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Gottes Glanz leuchtet in Brechungen auf

von Michael Heymel (64291 Darmstadt)

Predigtdatum : 13.01.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 4. Sonntag vor der Passionszeit
Textstelle : 2. Petrus 1,16-19.(20-21)
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Wochenspruch:

Über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit erscheint über dir. (Jesaja 60, 2)

Psalm: 97 oder 100 (EG 740)

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 3, 1 – 10 (11 - 14)
Epistel:
2. Korinther 4, 6 – 10
Evangelium:
Matthäus 17, 1 - 9

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 441
Du höchstes Licht, du ewger Schein
Wochenlied:
EG 67
Herr Christ, der einig Gotts Sohn
Predigtlied:
EG 72
O Jesu Christi, wahres Licht
Schlusslied:
EG 70
Wie schön leuchtet der Morgenstern

Hinführung:
In der folgenden Predigt (aus dem Jahr 1996) versuche ich, die historisch-kritische Bibelforschung ernst zu nehmen, derzufolge der Verfasser des zweiten Petrusbriefes nicht der Apostel Petrus war. Zugleich verstehe ich den Text als existentielle Herausforderung, an die Stelle des Petrus zu treten, d.h. selber auf den heiligen Berg zu steigen. Nur auf diese Weise, so legt das Zeugnis des Verfassers, der sich den Namen jenes Jüngers „ausleiht“, nahe, können wir den verklärten Jesus sehen. Ein objektives Zuschauen von neutralem Ort aus gibt es hier nicht.
Ich betone: der Verfasser dieses Briefes macht uns gerade durch die Wahl seines Namens darauf aufmerksam, dass die göttliche Herrlichkeit Jesu nur dem erscheint, der mit seinem Leben als Zeuge für die Wahrheit eintritt, die uns in der Person Jesu begegnet, nicht einem Zuschauer, der Abstand hält.
Man kann den Bericht des Apostels, der sich Petrus nennt, als „ausgeklügelte Fabel“ – modern gesprochen: als literarische Erfindung – abtun. Aber verstanden hat ihn nur, wer sich genauso wie er auf den Weg macht: dorthin, wo jemand zum Zeugen der Anbetung, der Gegenwart Gottes wird. „Wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen“ (V.16). Selber – daran hängt alles.

16 Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. 17 Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. 18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.
19 Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. [ 20 Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. 21 Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet. ]

Liebe Gemeinde!
„Wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen„ – so schreibt der Apostel. Er tritt auf als Zeuge für die göttliche Macht und Größe Jesu, als einer von den drei Jüngern, die dabei gewesen sind, als Jesus auf dem Berg Tabor betete und seine Gestalt sich verwandelte.
Aber wer sonst – außer den Aposteln – kann von Jesus sagen: „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen?“ Wir sind doch nicht auf dem Berg Tabor dabei gewesen. Wir sind keine Zeugen, die mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört haben, was mit Jesus geschah. Wo und wann ist uns seine Herrlichkeit erschienen?
Mit dem heutigen Sonntag endet die Epiphaniaszeit. Und ,Epiphanias‘ heißt: Erscheinung. Wo eine Person in göttlicher Macht und Größe erschien, da sprach man in der Zeit der ersten Christen von einer Epiphanie, einer Erscheinung. Ist die Herrlichkeit Jesu etwas, was nur andere gesehen haben, die Christen der ersten Generation? Haben die Späteren – also auch wir – nichts mehr davon zu Gesicht bekommen? Und wenn es so ist: Können wir denn so sicher sein, dass an den Geschichten über Jesus wirklich etwas dran ist? Können wir uns persönlich davon überzeugen, dass sie wahr sind?
Der zweite Petrusbrief stammt aus einer Situation, in der die Christengemeinde durch heftigen Streit erschüttert wurde. Es gab offenbar Leute im Umkreis der Gemeinde, die durch ihren Lebenswandel die Botschaft von Jesus Christus in Misskredit brachten. Für den Verfasser des Briefes sind es „verfluchte Leute“, die die Christen vom richtigen Weg abbringen. Sie sind daran schuld, dass der „Weg der Wahrheit“, das Leben nach dem Evangelium, verlästert wird. Daher sei das Gericht über sie seit langem vorbereitet.
Liebe Gemeinde, kennen wir heute nicht auch ähnliche Situationen? Das gibt es doch auch heute: Spötter, die sich über die Kirche, über den Glauben und das Leben der christlichen Gemeinde lustig machen. Leute, die die Wahrheit des Evangeliums, von der wir überzeugt sind, in Zweifel ziehen. Sie sagen: Was ihr glaubt, beruht doch nur auf Einbildungen und Wunschvorstellungen, das sind alles nur Märchen.
Ich finde es nicht einfach, damit zurechtzukommen. Wie halten wir das aus, wenn unsere eigenen Überzeugungen auf eine beängstigende, provozierende Weise in Frage gestellt werden? Wenn die Wahrheit, auf die wir uns verlassen, in Zweifel gezogen und lächerlich gemacht wird?
In einer solchen Situation erinnert der Apostel die Gemeinde in geradezu beschwörendem Ton: „Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus, sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen.“
Der Verfasser des Briefes gehört also zu den Augenzeugen der Geschichte Jesu. Was uns von Jesus in der Bibel überliefert ist, beruht auf den Berichten von Augenzeugen. Aber genügt das, um sich selber von ihrer Wahrheit zu überzeugen?
Der Apostel schreibt über das Ereignis, bei dem ihm die göttliche Macht und Größe Jesu aufgegangen ist: „Er (Jesus) empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.“
Vorhin haben wir aus dem Evangelium gehört: Jesus war mit drei seiner Jünger auf einen hohen Berg gestiegen, um dort zu beten. Die drei waren Petrus, Jakobus und Johannes. Petrus war demnach bei Jesus und hörte die Stimme vom Himmel.
Aber der Apostel, der den zweiten Petrusbrief geschrieben hat, ist nicht Petrus! Dieser Brief beruft sich zwar auf den Namen und die Autorität des Petrus, und er liest sich wie ein von diesem selbst verfasstes ,Testament‘ – aber er wurde erst nach 100 n.Chr. geschrieben, und zu diesem Zeitpunkt war Petrus schon gestorben. Der Unbekannte, der uns das ,Testament‘ des Petrus überliefert, war also auch nicht mit Jesus auf dem Berg Tabor.
Haben die Spötter und Zweifler am Ende doch recht, wenn sie sagen: Was ihr Christen glaubt, beruht auf Einbildung, das sind alles Märchen? Nein, liebe Gemeinde, wir machen uns nichts vor, es ist kein Hirngespinst, wenn wir glauben: in der Person Jesu erscheint göttliche Macht und Größe, er ist Gottes Sohn. Das ist die Wahrheit, die uns die Apostel für alle Zeiten bezeugt haben.
Aber zu der Wahrheit, die uns in der Person Jesu begegnet, zu dem göttlichen Licht, das seine Gestalt erleuchtet und verwandelt, kann man sich verhalten wie ein Zuschauer – oder wie ein Zeuge.
Ein Zuschauer ist jemand, der aus sicherem Abstand etwas beobachtet und hört – aber er fühlt sich nicht davon betroffen, es geht ihn nichts weiter an. Es gibt Leute, die fragen: „Ist das wirklich wahr?“, wenn man ihnen eine Geschichte erzählt. Sie wollen darüber objektiv Bescheid wissen, d.h. Abstand halten. Das ist die Haltung des Zuschauers.

Wenn man solchen Menschen von der Verklärung Jesu erzählt, dann wollen sie wissen: Auf welchem Berg ist das passiert? Wer ist dabei gewesen? Wenn nur Jünger dabei waren: Sind die unparteiisch? Könnte es sein, dass sie sich nur eingebildet haben, eine Stimme vom Himmel zu hören?
Gesetzt den Fall, es hätte zur Zeit von Jesus schon Fotoapparate und Videokameras gegeben: dann hätte man seinen Aufstieg auf den Berg und seine Verklärung in Gegenwart der drei Jünger fotografieren und filmen können. Wenn ein Mensch dann die Bilder sieht, die das ganze Ereignis dokumentieren, und dazu die Originalstimmen und Töne hört: Sieht er dann die göttliche Macht und Größe Jesu, hört er dann die Stimme des himmlischen Vaters?
Nein, das geht nicht. Warum? Weil man die Herrlichkeit, die von Gott kommt, auf keinem Foto und keinem Film ,objektiv‘ festhalten kann! Weil die Stimme Gottes mit keinem noch so empfindlichen Mikrofon der Welt aufgenommen werden kann! Menschen, die immer nur Zuschauer bleiben, kann man durch kein Beweismittel davon überzeugen, dass Jesus wahrhaftig Gottes lieber Sohn ist.
Es gibt nur einen Weg, wie man sich von der Wahrheit der christlichen Botschaft selber überzeugen kann: sich genau dahin stellen, wo der Apostel, wo Petrus selbst gestanden hat, in seine Fußstapfen treten, wie er Jesus auf seinem Weg nachzufolgen. An die Stelle des Petrus treten, das heißt: ich sehe mich selbst so an, als ob ich mit Jesus auf den Berg Tabor gestiegen wäre, als ob ich gesehen hätte, wie seine Gestalt sich verwandelte, als ob ich die Stimme vom Himmel gehört hätte
Aber bilde ich mir da nicht bloß etwas ein? Nein, durch die Worte der Bibel, durch die Worte aus dem zweiten Petrusbrief wird mir gezeigt, auf welchem Weg ich die Herrlichkeit Jesu zu sehen und wo ich die Stimme des Vaters zu hören bekomme. Deshalb schärft der Apostel uns ein, auf das prophetische Wort zu achten: dieses Wort sei „ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.“
Die Worte der Propheten und Apostel sind wie Lichtquellen im Dunkel: sie weisen uns den Weg, auf dem uns Gottes Lichtglanz, Seine Herrlichkeit aufscheint. Und wer diesen Weg geht, tritt an die Stelle des Petrus. Wenn wir an seine Stelle treten, dann hören wir auf, Zuschauer zu sein. Wir sind bereit, mit den Augen eines Apostels zu sehen und mit seinen Ohren zu hören.
Und so kann mit uns – wann und wo es Gott gefällt – auch das geschehen, was mit Petrus geschah: der Morgenstern, das göttliche Licht kann aufgehen in unseren Herzen. So werden wir, wie Petrus, zu Zeugen der göttlichen Macht und Größe Jesu. Wir sehen Jesus, seine Person und seine Geschichte, im Lichtglanz Gottes, wir sehen, wie er davon erleuchtet und verklärt wird. Und das ist keine ,objektive‘ Tatsache, sondern etwas, das in uns selbst geschieht, wovon wir bewegt werden, wenn wir auf das Wort achten.
Im Januar 1996 hielt der israelische Ministerpräsident Ezer Weizman eine beeindruckende Rede im Deutschen Bundestag. Er sagte:
„Ich bin nun nicht mehr ein Jude, der in der Welt umherwandert, der von Staat zu Staat ziehende Emigrant, der von Exil zu Exil getriebene Flüchtling. Doch jeder einzelne Jude in jeder Generation muss sich selbst so verstehen, als ob er dort gewesen wäre – dort bei den Generationen, den Stätten und den Ereignissen, die lange vor seiner Zeit liegen.“
Und dann sagte Weizman:
„Ich war ein Sklave in Ägypten und empfing die Thora am Berge Sinai, und zusammen mit Josua und Elijah überschritt ich den Jordan. Mit König David zog ich in Jerusalem ein, und mit Zedekiah wurde ich von dort ins Exil geführt. Ich habe Jerusalem an den Wassern zu Babylon nicht vergessen, und als der HERR Zion heimführte, war ich unter den Träumenden, die Jerusalems Mauer errichteten“ (Frankfurter Rundschau vom 17.1.1996, 18).
Natürlich, man kann Ezer Weizman erwidern: Das stimmt nicht, Sie waren kein Sklave in Ägypten, Sie haben nicht am Berg Sinai die Thora empfangen! Aber wer will bestreiten, dass er sich als Jude so versteht, als ob er dort gewesen wäre? Weizman tritt auf als Zeuge für das jüdische Volk, für alle Generationen.
Der Verfasser des zweiten Petrusbriefes versteht sich selbst so, als ob er wie Petrus auf dem Berg Tabor gewesen wäre. Und so war er dort und spricht jetzt als Zeuge für die Herrlichkeit Jesu zu uns!
Steigen wir mit Petrus auf den heiligen Berg, um mit seinen Augen zu sehen und mit seinen Ohren zu hören?

Verfasser: Pfarrer Dr. Michael Heymel, In der Kirchtanne 5 A, 64297 Darmstadt

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