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Gottes Geist - verheißen und gegenwärtig

von Kerstin Vogel-Hinrichs (Stuttgart)

Predigtdatum : 28.05.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : Pfingstsonntag
Textstelle : 1. Korinther 2,12-16
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Wochenspruch: "Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth." (Sacharja 4,6)

Psalm: 118,24-29

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 14,15-19(20-23a)23b-27
Reihe II: Apostelgeschichte 2,1-21
Reihe III: 1. Mose 11,1-9
Reihe IV: Römer 8,1-2(3-9)10-11
Reihe V: 1. Korinther 2,12-16
Reihe VI: Hesekiel 37,1-14

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 135 Schmückt das Fest mit Maien
Wochenlied: EG 126 Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist
Predigtlied: EG 134 Komm, o komm, du Geist des Lebens
Schlusslied: EG 130 O Heiliger Geist, kehr bei uns ein

Predigttext: 1. Korinther 2,12-16

12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. 13 Und davon reden wir auch nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. 14 Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden. 15 Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt. 16 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen«? (Jesaja 40,13) Wir aber haben Christi Sinn.

Predigt

1. Pfingsten? Keine Ahnung!

Liebe Gemeinde,

„Was bedeutet Pfingsten?“, so wurden Passanten und Passantinnen in einer deutschen Innenstadt befragt. Eine Frau zuckt ratlos die Schulter: „Ach du meine Güte, da fragen Sie mich was. Nein, weiß ich nicht.“ Hilflos schaut sie zu ihrem Mann. Er sagt unsicher: „Das ist irgendwas Christliches? Aber was?“

Eine andere sagt: „Pfingsten: da hab ich am Montag frei!“

Eine weitere Passantin: „Es hat irgendwas mit Himmelfahrt zu tun.“ Ihr Freund unterbricht: Nein, Himmelfahrt war doch schon. Und er wagt einen Tipp: „Das war das mit der Auferstehung. Ach nein, das war ja Ostern...“

Eine nüchterne Bilanz zum Pfingstfest. Es fehlt das sicht- und greifbare Highlight an Pfingsten. Kein Kind in der Krippe, kein Osterei. Man findet nichts Nettes zum Verschenken in den Läden. Dabei gibt es an Pfingsten ein wunderbares und großartiges Geschenk, nur eben keines, das man in den Händen halten kann.

Die Zeiten sind so, dass man kleinmütig werden könnte angesichts der großen ungelösten Fragen. Da kommt uns dieses Pfingstfest und sein Geschenk gerade recht.

2. Das Geistereignis damals und die Folgen

Auch damals zur Zeit Jesu war die Lage ganz und gar nicht rosig. Wer sich unter der römischen Herrschaft als Jesu Anhänger verriet, wer um ihn trauerte oder ihn verteidigte, für den war rasch das eigene Leben in Gefahr. Angst und Unsicherheit herrschten. Woran sollte man sich halten? Wem glauben?

In den furchtbaren Tagen nach Jesu Hinrichtung waren seine engsten Vertrauten in Angst und Hoffnungslosigkeit verfallen. Sie hatten Jesus gesehen, die Osterbotschaft vernommen. Aber das allein trug sie nicht. Es reichte nicht, um die Angst zu besiegen. Doch dann erlebten sie ein Wunder. Wir haben gehört, wie sie eines Tages „begeistert“ wurden. Danach waren sie im wahrsten Sinne des Wortes „aus dem Häuschen“. Aus verzweifelten Menschen wurden Hoffnungsträger. Alle Welt verstand die frohe Botschaft, und Tausende ließen sich taufen.

Aber das hielt nicht lange. Schon bald machte sich Ernüchterung breit, Streit und Abgrenzung. Was ist „richtiger“ Glaube? Worauf kommt es an? Woran merkt man, dass ein Mensch an Gott glaubt?

Paulus versucht im ersten Korintherbrief eine Klärung. Wir hören die Verse 12-16 aus Kapitel 2 in der Übersetzung der Basisbibel:

12Wir haben aber nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern den Geist, den Gott selbst uns schickt. So können wir erkennen, was Gott uns geschenkt hat. 13Davon reden wir nicht in Worten, wie sie die menschliche Weisheit lehrt. Sondern wir reden in Worten, die der Geist Gottes lehrt. Mit seinen Worten erklären wir, was er selbst uns offenbart.
14Der Mensch nimmt mit seinen natürlichen Fähigkeiten nicht das an, was vom Geist Gottes kommt. Er hält es für Dummheit und kann damit nichts anfangen. Denn nur mithilfe des Heiligen Geisteskann es richtig eingeschätzt werden. 15Aber ein von Gottes Geist erfüllter Mensch kann das alles richtig einschätzen. Dabei kann sich kein anderer ein Urteil über ihn anmaßen. 16Denn wer kann feststellen, was der Herr im Sinn hat, und ihn beraten? Aber was wir im Sinn haben, das kommt von Christus her.

„Was wir im Sinn haben, das kommt von Christus her.“ Eine gewagte Aussage!

In der christlichen Gemeinde in Korinth stritt man genau darüber. Die einen hörten mehr auf diesen und folgten ihm, die anderen einem anderen. Manche erhoben sich über andere und sprachen ihnen den rechten Glauben ab. Glaube wurde als Leistung angesehen, als eine Art sportlicher Disziplin, bei der man immer besser werden muss. Jeder glaubte, er habe recht.

Dazu sagt Paulus ganz klar: Nein. Es geht im Glauben nicht um Leistung. Es geht nicht ums Machen! Es geht nicht um Abgrenzung. Es geht einzig darum, Christus im Sinn zu haben.

Er begründet es so: alle, die getauft sind, haben Gottes Geist. Grundsätzlich. Alle haben gleich viel von Gott empfangen: „Wir haben aber nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern den Geist, den Gott selbst uns schickt.“

Dieser Geist ist nicht der Geist der Mächtigen und Erfolgreichen. Konkurrenzdenken und Machtstreben sind Kennzeichen des weltlichen Geistes.

Denn die Botschaft, um die es geht, ist keine Erfolgsgeschichte. Sie erzählt von einem, der auszog, den Menschen zur Seite zu stehen und sie nicht im Stich zu lassen. Sie erzählt von einem, den die Liebe zu den Menschen so weit brachte, dass er für sie starb. Das Kreuz ist sein Zeichen, nicht die Krone. Sinnvoll und logisch ist das nicht. Und so war auch die erste Reaktion derer, die die begeisterten Menschen in Jerusalem erlebten: Die sind ja betrunken!

Paulus sagt drastisch: Der Mensch nimmt mit seinen natürlichen Fähigkeiten nicht das an, was vom Geist Gottes kommt. Er hält es für Dummheit und kann damit nichts anfangen.

3. Wes Geistes Kind bist du?

Es gibt die Redewendung: Man merkt, wes Geistes Kind er oder sie ist.

Spüren Menschen, wes Geistes Kind ich bin? Merke ich es selbst?

Kein Mensch ist frei von Neid, Konkurrenzdenken, Machtstreben, von Angst und Sorgen. Niemand ist davor gefeit, Gottes Geist zu verlieren. Niemand hat diesen Geist einfach, unbeirrbar, unzweifelhaft. Manchmal sind auch wir Gefangene unserer Sorgen, verharren in Kälte und Unversöhnlichkeit, vergraben uns in Kummer und Schmerz.

Wir blicken mit Sorge auf unsere Welt: auf die vielen Krisenorte, Orte, wo der Klimawandel Leben unmöglich macht, auf Orte des Kriegs und der Gewalt, Orte, wo Menschen leiden und sterben.

All diese Sorgen und Traurigkeiten sind mitten unter uns. Aber auch das sind Orte mit Gottes Geist. Gottes Geist ist nicht abstrakt und ganz weit weg, sondern mittendrin. Er weht das alles aber nicht einfach weg.

Auch nach dem Pfingstfest damals verwandelte sich die Welt nicht in eine heile Welt. Viele Christen verloren sogar ihr Leben aufgrund ihres Glaubens. Und doch ging die Strahlkraft ihres Glaubens nicht verloren. Die Gemeinden konnten standhalten. Sie trugen die Hoffnung weiter. Sie hatten den längeren Atem. Gerade da, wo wir es am dringendsten brauchen, stellt Gottes Geist ein anderes Bild neben alles Schwere. Neben dem Geist der Furcht, der immer auch da ist, schafft er Raum für den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Es tut gut, das einmal im Jahr zu feiern und sich dessen zu vergewissern.

4. Wir haben Christus im Sinn: Pfingsten weiterleben

„Was wir im Sinn haben, das kommt von Christus her“, das ist ein Versprechen, aber auch ein Anspruch, dass diese Welt etwas von Gott erfährt. Wenn wir Christus im Sinn haben, spüren wir eine Sehnsucht nach dem Leben, wie Gott es will.

Immer wieder neu gilt es herauszufinden: Ist das, was ich denke und tue, im Sinne Christi? Habe ich ihn dabei im Sinn oder etwas ganz Anderes? Ehrlichkeit tut not. Und dann kann es plötzlich geschehen, dass ich merke: Ich habe mich in meinen Sorgen und Befürchtungen verheddert, statt mich Gott anzuvertrauen. Mein Ärger über meinen Mitmenschen war viel größer als der Wunsch nach Vergebung. Meine Angst vor der Zukunft ist mitunter mächtiger als die Zuversicht, dass Gott es zum Guten hinausführt.

Es gilt, dafür wach zu sein und immer wieder die Geister zu prüfen: „Ein von Gottes Geist erfüllter Mensch kann das alles richtig einschätzen. Dabei kann sich kein anderer ein Urteil über ihn anmaßen“, so schreibt Paulus.

Ja, vieles macht mir Sorgen. Aber ich kann es im Gebet aussprechen. Ich kann auf Gott hören und warten, bis er auch mir die Tür öffnet. Ich kann warten, dass er mir den Weg in die Freiheit zeigt, raus aus den Bedenken, aus dem Kleinmut und der Hartherzigkeit.

Der Geist von Pfingsten öffnet Türen und Herzen. Er holt aus dem Kreisen um uns selbst und unseren – auch berechtigten - Sorgen. Gottes Geist gibt Hoffnung und eine neue Sicht: Da bin ich! Ganz nah! Ich verlasse euch nicht. Ich bringe euch durch diese Zeiten. Mag manches düster aussehen, lasst euch davon nicht so fesseln und einengen.

Die Bibel ist voller Geschichten von Menschen, die durch Gottes Geist über sich hinauswuchsen, denen eine neue Sicht, ein neues Leben geschenkt wurde. Sie gingen danach auch nicht über Rosenblätter, aber sie gingen und trauten dem Leben weit über den Tod hinaus.

Und wenn Sie gefragt werden: was ist Pfingsten?, dann könnten Sie antworten: Das ist der Tag, an dem ich daran erinnert werde, dass Gott mich begeistert! Ich bekomme neue Hoffnung für mich und die Welt. Gott sei Dank.

Amen.

[Die Predigt kann hier enden – oder mit dem Text von Lothar Zenetti – sorgfältig vorgetragen!]

Wir haben Christus im Sinn – das hat der Pfarrer und Dichter Lothar Zenetti so ausgedrückt:

„Betend
also gewohnt
in den Wüsten zu wohnen
Durststrecken zu durchstehen
von jeher
halten wir stand
wir haben den längeren Atem
wir haben die größere Hoffnung

Betend
also mit andern Augen
sehen wir manchmal ein Zeichen
auf den Zusammenhang weisend
sehen vor Tage
ein wenig schon
wie ein Licht
das verheißene Land

Betend
also denkend das Undenkbare
folgen wir der Spur
halten Schritt mühsam
mit dem der vorangeht
durch Wasser und Wüste
der möglich macht das Unmögliche
der Leben wirkt
aus dem Tod
Amen.“

(Lothar Zenetti, Auf seiner Spur, Texte gläubiger Zuversicht, 2000).

Verfasserin: Dekanin Kerstin Vogel-Hinrichs, Dekanin, Große Falterstraße 4a, 70597 Stuttgart


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