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Im Danken Gott finden

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 02.09.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 14. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Thessalonicher 1,2-10
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Wochenspruch: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ (Psalm 103, 2)

Psalm: 146

Lesungen

Reihe I: Lukas 17, 11 - 19
Reihe II: Römer 8, (12 - 13) 14 - 17
Reihe III: Markus 1, 40 – 45
Reihe IV: 1. Thessalonicher 1, 2 - 10
Reihe V: 1. Mose 28, 10 - 19 a
Reihe VI 1. Thessaloniker 5, 14 - 24

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 454 Auf und macht die Herzen weit
Wochenlied: EG 365 Von Gott will ich nicht lassen
Predigtlied: EG 600 Magnificat anima mea
Schlusslied: EG 181,6 Laudate omnes gentes

Predigttext 1. Thessalonicher 1, 2 – 10

Der vorbildliche Glaube der Gemeinde

2 Wir danken Gott allezeit für euch alle und gedenken euer in unsern Gebeten

3 und denken ohne Unterlass vor Gott, unserm Vater, an euer Werk im Glauben und an eure Arbeit in der Liebe und an eure Geduld in der Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus.

4 Brüder und Schwestern, von Gott geliebt, wir wissen, dass ihr erwählt seid;

5 denn unser Evangelium kam zu euch nicht allein im Wort, sondern auch in der Kraft und in dem Heiligen Geist und in großer Fülle. Ihr wisst ja, wie wir uns unter euch verhalten haben um euretwillen.

6 Und ihr seid unsere Nachfolger geworden und die des Herrn und habt das Wort aufgenommen in großer Bedrängnis mit Freuden im Heiligen Geist,

7 sodass ihr ein Vorbild geworden seid für alle Gläubigen in Makedonien und Achaia.

8 Denn von euch aus ist erschollen das Wort des Herrn nicht allein in Makedonien und Achaia, sondern an allen Orten hat sich euer Glaube an Gott ausgebreitet, sodass es nicht nötig ist, dass wir darüber etwas sagen.

9 Denn sie selbst verkünden über uns, welchen Eingang wir bei euch gefunden haben und wie ihr euch bekehrt habt zu Gott, weg von den Abgöttern, zu dienen dem lebendigen und wahren Gott

10 und zu warten auf seinen Sohn vom Himmel, den er auferweckt hat von den Toten, Jesus, der uns errettet von dem zukünftigen Zorn.

 

Liebe Gemeinde,

sie standen sich im Gottesdienst gegenüber, hatten einan-der an den Händen gefasst. Als sie sich so ansahen, fielen sie sich um den Hals: Ich freue mich ja so, dass ich dich kenne. Es ist schön, dass es dich gibt. Du hast mir viel Mut zum Glauben gemacht.”

In einer Runde sitzen sie zusammen und erzählen. Da sagt einer: „Also, ich habe jetzt eine Gemeinde erlebt - ich staune immer noch darüber. In dieser Gemeinde gibt es eine Atmosphäre der Aufmerksamkeit füreinander - ich glaube, da wird so schnell keiner übersehen oder vergessen. Die Kranken werden besucht. Es gibt Hausaufgabenhilfe von der Kirchengemeinde her. Jugendliche kümmern sich um Ältere. Es gibt nicht viele Gruppen und Kreise, aber es gibt ein Klima, das wohl tut. Wie die im Gottesdienst miteinander umgehen, das zeigt, dass sie miteinander unterwegs sind. Ich habe das Gefühl: in dieser Gemeinde kann jede und jeder den Platz finden, der sein Platz ist.”

Zwei Erfahrungen, die sich mit unserem Predigtwort berühren: 1. Thessalonicher 1, 2 - 10

Paulus singt ein Loblied auf die Gemeinde. Es ist mehr als die übliche tiefe Verbeugung am Anfang eines Briefes. In diesen Worten schwingt Staunen und Freude des Paulus mit: Unsere Reden von Christus hat Resonanz gefunden. Menschen sind zum Glauben gekommen. Sie haben in Jesus Christus den Grund und Halt ihres Lebens gefunden.

Was da geschehen ist, war alles andere als selbstverständ-lich. Als Paulus und mit ihm Silas und Timotheus von Christus gepredigt haben, da hatten sie mit Leuten zu tun, die in Sachen Religion keine unbeschriebene Blätter waren. Ihre Hörer hatten Götter, zu denen sie beteten. Sie hatten Tempel, in den Gottesdienste gefeiert wurden. Sie hatten Opfer, die ihnen bis dahin wichtig waren. Sie sollten jetzt diesen christlichen Wanderpredigern glauben, die ihnen von einem gekreuzigten und auferstandenen Jesus von Nazareth erzählten? Mit welchen Argumenten konnten die christlichen Missionare ihren heidnischen Hörern schon aufwarten?

Wir übersehen das leicht: Wenn ein Mensch damals - und heute - zum Glauben an Jesus Christus findet, dann ist das immer ein Wunder. Wenn ein Mensch sein Lebensvertrauen auf Jesus Christus setzt und in ihm für sich den Zugang zu Gott geöffnet sieht, in ihm die Zukunft seines Lebens aufgehoben findet, dann ist das ein Wunder. Niemand kann von sich aus, aus eigener Kraft oder Vernunft an Jesus Christus glauben. So haben es Generationen von Christen gelernt. Unser Glaube ist ein Geschenk, Frucht des Geistes - und wo es dazu kommt, da hat Gott mitten in dieser Welt sein Wunder gewirkt.

Das Staunen über dieses Wunder lässt Paulus nun nicht nur Gott loben, sondern auch die Gemeinde. Es macht ihn Gott und der Gemeinde gegenüber dankbar. Paulus sieht Folgen dieses Wunders - und die kann er beschreiben: Traurige werden getröstet, Stolze zu Recht gewiesen, Armen wird geholfen. Die Christen sind nicht nur mit Christus in einen Lebenszusammenhang gebracht worden - sie sind auch füreinander aufmerksam und füreinander liebevoll tätig geworden. Sie entdecken die Verantwortung füreinander. Man bekommt im Glauben nicht nur einen Vater und Bruder im Himmel, sondern auch Geschwister auf der Erde – und sie wissen ja: Geschwister kann ich mir nicht aussuchen!

Der Glaube, der hier anfängt, träumt sich nicht in einen rosaroten Himmel - er packt handfest auf der Erde zu. Der Glaube, der hier wächst, hebt nicht ab und wird weltfremd, sondern sorgt um den Nächsten. Der Glauben baut nicht Luftschlösser in wolkigen Höhen, sondern stellt sich der Not und dem Elend. „Seht, wie lieb sie einander haben“, soll einer der Beobachter der ersten Christen spöttisch und bewundernd zugleich gesagt haben - weil Nächstenliebe in diesen Gemeinden nicht nur ein schönes Wort für die Sonntagspredigt war, sondern gelebt wurde in der prak-tischen Hingabe von Zeit, Kraft, Geduld und wohl auch Geld. 

Paulus singt ein Loblied auf die Gemeinde. Können wir uns vorstellen, so von unserer Gemeinde zu reden? Können wir uns vorstellen, dass wir mit diesen Worten unsere konkrete Gemeinde beschreiben? Können wir uns vorstellen, dass wir diese unsere Gemeinde gegen alle Nörgeleien und allen Kritik-Geist zunächst einmal in Schutz nehmen?

Ich weiß das aus eigener Erfahrung an mir selbst: Wie rasch bin ich bei der Hand, wenn es um kritische Anmerkungen geht! Wie rasch sehe ich Schwachpunkte in einer Gemeinde! Wie unbarmherzig rede ich, reden andere über Gemeinden und die Menschen in ihnen - alles nur tote Hose, alles nur auf dem absterbenden Ast.

Dieses Predigtwort heute ist für mich eine große Heraus-forderung. Es fordert nicht mehr und nicht weniger als einen Wechsel in der Sichtweise und dann auch in der Redeweise: Fange doch erst einmal an, das Wunder Gottes zu sehen - es gibt hier Menschen, die glauben. Es gibt hier Menschen, die treu zueinander stehen. Es gibt hier Menschen, die ihre Hoffnung auf Gott setzen. Es gibt hier Menschen, die sich von Gott anrühren lassen und die die Liebe Gottes nicht als Endverbraucher für sich behalten möchten, sondern sie an andere weitergeben. Es gibt Menschen, deren Leben ein Weg mit Gott und zu Gott ist. Schau dich um und sieh - sie sind da, solche Leute, links und rechts von dir in der Kirchenbank. Unterwegs im Ort.

Das zu sehen, lässt Dankbarkeit wachsen und wehrt der lieblosen Kritik, die nie zufrieden sein kann. Es macht froh an der Gemeinde und lässt die Hoffnung blühen: so wie Gott angefangen hat, Glauben zu schenken, so will er ihn wachsen und blühen lassen. 

Einen zweiten Gedankengang möchte ich anschließen:

Gott hat Glauben geschenkt. Paulus beschreibt diesen ge-schenkten Glauben als eine dreifache Lebenswende: Ihr habt euch bekehrt hin zu Gott - das ist euer Glaube. Ihr habt angefangen, auf Menschen neben euch ganz neu zu achten und für sie da zu sein - das ist Dienen in Liebe. Und ihr wartet auf das Kommen des Reiches Gottes - das ist eure Hoffnung. 

Umkehren - dienen - hoffen - das sind drei Grundweisen des Lebens der Gemeinde. Es sind Lebenshaltungen des einzelnen Christen und der Gemeinde. Immer wieder taucht die-ser Dreiklang bei Paulus auf. Er beschreibt mit ihm die Gestalt eines Lebens, das von Christus her geprägt wird, das sich an ihm ausrichtet. Alle drei Worte weisen über sich selbst hinaus: Sie lassen einen Menschen nicht nur bei sich selbst verweilen. Sie lassen auch eine Gemeinde nicht selbstgenügsam mit dem zufrieden sein, was heute schon ist. Sie machen dankbar, aber auch sehnsüchtig - nach mehr 

Ich versuche einmal schlichte Übersetzungen:

Glauben: Ich bin mir selbst nicht genug und muss mir nicht selbst genug sein. Es ist nicht wahr, dass ich den Sinn meines Lebens nur aus dem habe, was ich kann und leiste und zustande bringe. Ich darf darauf vertrauen, dass Gott mir durch Jesus Christus Grund und Halt meines Lebens geschenkt hat, auch wenn ich das manchmal nicht fühle. Ich bin nicht auf mein Tun und meine Erfolge zurückgeworfen und muss dann im Misslingen das Scheitern meines Lebens fürchten. Ich bin umfasst von der Treue Gottes, die mich in allem scheitern nicht fallen lässt.

Dienen:  Ich drehe mich nicht um mich selbst. Weil ich die Sorge um mich selbst im Vertrauen auf Gott los bin, kann ich mich um andere kümmern. Ich kann danach fragen, was andere Menschen von mir haben - manche brauchen ein gutes Wort, andere ein offenes Ohr. Wieder andere brauchen womöglich meinen Sachverstand und der eine oder andere braucht meine Freundlichkeit.

Dienen ist ein altmodisches Wort: Es ist bitter nötig in einer Zeit, in der Dienstleistungen immer stärker nachgefragt werden und für manchen unbezahlbar werden, dass die Gemeinde nicht einfach nur Dienstleistungen vermittelt, sondern dass in diesen Dienstleistungen der Gemeinde Liebe spürbar wird. 

Hoffen: Ich muss nicht nur das Jetzt und Heute genießen, weil morgen nichts mehr kommt. Ich kann mich ausstrecken nach vorne, weil die Zukunft dieser Welt und die Zukunft meines Lebens in Gott geborgen sind. Damit ist das Heute nicht unwichtig, aber es ist entlastet. Wer dagegen dieses Leben als letzte Gelegenheit begreift, als das Schnäppchen, das nur vor dem Tod zu haben ist, der ist in eine geradezu hoffnungslose Jagd nach Glück und Spaß und Erleben einge-spannt. Hoffen setzt dagegen: Meine Zukunft ist geklärt bei Gott. Wie jeden Morgen das Morgenrot des Sonnenaufgangs aufleuchtet, so leuchtet über der Nacht meines Todes schon das Licht des ewigen Morgens Gottes auf. Aus diesem Hof-fen wächst eine Gelassenheit, die heute leben lieben und glauben kann. 

In unserer Zeit wird immer wieder gefragt, wie wir als Gemeinde denn die Menschen erreichen können, die es mit dem Glauben schwer haben, die der Kirche den Rücken ge-kehrt haben und für die der Glauben an Gott so fremd ge-worden ist. Wenn ich auf unser Predigtwort höre, dann denke ich: Es braucht keine Hochglanzbroschüren - es braucht Christen und Gemeinden, die das Wunder Gottes in ihrem eigenen Leben entdecken. Aus der Freude und dem Staunen über dieses Wunder erwächst dann auch ein Handeln, das nicht verborgen bleiben kann. Glauben – Dienen – Hoffen. Andere werden es sehen und sich anstecken lassen.

Verfasser: Pfarrer i. R. Paul-Ulrich Lenz, Am Litzenau 17, 63679 Schotten


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