Menü

Hingabe - einer für alle

von Ester und Sören Lenz

Predigtdatum : 17.03.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Lätare
Textstelle : Johannes 11,47-53
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

"Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele." (Matthäus 20, 28)

Psalm: 43 (EG 724)

Lesungen

Altes Testament: 1. Mose 22, 1 - 13

Epistel: Hebräer 5, 7 - 9

Evangelium: Markus 10, 35 - 45

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 96, 1 - 6 Du schöner Lebensbaum des Paradieses

Wochenlied: EG 76, 1. 2 O Mensch, bewein dein Sünde groß

Predigtlied: EG 90 Ich grüße dich am Kreuzesstamm

Schlusslied: EG 79, 1 – 4 Wir danken dir, Herr Jesu Christ,

dass du für uns gestorben bist

Hinführung:

- Diesen Text kann man sich gut in einem Theaterstück vorstellen. Er ist hochdramatisch und eigentlich ist er auch eine Schlüsselstelle für die Passionsgeschichte.

- In vielen Hinsichten ist er auch sehr aktuell, zumindest in Frankreich wo sehr stark die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Glauben/Kirche und Politik gestellt wird und wo sich in letzter Zeit der Begriff „laizistisch“ neu sucht und definiert.

- Aber das Menschliche und Heilsgeschichtliche bleibt der Kern: durch das Handeln des Hohen Rates handelt Gott. Es geht hier weniger um Schuld (wer ist schuld am Tode Jesu Christi?) als um Ohnmacht gegenüber des Willens Gottes.

Gliederung:

I. „Einer für alle, alle für Einen“

II. „Einer für alle, alle gegen Einen“

III. „Jeder für sich, und Gott für alle“

IV. „Gott für alle, und ich?“

Predigt:

I.

Liebe Gemeinde,

„Einer für alle, alle für Einen“, so lautet das Motto der Musketiere. So zumindest schildert es der Autor Alexandre Dumas in seinem berühmten Buch „Die drei Musketiere“. Sie waren eine Art Elitetruppe im Frankreich des 17. Jahrhunderts. Die Zeit war eine unsichere Zeit. Politische und kirchliche Intrigen haben mehr als eine Karriere oder gar ein Leben gefährdet. Da war es wichtig zu wissen, auf wen man sich verlassen konnte. Ein Traum, den Alexandre Dumas zum Leben erweckt hat...

Immer wieder haben wir Menschen Versuche gestartet eine brüderliche, gerechte, auf Vertrauen gegründete Gesellschaft zu errichten.

II.

Fast genau so oft sind wir gescheitert: Einer für alle, ja! Alle für einen ? Na ja, mal sehen....

So eine Situation ist unserem wahren Leben doch viel näher.

Wir erleben, wie das Schicksal des Einzelnen im Namen des Profits geopfert wird. Wir erleben wie in unserem näheren oder weiterem Umfeld Partnerschaften und Familien auseinandergehen oder auseinandergerissen werden, auch aus Rücksichtslosigkeit oder Egoismus. Wir schauen zu, wie viele Menschen in unsinnigen Kriegen „für je-manden“ kämpfen und sterben. Wir sehen, wie Politiker und Verantwortliche in Staat und Gesellschaft über das Schicksal eines einzelnen entscheiden, und der ist nicht mal immer dabei. Und da wären wir auch wieder bei unserem Predigttext.

Johannes 11, 46 - 53

(Der Text kann hier noch einmal oder auch erst jetzt gelesen werden)

Nichts anderes passiert hier. In Abwesenheit Jesu trifft man sich, um über wichtige Dinge zu reden. Stellen wir uns das einmal vor: ein abgeschlossener Raum, nur ein paar Eingeweihte sind dabei. Die Stimmung ist gespannt. Die Beteiligten sind einflussreich, effizient und überzeugt. Denn hier geht es um das Ganze. Es wird geflüstert und beraten, Informationen werden ausgetauscht und Pläne geschmiedet. Der Anlass ist von großer Bedeutung: Dieser Jesus hat es gewagt, einen Toten aufzuerwecken. Er ist eindeutig zu weit gegangen. Natürlich auch weil er damit die Allmacht des einzigen Gottes, Schöpfer von Himmel und Erde und Herrscher über Leben und Tod, in Frage gestellt hat. Aber darum geht es nicht.

Dieser Wanderrabbiner aus Nazareth gefährdet eine etablierte Situation. Den hier Verantwortlichen geht es wahrscheinlich nicht um ihre eigene Position, sondern sie sind innerlich getragen von einer echten Sorge um die „Kinder Gottes“, das Volk Israel. Endlich gibt es ein wenig Frieden, man hat sich politisch mit der herrschenden Macht abgefunden, das Machtgleichgewicht ist hergestellt, aber zerbrechlich.

Genau diese Ordnung stellt Jesus mit seinen Worten und Taten in Frage, nicht nur die Gewissheiten über Gott und das Leben, sondern damit auch gleichzeitig die gesellschaftliche und politische Situation.

Die religiöse Frage wird politisch.

Es geht im Grunde, um wesentliche Fragen des Zusammenlebens mit Gott und dem Anderen. Deshalb überraschen die Reaktionen des Hohen Rates nicht.

Eine jüdische Geschichte, aus der Zeit des Rabbi Akiba wirft ein neues Licht auf das Geschehen:

Eine königliche Verordnung enthielt das Verbot des Torah-Lernens für die Juden. Trotzdem lehrte Rabbi Akiba seine vielen Schüler.

Papus, der Sohn von Jehuda, kam gerade zu einer solchen Lehrversammlung hinzu und sagte zu Rabbi Akika: "Fürchtest du dich nicht vor dem königlichen Erlass?"

Da sagte Rabbi Akiba: "Ich werde dir ein Gleichnis erzählen: Einst kam ein Fuchs an einem Fluss vorbei und sah, wie die Fische ängstlich von einem Ort zum andern schwammen. Da sagte er zu ihnen: "Vor wem fürchtet ihr euch denn?" Da antworteten die Fische: "Vor den Netzen der Menschen." Da sagte der Fuchs: "Kommt doch zu mir herauf ans Land und wir wollen zusammen wohnen, wie das schon unsere Väter taten." Da antworteten die Fische: "Bist du wirklich so schlau, wie es alle von dir behaupten? Oh nein, du bist doch dumm! Wenn wir uns schon hier in unserem Element fürchten müssen, wären wir doch auf dem Trockenen in noch größerer Lebensgefahr!"

So geht es auch uns", sagte Rabbi Akiba, "jetzt beschäftigen wir uns mit unserer Torah, die ja unser "Element" ist, denn in ihr steht geschrieben: "...denn sie (die Torah) ist dein Leben und verlängert dein Leben." Sie zu verlassen, und sich nicht mit ihr zu beschäftigen, würde ja noch viel größere Gefahr für uns bedeuten!" (1)

III.

Wenn es um das Ganze geht, um das Volk Gottes, dann ist es einfacher und sicherer, Bewährtes zu bewahren und das zu retten, was es noch zu retten gibt. Und für das jüdische Volk bedeutet dies eine Rückkehr zur Torah, zu der Erfahrung und Offenbarung Gottes, so wie sie in Geschichte und Gesetz weiter gegeben wurde.

Das kennen wir: Wir ziehen uns zurück und verbarrikadieren uns, wenn wir mal wieder eins „auf den Deckel bekommen haben“, im Privaten wie im Beruflichen. Im politischen Bereich haben populistische Parteien schon immer Schwierigkeiten, Ängste und Unsicherheiten ausgenutzt. Dann zählt nur noch das, was uns am nächsten ist, da zähle nur noch ich selbst und das, was mir vertraut ist. Jeder handelt frei nach dem Motto: Jeder ist seines Glückes Schmied.

Aber gerade in dem Moment, in dem die Hohen Priester und Politiker menschlich und eigentlich vorhersehbar handeln, nimmt Gott die Karten wieder in die Hand. Da, wo sie meinen, klüger und mächtiger zu sein, werden sie von Gottes Handeln eingeholt. So zumindest versteht es der Evangelist. „Das sagte er nicht aus sich selbst; sondern weil er der Hohepriester jenes Jahres war, sagte er aus prophetischer Eingebung, dass Jesus für das Volk sterben werde“ (Vers 51). Von Anfang an handelt Gott, nicht nur für sein Volk Israel, „sondern um die versprengten Kinder Gottes wieder zu sammeln“(Vers 52).

Den Mächtigen kommt Gott in jeder Hinsicht zuvor:

- hinsichtlich ihrer Vorstellung von Gott, weil Gott sich durch Tod und Auferstehung Jesu Christi neu zeigt;

- hinsichtlich ihrer Vorstellung von Macht, da die Ohnmacht des Todes die Türen des Lebens öffnet;

- hinsichtlich ihrer Vorstellung vom erwählten Volk, weil auch nationale und religiöse Grenzen gesprengt werden.

Trotz des Handeln des Hohen Rates, oder noch besser ausgedrückt, dank dieses Handelns ist Gott am Werk. Was die Entscheidungsträger des jüdischen Volkes ins Rollen gebracht haben, bedeutet für uns den Anfang der Heilsgeschichte.

IV.

Allerdings: Es wäre zu einfach, alle Ungerechtigkeiten, alle Willkürlichkeit des Lebens mit „Gottes Wille findet ein Weg“ zu entschuldigen.

Der Evangelist beschreibt nicht nur eine Begebenheit. Er hat den Hörer im Blick, den Zuhörer, der aus dem Gehörten heraus, über das eigene Handeln nachdenkt. Deshalb können wir uns nicht einfach aus der Verantwortung stehlen. Unser Handeln ist Teil von Gottes Handeln, aber nicht das Ganze. So wie Paulus von der Bruchstückhaftigkeit unserer Erkenntnis spricht, können wir uns aber auch der Bruchstückhaftigkeit unseres eigenen Handelns bewusst werden. Vor allem aber im Vertrauen auf Gottes zuvorkommendes Handeln, dürfen und können wir in Worten und Taten aktiv an Gottes Reich mitbauen:

Einer für alle, - und wir alle im Geist dessen, der alle Gottes Kinder genannt hat.

Oder um es aber mit dem französischen Dichter Paul Claudel auszudrücken:“Gott schreibt auch auf krummen Linien gerade“.

Amen

Fürbittengebet:

Eine/r:

Herr, unser Gott, noch am Kreuz hat dein Sohn für die Welt gebetet.

Im Vertrauen bitten wir dich für uns und unsere Mitmenschen.

Wir rufen zu dir:

Alle: Herr, erbarme dich.

Eine/r :

Wir bitten dich für uns, wenn wir uns ausgestoßen und verlassen fühlen. Zeiten der Angst und der Not können uns von dir weg treiben. Geh du mit uns, dass die Not uns nicht Stolz, Hass und Fluchen lehrt, sondern, dass wir spüren, dass du den Weg mit uns gehst.

Wir rufen zu dir.

Alle Herr, erbarme dich.

Eine/r:

Wir bitten dich für alle Menschen, dass sie deine Spuren in der Welt und in ihrem eigenen Leben erkennen.

Lass uns alle die Zeichen deiner Liebe sehen und lass sie uns weitergeben, dass auch wir als Boten deines Kommens erkennbar sind.

Wir rufen zu dir:

Alle: Herr, erbarme dich.

Eine/r:

Wir bitten dich für unsere/die Gemeinde hier in ...

Im Alltag vergessen wir so oft, wie nah du uns sein willst.

Hilf uns, jeden Tag, jede Minute in der Gewissheit zu leben, dass genau jetzt dein Kommen bevorsteht. Lass unsere Herzen offen sein, dass wir in jedem Menschen dein Ebenbild erkennen und ihn einladen, mit uns auf dich zu vertrauen und auf dich zu hoffen.

Gib uns Phantasie, das Vertrauen auf deine Botschaft, dass wir viele Wege finden, von dir zu erzählen;

und so Menschen Mut machen, sich von dir finden zu lassen.

Wir rufen zu dir:

Alle: Herr, erbarme dich.

Einer:

Wir bitten dich in der Stille für die Nöte der Menschen, die du uns besonders ans Herz gelegt hast.

Aus „Gemeindeagande: Passion“, Evangelischer Kirchenkreis Egeln, 2011, Seite 6)

Verfasser: Esther und Sören Lenz

Morsbronn les Bains, Frankreich


Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de