Menü

Hingabe - einer für alle

von Wolfdietrich Rasp (Pirmasens)

Predigtdatum : 07.04.2019
Lesereihe : I
Predigttag im Kirchenjahr : Judika
Textstelle : Johannes 18,28-19,5
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch: "Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlö-sung für viele." (Matthäus 20,28)

Psalm: 43 (EG 724)

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 18,28-19,5
Reihe II: Hebräer 13,12-14
Reihe III: Hiob 19,19-27
Reihe IV: Markus 10,35-45
Reihe V: Hebräer 5,(1-6)7-9(10)
Reihe VI: 1. Mose 22,1-14(15-19)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 545 Wir geht hinauf nach Jerusalem
Wochenlied: EG 76 Holz auf Jesu Schulter, EG 97 O Mensch, bewein dein Sünde groß  
Predigtlied: EG 366 Wenn wir in höchsten Nöten sein, EG 278 Wie der Hirsch lechzt nach frischen Wasser
Schlusslied: EG+ 111 Meine Zeit

Predigttext Johannes 18, 28 - 19, 5

Jesu Verhör vor Pilatus

28 Da führten sie Jesus von Kaiphas vor das Prätorium; es war aber früh am Morgen. Und sie gingen nicht hinein in das Prätorium, damit sie nicht unrein würden, sondern das Passamahl essen könnten.
29 Da kam Pilatus zu ihnen heraus und sprach: Was für eine Klage bringt ihr vor gegen diesen Menschen?
30 Sie antworteten und sprachen zu ihm: Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten dir ihn nicht überantwortet.
31 Da sprach Pilatus zu ihnen: So nehmt ihr ihn und richtet ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm: Es ist uns nicht erlaubt, jemanden zu töten.
32 So sollte das Wort Jesu erfüllt werden, das er gesagt hatte, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.
33 Da ging Pilatus wieder hinein ins Prätorium und rief Jesus und sprach zu ihm: Bist du der Juden König?
34 Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben dir's andere über mich gesagt?
35 Pilatus antwortete: Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet. Was hast du getan?
36 Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von hier.
37 Da sprach Pilatus zu ihm: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es: Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeuge. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.
38 Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit? Und als er das gesagt hatte, ging er wieder hinaus zu den Juden und spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm.
39 Ihr habt aber die Gewohnheit, dass ich euch einen zum Passafest losgebe; wollt ihr nun, dass ich euch den König der Juden losgebe?
40 Da schrien sie wiederum: Nicht diesen, sondern Barabbas! Barabbas aber war ein Räuber.

Jesu Geißelung und Verspottung

1 Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln.
2 Und die Soldaten flochten eine Krone aus Dornen und setzten sie auf sein Haupt und legten ihm ein Purpurgewand an

3 und traten zu ihm und sprachen: Sei gegrüßt, König der Juden!, und schlugen ihm ins Gesicht.
4 Und Pilatus ging wieder hinaus und sprach zu ihnen: Seht, ich führe ihn heraus zu euch, damit ihr erkennt, dass ich keine Schuld an ihm finde.
5 Da kam Jesus heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand. Und Pilatus spricht zu ihnen: Sehet, welch ein Mensch!

Liebe Geschwister in Christus,

Gott, schaffe mir Recht - das Gebet Vieler, die sich verantworten müssen. Vor Gericht. Vor anderen Menschen, die ein Handeln beurteilen. Ob es gut war. Ob es schlecht war. Anderen geschadet hat. Sie vielleicht sogar das Leben kostete. Oder ihnen Leben zurückbrachte. Und manchmal, da wird auch über Motive einer Handlung entschieden: was hat die Person, die vor dem Kadi steht, angetrieben, motiviert. Vielleicht sogar: was hat sie geritten. Offen ausgesprochen wird das heute in den seltensten Fällen. Ja klar. Da gibt es Menschen, die Dinge taten, die schlecht waren. Dritten gegenüber. Sie Leben oder Lebensqualität kosteten.

Und bei anderen stehen ehrenwerte Motive im Vordergrund ihres Handelns. Auch politische Motive. Motive der Mitmenschlichkeit - sowie bei Kapitän Claus-Peter Reisch. Er rettete mit seinem Schiff hunderten Menschen im Mittelmeer das Leben. Menschen auf der Flucht. Unterwegs ins Gelobte Land. Mit Hilfe von Schleppern. Die haben sie in Boote gesetzt. Aufs Meer hinaus geschickt. Nach Norden. Europa. Lebensgefahr. Überladene Boote. Zu wenig: Wasser. Platz. Orientierung. Sicherheit. NGO’s schicken Flugzeuge. Schiffe. Retten. Tun die Barmherzigkeit an ihnen. Die Verantwortlichen müssen sich verantworten. Wegen formaler Fehler - vordergründig.

[Hier lassen sich andere, aktuelle Beispiele einfügen - vielleicht sogar lokal/regional]

Schaffe mir, Gott, Recht - ob Jesus diese Worte aus dem Psalm 43 gebetet, gedacht hat - die Evangelien lassen es offen. Johannes erzählt:

Von Jesus in Jerusalem. Seiner Verhaftung und all dem, was in dieser Nacht passiert ist.

Von den Begegnungen Jesu mit Pilatus. Pontius Pilatus. Dem politisch mächtigsten Mann in Jerusalem. Statthalter Roms. Direkt dem Kaiser unterstellt. Insofern vor Ort frei zu handeln. Und doch in Abhängigkeiten verstrickt. Die Balance suchend mit den Verantwortlichen am Tempel. Der jüdischen Obrigkeit. Die für religiöse Fragen zuständig ist. Ein Balanceakt. Manchmal. Auch bei Jesus von Nazareth. Dem Sohn des Joseph. Für die Verantwortlichen im und um den Tempel ein Störenfried, jemand, der den Status Quo ins Wanken bringen könnte. Den zwischen den Gruppierungen im Tempel. Und auch den mit den Römern, den Besatzern. Mit denen hatten sie sich arrangiert.

Sie lassen Jesus verhaften. Hören ihn an. Übergeben ihn der Gerichtsbarkeit, die endgültige Urteile aussprechen darf: Urteile zum Tode. Sie übergeben ihn den Römern. Sie übergeben ihn Pontius Pilatus. Dem Verantwortlichen vor Ort. Der hört. Kaiphas und die Verantwortlichen der jüdischen Seite. Jesus von Nazareth, den Angeklagten. Spricht mit ihm. Setzt sich mit ihm auseinander. Hört das Volk. Und wieder Jesus.

Wie ein Theaterstück hat der Evangelist Johannes die Szenen im und am Palast des Pilatus gezeichnet. Sie enden - mit der Verurteilung Jesu zum Tod.

Schaffe mir, Gott, Recht - ob Jesus diese Worte gedacht, gebetet hat - Johannes lässt es offen. Vielmehr profiliert Johannes Jesus von Nazareth anders als die anderen Evangelien. ‚Mein Reich ist nicht von dieser Welt‘ - eine von Jesu Antworten. Ist Jesus überhaupt noch da? Oder innerlich schon bei Gott? Fertig mit der Welt - so wie wir es von Menschen im Todestrakt immer wieder hören?

Kann ihm das, was ihm da passiert, überhaupt noch etwas anhaben? Und geht Pilatus‘ Wort ‚seht, der Mensch!‘ an ihm vorbei? An ihm, den Johannes zeichnet wie der Menschenwelt enthoben. Der eher bei Gott ist als bei den Menschen. Der seine Botschaft den Menschen weitersagte. Weiterlebte. Der ihnen von Gott erzählte. Ihnen Gott näher brachte - die ihn hören wollten. Ihnen seine Wahrheit, Gottes Wahrheit, seine Offenheit, seine Liebe sagte. Lebte. Lieb machte. Denen, die das hören, wahrnehmen - auch annehmen konnten. Wollten. Jetzt hat er fertig. Jetzt ist er auf dem Weg zu Gott. Im Augenblick haben die anderen gesiegt. Die seine Stimme weder annehmen noch aufnehmen wollten. Und seine Botschaft. Seine Rede von Gott und seiner Liebe zu den Menschen. Ratlos fragt Pilatus: „Was ist Wahrheit?“

Gott, schaffe mir Recht - die draußen stehen sehen ihn. Jesus von Nazareth. Gefoltert. Gequält. Verletzt am Körper aus Mutwillen. Verspottet mit einer Krone aus Dornen und abgewetztem Purpurmantel. Lebendige Karikatur eines Königs. Ein Bild des Jammers. Der Tränen. Des Mitgefühls. Ihre Wahrheit: dieses Bild von Jesus. Kleingemacht. Lächerlich. Entthront. So stellen sie sich Gott nicht vor. Gefoltert. Leidend. Kleingemacht. Objekt ihres Spotts.

Gott, schaffe mir Recht - das Gebet, die Bitte derer, die kleingemacht werden. Krank gemacht werden. Lächerlich. Gedisst. Gemobbt.

[Parkplatz für Aktuelles, möglicherweise aus dem Kontext der Gemeinde (anonymisiert!), Politik (eventuell die Flüchtlingsproblematik, Prozesse á la Lifeline)].

Ihre Wahrheiten dürfen wir hören. Sie teilen. Mit - teilen: Anderen Menschen im Gespräch. In den sozialen Medien. Gott im Gebet. Für ihr Recht bitten. Und darauf trauen, dass Gott mit ihnen ist. In ihrer Not. In ihrer Erniedrigung. In ihrem Ausgeliefertsein. Dort unten im finsteren Tal.

Gott, Du schaffst mir Recht. Darauf traue ich - unterwegs durch diesen Tag, durch die neue Woche.

Denn Du begleitest uns durch Deinen Frieden, der höher ist als all unserer Vernunft in Christus Jesus.

Amen

Verfasser: Pfarrer Wolfdietrich Rasp, Hauptstraße 59, 66953 Pirmasens


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de