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Gottes Geist – Gabe des Lebens

von Ulrike Eichler (35516 Münzenberg)

Predigtdatum : 31.05.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Exaudi
Textstelle : Johannes 14,23-27
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Wochenspruch:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth. (Sacharja 4, 6)

Psalm: 118 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
4. Mose 11, 11 – 12. 14 – 17. 24 – 25
Epistel:
Apostelgeschichte 2, 1 – 18
Evangelium:
Johannes 14,23 – 27

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 449, 1-4
Die güldne Sonne
Wochenlied:
EG 125
Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
Predigtlied:
EG 130
O Heilger Geist, kehr bei uns ein
Schlusslied:
EG 272
Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen

Hinführung:
Dieser Text steht im Zusammenhang der so genannten Abschiedsreden Jesu an seine Jünger. Dem heutigen Text geht die Frage des Judas Thaddäus voran: „Warum willst du dich uns offenbaren und nicht der Welt?“ (V.22). Daher muss diese Frage in die Auslegung mit einbezogen werden. Die Antwort bezieht sich auf die beiden Kernpunkte: „Wer mich liebt“ und „Wer mich nicht liebt“. An diesen Punkten entscheidet sich, ob Jesu Worte bei einem Menschen ankommen oder nicht. Wenn Jesus nicht mehr sichtbar unter ihnen weilt, hängt alles an seinen Worten und wie sie sich beim Menschen niederschlagen.
So leitet Jesus über zur Bedeutung des kommenden Geistes, den er Tröster nennt, griechisch Paraklet, wörtlich: der Fürsprecher, der Beistand, der einem (tröstend und helfend) zuruft.* Das Wort kommt im griechischen AT und außer bei Johannes im gesamten NT nicht vor. Nur der johanneische Jesus nennt ihn so, um seine Funktion deutlich zu machen, wenn er, Jesus, weggeht. In diesem Sinne könnte der Tröster auch als der Stellvertreter Jesu bezeichnet werden, der die Jünger später an alles erinnert, was Jesus ihnen gesagt hatte. Insofern ist der Text ein Wort für die Menschen, die mit der Unsichtbarkeit des lebendigen Jesus zurechtkommen müssen.
* Anm. des Hrsg.: An dieser Stelle muss ich der von mir sehr geschätzten Kollegin widersprechen: Das griechische Partizip ‚parákletos’ bedeutet „einer, der zu Hilfe gerufen wird“(vor allem als Berater und Fürsprecher vor Gericht). Der Heilige Geist ist also der als Tröster und Helfer Herbeigerufene.

22 Spricht zu ihm Judas, nicht der Iskariot: Herr, was bedeutet es, daß du dich uns offenbaren willst und nicht der Welt? 23 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. 24 Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat.
25 Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch gewesen bin. 26 Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
27 Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.

Liebe Gemeinde,
wie können wir Gott kennen lernen? Wie ihm näher kommen? Wir haben nur die Worte, die Jesus damals gesprochen hat. Viele Menschen hören diese Worte, aber sie reagieren unterschiedlich: Die einen sehen in diesen Worten Gott selbst zu ihnen sprechen, die andern sagen: „Ja, ja, ganz nett“, sehen aber keine tiefere Bedeutung darin.
Woran liegt das? Jesus nennt den Schlüssel dafür: Es ist die Liebe zu ihm. Wer Jesus liebt, dem sind seine Worte eine Offenbarung. Er wird nicht nur oberflächlich hinhören, sondern die Worte auch zu Herzen nehmen. Und Gott selbst wird zu ihm kommen. Durch seinen Geist wohnt er in einem Menschen. Das ist die höchste Würde, die Gott einem Menschen zukommen lässt: dass er bei ihm wohnt. Und es liegt alles an der Liebe zu diesem Jesus Christus. Wer diese Liebe hat, bekommt den Zugang zu Jesu Worten und damit auch den Zugang zu Gott selbst. Liebe zu Jesus ist also der Schlüssel, um Gott kennen zu lernen.
Machen wir uns mal Gedanken über das Geheimnis der Liebe. Wann fangen wir an, einen Menschen zu lieben? Wenn wir berührt werden in unserm Innersten. Wenn da etwas in uns sagt: Den darfst du nicht zurücklassen. Es ist wie ein Anruf oder ein Zuruf: Dieser ist wichtig für dich.
Nie vergesse ich, was einmal ein Tibetmissionar erzählte: Er war mit einem Tibetaner zusammen auf einer Wanderung im unwegsamen Gebirgsland am Himalaja. Da gerieten sie in einen gefährlichen Schneesturm. Mühsam kämpften sich die beiden Männer durch den immer höher werdenden Schnee. Da fanden sie einen Mann, der im Schnee einen Abhang hinuntergestürzt war. Er schien noch zu leben. Der Missionar wollte dem Verunglückten helfen, aber der Begleiter lehnte das energisch ab. „Wir sind in Lebensgefahr, da können wir uns nicht noch mit dem Verunglückten befassen. Wir werden am Ende alle drei umkommen. Wollen wir wenigstens unser Leben retten!“
Er stapfte los, doch der Missionar blieb zurück. Er hob den Bewusstlosen auf und trug ihn mühsam auf seinem Rücken. Es war eine wahnsinnige Anstrengung. Ihm wurde dabei richtig warm, und die Wärme seines Körpers übertrug sich auf den, den er trug. Der kam wieder zu sich. Nach einer Zeit konnte er wieder selber laufen, und nun kämpften sich die beiden in einer langen und beschwerlichen Wanderung ins Tal. Da sahen sie plötzlich auf ihrem Weg den früheren Begleiter: Er lag im Schnee. Müde, wie er war, hatte er sich in den Schnee fallen lassen und – war erfroren. Als der Missionar erschüttert diese Geschichte erzählte, schloss mit den Worten: „Ich wollte einen andern Menschen retten und habe dabei mein eigenes Leben gerettet.“
Diese Geschichte wurde für mich zu einem ganz tiefen Symbol, wie die Liebe zu Jesus wirkt. Sie rettet nämlich auch das Leben des Liebenden. Wenn ein Mensch anfängt, Jesus zu lieben, hat er ja keinen reellen Beweis dafür, dass er dadurch das ewige Leben bekommt und gerettet wird. Denn er hat ja nichts anderes als die Worte Jesu in der Bibel und hört es von anderen Menschen, die auch diesen Glauben haben. Das ist alles. Aber er beginnt das Wagnis der Liebe. Er ist in seinem Innersten angerührt: Diesen Jesus kann ich nicht einfach an mir vorübergehen lassen. Ich habe nur seine Worte, aber ich spüre, dass diese Worte keine Werbesprüche sind, sondern dass Gott dahinterstehen könnte.
Jede Beziehung zu Jesus beginnt also erst einmal damit, dass man angerührt ist von seiner Wärme, seiner Art der Zuwendung zu den Menschen, von seinen Worten, von seinem Sterben am Kreuz; das alles lässt einen nicht kalt. Man fängt an, seine Worte ganz neu zu hören. Langsam spürt man die Kraft seines Lebens auch in einem selbst. Und irgendwann weiß man es: Dieser Jesus rettet dich für die Ewigkeit. Man weiß sich geborgen und hat keine Angst mehr. Das nennt die Bibel: Frieden haben.
Es beginnt mit der Liebe. Jesu Worte bleiben haften und verändern einen. Gott fängt an, durch den heiligen Geist in einem Menschen zu wohnen, und das gibt eine tiefe Geborgenheit und einen starken Frieden, in dem die Kraft für den Alltag liegt.
Diese Kraft, die einen so verändert, ist die Kraft des Heiligen Geistes. Paulus hat diese Kraft einmal so beschrieben: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den heiligen Geist“ (Röm 5,5). Gemeint ist: Wie das Ausgießen einer duftenden Salbe über den Körper, so gießt sich Gottes Liebe in unser Herz. Dieser Geist erinnert uns an alles, was Jesus sagte. Seine Worte werden wieder lebendig. Der Geist ist schon am Wirken, bevor einem das bewusst wird.
Die größte Gabe des Geistes aber ist der Friede. Es ist ein Friede, den uns Spiel und Spaß und alle mögliche Ablenkung nicht geben können. Es ist einnachhaltiger Frieden, ein Frieden, der uns tröstend in unser Herz gerufen wird. Daher nennt Jesus den Geist, den er geben wird, „Tröster“, man kann auch übersetzen: „Zurufer“. Und so ruft Jesus seinen Jüngern seinen Trost direkt zu: „Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht!“ Wenn es noch so stürmt, in dir ist die Ruhe des Glaubens. Du bist im Frieden.
Ein Schiff war auf seiner Fahrt von Bremen nach Valparaiso unterwegs. Die Hälfte der Route war zurückgelegt, als der Kapitän Peter Jensen schwer krank wurde. Als er spürte, dass er nicht mehr gesund würde, ließ er den ersten Steuermann rufen und empfing ihn mit den Worten: „Mit mir geht es zu Ende. Ich werde den Hafen nicht mehr erreichen. Aber wie komme ich in den Hafen bei Gott? Sagen Sie mir, was ich machen soll!“ Der Steuermann antwortete: „Kapitän, das weiß ich auch nicht. Ich habe immer meine Pflicht getan, aber um Gott und solche Dinge habe ich mich nie gekümmert!“ Aber auch der zweite Steuermann und die Besatzungsmitglieder konnten dem Kapitän nicht helfen.
Als letzter wurde der Schiffsjunge gerufen. „Karl Müller, hast du eine Mutter zu Hause?“ „Jawohl, Herr Kapitän.“ „Hat sie dich beten gelehrt.“ „Jawohl, Herr Kapitän. Und als ich abreiste, hat sie mir eine Bibel geschenkt.“ „Hast du die Bibel hier?“ „Jawohl, Herr Kapitän. Ich habe meiner Mutter versprochen, täglich darin zu lesen.“ „Hol die Bibel, Junge, und lies mir etwas daraus vor, was zum Sterben hilft.“ Der Schiffsjunge holte die Bibel und las Jesaja 53 vor. Beim 5.Vers stockte er. „Herr Kapitän, darf ich den Vers so lesen, wie es mich meine Mutter lehrte?“ „Ja, lies!“ Da las er: „Er ist wegen Karl Müllers Missetat verwundet, wegen seiner Sünde wurde er zerschlagen. Karl Müllers Strafe liegt auf ihm, auf dass Karl Müller Frieden hätte, und durch seine Wunden ist Karl Müller geheilt.“
„Halt!“, rief der Kapitän und richtete sich mühsam auf. „Das ist es. Lies den Vers noch einmal und setze meinen Namen ein!“ Der Schiffsjunge las: Er ist wegen der Missetat von Peter Jensen verwundet, wegen seiner Sünde wurde er zerschlagen. Peter Jensens Strafe liegt auf ihm, damit Peter Jensen Frieden hätte, und durch seine Wunden ist Peter Jensen geheilt!“ Der Kranke verstand, dass von Jesus die Rede war. Er ergriff das Heil und bat Gott um seinen Beistand. So fand der Kapitän doch noch den Weg zum Hafen, zum Hafen des Friedens.
Lothar Zenetti hat es einmal auf den Punkt gebracht:
„Menschen, die aus der Hoffnung leben, sehen weiter,
Menschen, die aus der Liebe leben, sehen tiefer,
Menschen, die aus dem Glauben leben, sehen alles in einem andern Licht.“
Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Dr. Ulrike Eichler, Schillerstr. 1, 35516 Münzenberg

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