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Gottes Geist - verheißen und gegenwärtig

von Martina Horak-Werz (67377 Gommersheim)

Predigtdatum : 23.05.2021
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Pfingstsonntag
Textstelle : 1. Mose 11,1-9
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Wochenspruch: Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth. (Sacharja 4,6)

Psalm: 118,24-29

Lesungen

Reihe I: Johannes 14,15-19(20-23a)23b-27
Reihe II: Apostelgeschichte 2,1-21
Reihe III: 1. Mose 11,1-9
Reihe IV: Römer 8,1-2(3-9)10-11
Reihe V: 1. Korinther 2,12-16
Reihe VI: Hesekiel 37,1-14

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 136 O komm, du Geist der Wahrheit
Wochenlied: EG+ 102 Da wohnt ein Sehnen tief in uns
Predigtlied: EG 639 Damit aus Fremden Freunde werden
Schlusslied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit

Predigttext 1. Mose 11,1-9

1 Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache.
2 Als sie nun von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Lande Schinar und wohnten daselbst.
3 Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns Ziegel streichen und brennen! – und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel
4 und sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut über die ganze Erde.
5 Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten.
6 Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun.
7 Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe!
8 So zerstreute sie der HERR von dort über die ganze Erde, dass sie aufhören mussten, die Stadt zu bauen.
9 Daher heißt ihr Name Babel, weil der HERR daselbst verwirrt hat aller Welt Sprache und sie von dort zerstreut hat über die ganze Erde.

Predigt

Liebe Gemeinde,

so verwirrt und auch verwirrend erleben wir das bis heute. All die vielen unterschiedlichen Sprachen, die es auf der Welt gibt. Einerseits ist es faszinierend und macht auch Spaß, andere Sprachen kennenzulernen und zu vergleichen. Wir können erleben, wie Sprache Menschen einer bestimmten Gruppe miteinander verbindet, Zusammengehörigkeitsgefühl und Heimat schafft. Andererseits grenzt Sprache aber auch aus. Es wird sofort deutlich, wer dazu gehört und wer nicht. Wir fühlen uns fremd und ausgeschlossen, wenn wir die Sprache in unserem Umfeld nicht verstehen. Selbst in unserem nächsten Umfeld, wo wir ja eigentlich alle unseren Dialekt oder Deutsch sprechen, haben wir doch manchmal das Gefühl, nicht wirklich verstanden zu werden. „Spreche ich vielleicht Chinesisch? Oder warum versteht hier niemand, was ich meine?“ Wie oft habe ich das schon gedacht oder gesagt! So viele Missverständnisse erleben wir ständig. Menschen reden aneinander vorbei, können oder wollen sich nicht verstehen. Warum das wohl so sein muss? Darüber haben sich auch die Menschen zu biblischen Zeiten schon ihre Gedanken gemacht. Warum leben wir denn nicht mehr im Paradies, wenn Gott die Erde doch gut und schön geschaffen hat? Warum ist die Menschheit so zerstritten und versteht sich oft nicht, wenn wir doch alle Kinder Gottes sind und zusammengehören?

Die Bibel erzählt uns in ihrer bilderreichen Sprache Geschichten, die deutlich machen sollen, warum unsere Welt so ist, wie wir sie kennen und erleben. Von Anfang an waren sie neugierig und nicht zufrieden mit dem, was sie hatten, die Menschen, erzählt uns die Bibel. Das hören wir schon in der Geschichte von Eva und Adam im Paradies, als sie die Frucht vom verbo­tenen Baum essen. Die Menschen geben sich schon immer nicht so leicht zufrie­den und wollen mehr als das, was sie vorfinden. Es fällt ihnen schwer, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind. Und Begren­zun­gen wollen sie im Allgemeinen überhaupt nicht akzeptie­r­en. Das sieht die Bibel sehr realistisch.

Erstaunlich aktuell ist diese Geschichte, finde ich. Die Menschheit hat in der Zwischenzeit ja nicht aufgehört, hohe Türme zu bauen. Im Gegenteil. Erstaunlicherweise gelingt es den Menschen dann doch, trotz aller Unterschiede und Verständigungsschwierigkeiten gemeinsam solche hohen Türme zu bauen. Es werden heute höhere Türme gebaut denn je zuvor. Ganz im buchstäblichen Sinne der Worte. Und heute sind es nicht mehr die Kirchtürme, die höher sind als alle anderen Gebäude. Denken wir nur an Dubai, wo zur Zeit der höchste Turm der Welt steht, der schon demnächst von einem in Saudi-Arabien übertroffen werden soll, der über 1000 m hoch werden soll.

Das gilt aber auch im übertragenen Sinne. Immer noch wollen Menschen hoch hinaus, versuchen sich gegenseitig zu übertreffen, streben nach Macht und Einfluss. Und vor allem auch danach immer wieder Neues zu entdecken und sich weiter zu entwickeln.

Das heißt doch aber auch: wenn die Menschheit zusammenarbeitet, kann sie vieles erreichen, Böses und Gutes. Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten können tatsächlich überwunden werden, wenn nur genug Wille dafür da ist. Schade eigentlich, dass diese Möglichkeiten oft nicht für sinnvolle, der Allgemeinheit dienende Zwecke eingesetzt werden, sondern um die Macht weniger zu stärken und den Gewinn für eine kleine Gruppe zu steigern. Oft können wir Menschen die Folgen unseres Strebens und Handelns auch gar nicht absehen und sind dann schockiert, wenn ein Vorhaben uns aus der Hand gleitet oder wenn die Folgen menschlichen Handelns tragisch sind. So wie in dieser alten Geschichte vom Turmbau in Babel.

Manchmal würden wir uns doch auch wünschen, dass Gott „herniederfahren“ würde und all dem zerstörerischen Können der Menschheit ein Ende setzen würde. „Herniederfahren“ und all diejenigen verwirren und durcheinander bringen, die nichts als ihren Profit im Sinn haben, die nur die gemeinsame Sprache des Geldes kennen. Da wäre so eine Warnung aus dem Himmel manchmal ganz hilfreich. Um uns daran zu erinnern, dass Gott doch eigentlich anderes mit uns Menschen vorhat. Dass Gottes neue Welt in Frieden und Gerechtigkeit uns allen offen steht, und wir Gottes Liebe spüren und weitergeben können.

Denn wir Menschen sind glücklicherweise doch auch fähig, Gegensätze zu überwinden und uns trotz aller Sprachbarrieren zu verständigen. Das feiern wir ja heute an Pfingsten ganz besonders. Die Pfingstgeschichte ist sozusagen die biblische Gegengeschichte zu der vom Turmbau. Da machen Menschen mit völlig unterschiedlichen kulturellen Hintergründen die Erfahrung, dass sie in der Lage sind, sich zu verstehen. Sie erleben das als ein großes Wunder, das ihre Herzen erfüllt und sie über sich selbst hinaus wachsen lässt. Gemeinsam können wir so viel Gutes erreichen. Das sehen wir an all den positiven Errungenschaften internationaler Zusammenarbeit. Große Bauvorhaben sind da ja nur ein kleines Beispiel. Überall, wo Menschen sich über nationale und sprachliche Grenzen hinweg gemeinsam für Gutes einsetzen, können unglaubliche Dinge realisiert werden.

Zum Beispiel können Naturschutzgebiete eingerichtet, Friedensprozesse in Gang gesetzt, Krankenhäuser und Schulen gebaut werden. [Evtl. eigene, regionale Beispiele.]

Wir können uns gegenseitig unterstützen im Umgang mit einer bedrohlichen Situation wie die Ausbreitung einer Pandemie, wir können gemeinsam gute Lösungen suchen für die Probleme unserer Zeit, die sich nie mehr nur auf ein Land beschränken lassen, sondern immer weltweit zusammenhängen.  Auch wenn es nicht so paradiesisch einfach ist, das gegenseitige Ver­ste­hen, so geschieht es doch immer wieder. Und es ist wunderbar, wenn wir es erleben dürfen. Vielleicht sagt uns jemand, dass er oder sie uns lieb hat. Vielleicht begegnen wir in einer unsicheren Situation in einem fremden Land plötzlich einer Person, die unsere Sprache spricht. Oder wir erleben bei einem internationalen Treffen, dass Menschen aus verschiedenen Ländern in ihrer eigenen Sprache und alle gemeinsam beten und singen können. Immer aufs Neue wird in solchen Situationen deutlich, dass wir  alle zusammen gehören und gemeinsam Verantwortung haben für die Erhaltung unserer Erde und für den Frieden und die Gerechtigkeit. Solche Erfahrungen können wir nicht jeden Tag machen, liebe Gemeinde, das ist klar. Aber es gibt sie, solche Erlebnisse, solche Pfingstgeschichten. Es gibt sie immer wieder - auch hier in ...

Erfahrungen, in denen etwas aufleuchtet von Gottes Geisteskraft, die die Trennung zwischen den Menschen überwinden will. Pfingsten gibt uns den Auftrag, uns um Verstän­digung zu bemühen und die babylonische Sprachverwirrung zu überwinden. Es tut uns immer wieder gut, zu erkennen, dass der eigene Standpunkt nicht der allein mögliche ist. Gott bewegt uns dazu, aufeinander zuzugehen. Verständigung ist Mühe, aber eine, die sich lohnt, und wenn, wie in Jerusalem an Pfingsten geschehen, die Sprachgrenzen in einem glücklichen Moment überwunden werden, dann ist das Wunder da. Heute, an Pfingsten, feiern wir, dass Gottes lebendige Geisteskraft so etwas immer wieder möglich macht. Menschen können verschiedene Sprachen sprechen, aus unterschiedlichen Kulturen kommen, und sich trotzdem verstehen - durch Gottes Geist und Kraft. So etwas kann immer wieder geschehen, wo Men­schen sich im Geist Jesu Christi begegnen. Ein solches Pfingsterlebnis ist etwas Wunderbares und gibt uns neuen Mut und neue Kraft. Ich wünsche uns allen immer wieder solche Pfingsterfahrungen auch in unserem Alltag.

Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Martina Horak-Werz, Kirchstraße 1, 67377 Gommersheim


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