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Hingabe - einer für alle

von Martin Hecker (Bad König)

Predigtdatum : 22.03.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Lätare
Textstelle : Markus 10,35-45
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Wochenspruch:

"Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele." (Matthäus 20, 28)

Psalm: 43 (EG 724)

Lesungen

Altes Testament: 1. Mose 22, 1 - 13

Epistel: Hebräer 5, 7 - 9

Evangelium: Markus 10, 35 - 45

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 165, 1.2. 6.8 Gott ist gegenwärtig

Wochenlied: EG 545, 1 - 4 Wir gehen hinauf nach

Predigtlied: EG 406, 1 - 4 Bei dir, Jesu, will ich bleiben

Schlusslied: EG 447, 7 + 8 Gib, dass wir heute

35 Da gingen zu ihm Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, und sprachen: Meister, wir wollen, dass du für uns tust, um was wir dich bitten werden.

36 Er sprach zu ihnen: Was wollt ihr, dass ich für euch tue? 37 Sie sprachen zu ihm: Gib uns, dass wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deiner Herrlichkeit.

38 Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?

39 Sie sprachen zu ihm: Ja, das können wir. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde;

40 zu sitzen aber zu meiner Rechten oder zu meiner Linken, das steht mir nicht zu, euch zu geben, sondern das wird denen zuteil, für die es bestimmt ist.

41 Und als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über Jakobus und Johannes.

42 Da rief Jesus sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.

43 Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein;

44 und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.

45 Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.

Ganz nach oben. Ganz nach vorne. Ganz an die Spitze. Das wollen ja so viele. Karriere machen. Eine Spitzenposition im Beruf. Eine Spitzenplatzierung im Sport. Spitzenkandidat in der Politik.

(1) Spitze sein – das wollen viele.

Auch wenn Spitzenmanager oder Spitzenpolitiker ab und zu eher negative Schlagzeilen machen: Macht, Einfluss, Ansehen – das wollen viele eben doch haben. Das gilt z. B. für Schüler: In Sport oder in Mathe die Beste, beim Lehrer am beliebtesten oder auch der mit der größten Klappe, den alle andern bewundern – irgend so was wäre man ja schon gerne. Irgendwie spitze halt. Das gilt auch bei Erwachsenen: Wenn einem ein Platz in der ersten Reihe freigehalten wird, wenn man als Ehrengast zu Veranstaltungen eingeladen wird, wenn man eine einflussreiche Position hat und andere auf einen angewiesen sind – das tut einem schon gut. Oder: Manchmal sagen mir Menschen: „Dafür krieg ich vom Herrgott mal eine besonders schöne Wolke!“ Das geht in die gleiche Richtung. Das gilt in allen Lebensbereichen. Das steckt in uns Menschen wohl so drinnen. Wir wollen spitze sein.

Und deshalb gab es das auch damals schon. Als Jesus mit seinen Jüngern unterwegs war. Da kommen zwei auf ihn zu, die wollen auch eine Spitzenstellung einnehmen. Und damals war's genauso wie heute: Entweder man hatte geerbt. Oder man war fleißig. Oder man hatte gute Beziehungen. Jakobus und Johannes versuchen's mit „Vitamin B“. Sie bitten einfach Jesus um einen kleinen Gefallen unter Freunden. Sie wollen in seinem Reich rechts und links neben ihm sitzen. Rechts und links vom König, das sind nach dem König die einflussreichsten Menschen im Staat. So wie auch heute bei uns der Vizekanzler seinen Platz direkt neben der Kanzlerin hat.

Übrigens: Eines ist wirklich spitze an der Bitte der beiden Jünger: Sie rechnen fest damit, dass Jesus herrschen wird. Es bleibt unklar, ob sie mit einem irdischen oder mit einem himmlischen Reich rechnen. Sie verstehen vielleicht nicht unbedingt, was er ihnen kurz vorher gesagt hat – dass er leiden muss und sterben und auferstehen. Aber sie rechnen fest damit: Er wird herrschen. Das ist spitze.

Die Beiden wollen also spitze sein. Aber nicht nur die Beiden. Sondern die andern Zehn offensichtlich auch. Sonst wären die nicht so sauer, als sie mitbekommen, was Jakobus und Johannes da unternommen haben. Die hätten auch alle gerne einen Spitzenplatz. Die wollen auch alle was gelten. Die sind alle auch scharf auf Macht und Einfluss.

Spitze sein, das wollen also viele.

Jesus allerdings nimmt der Frage von Jakobus und Johannes sozusagen die Spitze und biegt sie um. So dass sie nach unten zeigt. Weil sein Karrieredenken ein ganz anderes ist. „Wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein, und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein“, sagt er.

(2) Diener sein – das wollen wenige.

Jesus sagt hier ja: Karriere geht für meine Leute andersrum. Nach unten, nicht nach oben. Christen sollen wachsen. Und zwar wie ein Kuhschwanz – nach unten. Wir sollen nicht Herrscher sein, sondern Diener. Wer nach dem ersten Platz schielt, den schickt Jesus ans Ende der Schlange.

Nun ist „dienen“ ja nicht allzu beliebt. Junge Männer „dienen“ vielleicht noch bei der Bundeswehr, da gibt’s den Begriff noch – aber ansonsten scheint mir die Sache doch ziemlich aus der Mode gekommen zu sein.

Sicher, alle sind beeindruckt von Mutter Theresa, die selbstlos immer für andere da war. Aber von ihr beeindruckt sein und es ihr nachtun, das sind ja zweierlei Dinge. Nein, dienen steht bei uns nicht besonders hoch im Kurs (das zeigt sich übrigens auch an den miserablen Gehältern, die z. B. im Pflegebereich bezahlt werden).

Nun meint Jesus allerdings auch nicht, dass wir alle nachgemachte Mutter Theresas werden sollen. Dass wir alle in irgendwelche Slums gehen sollen, um dort den Ärmsten der Armen zu dienen.

Sondern es geht konkret vielmehr darum, da zu dienen, wo ich stehe. Da zu dienen, wo Ihr, wo Euer Platz ist.

Dienen konkret, das geschieht zum Beispiel in Ihrer Ehe. Da sollen Sie einander dienen. Also das Wohl des anderen suchen. Ihm Gutes tun.

Dienen konkret, das geschieht in Euren Familien. Da sollt Ihr dienen. Also mit zupacken. Selber den Müll raustragen und nicht warten, ob's vielleicht jemand anders macht. So konkret und praktisch ist das mit dem Dienen.

Dienen konkret, das geschieht in unseren Gemeinden. Da sollen wir dienen. Also darauf achten: Wo soll und kann ich etwas tun für andere? Für die Gemeinde? Wo kann ich meine Gaben einbringen, die Gott mir gegeben hat? Und das geschieht eben nicht immer nur an den Stellen, wo man von andern gesehen und bewundert wird. Ich beobachte es immer wieder bei Gemeindeveranstaltungen. Da tun einige Menschen ihren Dienst im Vordergrund. Die sind zu sehen, kriegen zum Teil Applaus – das ist auch ok und schön so. Aber da sind viel mehr Menschen, die tun im Hintergrund ihren Dienst. Beim Dekorieren des Gemeindehauses. In der Küche. Beim Aufräumen. Dienst, der kaum wahrgenommen wird. Und der doch genauso wichtig war wie alles andere. Dienen konkret.

Die Aufzählung lässt sich fortsetzen. Dienen sollen Sie an Ihrem Arbeitsplatz. Dienen sollt Ihr in Euren Schulklassen. Dienen sollen wir den Menschen um uns herum.

Es geht immer wieder um die Frage: Was kann ich, was habe ich, womit ich für andere da sein kann?

Das heißt jetzt übrigens nicht – damit ich da nicht falsch verstanden werde – dass Christen keine leitenden Positionen übernehmen sollen. Ganz im Gegenteil. Ich halte das für ungeheuer wichtig, dass in die Chefetagen viel mehr überzeugte und lebendige Christenmenschen einziehen. Nein – aber das heißt: Sie sollen in leitenden Positionen ihre Macht nicht missbrauchen, um andere zu unterdrücken. Sondern sie sollen Ihre Macht gebrauchen, um anderen zu dienen. Das gilt für die Wirtschaft wie für die Politik. „Minister“ - das lateinische Wort heißt auf Deutsch: „Diener“.

Aber Dienen ist unbequem. Bedient werden ist viel schöner. Macht haben über andere, das ist viel angenehmer, als für andere etwas zu machen. Spitze sein, das wollen viele. Diener sein, das wollen wenige.

Wie gut, dass Jesus nie etwas verlangt, was er nicht selbst tut. Dass er nicht nur fordert, sondern fördert.

Deshalb noch ein letzter Gedankengang:

(3) Jesus dient – und das ist spitze!

Nachdem Jesus seinen Jüngern erklärt hat, dass sie dienen sollen, wenn sie Große im Reich Gottes sein wollen, redet er über sich selbst: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene.“ Da stockt einem ja schon der Atem. Stellen Sie sich mal vor, Bundespräsident Gauck käme überraschend zu Ihnen nach Hause. Er würde sich umschauen und sagen: „Ich sehe, Sie können Hilfe gebrauchen. Ich werde mal ordentlich aufräumen in Ihrer Wohnung. Und dann noch die Wände neu streichen. Der alte Dreck muss raus. Aber zuerst koche ich Ihnen mal einen Kaffee.“ Oder Barack Obama taucht auf und bittet Sie um Ihre Dreckwäsche, weil er die waschen und bügeln will – damit Sie wieder ordentlich aus der Wäsche gucken können. Verkehrte Welt – oder?

Und jetzt sagt hier der Sohn Gottes, der Herr aller Herren, der König aller Könige, der Präsident aller Präsidenten: Ich bin gekommen um Euch zu dienen. Ich bin gekommen, um für Euch da zu sein. Ich bin gekommen, weil Ihr meine Hilfe braucht. Der alte Dreck muss raus aus Eurem Leben. Eure Kleider müssen gewaschen werden, damit Ihr rein dasteht.

Verkehrte Welt – oder? Jesus ist gekommen, um zu dienen.

Aber sehen Sie, genau so ist Gott. Der ist sich nicht zu schade, uns zu dienen. Gleich nach dem Sündenfall, als er allen Grund hat, stinksauer zu sein auf Adam und Eva, macht Gott sich zu ihrem Kammerdiener. Er macht ihnen Röcke aus Fellen und zieht ihnen die an – statt ihnen das Fell über die Ohren zu ziehen. Ist das nicht spitze?

Oder Jesus: Der zieht sich tatsächlich die Schürze eines Knechtes an, kniet sich vor seinen Jüngern nieder. Und dann wäscht er ihnen nicht den Kopf (das wäre ja wohl häufig nötig), sondern die Füße. Das ist spitze, oder?

Und auch heute: Im Gottesdienst dient Gott Ihnen. Er will sie beschenken durch den Zuspruch der Vergebung. Er will Sie reich machen durch sein Wort. Er will Sie segnen mit seinem himmlischen Segen. Gottesdienst – das ist immer auch Gottes Dienst an uns. Gott dient uns – das ist spitze!

Nun geht der Dienst, den Jesus tut, allerdings noch viel weiter: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“ Lösegeld. Das klingt nach Sklavenhandel. Oder nach einer Geiselnahme. Aber so etwas in der Art ist auch gemeint. Jesus sagt: „Ihr Menschen seid Sklaven der Sünde. Versucht doch mal, von ihr frei zu kommen. Das schafft ihr nicht. Ihr müsst ihr immer wieder gehorchen. Aus dieser Sklaverei kaufe ich euch frei. Ihr Menschen seid Geiseln des Todes. Der hat euch in der Hand und hat Macht über euch. Aus dieser Geiselhaft kaufe ich euch frei.“ Und er bezahlt das Lösegeld. Sein Leben. Am Kreuz von Golgatha bezahlt Jesus das Lösegeld für Sie und für mich. Und Sünde und Tod verlieren ihre Macht. So dient Jesus uns. Jesus dient – und das ist spitze.

Nun steht da allerdings noch ein Wort, das lässt mich nicht in Ruhe. Und auf das will ich Sie noch kurz hinweisen. Jesus sagt, dass er sein Leben gibt als Lösegeld für viele. Nicht für alle. Das hätten wir gerne so. „Wir kommen alle, alle in den Himmel“. Jesus sagt aber nicht „alle“, sondern „viele“.

Allerdings nicht deshalb, weil sein Leben nicht reichen würde als Lösegeld für alle. Sondern nur deshalb, weil nicht alle seinen Dienst annehmen wollen. Weil manche meinen, dass Sie ohne ihn klar kommen.

Ich bitte Sie herzlich: Lassen Sie es zu, dass Jesus Ihnen dient. Und hören Sie auf, ihn durch Ihren Dienst irgendwie beeindrucken zu wollen. Lassen Sie es zu, dass Jesus Ihre Schuld ans Kreuz trägt. Und hören Sie auf, mit Ihrer Schuld selbst fertig werden zu wollen. Lassen Sie es zu, dass er Ihnen den Weg zu Gott frei macht. Und hören Sie auf, immer Ihre eigenen Wege zu gehen. Damit auch Sie zu den „Vielen“ gehören!

Noch einmal: Spitze sein – das wollen viele. Diener sein – das wollen wenige. Jesus dient – und das ist spitze.

Verfasser: Pfarrer Martin Hecker

Martin-Luther-Straße 9 a, 64732 Bad König


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