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Irdische Güter

von Michael Heymel (64291 Darmstadt)

Predigtdatum : 04.09.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Lukas 18,28-30
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Wochenspruch:

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1. Petrus 5,7)

Psalm: 127,1-2

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 2,4b-9 [10-14] 15
Epistel:
1. Petrus 5,5c-11
Evangelium:
Matthäus 6,25-34

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 304,1-6
Lobet den Herren
Wochenlied:
EG 345
oder EG 369
Auf meinen lieben Gott
Wer nur den lieben Gott lässt walten
Predigtlied:
EG 378,1-5
Es mag sein, dass alles fällt
Schlusslied:
EG 157
Lass mich dein sein und bleiben

28 Petrus sprach zu Jesus: Siehe, wir haben, was wir hatten, verlassen und sind dir nachgefolgt. 29 Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlässt um des Reiches Gottes willen, 30 der es nicht vielfach wieder empfange in dieser Zeit und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.

Hinführung:
Der Text schließt unmittelbar an die Geschichte von dem reichen Vorsteher (Lk 18,18-27) an. Bei der Predigt ist dieser Gesprächszusammenhang zu beachten. Die Äußerung des Petrus V. 28 will bei Lukas auf dem Hintergrund des vorhergehenden Gesprächs zwischen dem Vorsteher und Jesus verstanden sein.
Meine Predigt ist von der Einsicht geprägt, dass gerade Gottesdienstteilnehmer, die sich bemühen, als Christen zu leben, sich gut mit Petrus identifizieren können. Andererseits ist auch die Haltung des Vorstehers für viele nachvollziehbar. Die Angst davor, auf alles Eigene zu verzichten, und die Sorge, ob sich das Verlassen des Eigentums lohne bzw. gelohnt habe, sind zwei eng benachbarte, aufeinander bezogene Arten, sich zur Nachfolge Jesu zu verhalten.
In der Predigt kommt es mir darauf an, die Sorge des Petrus (der bereits Schritte der Nachfolge gegangen ist) ernst zu nehmen, ohne dabei zu vergessen, dass alles, was Jesus zu Petrus sagt, auch für die Zuhörer von Interesse ist, die wie der Vorsteher davor zurückscheuen, diesen Weg zu gehen und auf jede Selbstsicherung zu verzichten. Wichtig ist mir, dass die Verheißung Jesu deutlich wird: Wer Schritte der Nachfolge wagt, wird vielfach belohnt.

Liebe Gemeinde!
Haben wir nicht alle irgendwann schon einmal wie Petrus gedacht? Um als Christen zu leben, haben wir auf Vieles verzichtet, woran andere hängen. Wir haben Vieles hinter uns gelassen. Auch das, was andere nicht so leicht aufgeben. Warum haben wir das getan? Weil Jesus uns wichtig ist. Weil er uns mehr zu bieten hat als das, was sonst in unserer Gesellschaft zählt. Weil Jesus uns persönlich herausfordert zu einem anderen, neuen Weg, unabhängig von dem, was andere sagen und für richtig halten.
Es gibt Christen, die freiwillig zehn Prozent ihres Einkommens abgeben. Und die Erfahrung machen, dass es für sie selber trotzdem reicht. Es gibt Menschen, die Besitztümer, Sachen, gewohnte Lebensverhältnisse hinter sich zurücklassen, weil sie überzeugt sind, damit Jesus auf die Spur zu kommen. Es gibt Männer und Frauen, die auf eine berufliche Karriere, auf Geld und Einfluss verzichten, um ganz bewusst als Christen leben und sich ungeteilt anderen widmen zu können.
Wer solche Schritte in der Nachfolge Jesu geht, fragt sich irgendwann: Ist es das wert? Hat sich mein persönlicher Einsatz gelohnt? Was gewinnen wir denn eigentlich, wenn wir für das Leben als Christen alles gewagt, alles eingesetzt haben, was wir hatten? Darauf macht Petrus aufmerksam: Siehe, wir haben, was wir hatten, verlassen und sind dir nachgefolgt.
Matthäus überliefert in seinem Evangelium dieselbe Szene. Doch hier fügt Petrus noch eine Frage hinzu: Was wird uns dafür gegeben? (Matthäus 19,27). Er sagt zu Jesus: „Schau uns an, wir sind deine Jünger, deine Weggefährten, und wir haben alles für dich aufgegeben. Was haben wir davon?“
Petrus fragt nach dem Nutzen christlichen Lebens. Er will wissen: Was habe ich davon, dass ich ein Jünger Jesu bin? Er wendet sich damit direkt an Jesus: „Worin besteht der Lohn der Nachfolge, der Lohn dafür, dass wir uns mit dir eingelassen haben?“ Darauf soll Jesus antworten.
Zugegeben, das ist eine ziemlich bedrängende Frage. Bedrängend vor allem deswegen, weil wir immer wieder sehen, dass es Menschen, die viel haben, besonders schwer fällt, sich auf den Weg mit Jesus einzulassen. Einen Weg, auf dem sie ihre Sicherheiten aufgeben.
Gerade haben die Jünger miterlebt, wie ein reicher Mann sich verhält. Ein Synagogenvorsteher, so etwas wie ein Kirchenvorsteher, fragte Jesus: „Was muss ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?“ Jesus erinnert ihn zunächst an Gebote, die das Verhältnis zu den Mitmenschen betreffen. Der Mann antwortet: „Das habe ich alles gehalten von Jugend auf.“ Da sagt Jesus zu ihm: „Eins fehlt dir aber noch. Verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben. Und dann komm und folge mir nach!“ Genau das fällt dem begüterten Mann schwer. Traurig wendet er sich ab.
Jesus sieht das und sagt: „Wie schwer kommen die Reichen in das Reich Gottes!“ In diesem Ausruf schwingen Verständnis und Mitgefühl mit. Dann gebraucht er einen bildhaften Vergleich, der die Schwierigkeit erst recht hervortreten lässt: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher in das Reich Gottes komme.“ – „Wie soll das gehen? Wer kann dann selig werden?“, fragen die schockierten Zuhörer. Darauf er: „Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.“ Gott kann es schaffen, Menschen dem Einflussbereich von Geld und Besitz zu entreißen, obwohl das mindestens so schwer ist wie Kamele durch Nadelöhre zu transportieren.
Auf diesem Hintergrund sagt Petrus im Grunde zu Jesus: „Schau, Meister, wir haben das fertiggebracht, was dieser Mann nicht geschafft hat. Wir haben alles verlassen, was wir hatten, und sind dir nachgefolgt. Und was nützt es uns? Was bekommen wir dafür?“
Nun, in manchen christlichen Kreisen würde man sich überhaupt nicht getrauen, so herausfordernd zu denken und zu reden. Da gilt es als Frechheit, für Hingabe und Verzicht eine Belohnung zu erwarten. Jesus dagegen wehrt die Frage nicht ab. Er nimmt sie ernst und geht darauf ein. Wir dürfen also fragen, was wir davon haben, wenn wir uns selbst mit allem, was wir haben, ihm überlassen. Macht der Glaube unser Leben ärmer oder reicher? Ganz direkt: Lohnt es sich, als Christen zu leben? – diese Frage ist nicht nur erlaubt, sie verdient auch eine gute, überzeugende Antwort.
„Es ist niemand, der Haus oder Frau oder Bruder oder Eltern oder Kinder verlässt um des Reiches Gottes willen, der es nicht vielfach wieder empfange in dieser Zeit und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.“
So antwortet Jesus dem Petrus. Wer Gottes Königtum die erste Stelle im Leben einräumt und dafür alles zurücklässt, was ihm lieb und teuer ist, der wird reich belohnt. Der empfängt mehr als Hiob, der nach seinem Leiden „doppelt so viel“ erhielt, „wie er gehabt hatte“ (Hiob 42,6). Ein Vielfaches dessen, was er aufgegeben hat, empfängt jeder, der aufhört, nur dem Eigenen und Privaten zu dienen. Nicht erst in ferner Zukunft, sondern, wie Jesus betont, in dieser Zeit, jetzt, und unendliches Leben obendrein, als Zugabe in der zukünftigen Welt.
Allerdings wirft diese Auskunft neue Fragen für uns auf. Muss ich denn wirklich erst mein Elternhaus, meinen Ehepartner und meine Familie verlassen, um als Christ leben zu können? Das wäre doch für die meisten von uns eine Unmöglichkeit. Was heißt dann aber, alles um des Reiches Gottes willen aufgeben?
Wörtlich verstanden, führt die Antwort Jesu ins Absurde. Was soll jemand, der sein Haus verlassen hat, um Jesus nachzufolgen, mit einer Vielzahl von Häusern? Und wenn einer auf die Ehe verzichtet hat, was soll er dann mit vielen Frauen? Das Vielfache, das jemand empfängt, kann doch keine berechenbare Größe sein!
Womöglich ist mit „Verlassen“ ja ein Loslassen und Aus-der-Hand-geben gemeint, nicht unbedingt eine äußere, räumliche Trennung. Die Jünger Jesu verließen zwar tatsächlich auch im räumlichen Sinne ihre Häuser und Familien, um mit Jesus zu gehen. Aber der entscheidende Schritt dabei ist, sich innerlich, in seiner geistigen Haltung von Haus und Familie zu lösen, unabhängig von ihnen zu werden, indem man sie der Fürsorge Gottes überlässt und aufhört, so zu tun, als ob ich mit meinen Sorgen ihr Leben ermöglichen könnte. Mit meinen Sorgen kann ich ja nicht einmal mein eigenes Leben ermöglichen!
Der vielfache Lohn entschädigt für einen Verlust, den Menschen um des Reiches Gottes willen auf sich nehmen. Doch diese Fülle, dieser Reichtum, den Jesus seinen Jüngern verspricht, kann nicht die Grundlage für Berechnungen sein. Wir können nicht annehmen, dass uns für unsere Hingabe ein bestimmter Lohn zusteht.
Es bleibt aber festzuhalten: Wer sich dafür entscheidet, seinen Weg mit Jesus zu gehen, wer wirklich alles, was ihm gehört, der Herrschaft Gottes überlässt, der wird über die Maßen reich beschenkt. Demjenigen, der Jesus nachfolgt, werden nicht nur Verlusterfahrungen zugemutet, sondern es eröffnen sich vielfältige neue Beziehungen.
Auf dem Weg der Nachfolge findest du auf einmal an vielen Orten ein Zuhause. Du findest Partner, Geschwister, Eltern, wo du sie vielleicht gar nicht erwartet hättest. Die Beziehungen vervielfachen sich. Das bereichert nicht nur dein gegenwärtiges Leben. Es ist auch verheißungsvoll für die Zukunft. Es eröffnet unendliches Leben in einer Welt, die von den Möglichkeiten Gottes bestimmt wird.
Ermutigende Beispiele dafür gibt es viele.
Ein Ehepaar erhält die vorgeburtliche Diagnose, dass das Kind, das sie erwarten, behindert sein wird. Gegen den Rat der Ärzte, der Freunde und Verwandten entschließen sie sich nicht zu einer Abtreibung. Sie sind, wenn auch mit Zittern und Zagen, bereit, das behinderte Leben aus Gottes Hand anzunehmen.
Eine Abiturientin entschließt sich trotz schlechter Berufschancen für das Theologiestudium, weil sie sich dazu berufen fühlt.
Ein Mann tritt aus einer Partei aus, die ihm lange politische Heimat war, weil dort immer stärker antichristliche Tendenzen vertreten werden und er sich in der Partei nicht gegen diesen Trend durchsetzen konnte.
Ein Jugendlicher wagt es, gegen den Strom zu schwimmen. Er hält sich auch nach seiner Konfirmation noch zu seiner Gemeinde und macht nicht bei allem mit, was die anderen tun.
Weitere Beispiele kann jeder selbst entdecken.
Jeder, der Schritte der Nachfolge Jesu wagt, wird dafür vielfachen Lohn empfangen. Rückblickend können manche von ihrem Gewinn erzählen: ein neuer Freundeskreis, mehr Lebensqualität, Zufriedenheit bei der Erfüllung einer wichtigen Aufgabe. Aus Liebe wird wieder Liebe, aus Vertrauen wird mehr Vertrauen, aus Versöhnung wird wieder Versöhnung. Dadurch werden Verzicht, Hingabe und das Dasein für andere vielfältig belohnt.
Auch wer geneigt ist, sich traurig abzuwenden, soll wissen: In der Nachfolge Jesu gewinnst du vielfältige Beziehungen und Möglichkeiten des Lebens. Schon heute, in diesem Leben, und in der zukünftigen Welt noch viel mehr. Amen.

Verfasser: PD Pfarrer Dr. Michael Heymel, Bahnstraße 2, 69483 Wald-Michelbach

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