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Heilung an Leib und Seele

von Gert Zenker (04860 Süptitz bei Torgau)

Predigtdatum : 26.10.2003
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 18. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Markus 2,1-12
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Wochenspruch:

Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.
(Jeremia 17,14)

Psalm: 32,1-5.10-11 (EG 717)

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 34,4-10
Epistel:
Epheser 4,22-32
Evangelium:
Markus 2,1-12

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 398
In dir ist Freude
Wochenlied:
EG 320
Nun lasst uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren
Predigtlied:
EG 346
Such, wer da will
Schlusslied:
EG 304,5+6
Danket dem Herren

1 Nach einigen Tagen ging Jesus wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, dass er im Hause war. 2 Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort. 3 Und es kamen einige zu ihm, die brachten einen Gelähmten, von vieren getragen. 4 Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, machten ein Loch und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.
5 Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.
6 Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen:
7 Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein? 8 Und Jesus erkannte sogleich in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen? 9 Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher? 10 Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden - sprach er zu dem Gelähmten:
11 Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim! 12 Und er stand auf, nahm sein Bett und ging alsbald hinaus vor aller Augen, sodass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben so etwas noch nie gesehen.

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
zu Erntedank Anfang Oktober stand die Frage: Wovon wir leben ... Wahrhaft eine der großen Grundfragen unseres Daseins. Zur Einleitung des Gleichnisses vom reichen Kornbauern heißt es: „... niemand lebt davon, dass er viele Güter hat“ (Lk 12,15). Da ist zunächst nur mitgeteilt, wovon wir nicht leben. Auch die Seele braucht ihre Speise, das ist klar, wir können den inneren Menschen nicht mit irdischen Gütern füttern.
Die Versuchungsgeschichte knüpft hier an und führt weiter - zu einer konkreten Antwort. Nachdem Jesus 40 Tage und 40 Nächte in der Wüste gefastet hat, tritt der Teufel zu ihm: „Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden“ (Mt 4,3) - nutze deine Macht, gewinne Brot und Wasser aus diesen Steinen, iss und trink dich satt! Jesus antwortet: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Munde Gottes geht“ (Mt 4,4; vgl. 5. Mose 8,3). Zum Leben braucht es mehr als nur Körper-Nahrung, so wichtig diese ist für den, der Mangel an ihr leidet.
Das Wort Gottes - unsere Speise, die geistliche Nahrung, von der wir leben. Auch die Hungernden dieser Welt wollen nicht nur abgespeist werden mit Brot, das man ihnen zuwirft. Sie wollen Zuwendung, begründete Lebens-Hoffnung. Im Johannesevangelium bezeichnet sich Jesus selbst als Brot und erweitert so die Bedeutung des Wortes, das nun zum umfassenden Lebens-Mittel wird, in dem wir alles finden, was ein Mensch zum Leben braucht (eben auch ideelle Werte, geistige Güter):
„Jesus Christus spricht: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten“ (Johannes 6, 35). Und in den Seligpreisungen lesen wir: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden“ (Mt 5,6). Da ist alles auf den Punkt gebracht.
Ein Mensch lebt entscheidend davon, dass ihm ein gutes Wort gesagt wird, ein Wort, das in ihm Vertrauen, Hoffnung, Liebe nährt und den inneren Willen zur Gerechtigkeit, zum Frieden bestärkt. In unseren Gottesdiensten hören wir eine Geschichte in Fortsetzungen. Heute wieder ein gutes Wort aus der Bibel, diesem großen Liebesbrief Gottes an uns Menschen: Die Heilung eines Gelähmten (des „Gichtbrüchigen“). Nachdem wir gefragt haben, wovon einer lebt fragen wir nun: wie wird einer heil?
Jesus im Hofraum eines Hauses in Kapernaum. Er steht in der Tür und spricht zu den vielen, die da auf dem Hofe versammelt sind: „... und er sagt ihnen das Wort“ (Mk 2,2), gibt ihnen die geistige Speise, nach der sie alle hungern und dürsten. Ein Gelähmter wird gebracht auf einer Bahre, aber man kommt nicht hinein. So steigen die Träger über eine Treppe, die sich an der Außenwand des Hauses befindet, mit dem Kranken hinauf auf das Dach – es ist vermutlich das Haus des Simon. Das Dach war eben und bestand aus Holzstangen, deren Zwischenräume mit Zweigen, Schilf oder Heu ausgefüllt waren. Die Träger werden es wohl kaum abgedeckt haben, wie Markus erzählt, dann hätten sie es buchstäblich aufgraben müssen.
Nein, vermutlich haben sie den Kranken auf seiner Bahre außen herabgelassen, in den inneren Hofraum, Jesus vor die Füße: Da, sieh das Elend, sieh zu, wie du damit zurecht kommst. Du bist doch Gottes Sohn, tu etwas für diesen Menschen. – Immerhin, die Krankenträger erwarteten etwas von Jesus. Vielleicht mehr als mancher aus der Menge, für den der Kranke und die Art, wie man ihn zur Geltung bringt, doch nur eine Störung ist. Eine Störung des beschaulichen, distanzierten Hörens ...
Woran leidet dieser Mann? An Gicht, an einer Lähmung, etwas ist ihm in die Knochen gefahren, hat ihn lahmgelegt. Das können wir rein körperlich, aber auch im übertragenen Sinne verstehen: Da ist etwas, was den Mann wurmt, was ihm Sorgen macht - vielleicht schon ein Leben lang, was nicht einfach wegzuwischen ist. Böse Worte zum Beispiel, aus dem eigenen oder aus fremdem Munde. Worte, die entzweit, voneinander entfernt haben, die tief sitzen. Da sind tiefe Gräben zwischen Menschen. - In der Sünde ist verborgen der Sund ... So heißt Sünde der Graben zwischen Mensch und Gott. Vielleicht liegt hier das finstere Tal, von dem in Psalm 23,4 die Rede ist?
Doch da ist ein Arzt, der helfen kann, der eine Brücke schafft über die Kluft, eine Brücke zwischen unserem kranken Menschsein und der Liebe Gottes: Jesus Christus ... Sein Kreuz über der Kluft ... Im Matthäusevangelium lesen wir: „Die Starken (die Gesunden) bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken“; Jesus ist gekommen, „die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten“ (Mt 9,12-13). Merkwürdig, für uns höchst problematisch, dieser Zusammenhang von Menschen-Krankheit und Sünde ...
Wie geht die Geschichte nun weiter: Der Gelähmte ist da, und Jesus bei ihm im Angesicht der neugierigen Menge. Was wird geschehen? ... „Als nun Jesus ihren Glauben, ihr Gottvertrauen, sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn (mein Kind), deine Sünden sind dir vergeben“ (V. 5); du kannst beruhigt sein ... Mancher wird hier sagen: was soll das, wozu die Rede von der Sünde? Der Mann will doch nur eins: gesund werden. „Hauptsache Gesundheit!“, das wünschen wir uns oft ... - Gesundheit und nicht mehr? Heilung ist der höhere Begriff, er umfasst den ganzen Menschen, unser ganzes Leben ...
Der Anstoß damals war ein anderer: „Wie redet der so? Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?“ (V. 6 u. 7) – wer maßt sich da Sündenvergebung an?! Gotteslästerung ist das harte Urteil der anwesenden Schriftgelehrten, und auf Gotteslästerung steht die Steinigung. Doch das denken sie nur - und sagen es nicht laut, wie so oft, wenn Schlimmes gedacht wird im Blick auf andere Menschen ... Jesus errät ihre Gedanken, nein – er schaut in ihr Herz: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an“ (1. Samuel 16, 7) – die Jahreslosung passt zu unserer Geschichte.
Jesus reagiert auf die unausgesprochenen Zweifel der Schriftgelehrten und bietet ihnen ein theologisches Streitgespräch an über die entscheidende Frage: „Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher?“ (V. 9). Antwort bekommt er nicht, die Gelehrten schweigen.
So wollen wir eine Antwort versuchen ... [Frage an die Gemeinde:] Was ist leichter: einem Menschen die Sünden zu vergeben oder ihn – zu heilen von seiner Krankheit? ... Die Antwort fällt schwer. - Nun, wundersame Krankenheilungen haben auch Propheten und Schriftgelehrte vollzogen. Wenn es nur ein Zahnschmerz ist, kann ich zu einem Arzt gehen. Ein Zahnarzt plombiert oder zieht den Zahn, und der Schmerz lässt nach. So einfach ist das mit den seelischen Dingen nicht ... Ärzte können heute vieles heilen. Aber Sünden vergeben kann keiner von ihnen. Die Vergebung der Sünden ist mit Sicherheit die höhere Aufgabe, und es gibt nur einen Arzt, der sie wahrhaft vollbringen kann: Gott selbst (hier in Gestalt seines Sohnes Jesus Christus); „... ich bin der Herr, dein Arzt“, lesen wir schon im Alten Testament (2. Mose 15, 26).
Der Frage nach Heilung und Sündenvergebung setzten die Schriftgelehrten unausgesprochen ihre eigenen Fragen und Zweifel entgegen: In wessen Auftrag handelst du, Jesus - in deinem eigenen? Doch nicht etwa im Auftrage Gottes?! Zeig uns deine Vollmacht! – Erst hat er den großen Glauben der Menschen gesehen, jetzt sieht er ihre Zweifel.
Und Jesus erbarmt sich, lässt sich darauf ein - aus Liebe zu den Menschen! Sie sollen erfahren, dass er Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden. So spricht er zu dem Gelähmten ein zweites rettendes Wort, ein Wort, das nun sichtbar sein Leben verändert: „... steh auf, nimm dein Bett (deine Matte) und geh heim!“ (V. 11). – Geh nach Hause, erhebe Dich, gehe aufrecht mit gesunden Gliedern, die Fesseln sind gelöst, vorbei die Zeit der Resignation, der Hoffnungslosigkeit, der Lähmung von Leib und Seele.
Jesus spricht dem Gelähmten ins Herz: Geh nach Hause, dir ist vergeben, was du deiner Frau, deiner Mutter, deinem Vater, deinen Mitmenschen angetan hast. Du kannst neu anfangen in deinem Leben, bekommst eine neue Chance. Folge mir, ich mache alles neu: „... eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Korinther 5, 17). In der Vergebung liegt die Chance des Neuanfangs. Der Mensch ein Wesen, das auf Vergebung angewiesen ist. Wer von uns könnte leben ohne sie? Gesundheit ist ein hohes Gut, Vergebung noch viel mehr! Wenn ein Mensch erfährt, dass ihm von Herzen vergeben wird, kann dies auf seine Gesundung an Leib und Seele entscheidenden Einfluss haben...
Und das Wunder geschieht: „...vor aller Augen, so dass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben so etwas noch nie gesehen“ (V. 12). Der Gelähmte erhebt sich und nimmt seine Matte! Erschrecken und Entsetzen die erste Reaktion der Menschen im Hofraum. Unglaublich, was hier geschieht! Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Ist dieser Jesus nun ein Mann Gottes oder – des Teufels? Doch bald weicht das Erschrecken der Freude, dem Gotteslob, dem ehrfürchtigen Staunen: das haben unsere Augen noch nicht gesehen!
Ein Gotteslob, das nur dem Augenschein folgt, ist hinterfragbar, ihm fehlt - das Vertrauen ... „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Johannes 20, 29). Amen.

Verfasser: Pfr. Dr. Gert Zenker, Schulstr. 3, 04860 Süptitz bei Torgau

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