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Gottes gute Ordnungen

von Ulrich Bergner (61352 Bad Homburg)

Predigtdatum : 14.10.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 20. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Korinther 7,29-31
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Wochenspruch: "Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott." (Micha 6, 8)

Psalm: 119, 101 - 108

Lesungen

Reihe I: Markus 10, 2 - 9 (10 - 16)
Reihe II: 1. Thessaloniker 4, 1 - 8
Reihe III: 1. Mose 8, 18 - 22
Reihe IV: 1. Korinther 7, 29 - 31
Reihe V: Markus 2, 23 - 28
Reihe VI: 2. Korinther 3, 3 - 9

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 445 Gott des Himmels und der Erden
Wochenlied: EG 295 Wohl denen die da wandeln
Predigtlied: EG 449,8-12 Alles vergehet, Gott aber stehet
Schlusslied: EG 157 Lass mich dein sein und bleiben

Predigttext 1. Korinther 7, 29 – 31

Vom Leben nach der Berufung

29 Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz. Auch sollen die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine;

30 und die weinen, als weinten sie nicht; und die sich freuen, als freuten sie sich nicht; und die kaufen, als behielten sie es nicht;

31 und die diese Welt gebrauchen, als brauchten sie sie nicht. Denn das Wesen dieser Welt vergeht.

Liebe Gemeinde,

wenn es um die Zeit geht, um unsere Zeit, dann werden wir hellhörig. Denn unsere Zeit ist uns kostbar wie kaum etwas anderes. Sorgfältig achten wir darauf, mit wem wir sie teilen, wem wir Zeit schenken. Und wehe, man versucht uns Zeit zu stehlen! Kein Mensch kann es sich eigentlich leisten, seine Zeit zu vergeuden. Zu kostbar ist allein schon der Augenblick. Die höfliche Frage: Darf ich ihre Zeit in Anspruch nehmen?, versteht sich eigentlich von selbst, auch wenn sie oft vergessen wird. Und wie oft sagen wir: Ich habe keine Zeit, was häufig heißt, dass mir andere Dinge wichtiger sind. Mit unserer Zeit geizen wir. Berater sprechen vom Zeitbudget und vom Zeitmanagement. Die Politik bestimmt Zeithorizonte und arbeitet in Zeitkorridoren. Und stets drängt die Zeit.

Was brauchen wir da noch den Hinweis des Apostels, der uns heute Morgen daran erinnert. „die Zeit ist kurz“. Ja selbstverständlich! Kurz ist sie, viel zu kurz, flüchtig und schon immer im Vergehen begriffen. Sie läuft uns schier davon. Darum so- viel Hetze und Kurzatmigkeit, soviel Angst vor Zeitverlust. Noch die Tausendstelsekunde zählt im digitalen Geschäft.

Die Zeit ist kurz, sagt Paulus. Doch das scheint ihn nicht weiter zu beunruhigen. Seine Zeitansage führt ihn nun keineswegs zu den üblichen Hinweisen, gefälligst sorgfältig mit der gewährten Zeit umzugehen. Er fängt gar nicht erst an, uns Tipps zum besseren Zeitmanagement zu geben. Denn es geht ihm um viel mehr, als um die letztlich selbstverständliche Lebensweisheit, dass unsere Zeit begrenzt ist.

Das wussten damals auch die Philosophen, die wie die Stoiker als Lebensberater fungierten. Sie gaben den Ton an in der Zeitdebatte und gaben Antworten auf die Frage, wie gestalte ich mein Leben im Angesicht der flüchtigen Zeit. Und sie gaben gute Ratschläge: Lass dich nicht zu sehr von deinen Gefühlen in Anspruch nehmen – das kostet nur Zeit. Lebe dein eigenes Leben. Suche die Ruhe in dir selber. Heute empfiehlt die Ratgeberliteratur: Nimm dir Zeit für dich selber! Du brauchst eine Auszeit! „Ich bin dann mal weg“, lautete ein Buchtitel – und wurde ein Bestseller. Einfach aussteigen, Zeit für sich selber und nur für sich selber zu haben, weil die Zeit doch viel zu kurz ist. Aber all diese Ausbrüche und spirituellen Auszeiten bleiben am Ende nur Wegstationen, um sich alsbald wieder in den Strom der vergehenden Zeit einzureihen und ihr Tribut zu zollen.

Dass die Zeit kurz ist, ist für Paulus keineswegs ein Grund, mehr Zeit für sich haben zu wollen. Das hätte sich schon mit seinem leidenschaftlichen Charakter nicht vertragen; schließlich war der Mann unentwegt unterwegs.

Kurz ist die Zeit, wörtlich: zusammengedrängt, weil sie begrenzt ist. Ihre Grenze freilich ist nicht einfach das Ende, das unwiderruflich kommt, das Ende meines Lebens oder das Ende eines Zeitalters, sondern der kommende Herr Jesus Christus. Er ist die Grenze. Christus bringt die Zeit zum Vergehen. Er bringt sie zum Vergehen, indem er kommt. Und Jesus Christus ist im Kommen. Seine Auferstehung von den Toten und sein Kommen, das ist die große Klammer, in der unsere Zeit steht. Das umgreift unsere Zeit, unsere gut genutzte wie unsere vergeudete Zeit, unsere geteilte wie unsere verschenkte Zeit. Alle Zeit läuft ihm entgegen. In jedem Gottesdienst beten wir: „Er sitzt zur Rechten Gottes, von dort wird er kommen ...“. Das ist beileibe keine Floskel, sondern ganz entscheidend für unser christliches Lebens- und Zeitgefühl. Doch im Innern schieben wir das weit weg – irgendwann, weit nach unsrer Zeit, wird er kommen ...

„Das sage ich aber, liebe Brüder, und auch euch liebe Schwestern: Die Zeit ist kurz“. Das Kommen des Auferstandenen, der zur Rechten Gottes regiert, ist von großer Dringlichkeit. Das geht uns alle an, besser: - Der geht uns alle an. Denn er kommt, um mit uns etwas anzufangen, ja, um mit uns noch einmal ganz neu anzufangen. Das dürfen wir hören in einer vergehenden Welt. Und darum ist unsere Zeit kurz. Ihr lebt in einer Zwischenzeit, sagt uns Paulus. Die ist umklammert, eingefasst von der Auferstehung und vom Kommen Jesu Christi.

Deshalb ist eure Zeit nicht einfach eine mehr oder weniger lange Reihe von Jahren, sondern die Zeit, die dem Kommen Jesu entgegenläuft. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes vor-läufige Zeit. Ihre Erfüllung steht noch aus. Und alles, was wir erleben, worüber wir uns freuen und woran wir schmerzlich leiden, was uns traurig und was uns glücklich macht, jede Ehe, jede Liebesbeziehung und jedes Geschäft, es ist alles ein Vor-letztes, es entscheidet nicht über mein Leben. Es steht alles in dieser großen Christus-Klammer – zwischen seiner Auferstehung und seinem Kommen.

Die zentralen Einbindungen und Verpflichtungen unseres Lebens benennt Paulus: Angefangen vom Verhältnis zwischen Mann und Frau, unseren intensivsten Gefühlen wie Freude und Trauer bis zum Umgang mit Geld und Besitz. Nichts von alledem sollen wir handhaben und erleben und erfahren, als hätte es das letzte Wort, als wär's das gewesen.

Das ist guter seelsorgerlicher Rat. Wie leicht und wie selbstverständlich nehmen wir all diese Dinge für absolut, für alternativlos, für unverzichtbar und verlieren uns darin. Paulus sagt freilich nicht: Keine Ehe! Keine Liebesbeziehungen! Nur keine Tränen! Keine Geschäfte mehr! Im Gegenteil: Das alles gehört zum Leben dazu. Ja, es wird geliebt, Gott sei Dank! Aber in der Liebe ist die Freiheit zuhause, die den andern für sich da sein lässt. Und in den Tränen, die geweint werden, mitten in allem Schmerz, vergesst nicht, dass Gott euch in all eurer Trauer näher ist, als ihr ahnt, dass er selber alle Tränen abwischen wird, er, der sich in leidenschaftlicher Liebe im Leiden Jesu Christi in alles Leid dieser Welt hat verwickeln lassen. Und wenn ihr euch von Herzen freut, denkt daran, dass all eure Freude im tiefsten Sinne Vorfreude ist.

Also, schämt euch nicht eurer Liebesbeziehungen, eurer Freude oder eurer Tränen, eurer ehrlichen Geschäfte und der Teilnahme am Leben in seiner bunten Vielfalt. Aber tut nicht so, als sei das der Sinn des Lebens – und wenn's fehlt wird alles sinnlos.

Und zugleich: schreibt die vergehende Welt nicht ab, macht sie nicht verächtlich. Gewiss, sie ist in die Jahre gekommen – so viele Wunden, so viele Narben. Aber sie hat ihre Würde, ihre ganz besondere Würde, ist sie doch umfangen von der Auferstehung und dem Kommen Jesu Christi. Er hat uns alle in sein Herz geschlossen. Er kommt! Und kommt auch jetzt liebevoll auf jeden von uns zurück, wie der gute Hirte, der seinem verlorenen Schaf nachläuft. Und dieses Vertrauen, diese Hoffnung lässt unsere vergehende Welt mitsamt unserem vergehenden Leben im Licht seiner Liebe wunderbar leuchten. 

Amen

Verfasser: Pfarrer Ulrich Bergner, Kirchgasse 3 a, 61352 Bad Homburg


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