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Irdische Güter

von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)

Predigtdatum : 01.10.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Galater 5,25-26;6,1-3.7-10
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Wochenspruch:

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1. Petrus 5,7)

Psalm: 127,1-2

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 2,4b-9 [10-14] 15
Epistel:
1. Petrus 5,5c-11
Evangelium:
Matthäus 6,25-34

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 334
Danke für diesen guten Morgen
Wochenlied:
EG 345
oder EG 369
Auf meinen lieben Gott
Wer nur den lieben Gott lässt walten
Predigtlied:
EG 252
Jesu, der du bist alleine
Schlusslied:
EG 171
Bewahre uns, Gott

25 Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln.
26 Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden. 6,1 Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. 2 Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. 3 Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.
7 Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. 8 Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. 9 Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. 10 Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

Liebe Gemeinde!
Drei sehr bekannte Worte des Apostels Paulus in unserem heutigen Text stehen da wie starke Leuchtfeuer in einem zunächst noch unübersichtlichen Gewässer: “Wenn wir im Geist leben...” ist ein Schlüsselsatz der Paulinischen Theologie. “Einer trage des anderen Last...” weckt in uns mancherlei Assoziationen. “Lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.” Dieser Satz ist oft als Munition gegen das Christentum verwendet worden.
Wie das alles zusammengehört und wie hier überraschende Zusammenhänge sichtbar werden, wird bei näherer Betrachtung dieses Textes sichtbar werden.
Da stehen nun nicht nur drei markante Worte eng beieinander, die jedes sein eigenes Gewicht haben. Da steht noch mehr in unserem Text, was zu mancherlei Missverständnissen und Widerspruch geführt hat. Gerade deshalb sollten wir etwas genauer hinter den Text schauen, um ihn richtig zu verstehen und für unser Leben nutzbar zu machen.
Da steht also am Anfang: “Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln.” Wörtlich und inhaltlich genau übersetzt heißt dies aber: “Wenn wir aus dem Geist leben, dann lasst uns auch aus dem Geist wandeln.” - Oder anders: “Wenn wir aus dem Geist Gottes unser Leben haben, dann lasst es uns auch aus diesem Geist heraus führen, aus diesem Geist heraus miteinander umgehen.” -
Mit anderen Worten: Der Geist, der unser Leben, unser Leben als christliche Gemeinde begründet hat, muss auch die dauernde Grundlage für unser tägliches Handeln, unser Zusammenleben sein.
Das hat nichts mit Gesetzlichkeit zu tun, mit einer Verpflichtung zu besonders sittlichem Leben im landläufigen Sinne, sondern mit der Freiheit, die uns dazu befähigt, deren wir uns bewusst sein sollen.
Nun folgen Ermahnungen bzw. Hinweise darauf, wie sich das im Einzelnen gestaltet.
Da gab es in der Gemeinde in Galatien - wie das so überall im Leben immer wieder vorkommt - Bestrebungen, dass Einzelne mehr gelten wollten als andere. Das vergiftete die Atmosphäre. (V. 26).
“Wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird ...” - wer von uns ist eigentlich davor sicher?? - Mögen wir es dann, wenn andere hämisch oder herablassend oder in scharfer Form uns darauf hinweisen, uns zur Rede stellen oder gar in irgendeiner Form uns verurteilen? - “So helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr die ihr geistlich seid!”
Hier zeigt uns Paulus ganz deutlich, dass es nicht darum gehen kann, alles Unrecht zu ertragen, indem man es ignoriert, alles unter den Teppich fegt, denn eines Tages bekommt davon auch der schönste und beste Teppich Beulen und Buckel, über die man allzu leicht stolpern kann. Und es ist nicht mehr zu leugnen, dass da einiges drunter liegt. Gegen Unrecht dürfen oder sollen wir durchaus auftreten, aber eben in der rechten Form.
Auch Jesus hat die Menschen nicht angegriffen, wenn er ihnen Unrecht vorzuhalten hatte, sondern hat ihnen mit der gebotenen Deutlichkeit ihren Irrtum und ihr Unrecht vor Augen geführt. Wenn wir aus dem Geiste Jesu Christi leben wollen, dann heißt das auch, dass wir unser Handeln unter seine Regie stellen.
Das gilt dann auch bei dem Unrecht, das wir als Betroffene erfahren, oder das wir als Nicht-Betroffene sehen und miterleben.
“Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.” - Das ist ein Satz, der immer wieder dazu geführt hat, das Evangelium von Jesus Christus zu missdeuten als einen moralischen Forderungs-Katalog, als eine Richtschnur des sittlichen Lebens. Und genau das ist es nicht! Das Gesetz Christi ist das, das er selbst erfüllt hat. Denn er war nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern zu erfüllen. Er hat es uns vorgelebt, er hat uns den Weg gezeigt und diesen Weg geebnet, und er hat uns die Kraft gegeben, diesen Weg zu gehen. Denn er hat sein Versprechen gehalten, uns seinen Heiligen Geist zu geben, der uns leiten soll.
Jesus Christus hat das Gesetz erfüllt, indem er alle unsere Verfehlungen auf sich genommen und ans Kreuz getragen hat. Er hat unsere Last getragen.
Das Gesetz Christi erfüllen wir, indem wir seine Erlösungstat annehmen und weitergeben. Wir brauchen die Last des andern ja gar nicht allein auf unsere Schultern zu nehmen, sondern wir dürfen wissen, dass ER uns beim Tragen hilft.
Da gibt es die Geschichte von dem Mann, der im Traum sein ganzes Leben an sich vorüberziehen sieht. Da sind Fußspuren, die den Weg seines Lebens zeichnen. Meistens sind es die Spuren von zwei Menschen, auf manchen Strecken aber nur die von einem. Da sagt der Mann zu Gott: “Hier auf meinem Lebensweg sehe ich, wie du bei mir warst und mich geleitet hast. Nur in den Zeiten, auf den Strecken meines Lebensweges, die für mich die schwersten waren, da hast du mich allein gelassen; das war es wohl auch, warum sie mir so besonders schwer geworden sind. Gerade da hätte ich doch dein Geleit besonders nötig gebraucht.”
Darauf antwortet ihm Gott: “Dein ganzes Leben war ich bei dir, und du siehst meine Spuren neben den deinen. Aber gerade in den schwersten Zeiten war ich nicht fern, denn die Spuren, die du siehst, sind nicht deine, sondern meine, denn ich habe dich hindurchgetragen.”
So hat Jesus uns vorweg schon durch unser Leben getragen.
Wenn wir nun fremde Lasten mittragen sollen, dann heißt das noch lange nicht, dass wir die Lasten der ganzen Welt auf unsere schwachen Schultern nehmen sollen, auch nicht die Lasten von vielen Menschen oder von Menschen-Gruppen. Es genügt schon, wenn wir es im Rahmen unserer Kräfte und Möglichkeiten tun. Tun wir mehr - oder versuchen wir es, dann kann es allzu leicht dahin kommen, dass wir uns gesundheitliche oder andere Schäden zufügen. Dann können wir für einige Zeit - oder gar für immer - nichts mehr einbringen.
Es gibt die alte - leider viel zu wenig bekannte - Erfahrung, dass ein Mensch, der darauf angewiesen ist, von anderen durch ein Tief seines Lebens hindurchgetragen zu werden, plötzlich erkennt, dass er selbst helfen kann, andere zu tragen.
Bei alledem gilt es - wie stets im Leben -, das rechte Maß zu finden. Das können wir, wenn wir aus dem Geist leben und wandeln, d.h. wenn wir unsere Kraft aus dem Geist Jesu Christi beziehen, wenn wir uns an ihm orientieren. Denn auch er hat sich oft genug dem Zugriff der Menschen entzogen, die ihn über Gebühr in Anspruch nehmen wollten. Er hat sich erst wieder unter die Leute begeben, nachdem er die nötige Kraft dazu gesammelt hatte. Ausruhen, verharren, Kraft schöpfen, das gehört zu dem Leben aus dem Geist.
Und noch ein Letztes: “Lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.” - das hat vielfach zu gravierenden Missverständnissen geführt. Zum einen glaubten und glauben manche Menschen, wir sollten uns zunächst oder ganz vor allem um die Glaubensgenossen kümmern und uns ihnen widmen.
Das hat zu Isolationen geführt, zu Abkapselungen bis hin zu der Meinung, dass man Andersdenkenden kein gutes Verhalten schuldig sei. Das ist Sektiererei, Absonderung vom Gebot der Liebe. Vor allem aber hat dieses Wort bei Außenstehenden zu einem schwerwiegenden Missverständnis über seinen wahren Sinn geführt. Es hat uns bei Andersgläubigen und Ungläubigen in den Misskredit gebracht, wir wollten nur für uns selber da sein. Hier geht es aber darum, dass wir in unserer Verhaltensweise deshalb den Glaubensgenossen besonders verpflichtet sind, weil wir vielleicht mehr Kontakt mit ihnen haben als mir anderen. So jedenfalls war es damals in der Zeit des Urchristentums.
Auch in unserer Zeit, wo wir nicht mehr so abgekapselt leben wie jene Christen, haben wir die Möglichkeit, unser Verhalten untereinander, miteinander und aneinander zu trainieren - solange wir noch Zeit dazu haben.
Auch wenn es vielleicht zunächst so den Anschein hatte - Patent-Rezepte und Verhaltens-Regeln für unseren Alltag gibt dieses Apostelwort nicht her. Aber es ermuntert uns, unser Leben an dem Geist zu orientieren, den Jesus uns bei seinem Abschied aus der sichtbaren Welt versprochen und zugesagt hat.
Wenn wir aus dem Geist Jesu Christi unsere Lebenskraft beziehen, dann lasst uns diese Kraft auch nutzen, unser Leben daraus zu gestalten. Das Gesetz Christi bestand und besteht darin, unsere Last zu tragen.
Wir dürfen dieses Gesetz erfüllen, indem wir unsere Lasten gemeinsam tragen, wie wir wissen, dass wir - mit allen unseren persönlichen Lasten - von ihm getragen werden. Amen.

Verfasser: Prädikant Martin Bender, Südring 98, 55128 Mainz

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