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Im Namen Jesu

von Peter Keller (60433 Frankfurt)

Predigtdatum : 01.01.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Neujahrstag
Textstelle : Josua 1,1-9
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Wochenspruch:

Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. (Kolosser 3,17)

Psalm: 8,2-10 (EG 705)

Lesungen

Altes Testament:
Josua 1,1-9
Epistel:
Jakobus 4,13-15
Evangelium:
Lukas 4,16-21

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 58
Nun laßt uns gehn und treten
Wochenlied:
EG 64
oder EG 65
Der du die Zeit in Händen hast
Von guten Mächten treu und still umgeben
Predigtlied:
EG 65
Von guten Mächten
Schlußlied:
EG 394
Nun aufwärts froh den Blick gewandt

Hinführung zur Predigt
An dieser ungewöhnlichen Zeitstelle der Jahrtausendwende möchte ich einen in dieser Form ungewöhnlichen Weg gehen und erst äußerst spät den Text einbringen, quasi als Abschnitt aus dem Bilderbuch des Glaubens, der es ermöglicht, getrost und unverzagt in das neue Jahr, Jahrhundert und Jahrtausend einzutreten. Dabei ist aber das Gespräch mit dem Text längst eröffnet. Er bietet Raum für Rückblick und Ausblick, er zeigt den Menschen unter Gottes Geleit und Beauftragung und erfüllt ihn mit Mut und Zuversicht für die Furcht einflößende Zukunft. Wir heute an unserer Zeitstelle haben auf diesem Weg den Stafettenstab des wandernden Gottesvolkes zu übernehmen.

Liebe Gemeinde!
Trotz all dem lauten Getöse zu diesem Jahreswechsel, trotz vieler gewichtiger Worte, trotz mancher ausgebliebenen oder auch eingetretenen technischen Pannen dabei und trotz all der ausufernden Festlichkeiten zu diesem Jahreswechsel könnte ich mir vorstellen, daß wir das Ganze noch gar nicht so richtig realisiert haben, ja daß es uns geradezu unwirklich vorkommt, nun bei der Datumsangabe das Jahr 2000 schreiben zu sollen.
Dennoch gilt doch wohl für uns alle: wir spüren jetzt ein wenig den Atem der Geschichte, und wir können mit einem gewissen Stolz sagen: wir sind dabei gewesen; schließlich geschieht solch eine Jahrtausendwende nicht alle Tage und auch nicht für alle Generationen. Sie macht uns aber auch bewußt, wie die Zeit rast, lag doch das Jahr 2000 für uns immer in weiter, weiter Ferne, trotz allem Gerede davon. Und jetzt diese Zahl? Konfrontiert sie uns nicht auch mit der Endlichkeit unseres kleinen Lebens, also auch mit unserem Tod, aber auch mit der Grenze unserer Weltzeit insgesamt und mit dem Wissen um das mögliche Ende der Bewohnbarkeit dieser Erde für uns Menschen?
Zudem erahnen wir bei solch einer Jahrtausendwende etwas davon, was es heißt, in einer Übergangszeit zu stehen, was manchem vielleicht sogar als Endzeit erscheinen mag. Schon der allgemeine Werte-Verlust - oft genug beklagt, der unsere Gesellschaft in unseren Tagen an die Grenze lebbarer Gemeinsamkeit führt und den Kampf jeder gegen jeden zu eröffnen scheint, er macht eine allgemeine Neuorientierung zwingend notwendig, fordert einen Grundkonsens dessen herzustellen, eine allgemeine Übereinstimmung darüber, was unter uns zu gelten hat und was nicht, damit wir miteinander in Frieden, in Freiheit und Sicherheit leben können. Fragen also über Fragen; ich nenne nur noch die: welche Lebensform wird es geben, usw., usf.?
Das aber ist nur das eine - rückblickend nicht selten gepaart mit einer Idealisierung der guten, alten Zeit, als wäre da alles unproblematisch gewesen. Wir kennen das: wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben!
Das andere erfüllt uns aber doch jetzt auch, daß wir hoffnungsvoll und mit Neugierde in die Zukunft blicken wollen. Da möchten wir dann zwar schnell das nun vergangene Jahrhundert vergessen und weit, weit hinter uns zurücklassen, das Jahrhundert mit den zwei Weltkriegen und den vielen kriegerischen Auseinandersetzungen mit Millionen und Abermillionen von Toten, das Jahrhundert mit Terror und Gewalt, das Jahrhundert auch mit dem Umsetzen, ja praktischen Durchspielen und Durchsetzen von angeblich humanen Ideen und Ideologien unter realen, aber menschenverachtenden Bedingungen. Da wurden dann im Namen des Menschen wiederum Millionen und Abermillionen Menschen ermordet, gequält, gefoltert, umerzogen und entmenschlicht. Das alles ist ja für uns noch mit Händen zu greifen nahe, und wir haben das Wunder erlebt, wie das alles von einem zum anderen Tag wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen konnte.
Wir atmeten auf, wir wähnten uns beim Anbruch des Goldenen Zeitalters ewigen Friedens und bekamen dann doch sofort den entsprechenden Dämpfer, ich nenne nur die Namen Saddam Hussein und Milosevic, und da spätestens haben wir es nun hoffentlich alle gelernt, daß uns unsere Bäume nicht in den Himmel wachsen, ja daß wir Menschen bei uns selbst nicht gut aufgehoben sind, und das trotz all der großartigen Errungenschaften gerade technischer Art, die uns gerade dieses vergangene Jahrhundert durch den menschlichen Geist erschlossen und gebracht hat.
Was aber heißt das: Wir sind bei uns selbst nicht gut aufgehoben? Wie hören wir das? Etwa nur als Defizit? Könnte es nicht gerade umgekehrt für uns Menschen die Befreiung schlechthin bedeuten? Wir, nicht allein! Wir, nicht auf uns allein gestellt, auf uns allein angewiesen! Wir, nicht die, die alles machen, sichern, ausrichten, gestalten, schaffen müssen; kurz: wir nicht die Götter dieser Welt, sondern wir alle Geschöpfe unseres Gottes. Und dieser Gott geht mit uns durch die Zeiten. Wir sind mit ihm unterwegs. Da gibt er das Ziel und die Richtung an; da gibt er uns unseren Auftrag und erstellt die Rahmenbedingungen dafür. Wir laufen also nicht ins Blaue, und unser Lauf geschieht nicht ohne Netz, weil wir in allem von ihm umfangen sind.
Mit diesem Lauf stehen wir auch nicht am Anfang, sondern in einer langen Kette, in langer Kontinuität durch die Geschichte hindurch. Wir haben auf diesem Lauf Geschwister um uns und vor uns. Auf sie können wir schauen, auf sie können wir hören, wie Gott mit ihnen gehandelt hat und weiter handelt. Das gibt unseren Schritten Klarheit und Sicherheit, Gewißheit und Zuversicht. Getrost und unverzagt, mutig und stark können wir auf diesem Weg in das neue Jahr gehen, hinein in ein neues Jahrhundert, hinein in ein neues Jahrtausend.
Der Auftrag dazu wird uns plastisch vor Augen gestellt, wenn wir hören, was Gott selbst seinem Diener Josua an dem entscheidenden Wendepunkt seines Lebens aufgetragen hat, wie er ihn dazu ermutigt und mit dem nötigen Handwerkszeug dafür ausgestattet hat.
So hören wir darauf, was Gott zu Josua spricht, Josua 1,1-9:
1 Nachdem Mose, der Knecht des HERRN, gestorben war, sprach der HERR zu Josua, dem Sohn Nuns, Moses Diener: 2 Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gegeben habe. 3 Jede Stätte, auf die eure Fußsohlen treten werden, habe ich euch gegeben, wie ich Mose zugesagt habe. 4 Von der Wüste bis zum Libanon und von dem großen Strom Euphrat bis an das große Meer gegen Sonnenuntergang, das ganze Land der Hetiter, soll euer Gebiet sein. 5 Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. 6 Sei getrost und unverzagt; denn du sollst diesem Volk das Land austeilen, das ich ihnen zum Erbe geben will, wie ich ihren Vätern geschworen habe. 7 Sei nur getrost und ganz unverzagt, daß du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose, mein Knecht, geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rechten noch zur Linken, damit du es recht ausrichten kannst, wohin du auch gehst. 8 Und laß das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, daß du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen, und du wirst es recht ausrichten. 9 Siehe, ich habe dir geboten, daß du getrost und unverzagt seist. Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.
Liebe Gemeinde! Josua mag in dieser Situation auch zunächst zurück blicken: 40 Jahre in der Wüste nach Knechtschaft und Sklaverei; der Auszug aus Ägypten, die wunderbare Errettung, dann der Alltag der neuen Freiheit, das ständige Murren des Volkes: früher hatten wir wenigstens unser Auskommen, ja wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben. Aber es war unter der Führung des Mose weiter gegangen, viele harte Jahre; und nun war Mose gestorben, und er, Josua, stand plötzlich in der Verantwortung; und da schien es ihm: was war das alles nur im Vergleich zu dem, was jetzt so bedrohlich vor ihnen stand: Das Volk über den Jordan führen - damals ein reißender Fluß in einem tief eingeschnittenen Tal - hinein in ein bewohntes Land, von dessen Bewohnern heftiger Widerstand zu erwarten war.
Da nun dieser Auftrag, dieses Neuland zu betreten, dorthin das Volk zu führen. Mußte er nicht sagen: ein unmögliches Unternehmen? Wie ein unbezwingbarer Berg muß es sich vor ihm aufgetürmt haben. Aber es war Gottes Auftrag, dazu sein Wort: ich habe euch dieses Land bereits gegeben, es ist quasi schon in eurer Hand, und er sagt: dieses Land, nicht irgendeines. Hier sind die Grenzen schon genau abgesteckt; also wiederum eine sehr konkrete Aussage Gottes, verbunden mit der Zusage: ich will mit dir sein, niemand soll dir widerstehen und dazu gleich dreimal: sei getrost und unverzagt, laß dir nicht grauen! Gott selbst weiß: das ist kein Kinderspiel, was da vor Josua steht. Da stehen harte Auseinandersetzungen bevor, und deshalb ist es keine Schande, Angst davor zu haben. Aber sieh doch auf Mose und auf seinen ganzen Weg. Kannst du dann noch meinen, er sei besser dran gewesen?
Wie oft mögen wir denken: ja früher, da war es leichter mit dem Glauben. Aber sieh doch auf Mose, welche Stationen mußte er durchlaufen: Immer wieder geriet er dabei an einen Punkt, wo alles auf des Messers Schneide stand und sein Auftrag zu scheitern schien. Aber Gott war mit ihm gewesen: Josua kann das im Rückblick deutlich erkennen, ja er muß anerkennen: die Führung Gottes, sein Geleit, da stimmt die Linie trotz aller Rückschritte, trotz aller Umwege. Gott hatte immer wieder eingegriffen und geholfen. Nicht von ungefähr sind sie jetzt kurz vor dem Ziel. Josua steht also selbst schon in dieser Kette wunderbarer Führungen Gottes, so doch auch wir, wenn wir zurückblicken.
Da ist das Volk der Juden, das alte Gottesvolk, da ist die Kirche, das neue Gottesvolk. Keine einfachen Wege, wie oft sind da die Konturen des Gottesvolkes nicht mehr deutlich sichtbar, aber wer wollte in dem allen nichts von den wunderbaren Führungen Gottes erkennen können?
Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein! Sicher hätte schon Josua allzugern einen Blick hinter den Vorhang getan, wie es denn genau weiter gehen würde. Wie würden wir oft so gerne alles klar vor uns sehen: Josua wird auf das Gesetz verwiesen, auf das Wort Gottes, das Buch der Bücher. Darüber soll er sinnen, es betrachten Tag und Nacht. Das soll seine Richtschnur sein, “dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen”. Laß dir nicht grauen, denn im letzten ist auch dir der Weg bereits geebnet, auch wenn du das noch überhaupt nicht zu sehen vermagst.
Wie also könnten wir anders in dieses neue Jahr gehen, als miteinander das Wort der Schrift hin und her zu bewegen, uns daran zu halten und zu tun, was darin geschrieben steht. Wie könnten wir anders in dieses neue Jahr gehen, als miteinander über diesem geöffneten Buch unseren Herrn Jesus Christus anzurufen und mit ihm im Gespräch zu bleiben Tag und Nacht, ihm, unserem lebendigen Herrn Jesus Christus, dabei immer neu begegnen und so dieses neue Jahr als Christusjahr begreifen: er, der Christus, darin der, der mit uns geht und uns Mut, Kraft und Freude schenkt; er, der Christus, der, der uns in seinen Dienst ruft und so unser Leben erfüllt, in dem wir seinen Segen, sein Licht und seine Liebe hineintragen in diese Welt. Gott schenke uns allen, daß dies unser Erleben wird, so daß wir ein Segen sind für die Welt wie auch für uns selbst! Amen.

Verfasser: Pfr. Peter Keller, Neumannstr. 18, 60433 Frankfurt

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