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Gottes Offenbarung in Jesus Christus gilt allen Völkern

von Thomas Waldeck (Griesheim)

Predigtdatum : 06.01.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Epiphanias
Textstelle : Kolosser 1,24-27
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Wochenspruch:
"Die Finsternis vergeht, und das wahre Licht scheint jetzt." (1. Joh 2, 8)
Psalm: 72, 1 - 3.10-13.19

Lesungen
Reihe I: Matthäus 2, 1 - 12
Reihe II: Epheser 3, 2 - 3 a. 5 - 6
Reihe III: Johannes 1, 15 - 18
Reihe IV: Kolosser 1, 24 - 27
Reihe V: Jesaja 60, 1 - 6
Reihe VI 2. Korinther 4, 3 - 6

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 69 Der Morgenstern ist aufgedrungen
Wochenlied: EG 70 Wie schön leuchtet der Morgen-stern
Predigtlied: EG 5 Gottes Sohn ist kommen
Schlusslied: EG 588 Tragt in die Welt nun ein Licht


Predigttext Kolosser 1, 24 – 27
Der Auftrag des Apostels
24 Nun freue ich mich in den Leiden, die ich für euch leide, und erfülle durch mein Fleisch, was an den Leiden Christi noch fehlt, für seinen Leib, das ist die Gemeinde.
25 Ihr Diener bin ich geworden durch den Auftrag, den Gott mir für euch gegeben hat, dass ich das Wort Gottes in sei-ner Fülle predige,
26 nämlich das Geheimnis, das verborgen war seit ewigen Zeiten und Geschlechtern, nun aber offenbart ist seinen Hei-ligen.
27 Denen wollte Gott kundtun, was der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Völkern ist, nämlich Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit


Liebe Gemeinde,

Geheimnisse machen neugierig. Geheimnisse fesseln. Ge-heimnisse beflügeln die Phantasie. Ob es die Geheimnisse der englischen Royals, ob es das Geheimnis von Stonehenge oder das Geheimnis um das sagenumwobene Seeungeheuer von Loch Ness ist – die Geschichten darüber halten Millionen in Atem und beschäftigen die Gedanken der Menschen. Die Welt ist voller Geheimnisse und regelmäßig füllen sie die Sei-ten von facebook oder die Seiten der Zeitungen.

Warum sind Geheimnisse so interessant? Wahrscheinlich deswegen, weil Geheimnisse nicht enträtselt werden können. Bei einem Rätsel gibt es irgendwann eine Lösung, das Rätsel kann enträtselt werden. Geheimnisse können nie mit letzter Sicherheit aufgeklärt werden. Am Ende bleibt immer noch etwas, was offen bleibt, was uns staunen lässt, was sich nicht mit der bloßen Vernunft erklären lässt.

Im Bereich der Religionen gab es in der Antike, also zur Zeit Jesu, geheimnisvolle Kulte, die ihre Lehren vor allen anderen verborgen hielten, es waren sogenannte Mysterienkulte, zu denen etwa der Dionysoskult oder der Mithraskult gehörten. Die geheimnisvollen Riten, der Weg zu einem Gott war nicht für jede und jeden Menschen bestimmt. Allein die Zugehö-rigkeit zur religiösen Gruppe entschied darüber, wer und wann in die Mysterien eingeweiht wurde. Dabei bezeichnete der Begriff „Mysterium“ vor allem die Verborgenheit Gottes, Gott offenbarte sich nur den Eingeweihten. Nur die, die von den Mitgliedern einer solchen Religion ausgewählt wurden, also für würdig erachtet wurden, wurden in die geheimen Riten, Gebete und Gebräuche eingeweiht. Für den Rest der Menschen, für die Neugierigen, für die Neidischen, für die nach Erkenntnis Strebenden war dieser Weg ausgeschlossen, blieb ein Geheimnis, sofern – wie gesagt – sie nicht ausge-wählt wurden.

Noch vor 500 Jahren kannten die Deutschen das Wort Ge-heimnis nicht, es kam im allgemeinen Sprachgebrauch nicht vor. Erst Martin Luther haben wir die Erfindung des deut-schen Wortes „Geheimnis“ zu verdanken. Als er bei der Übersetzung des Neuen Testamentes auf das griechische Wort „Mysterium“ stößt, überlegt er sich, wie er es ver-ständlich ins Deutsche übertragen kann. Und zur Zeit Luthers gab es das Wort nicht in einem Wörterbuch, es gab noch keinen Duden, Luther musste selbst überlegen und eine ge-eignete Übersetzung für das Wort finden:

ein Mysterium – das ist etwas, was nicht jedem zugänglich ist, es bleibt hinter verschlossenen Türen – es gehört ins Haus, in den vertrauten Bereich, es gehört ins Heim – und so wurde das Wort entdeckt: es ist ein Geheimnis. Was im ei-genen Heim geschieht, das ist für andere nicht zugänglich, nur die engsten Familienmitglieder wissen von etwas, was Außenstehenden verborgen ist. Und nur, wenn die Türen des Hauses geöffnet werden, wenn Gäste ins Haus kommen, dann kann – wenn die Gastgeber es wollen – ein Geheimnis gelüftet werden. Es kann etwas ganz Einfaches sein, ein neues Bild an der Wand oder ein neues Schlagzeug im Keller, oder auch etwas ganz Persönliches, wie etwa: meine Freun-din ist vor einer Woche eingezogen. Und dann ist es raus, das Geheimnis ist offenbart, die Gäste wissen Bescheid.

Der Kolosserbrief ist erst nach dem Tod von Paulus ge-schrieben worden. Über den Autor wissen wir nicht viel, au-ßer, dass er wahrscheinlich in der Nachfolge von Paulus als Heidenmissionar unterwegs ist. So wie Paulus verweist der Verfasser auf Jesus Christus und enthüllt das Geheimnis des Glaubens: „nämlich Christus in euch, die Hoffnung der Herr-lichkeit“.

Christus – das Geheimnis des Glaubens:
Im Gegensatz zu den griechischen Mysterienreligionen offen-bart der Verfasser des Kolosserbriefes das Geheimnis des Glaubens allen. Die Tür zu Gott ist weit offen, der Weg zu Gott ist nicht versperrt. Alle sollen eingeweiht sein, keine und keiner ist ausgeschlossen. Das Geheimnis heißt Jesus Chris-tus, wer an ihn glaubt, der lebt in der Geborgenheit Gottes. Wer sich an Jesus Christus orientiert, erfährt die Liebe Got-tes. Er sieht sich und sein Leben in einem anderen Licht. Er sieht alle Menschen um sich herum als Kinder Gottes. Denn das ist im Leben und Handeln dieses Jesus aus Nazareth zu erkennen: er hat Frauen und Männern, Jungen und Alten, Reichen und Armen die Liebe Gottes verkündigt. Menschen haben ihr altes Leben aufgegeben, als sie mit ihm geredet haben. Viele wurden an Leib und Seele geheilt.
In eindrücklichen Gleichnissen hat er von der Liebe dieses Gottes gepredigt: die Liebe Gottes gilt einem jungen Mann, der seine eigenen Wege geht und scheitert – und der Vater nimmt ihn in seine Arme und verzeiht.
Die Liebe Gottes gilt einer Frau, die am Ende ist und auf die alle mit Fingern zeigen und sie geht befreit und glücklich ihre Wege.
Die Liebe Gottes gilt einem Staatsbeamten, der die Leute betrügt und nur ans Geld denkt, und er verschenkt alles und macht wieder gut, was er angerichtet hat.
So ist Gott, sagt Jesus: er vergibt, er befreit, er heilt, er macht wieder gut. Wer diesen Gott in seinem Leben hat, kann aufatmen und neu beginnen. Das ist das ganze Ge-heimnis – Christus in euch.


Christus – in euch:
Christlicher Glaube hat es mit unserem „Innen“ zu tun, mit dem, was uns bewegt, mit unserer Sehnsucht, mit unserer Hoffnung, mit unseren Träumen. Christlicher Glaube ist nicht etwas Äußerliches und sei es eine alte, gute Gewohnheit. Die katholischen Priester gingen, wenn sie ein Problem hatten, wenn sie mit ihrem Gott Kontakt aufnehmen wollten, schweigend um den Tempel herum. „Kon-Templation“ – wörtlich übersetzt: „um den Tempel herumgehen“ heißt: innerlich zur Ruhe kommen, Gott zu spüren. Das ist eine Herausforderung, der sich viele Christinnen und Christen in unserer Zeit stellen. In Häusern der Stille, in meditativen Gruppen, in Seminaren der Kontemplation oder in klösterli-chen Gemeinschaften versuchen Menschen, sich neu zu ent-decken, Gott neu zu finden oder ihre „innere Mitte“ zu spü-ren. Christus lässt sich, so glauben sie, abseits der breiten und lauten Alltagsstraßen, die wir gehen, finden. Gott in sich Raum geben – das ist es, was sie suchen und vielleicht ist es auch das, was der Verfasser des Kolosserbriefes meint, wenn er schreibt: Christus in Euch. Das Heim, der Raum, in dem das „Geheimnis Gott“ erfahren wird, das sind wir selbst.

Epiphanias – das Fest der Erscheinung
Wir feiern heute den Sonntag Epiphanias. Schon allein der Name ist nicht jeder und jedem bekannt und das Epiphanias-fest wird in der Regel unter den christlichen Festen nicht wahrgenommen; eigentlich ist es ein Sonntag wie jeder an-dere im neuen Jahr, die Weihnachtsfeiertage sind vorbei, jetzt kommt irgendwann die Passionszeit und dann Ostern.

Epiphanias heißt wörtlich übersetzt „Erscheinung“. An Epi-phanias erscheint etwas, leuchtet etwas auf, zeigt sich et-was. Das Epiphaniasfest gehört mit den Epiphaniassonntagen eng zu dem Weihnachtskreis des Kirchenjahres. Gott zeigt sich – in dem Kind in der Krippe, in dem menschenfreundli-chen jungen Mann, in dem Sohn Gottes. Keine Geheimnisse mehr – jede und jeder ist bei ihm willkommen. Er nimmt die in seine Arme, die nicht mehr weiter wissen, die keine Per-spektive haben, die sich vor dem nächsten Tag fürchten. Aber auch die, deren Leben auf geraden Wegen verläuft, die sich nicht sorgen müssen, was der nächste Tag bringt. Wir alle sind Gottes Kinder – keine und keiner ist ausgeschlossen, es gibt keine Eingeweihten, keine Eliten und keine Außenste-henden. Diese Zusage, von Gott bedingungslos angenommen zu sein, wird uns in diesem noch jungen Jahr 2018 begleiten, sie kann uns verändern: aus uns Mutlosen können Menschen werden, die all dem, was kommen wird, furchtlos entgegen-sehen. Aus uns Menschen, die oft genug gestresst, hektisch und unruhig durch den Alltag gehen, können solche werden, die sich von Gott getragen wissen und deswegen jeden Tag optimistisch mit einem Lächeln beginnen können.

Für uns Menschen, die sich in einer dunklen Situation gefan-gen sehen, kann Licht aufscheinen, in dem Kind in der Krip-pe, in dem Mann aus Nazareth. Früher sagten die Menschen nicht nur am Jahresanfang: „Alles Gute“ oder „Schönes neu-es Jahr“, sondern sie wünschten sich ein „Anno Domini“, dass das vor ihnen liegende Jahr ein „Jahr des Herrn“ sein möchte, gesegnet und begleitet von Gott.

Ja, das soll es werden, ein neues Jahr 2018, in dem wir spü-ren, dass Gott mit uns und allen anderen geht – jeden Tag und wenn nötig, jeden Tag wieder neu.
Amen.


Verfasser: Pfarrer Thomas Waldeck
Pfarrgasse 2, 64347 Griesheim

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