verloren haben und der dafür alles im Himmel stehen und liegen läßt.
Es ist der Gott, der die Herberge offen hält und uns in die Arme schließt, wenn wir am Abend müde geworden sind von unseren Spielen.
”Wer mich liebt, der wird mein Wort bewahren und in seinem Herzen behalten.”
Nicht zum Zwecke höherer Bestimmung und ewiger Seligkeit, nicht, damit wir was Besseres werden und unseren süßen Lohn bekommen am Abend.
Nein, ”wer mein Wort in seinem Herzen behält und ihm lauscht, der beginnt zu schmecken die Tiefe seines Lebens, nämlich die Liebenswürdigkeit seiner Nächsten und den Schmerz und die Schönheit und die Sehnsucht, und diese unergründliche, diese unheimliche Barmherzigkeit.
”Ich lebe und ihr sollt auch leben...”, sagt Jesus. Das ist es!
Und wer von seinem Wort berührt wird, der wird wohl immer wieder eine Sehnsucht verspüren nach einem tieferen Glück.

In der Nacht und am Tage, wenn ihn nicht lossläßt diese eine Stimme und er immer wieder hingeht und zurückkehrt und hingeht, wie ein Frierender:
”Kommt her zu mir alle, alle, die Mühe haben mit ihrem Leben und dem Zustand der Welt und die beladen sind mit ihrer Verantwortung und dieser unstillbaren Sehnsucht dorthin, wo Gott die Tränen von den Augen wischen wird und wo der Tod vergangen ist.
Wer diese Worte bewahrt und behütet und sucht, bei dem ist Gott. Er geht der Sehnsucht tröstend voran. ”Wer mich liebt ...”
Und: ”...der Tröster, so heißt der heilige Geist mit Namen, der Tröster singt und pfeift und er begrünt eure dunklen Kirchen.”
Pfingsten.

Und so brauchen wir diesen Hauch und seinen Gesang noch und noch, denn unser Glaube ist so undeutlich oft.

Was heißt es wohl: christlich zu leben in unserer reichen Warengesellschaft und christlich in der zerissenen und ge-quälten Weltfamilie? Muss das jeder selbst entscheiden und selbst wissen im Letzten? Und die Abwägungen jagen sich, auf und ab und hin und her ...

Ach, was ist denn nun christlich? Haben nicht die recht, die sagen: ”Klarheit tut so sehr not in unserer verschwommenen Zeit. Deshalb Gesetz und Gesetz und Gehorsam.
Nichts da mit eurer lauwarmen Individualität und Argu-menteversessenheit ... mal so und mal so ...!
Punkt. Richtiger Glaube ist richtig sichtbar!”?
Und dann gibt es da den Blick auf unsere Kirche.
Es sind hier diese schweren und feuchten Schleier, die sich auf die Gespräche legen, in Synoden und im GKR und in Elternabenden und in Bibelstunden:
Die unentwegt größer werdenden Kirchenbezirke.
Atemlose Mitarbeiter.
Und trotz allem eine unaufhaltsame, sich blähende Veror-dnungsfreude.
Die Sanduhr der davon fließenden Mitglieder.
Die unerbittlichen zwei Stichworte: ”Älter” und ”Weniger”.
Und wohin mit den Kirchengebäuden gar? Als würdige Bauten bis auf weiteres zur Ansicht unterhalten? Zur Bildung und zum Bürgerstolz? Wer wird der Letzte sein, der ihre Schrift lesen kann? Jemand von den Leuten, die kratzen und kritzeln und wissen, was ein Lettner war und Weihnachtsstimmung suchen wie einen Lungenzug?
Nein. Wir selbst sind Haus Jesu Christi und wir sind nicht nur Christen hier und dort, im Kämmerlein, in unserer höchst intimen Religionsfreiheit!
Nein. Entscheidend ist, dass wir das Sorgen in unserer Wagenburg zu übersteigen frei werden. Dass wir davon befreit werden, fortwährend von unserer Mitgliederperspektive her zu denken, ein Vereinschristentum zu leben: Da sind die Christen versammelt.
Sie haben dem Grundsatzprogramm zugestimmt und ihren Beitrag bezahlt. Demzufolge haben sie auch Sitz und Stimme, denn es geht doch ganz und gar nichts über die Gemeinde.

Ein Vereinschristentum, das wesentlich um die Wahrung seiner Regeln und die Entwicklung seiner Größe besorgt sein muß, eben weil es der Verein der Christen ist.
Mitnichten! Und es geht am Ende auch überhaupt nicht um den Bestand der Kirche. Wer sollte den denn zukunftssicher machen?

Die Pfarrerinnen und Mitarbeiter? Das Kirchenamt? Der Gemeindekirchenrat? Die Zukunftskonferenzen? Die Leit-sätze und die Leuchtfeuer?
Nein. Um das Pfeifen und den Gesang und die Blumen und die Wärme des Glaubens geht es: Dass wir ein Haus für Menschen sind, wo sie hingehen können, wenn sie nicht mehr wissen, wo sie hingehen können.
Dass ein Raum offen bleibt, ein Raum, in dem nichts weiter als Barmherzigkeit und Seligkeit und Nächstenliebe bewahrt werden, nichts weiter.
Ein Haus, wo die Gesänge der Sehnsucht eine Heimat haben ... Einen solchen Raum baut Christus selber. Einen Raum, in dem Luft ist für den Heiligen Geist, den Tröster, einen Raum für die Feier Gottes und für die Barmherzigkeit.
Mehr brauchen wir nicht.

Vielleicht sollten wir nur auf das letzte Geschoss verzichten, das nach oben hin alles dicht macht, verzichten auf die Dä-cher gegen die Wolkenbrüche und Nieselregen unserer Überlebensangst. Verzichten auch auf die Wetterfahnen, die sich immerfort nach den Winden öffentlicher Meinung drehen.

Dann müßten wir auch darauf verzichten, überhaupt ein letztes Dach überm Kopf zu bauen, außer dass Gott sei, nichts sei als seine Liebe in Jesus Christus.
Ungeschützt und doch bewahrt in Ewigkeit. Damit wir die Erde und ihre Hungrigen und Durstigen sehen können, muß wohl der Himmel offen bleiben.
Und damit das Pfeifen Luft hat und die Lieder hereinkönnen, auf und ab, und unsere Seele das Fliegen lernt und die Blätter das schwarze Kreuz begrünen und die Decke des Altars blüht wie eine Rose.

Denn unser Glaube erklärt die Welt nicht richtig und besser oder gar überlegen, sondern er lauscht und ruft und singt und schreit und lobt und betet und preist und klagt und jubelt und pfeift zur Ehre Gottes und zum Trost der Menschen.

So pfiff sie vor sich hin. Und dabei schnaufte sie auch leise, die Küsterin. Das tat sie immer, wenn sie die Kirche schmückte.
Sie war eine Trösterin.
Sie war eine Lehrerin.
Eine Lehrerin in Christus.

Amen

Verfasser: Rektor i.R. Michael Dorsch
Herweghstraße9, 07749 Jena

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de