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Im Namen Jesu

von Hansjürgen Günther (64342 Seeheim-Jugenheim)

Predigtdatum : 01.01.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Neujahrstag
Textstelle : Johannes 14,1-6
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Wochenspruch:

Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. (Kolosser 3,17)
Psalm: 8,2-10 (EG 705)

Lesungen

Altes Testament:
Josua 1,1-9
Epistel:
Jakobus 4,13-15
Evangelium:
Lukas 4,16-21

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 62
Jesus soll die Losung sein
Wochenlied:
EG 64
oder EG 65
Der du die Zeit in Händen hast
Von guten Mächten
Predigtlied:
EG 395
Vertraut den neuen Wegen
Schlusslied:
EG 394
Nun aufwärts froh den Blick gewandt

Historische Situation und theologische Reflexion:
Die Adressaten des Johannes-Evangeliums fühlen sich verlassen wie Waisen. Jesus, mit dem sie so viel Wunderbares erlebt haben, ist nicht mehr unter ihnen. Auf seine Wiederkunft warten sie bisher vergeblich. Vielleicht schlossen sich einige erneut der jüdischen Synagoge an. Verfolgung und Not machen hilflos. Die Angst vor der Zukunft schien gebannt, solange Jesus bei ihnen war. Aber was soll nun werden?
Die Antwort des Textes: „Euer Herz erschrecke nicht!“ Für Eure Zukunft ist gesorgt! An dieser Stelle nimmt der Text auch die aktuellen Zukunftsängste einer Gemeinde beim Übergang ins Neue Jahr auf. Der Gedankengang der Abschiedsreden entspricht dem Gebet Joh. 17, wo in den Versen 9-23 die Situation des Glaubenden in der Welt und in den Versen 24-26 von seiner Existenz über den Tod hinaus gesprochen wird. Die Frage nach dem Weg wird zurückgebogen zur Frage nach der gegenwärtigen Gemeinschaft mit Jesus. Es geht letztlich nicht um die Sorge um die jenseitige Zukunft, sondern um die Sorge der glaubenden Existenz in der Welt. Allein der Glaube ist auch der Zukunft gewiss. Im Weg des Glaubens erschließt sich, dass Jesus auch Wahrheit und Leben ist.
Die Paradoxie, dass Weg und Ziel bei Jesus eins sind, wird im Anschluss an unseren Predigttext noch einmal zum Ausdruck gebracht: In Jesus ist der Vater gegenwärtig!

(„Die eschatologische Existenz muss in der Geschichte verwirklicht werden.“ R. Bultmann)

Liebe Gemeinde,
am Anfang eines neuen Jahres erfasst uns eine unbestimmte Wehmut im Hinblick auf das Vergangene und ein ungewisses Bangen vor dem Neuen Jahr: Werden unsere Wünsche in Erfüllung gehen? Werde ich den Anforderungen standhalten können, die mein Beruf und meine Familie an mich stellen? Wir suchen an der Schwelle der Jahre nach Zeichen der Hoffnung, nach Worten, die uns Mut machen, nach Wegweisern, die uns sagen: „Hab keine Angst. Du wirst Dich nicht verirren. Hier ist der Weg.“
Das heidnische Brauchtum, das sich bis in unsere Tage erhalten hat, kann uns von dieser Zukunftsangst nicht befreien: Die Böllerschüsse, die die Dämonen vertreiben sollten; das Bleigießen, das uns einen Blick in die Zukunft gestatten will. – Nein, wir brauchen eine verlässliche Zusage, die Orientierung gibt und Grund unter unsere Füße.
Unser Predigttext erinnert uns an die Zukunftsängste der Jünger Jesu. Auch sie müssen Abschied von Vergangenem verarbeiten und blicken voller Sorge in eine ungewisse Zukunft. Sie wissen nicht, wie es weiter gehen soll, wenn ihr Meister sie zurück lässt. - Hören wir auf diesen Text aus den Abschiedsreden Jesu:
1 Jesus sprach zu seinen Jüngern:
Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! 2 In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten? 3 Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin. 4 Und wo ich hingehe, den Weg wisst ihr.
5 Spricht zu ihm Thomas: Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst; wie können wir den Weg wissen? 6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.
„Euer Herz erschrecke nicht!“ – Das klingt uns zu einfach. Wenn wir uns die Welt und ihre Konflikte anschauen, dann kann uns angst und bange werden. Vielleicht gibt es auch Be-drohungen in unserem persönlichen Leben: Arbeitslosigkeit, Krankheit, Konflikte in Ehe und Familie. Viele können die humorvolle Gelassenheit Erich Kästners nicht nachsprechen: „Wird’s besser, wird’s schlimmer, fragen wir jährlich; doch seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!“ –
Da ist es wohltuend, das Wort Jesu zu hören, der in die Übergangssituation der Jünger hineinspricht; und in einer solchen befinden wir uns ja auch mit unseren bangen Fragen beim Übergang in ein neues Jahr: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ – Jesus sagt das vor seinem Gang ans Kreuz. Er bereitet seine Gemeinde auf die Zeit vor, in der er nicht mehr sichtbar bei ihnen sein wird. Er will seinen Nachfolgern Proviant und Orientierung geben für die drohende ungewisse Zukunft. „Habt keine Angst“, sagt er, „ich lasse Euch nicht wirklich allein, sondern sorge für Eure Zukunft beim Vater. Den Weg, wie Ihr dorthin gelangt, den wisst Ihr.“ –
Die Jünger verstehen nicht. Thomas fasst ihr Unverständnis zusammen: „Wir wissen nicht, wo Du hingehst; und wie – bitteschön – können wir den Weg wissen?“ – Und dann antwortet ihm sein Herr mit dem berühmten Satz: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich!“ –
Jesus, dieses „fleischgewordene Wort Gottes“ (Joh. 1,14) kam in diese Welt voller Dunkelheit, Leid und Tod, um sie zu retten. Wer ihm vertraut und sich auf seine Liebe einlässt, der wird gerettet. Der braucht sich um seine Zukunft nicht zu sorgen. Der wird in alle Ewigkeit zu Gott gehören. –
Mir fällt in diesem Zusammenhang ein Bild von der Golden-Gate-Brücke in San Francisco ein, übrigens das meist fotografierte Bauwerk der USA: Eine elf Kilometer lange Hängebrücke über einen Meeresarm des Pazifik. Die Brücke wird nur von zwei riesigen Pfeilern getragen, die jeweils 227 Meter hoch sind. Die Fahrbahn liegt 67 Meter über dem Wasser. – Auf dem Bild, das ich sah, war nur ein Pfeiler zu sehen; der andere war unsichtbar und konnte nur im Nebel vermutet werden.
Ein Bild für unsere Situation, liebe Gemeinde: Unser aller Lebensweg wird durch zwei in alle Ewigkeit verankerten Pfeiler getragen. Der eine Pfeiler ist das Kommen des fleischgewordenen Wortes in unsere Welt. Das haben wir in den letzten Weihnachtstagen wieder mit Recht gefeiert. Der zweite Pfeiler ist noch verhangen im Nebel der Geschichte. Der zweite Pfeiler ist die Ankunft des Auferstandenen. Er ist zwar nicht sichtbar, aber gewiss: „Ich werde wiederkommen und Euch zu mir nehmen, damit Ihr seid, wo ich bin!“ –
Zwischen diesen beiden Pfeilern befindet sich unser Weg, liebe Gemeinde. Wir haben ein Ziel, zu dem wir unterwegs sind. Gott fängt nichts an, um es dann wieder liegen zulassen! Christus will uns zu diesem Ziel bringen. Egal, ob das Jahr 2005 noch im Nebel vor uns liegt. Jesus geht mit mir über die Brücke und lädt uns ein, sich an IHM zu orientieren: „Ich bin der Weg!“
Wegweiser stehen auf der Stelle, aber dieser Wegweiser Gottes geht mit mir durch Leiden und Tod. – In diesem Jesus fallen Ziel und Weg eigenartig zusammen: Die ganze Lebensfülle, den letzten Sinn unseres Lebens finden wir da, wo wir mit diesem Herrn verbunden bleiben. Wir sind eingeladen, das Vertrauen an seiner Hand neu zu wagen.
In diesem Vertrauen können wir gelassen werden wie Kinder, die in Sichtweite ihrer Eltern spielen. Sie lachen und weinen, tun sich weh und verletzen sich, aber die Welt bleibt in Ordnung und behält ihre Orientierung, solange die Eltern in der Nähe sind.
Auf diesem Weg Jesu gehen wir freilich nicht wie „Hans-Guck-in-die-Luft“, der nicht mehr die heillose Welt um sich herum wahrnimmt. Nein, zum Weg Jesu gehört es, zuzupacken, sich einzumischen, Stellung zu beziehen, Leid zu mindern und falsche Götzen zu entlarven. Gerade weil unsere Zukunft bei diesem Herrn in guten Händen liegt, werden unsere Hände und unser Herz frei zum Handeln im Geiste Jesu. -
Viele Bedrohungen und Versuchungen, viele Zweifel und fragwürdige Mächte werden an unserem Weg durch das Jahr 2005 auf uns lauern. Unser Predigttext macht uns Mut, auf dem Weg Jesu zu bleiben, weil er zur Wahrheit und zum Leben führt. „Die Herren dieser Welt kommen und gehen“, pflegte Gustav Heinemann zu sagen, „aber unser Herr kommt, um nicht mehr zu gehen!“ – Gerade durch diese Gewissheit war er ein aktiver Politiker.
Egal, ob schwierige Entscheidungen uns abverlangt werden als mündige Christen und Christinnen, wir werden uns ausrichten am Wort Gottes, das als Jesus Christus unter uns lebendig war. So konnte Jochen Klepper, auch in der dunkelsten Epoche unserer deutschen Geschichte, aller Angst vor der Zukunft die Gewissheit seines Glaubens entgegenstellen:
„Der Du allein der Ewge heißt
und Anfang, Ziel und Mitte weißt
im Fluge unsrer Zeiten:
Bleib Du uns gnädig zugewandt
und führe uns an Deiner Hand,
damit wir sicher schreiten.“
Amen.

Verfasser: Pfr. Dr. Hansjürgen Günther, Villastr. 8, 64342 Seeheim

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