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Gottes Geist - Gabe des Lebens

von Michael Tönges-Braungart (61348 Bad Homburg )

Predigtdatum : 09.06.2019
Lesereihe : I
Predigttag im Kirchenjahr : Pfingstsonntag
Textstelle : Johannes 14,15-19(20-23a)23b-27
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Wochenspruch: "Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth." (Sacharja 4,6)

Psalm: 118,24-29

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 14,15-19(20-23a)23b-27
Reihe II: Apostelgeschichte 2,1-21
Reihe III: 1. Mose 11,1-9
Reihe IV: Römer 8,1-2(3-9)10-11
Reihe V: 1. Korinther 2,12-16
Reihe VI: Hesekiel 37,1-14

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 135,1-3 Schmückt das Fest mit Maien
Wochenlied: EG 126 Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist
Predigtlied: EG 130 O Heiliger Geist, kehr bei uns ein
Schlusslied: EG 170 Komm, Herr, segne uns

Predigttext Johannes 14, 23 - 27

Die Verheißung des Heiligen Geistes

23 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.
24 Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat.

25 Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch gewesen bin.
26 Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Liebe Gemeinde,

dort die Pfingstgeschichte, wie sie Lukas in seiner Apostelgeschichte überliefert hat mit einer Welle von Begeisterung, voller Action, würde man heute sagen - und hier unser Predigttext aus dem Johannesevangelium, der so viel nüchterner und ruhiger wirkt. Größer könnte der Gegensatz kaum sein.

Vielleicht ist dieser Johannestext für manche eine Enttäuschung am Pfingstfest. Da geht's doch um Begeisterung und Bewegung und Lebendigkeit, um das Brausen vom Himmel und um Menschen, die Feuer und Flamme sind für Jesus Christus. Wenigstens am Pfingstfest will man doch davon hören, vielleicht sogar davon angesteckt werden.

Für andere mag so ein ruhiger, nüchterner Predigttext an Pfingsten eher eine Erleichterung sein. Denn so wie beim allerersten Pfingstfest in Jerusalem geht's doch in unseren Gemeinden eben nicht zu. Und wenn 's so zuginge, würde das bei uns - wie damals ja auch - ebenso Beunruhigung wie Begeisterung auslösen. In unseren Gemeinden ist es ruhiger. Ja, es stimmt schon: Manchmal sicher zu ruhig. Manchmal leiden wir darunter und wünschen uns eben mehr Lebendigkeit, mehr stürmisches Wehen des Geistes als ein stilles Sausen.

Aber wenn wir die Wahl hätten ...?

Lasst uns heute also unseren eher ruhigen, nüchternen Predigttext miteinander befragen, was er uns zu sagen hat über Pfingsten, über den Geist Gottes und darüber, wie er unter uns am Werk ist.

Als erstes fällt ein Begriff auf, ein Name für den Geist, den Jesu Jünger/innen nach seiner Rückkehr zum Vater empfangen sollen. Nur beim Evangelisten Johannes erscheint dieser Name, den Martin Luther mit "Tröster" übersetzt hat. Das ist eine gute Übersetzung, wenn wir die Situation bedenken, in der Jesus zu seinen Jüngern von diesem Tröster spricht. Wenn Jesus zu Gott zurückkehrt und die Jünger/innen allein zurücklässt, will er ihnen in ihre Trauer und ihren Abschiedsschmerz seinen Geist als Tröster senden. Seinen Geist, der ihnen hilft,  alleine weiterzuleben und weiter zu glauben. In diese Situation passt, die Übersetzung „Tröster" sehr gut.

Aber sie gibt eben nur diese eine Bedeutung des Wortes wieder, das da im Griechischen steht. Parakletos im Griechischen - advocatus im Lateinischen. Daher kommt unser Wort Advokat; wörtlich: "Der Herbeigerufene, der zu Hilfe Herbeigerufene“. Aus Fernsehkrimis kennen wir alle den Satz: "Ich sage nichts mehr ohne meinen Anwalt!" Wenn ein Mensch bei einer Vernehmung in Bedrängnis gerät, holt er sich einen Anwalt, der für ihn eintritt, der seine Interessen vertritt, der ihn vor Ungerechtigkeit schützt, der ihm beisteht. Der "Tröster", von dem Jesus hier spricht und den Gott uns gegeben hat, das ist der Anwalt, der Beistand, den Gott uns schickt. Wir sind nicht auf uns allein gestellt. Wir sind nichts und niemandem hilflos ausgeliefert. Wir haben als Christenmenschen einen Anwalt, der für uns eintritt, der uns beisteht und der uns hilft, auch ohne die leibhafte Gegenwart Jesu zu leben und zu glauben.

Bleiben wir einmal bei diesem Bild vom Anwalt, dann gilt es jetzt zu fragen, wie dieser Anwalt mit uns und für uns arbeitet. Auch davon erzählt unser Predigttext.

"Der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe."

Ein Lern- und Erinnerungshilfe ist dieser Anwalt für uns, was die Botschaft Jesu Christi angeht. Da geht es sicher nicht um ein stures Auswendiglernen von Jesus-Worten, so sinnvoll das manchmal auch sein kann; da geht es nicht um ein bloßes Wissen im Sinne von Bescheid-Wissen und Wiedergeben-Können, so wie man gelernte Vokabeln abfragen kann.

Diese Lern- und Erinnerungshilfe leistet mehr. Ihr geht es darum, dass Jesu Botschaft unter uns lebendig und wirksam bleibt. Eben nicht tote Buchstaben, bloß angelernte Vokabeln, sondern Worte, die Wirkung haben. Worte, bei denen Hörer/innen und Leser/innen sagen: Ja, das geht mich an! Was hier gesagt ist, das meint mich ganz persönlich, das ist zu mir gesagt; das spricht mich an! Der Anwalt als Lern- und Erinnerungshilfe an die Botschaft. Jesu bewirkt, dass heute noch diese Botschaft Menschen tröstet, wenn sie traurig sind; dass sie Menschen Vergebung zuspricht, wenn sie schuldig geworden sind; dass sie Menschen Mut macht, die zu resignieren drohen; dass sie Menschen den Weg weist, die auf der Suche sind; dass sie Menschen Einhalt gebietet, wenn sie auf dem falschen Weg sind; dass sie Menschen sagt: Du bist geliebt, wenn sie sich von Gott und der Welt verlassen fühlen. 

Ich denke, wir alle haben solche Erfahrungen mit Worten Jesu schon gemacht. Nicht mit allen seinen Worten und nicht immer.

Aber es gibt für jeden und jede von uns Worte Jesu, die uns begleiten und nicht loslassen, die uns manchmal auch nicht in Ruhe lassen, sondern immer wieder zum Nachdenken anregen; Worte Jesu, die uns Leitworte sind, an die wir uns halten - und von denen wir gehalten sind. Dass Jesu Worte heute noch so wirken, das ist Werk des Geistes Gottes, des Trösters, des Anwaltes, der uns von Gott gegeben ist.

"Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander
liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb
habt, Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger
seid, wenn ihr Liebe untereinander habt." so heißt es einige Verse vor unserem Predigttext. Und er beginnt mit den Worten: "Wer mich liebt, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben ..."

Der Geist Gottes ist für uns ein Anwalt der Liebe. Wollte man Jesu ganze Botschaft in einen Wort zusammenfassen, dann wäre es das Wort: Liebe. Und mit diesem Wort ließen sich auch die Wirkungen des Geistes Gottes, des "Trösters", des Beistandes, des Anwalts beschreiben. Es geht um die Liebe Gottes zu uns; um unsere Liebe zu Gott; und um die Liebe zwischen uns Menschen. Die Liebe Gottes zu uns, wie sie Jesus verkündet und gelebt hat, ist die Grundlage für alles andere. Von ihr geht alles aus. Unsere Liebe zu Gott und zu den Menschen ist immer nur Antwort auf diese Liebe Gottes, die wir immer schon erfahren haben. Jesu Worte halten - das bedeutet: seine Liebe annehmen, sich seine Liebe gefallen lassen und sie weitergeben. Wo Menschen so Gottes Liebe erfahren und ihrerseits Liebe geben, wo Menschen so die Botschaft Jesu Christi leben, da ist der Geist Gottes, der Tröster, der Anwalt, der Beistand unter ihnen am Werk. Und so ist die Liebe Kennzeichen, Markenzeichen für die Jünger/innen Jesu.

"Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater
wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen."

Durch seinen Geist, den "Tröster", den Anwalt, den Beistand nimmt Gott bei uns Wohnung. Damit ist keine Belagerung gemeint, kein Nerv tötender Dauerbesuch, keine Umprogrammierung. Dadurch unterscheidet sich der christliche Glaube von dem mancher Sekten. Gottes Geist bringt eben keine Gehirnwäsche, keine Einquartierung oder Belagerung, die unseren Verstand ausschalten würden. Wenn Gott durch seinen Geist bei uns Wohnung nimmt, dann hat das nichts mit Zwang und Entmündigung zu tun.

Wenn sich heute zwei Menschen lieben, dann sagen sie oft nach einer Weile zueinander: „Lass uns doch zusammenziehen!" Dann wollen sie ihre Gemeinschaft auch im Alltag miteinander leben. Und wenn sie das behutsam und rücksichtsvoll und aufmerksam füreinander tun, dann bekommt ihr Leben dadurch eine ganz neue Dimension. Ganz ähnlich können wir uns das "zusammen-ziehen" Gottes mit uns denken. Natürlich ist Gott mehr, anders als ein menschliches Gegenüber, das uns gleichberechtigt ist. Und doch sucht Gott in uns die erwachsenen Partner/innen, die seine Liebe erwidern und nicht auf ewig klein und unmündig bleiben. Durch seinen Geist, durch den "Tröster", den Anwalt, den Beistand, hat Gott eine ganz enge Wohn-Gemeinschaft mit uns.

Und dabei ist es eben so, wie wenn zwei Menschen zusammenziehen. Das ist schön und schwer zugleich. Das bereichert das Leben der beiden, aber das geht eben auch nicht ohne Veränderungen ab. Sie können nicht so bleiben, wie sie waren; sie können nicht so weiterleben, als wären sie noch alleine. Wenn sie das versuchen, wird die Gemeinschaft zerbrechen.

Wenn Gottes Geist bei uns Wohnung nimmt, dann bleiben wir eben auch nicht die Alten. Dann werden wir uns verändern, uns auf unseren Mitbewohner einstellen. Wir sind nicht allein - das heißt eben auch: Wir schalten und walten nicht mehr völlig uneingeschränkt in unserem Haus. Gott redet mit durch seinen Geist, durch den "Tröster", den Anwalt, den Beistand.

Gott redet mit, indem er die Botschaft Jesu Christi bei uns lebendig und wirksam erhält und indem er uns zur Liebe ruft und fähig macht.

"Den Frieden lasse ich euch; meinen Frieden gebe ich euch.
Nicht gebe ich, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht
und fürchte sich nicht."

Schließlich ist der Geist Gottes ein Friedenstifter. Er bringt uns den Frieden Jesu Christi. Gott hat in Jesus Christus Frieden mit uns geschlossen. Er hat uns die Feindschaft aufgekündigt. Er ist nicht gegen uns, sondern für uns. Wir brauchen vor ihm keine Angst zu haben. Gott sagt uns zu: Ich nehme euch so, wie ihr seid. Ihr seid mir wichtig und wertvoll. Ich will mit euch Gemeinschaft haben. Und deshalb gehe ich den ersten Schritt auf euch zu. Dass uns dieses Angebot Gottes erreicht und dass es uns trifft, sodass wir sagen: Da müssen wir zugreifen - das ist Werk des Geistes Gottes, des Anwalts als Friedensstifter.

Wenn wir in diesen Frieden eintreten und im Frieden mit Gott leben, dann leben wir auch im Frieden mit uns selber, versöhnt mit uns selber; versöhnt mit uns selber als Person, so wie wir sind, mit unseren Stärken und Schwächen, mit Licht und Schatten; mit dem, worauf wir stolz sind und dem, wofür wir uns manchmal schämen; versöhnt mit unseren erreichten Zielen und unseren unerfüllten Träumen; versöhnt mit unserem Leben,  so wie es ist, und mit den Lebensmöglichkeiten, die wir nicht ergriffen haben.

Diesen Frieden Gottes übermittelt uns sein Geist, der "Tröster", der Anwalt, der Beistand. Und dadurch setzt er uns auch in die Lage, mit anderen Frieden zu schließen und Frieden zu halten. Denn der Friede Gottes, der Friede, den Jesus Christus uns schenkt, ist eben keine reine Privatsache; keine Sache, die nur zwischen Gott und mir Bedeutung hat, so wie die Liebe Gottes ja auch nie eine Privatsache ist. Der Friede Gottes will auch gelebt sein in unseren Beziehungen zu anderen Menschen. Auch dazu hat uns Gott seinen Geist als Beistand gegeben.

Wenn wir miteinander heute Pfingsten feiern, dann feiern wir den Geist Gottes, der uns an die Botschaft Jesu Christi erinnert und sie unter uns lebendig erhält; der uns zur Liebe verlockt; der Gottes Gegenwart repräsentiert in uns selber und in unserem Leben, der Frieden stiftet mit Gott, mit uns selber und unter den Menschen. Wenn wir miteinander Pfingsten feiern, dann feiern wir dies: Wir müssen als Christenmenschen nichts mehr ohne diesen Anwalt sagen oder tun.

Wir sind nicht alleingelassen. Wir sind nichts und niemandem schutzlos ausgeliefert. Gott hat uns seinen Geist gegeben, den "Tröster", den Anwalt, den Beistand. Auf ihn können wir uns verlassen. Er ist für uns da und tritt für uns ein.

Amen

Verfasser: Dekan Michael Tönges-Braungart, Heuchelheimer Str. 20, 61348 Bad Homburg


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