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Heilung an Leib und Seele

von Sabine Leonhard (60433 Frankfurt)

Predigtdatum : 17.10.2004
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 18. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Epheser 4,22-32
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Wochenspruch:

Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen. (Jeremia 17,14)

Psalm: 32,1-5.10-11 (EG 717)

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 34,4-10
Epistel:
Epheser 4,22-32
Evangelium:
Markus 2,1-12

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 398
In dir ist Freude
Wochenlied:
EG 320
Nun lasst uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren
Predigtlied:
EG 390
Erneure mich, o ewigs Licht
Schlusslied:
EG 216
Du hast uns Leib und Seel gespeist

22 Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. 23 Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn 24 und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.
25 Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind. 26 Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen 27 und gebt nicht Raum dem Teufel. 28 Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann.
29 Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Segen bringe denen, die es hören. 30 betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr seid für den Tag der Erlösung. 31 Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung seien fern von euch samt aller Bosheit. 32 Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.

Liebe Gemeinde!
Neu werden, ein neuer Mensch werden, das ist ein uralter Menschheitstraum. In den Märchen lesen wir vom Frosch, der ein Prinz wird, vom hässlichen Entlein, das zu einem schönen Schwan heranwächst; von der Jungmühle, in die oben der „alte Mensch“ hineingeworfen wird, um unten als „neuer Mensch“ wieder herauszukommen. Und die Werbung unserer Tage lockt mit diesem Neuwerden, wenn wir nur die richtigen Produkte kaufen.
Neu werden, aus seiner alten Haut herausschlüpfen können, Versagen, Fehler, Niederlagen abstreifen, ein neuer, ein vollkommener Mensch werden können - wenn dies möglich wäre! Aber wir merken es immer wieder - alle Mühe ist vergeblich, wir bleiben die alten.
Auf diesem Hintergrund erstaunt es, mit wie knappen Worten Paulus in unserem Text den neuen Menschen „befiehlt“. „Legt ab - zieht an.“ Ist Menschsein also nur ein Gewand, das Kostüm eines Schauspielers, je nach Rolle? Müssen wir nur das Kostüm „Neuer Mensch“ anziehen, um dann auch die Rolle „Neuer Mensch“ spielen zu können?
Wie Paulus den neuen Menschen beschreibt, das klingt fast banal: nicht lügen, nicht stehlen, nicht streiten, nicht klatschen, nett zueinander sein. All dies sind scheinbar Selbstverständlichkeiten, wie sie für alles menschliche Zusammenleben gelten. Und in der Tat, der neue Mensch muss sich im ganz Alltäglichen bewähren. Große Sünden - Mord, Ehebruch und dergl. -werden in einer christlichen Gemeinde ohnehin nicht erwartet.
Doch, es geht um unser menschliches Miteinander, das durch viele scheinbare Kleinigkeiten gestört - zerstört werden kann. Und da stehen die so genannten Zungensünden mit an erster Stelle. Da sind, zum Beispiel, Klatsch und üble Nachrede. „Haben Sie schon gehört…?, da soll doch..., da scheint doch...“ Man weiß es nicht so genau, aber am Ende steht der Rufmord, der einen Menschen zerstören kann. Da werden Gerüchte verbreitet, Halbwahrheiten ungeprüft weitergegeben - dies alles führt zur Vergiftung der Atmosphäre.
Wir haben es doch in den hinter uns liegenden Wahlkampfmonaten erfahren müssen - wie viel Diffamierung, wie viel üble Nachrede hat es da gegeben. Dem stellt Paulus „die Wahrheit reden“ gegenüber. Freilich, auch das will gelernt sein. Wir sollten uns hüten vor der „ungeschminkten“ Wahrheit, die nur verletzt, ohne zu helfen. Die Wahrheit reden muss von der Liebe bestimmt sein; ich muss in dem, dem ich die Wahrheit sage, meinen Nächsten sehen.
Zorn - er wird von Paulus zugelassen. Er ist Realist und kennt sich mit menschlichem Wesen aus; ach, er ist selber oft zornig gewesen. Aber der Zorn soll nicht in den Schlaf mit hinein genommen werden, weil er im Unterbewussten zerstörend wirken kann. Unbereinigter Streit zerstört jede Gemeinschaft. In vielen Gemeinden, in der Kirche insgesamt kommt es immer wieder zu solchen Zerreißproben. Da verketzert eine Gruppe die andere, spricht ihr den „rechten Glauben“ ab - die Welt sieht kopfschüttelnd auf die Christen, die eine Botschaft des Friedens verkünden und einander erbittert bekämpfen.
„.. der stehle nicht mehr“ heißt es weiter. Das dürfte uns wohl kaum betreffen. Wirklich nicht? Und wie ist es mit der manipulierten Steuererklärung? Wie ist es mit den verschwiegenen Zinseinkünften, mit dem geheimen Konto in Luxemburg? Und haben wir wirklich noch niemandem jemals die Zeit „gestohlen“ mit unnützem Geschwätz, mit faulem Gerede?
Auch unser Verhältnis zur Arbeit spricht Paulus an. Normalerweise arbeiten wir für unseren Lebensunterhalt, um unsere Familie zu ernähren, um uns einen Urlaub leisten zu können oder ein Haus. Darüber hinaus brauchen wir Arbeit für unser Selbstwertgefühl. Der Arbeitslose leidet daran, überflüssig zu sein, nicht gebraucht zu werden. Für Paulus hat die Arbeit noch einen weiteren Sinn - dem Bedürftigen abgeben zu können. Wer denkt schon bei einer Gehaltserhöhung daran, vielleicht einmal eine größere Spende zu machen? Wer hätte sich nicht schon einmal über den ungeliebten Solidarzuschlag geärgert? Spüren wir, wie der Text immer wieder in unseren Alltag eingreift?
All diese scheinbar lässlichen Sünden sind für Paulus „Raum für den Teufel,“ d. h. Einfallstore für das Böse schlechthin. Christen betrüben mit solchen „Lässlichkeiten“ den Geist Gottes, der eine andere Verhaltensweise von uns erwartet. Wie aber kann denn nun Gemeinschaft heil werden? Wie können wir zu solchen neuen Menschen werden? Sicher nicht aus eigenen Entschluss, aus eigener Bemühung - aber durch Vergebung.
Durch Christus Vergebung erfahren, löst eine Kettenreaktion aus, weil wir dann fähig werden, auch einander zu vergeben. In Christus ist der neue Mensch möglich. Dann wird Wahrheit nicht mehr als Peitsche gebraucht, sondern als Dienst am Nächsten. Dann ist zwar Streit nicht völlig auszuschließen, aber Versöhnung hat Raum. Und statt Klatsch und übler Nachrede können wir nach Luthers Erklärung zum 8. Gebot handeln, dass wir Gutes übereinander reden „und alles zum Besten kehren.“
Sich in den Wirkungsbereich Christi begeben, das heißt, den neuen Menschen anziehen. Dieser neue Mensch ist allerdings nicht billig zu haben. Das Ablegen des alten Menschen bedeutet zunächst einmal, nackt und bloß zu werden, in all unser Armseligkeit und Kläglichkeit vor Gott zu stehen. Dann allerdings dürfen wir erfahren, was der Prophet Hesekiel im Bild eines Findelkindes so beschreibt: „Du warst noch nackt und bloß. Da breitete ich meinen Mantel über dich und bedeckte deine Blöße.“ (Hes. 16,6-7). Gott schenkt den neuen Menschen - wir müssen das Geschenk nur annehmen. Darum kann Paulus sagen: „Zieht den neuen Menschen an.“ Wollen wir ihm folgen? Amen.

Verfasserin: Prädikantin Sabine Leonhard (1998)

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