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Gottes Herrlichkeit wird offenbar in dem Menschen Jesus von Nazareth

von Renate Köbler (64711 Erbach)

Predigtdatum : 03.01.2010
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach dem Christfest
Textstelle : 1. Johannesbrief 5,11-13
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Wochenspruch:

„Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1, 14 b)

Psalm: 138, 2 – 5

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 61, 1 – 3 (4.9) 11.10
Epistel:
1. Johannes 5, 11 – 13
Evangelium:
Lukas 2, 41 – 52

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 39
Kommt und lasst uns Christus ehren
Wochenlied:
EG 72
O Jesu Christe, wahres Licht
Predigtlied:
EG 342
Ich singe dir mit Herz und Mund
Schlusslied:
EG 499
Erd und Himmel sollen singen

Vorbemerkungen:
Der 1. Johannesbrief hat eher den Charakter eines Traktates, einer „Werbeschrift“, als eines Briefes. Sein Thema ist „die Botschaft vom Leben“, die Verheißung des ewigen Lebens an alle, die an Jesus Christus als den von Gott kommenden Sohn glauben. Immer wieder wird die Gottessohnschaft Jesu Christi betont, denn inwiefern der leibhaftige Mensch Jesu von Nazareth als Sohn Gottes verstanden werden kann, war umstritten.

In den drei Versen des Predigttextes wird der Begriff des „Lebens“, bzw. des „ewigen Lebens“ fünfmal verwandt und nimmt damit eine Schlüsselstellung ein. Es ist damit zu rechnen, dass die Predigthörerschaft mit dem Begriff „ewiges Leben“ in erster Linie ein Leben nach dem Tod verbindet. Damit muss die Predigt umgehen und versuchen zu verdeutlichen, dass „ewiges Leben“ im Johannesbrief nicht als zeitliche, sondern als qualitative Dimension des gegenwärtigen, irdischen Lebens zu verstehen ist.

Getreu dem Grundsatz: Je trockener ein Predigttext auf den ersten Blick wirkt, desto mehr „Eros“ gilt es beim Erarbeiten des Textes und beim Predigen zu entwickeln, habe ich versucht, den lehrhaften Charakter des Textes in Bilder umzusetzen.

Predigt

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei jetzt mit uns allen.

„Draußen vor dem Fenster, ein Schneegestöber; die Bewegung des Windes ist so stark, dass die Flocken fast waagrecht wie kleine Geschosse vorüber fliegen. Ich sitze im Zimmer und höre Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 in C-Dur, eine Verlautbarung am Klavier, fern herüberkommend von einem Mann namens Mozart, der gewusst haben muss, dass Musik den zuhörenden Menschen sammelt und zusammenhält, minutenlang, stundenlang. Draußen Schneegestöber, innen Mozart: So könnte es bleiben. …

Der Wind drückt die Flugbahn der Flocken ein wenig nach oben; es sieht aus, als flöge der Schnee wieder in den Himmel hinauf! An dem Birnbaum im Garten gegenüber ist bis heute eine Birne hängen geblieben; als es Zeit dafür war, ist sie nicht vom Ast gefallen. Die Birne könnte mein Vorbild werden: Auch ich möchte vergessen, worauf ich warte.“
Wilhelm Genazino

Liebe Gemeinde,

Draußen Schneegestöber, innen Mozart! - Was für ein herrliches Bild für einen Wintertag, den der Schriftsteller Wilhelm Genazino uns da vor Augen stellt. Ja, ich sehe es regelrecht vor mir: das warme, vielleicht etwas unordentliche, aber gemütliche Zimmer, den Mann im Sessel, der versonnen nach draußen in den verschneiten Garten blickt, tanzende, wirbelnde Schneeflocken vor seinem Fenster, und drinnen Mozart – fast höre ich die Klänge.

Kostbare Momente, Minuten, Stunden, in denen der Mann ganz bei sich ist. Die Birne, die draußen am verschneiten Ast über die Zeit hinweg hängen geblieben ist, wird ihm zum Zeichen: nicht warten, nicht starren auf das, was noch kommen mag, sondern im Hier und Jetzt leben. Sie lässt vergessen, worauf man wartet. Er ist nicht mit den Gedanken in einer fernen Zukunft, sondern ganz in der Gegenwart. Die Musik sammelt ihn und hält ihn zusammen, minutenlang, stundenlang. Draußen Schneegestöber, innen Mozart. Diese Minuten, diese Stunde ist erfüllte Zeit. So könnte es bleiben – so könnte es ewig bleiben. Ein Hauch von Ewigkeit liegt in der Luft, liegt in diesem Moment. Ein Hauch der Ewigkeit mitten in seinem Zimmer, mitten in seinem Leben!

So jedenfalls ist das mit der Ewigkeit, mit dem ewigen Leben, wenn ich den Schreiber des Johannesbriefes recht verstehe. Es ist keine ferne Zukunft, sondern Teil unseres gegenwärtigen, irdischen Lebens. Hören wir drei Zeilen aus dem 1. Johannesbrief, unseren heutigen Predigttext:

11 Und das ist das Zeugnis, dass uns Gott das ewige Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn.
12 Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.
13 Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.

Drei knappe Briefzeilen nur, aber sie atmen eine Kraft und eine Stärke, gegen die man sich schwerlich wehren kann. Als hätte der Briefschreiber es darauf angelegt, keinen Widerspruch und keine Fragen aufkommen zu lassen, verkündet er seine Botschaft. Ganz einfache Worte nutzt er dazu, um die größten Dinge der Welt so zu sagen, dass es einem den Atem nehmen kann:

Gott hat uns das ewige Leben gegeben – es liegt in seinem Sohn.
Wer den Sohn hat, hat das Leben.
All das schreibe ich euch, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt!

„Ihr habt es schon!“, schreibt Johannes. Das ist das Erstaunliche, ja Aufregende: Das ewige Leben ist kein zukünftiges Leben das irgendwann einmal auf uns wartet! Er sagt nicht: Glaubt hier in dieser Welt nur fest, dann werdet ihr in der kommenden Welt leben. Leben wird nicht in Aussicht gestellt, sondern er schreibt: Ihr habt es schon! Ja, er will uns eindrücklich daran erinnern, damit wir es wissen und ja nicht vergessen: Wir haben schon das ewige Leben. Dieses ewige Leben fängt nicht erst nach unserem Tode an. Ewiges Leben ist auch nicht einfach das Leben, wie wir es kennen, nur ins Unendliche hinein verlängert. Nein, ewiges Leben ist erfülltes Leben im Hier und Jetzt. Es geht nicht um eine zeitliche Dimension, sondern um eine Qualität des Lebens.

Das ewige Leben ist wie Musik, wie eine Melodie, die unserem Leben zugrunde liegt. Eine Melodie, die mitten im Leben, in der Gegenwart hörbar und spürbar wird, ja, die zum Klingen kommen, die gesungen sein will. Es ist die Melodie der Liebe. Immer wieder betont Johannes diese Grundmelodie unseres Lebens: „Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen.“
Die Liebe Gottes zu uns ist wie der Grundton auf dem unser Leben zum Klingen kommt. Sie ist ewig, mitten in der Zeit. Sie macht die Qualität unseres Lebens aus. Und diese Qualität liegt in Jesus Christus begründet. Wer den Sohn hat, hat das Leben! In seinem Leben und Wirken leuchtet das Leben auf, das von Gott kommt: Blinde sehen, Lahme gehen und den Armen wird die Botschaft der Befreiung weitererzählt. Die Bedrückten können wieder ihren Kopf heben und aufrecht gehen. Individualisten sehen den Menschen neben sich,
Ausgestoßene finden neue Gemeinschaft und der Tod hat keine Macht mehr. In Jesu Leben und Wirken wird offenbar, dass es mitten in den Bedrängnissen des Lebens eine Dimension von Liebe, von Geborgenheit und einen Frieden gibt, die mit unseren menschlichen
Vorstellungen kaum zu fassen sind. Wer den Sohn hat, hat das Leben – ein Leben, getragen von der Liebe Gottes, ein Leben aus der Vergebung heraus, angenommen und bestätigt vom ewigen Gott. Wer den Sohn hat kennt die Melodie des Lebens.

Draußen Schneegestöber und innen Mozart. Die Musik sammelt den Menschen, hält ihn zusammen, auch – oder gerade - wenn draußen Schneegestöber ist! Im Schneegestöber der Welt, wenn ein scharfer Wind ums Haus fegt, wenn die Kälte durch die Ritzen kriecht und frösteln lässt, vermag die Melodie der Liebe Gottes unser Leben zusammenzuhalten, unser Leben durch Wind und Wetter zu tragen. Manchmal gelingt es und ich höre die Melodie laut und deutlich, volltönend, fast bedrängend, so dass ich mich ihr kaum entziehen kann. Manchmal fließt sie so dahin, plätschert durch mein Leben als stille Hintergrundsmusik, die ich gar nicht mehr bewusst wahrnehme. Manchmal höre ich nur vereinzelte Töne, schrille Klänge, Dissonanzen, nehme keinen Zusammenklang wahr und die Musik erreicht mich nicht.

Und manchmal entschwindet sie mir ganz, ist nicht mehr wahrnehmbar für mich. Dann herrscht ein Schneegestöber in mir, treibt mich um und um. Kälte und Frost in meiner Seele krümmen mich zusammen, lassen mich erstarren. Dann brauche ich Auszeit, Ruhe, Stille, damit der Sturm in mir sich legen kann, denn nur wenn es still wird in mir, kann ich die Melodie hören, die mein Leben trägt und zusam-menhält. Nur wenn es still ist in mir kann ich sie aufnehmen und in mir zum Klingen kommen lassen. Dann liegt ein Hauch von Ewigkeit in der Luft, zieht in mein Leben ein. Hier und Jetzt, mitten in meinem Leben.

Die Melodie der Liebe Gottes, die in Jesus Christus in unsere Welt gekommen ist, ist da – völlig unabhängig von Schneegestöbern draußen oder drinnen. Vielleicht gelingt es nicht immer, sie zu hören, aber sie ist da und geht um die Welt, klingt durch die Zeiten. Ewig. Wisst, dass ihr das ewige Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.
Amen.

Und die Liebe Gottes, die höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Renate Köbler,
Neckarstraße 18, 64711 Erbach

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