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Irdische Güter

von Mechthild Gäntzle (64354 Reinheim)

Predigtdatum : 19.09.2004
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 13. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Petrus 5,5c-11
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Wochenspruch:

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1. Petrus 5,7)

Psalm: 127,1-2

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 2,4b-9 [10-14] 15
Epistel:
1. Petrus 5,5c-11
Evangelium:
Matthäus 6,25-34

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 625
Wir strecken uns nach dir
Wochenlied:
EG 345
oder EG 369
Auf meinen lieben Gott
Wer nur den lieben Gott lässt walten
Predigtlied:
EG 407
Stern, auf den ich schaue
Schlusslied:
EG 417
Lass sie Wurzel unsers Handeln Liebe sein

5 Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. 6 So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. 7 Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
8 Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. 9 Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen. 10 Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. 11 Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Liebe Gemeinde!
Als Zusammenfassung könnte er überschrieben werden: „Vom Zusammenleben in der Gemeinde“. Und fragen wir nach dem Hintergrund seiner Entstehung, dann wissen wir: Er ist ein Abschnitt eines Briefes, der an Gemeinden im östlichen Mittelmeer geschrieben wurde. Damals aber herrschten in Staat und Gesellschaft andere Normen und andere Verhältnisse als heute bei uns.
Denn in einer nicht christlichen Umgebung galt es, den Glauben zu bewahren, fest und standhaft das neue Leben zu führen, das Menschen, durch die Verkündigung der frohen Botschaft angefangen hatten. Dieses neue Leben, mit seinem auch neuen Denken grenzte sich ganz deutlich von der heidnischen Umwelt ab.
Und wir wissen, dass die christlichen Gemeinden damals unter einer allgemeinen Christenverfolgung im ganzen Römischen Reich zu leiden hatten, wahrscheinlich fürchteten sie wieder eine neue Verfolgungswelle. In diese Situation hinein findet der Schreiber des Briefes die rechten Worte für die Gemeinde, denn sie sollen Hilfe, Mahnung und Ermutigung sein.
Aber auch die vorhandenen Probleme sind ihm bekannt. Probleme, die im christlichen Zusammenleben der jungen Gemeinden entstanden waren. Diese greift er auf. Denn auch damals blieben im Leben der Gemeinde und im menschlichen Miteinander die Schwierigkeiten nicht aus.
Es waren zwar andere Zeiten, es herrschten andere Traditionen, und es war eine andere Kultur, aber ich denke, die Menschen damals und wir, die Menschen einer modernen Welt, sind gar nicht so verschieden von einander. Schwierigkeiten in der Gemeinde und Probleme des menschlichen Zusammenlebens waren auch damals bekannt, und auch wir kennen sie heute und wissen, wie belastend sie für das Gemeindeleben sind.
Auch das private Zusammenleben von Menschen kann so schwierig sein, dass dadurch sogar Krankheiten entstehen können, wie es Psychologen immer wieder sagen und schreiben. Deshalb ist auch heute wichtig, Hilfen zu bekommen, um Probleme zu bewältigen oder mit ihnen leben zu können.
Die Lebendigkeit des Wortes Gottes zeigt sich auch darin, dass es in jeder Zeit und jeder Gesellschaftsform neu entdeckt und zur Sprache gebracht werden muss, damit seine hilfreiche und heilende Kraft erfahren werden kann. So wollen wir uns heute diesem Text stellen und fragen, welche Bedeutung er für unser Leben haben könnte.
Die Menschen, an die dieser Brief geschrieben wurde, hatten den christlichen Glauben angenommen, waren also Christen, die ein anderes, ein neues Leben führen wollten. Das lesen wir am Anfang dieses Briefes. (1. Petr. 4: Ein Leben in der Verantwortung vor Gott, und in der Liebe zueinander.)
Ein Leben nach dem Maßstab, den Jesus Christus selbst vorgelebt hat (Phil. 2).
Denn Er, der sich selbst erniedrigte und den Weg des Gehorsams bis in die tiefste Tiefe seines Lebens ging; lehrte seine Jünger: „Wer der Größte unter euch sein will, der sei euer aller Diener!“ (Mat. 23, 11)
So beginnt unser heutiger Predigttext mit der Aufforderung: „Alle mit einander haltet fest an der Demut!“
Allerdings, das wissen wir heute auch, dass diese Worte oft gebraucht wurden, um Menschen klein zu halten; missbraucht, um auch besonders Frauen in ihre Rolle zu lenken und ihnen den Platz der Untertänigkeit zuzuweisen. Nicht selten wurden Menschen mit wenig Selbstwertgefühl durch die Forderung einer falsch verstandenen Demut lebensuntüchtig, manchmal sogar krank.
Menschen, die sich selbst nicht für wertvoll halten, werden es nicht erfassen können, dass Gott sie so wert achtet, dass er für sie das Beste, das er hatte, seinen Sohn, hingab, damit sie das Leben in Fülle haben sollen. Wird Demut, von der in christlichen Gemeinden so viel gesprochen wurde, vielleicht nur darum gefordert, um einen faulen Frieden oder eine heile Welt vorzuspielen?
Aber - führt nicht eine vermeintliche Demut oft zur Handlungsunfähigkeit? Oder wird sie nicht auch manchmal als Ausrede benutzt? Ist es vielleicht nur Feigheit, Verhältnisse oder Dinge hinzunehmen, die geändert werden müssten? Mit einer falsch verstandener Demut wurden Menschen sehr schnell „mundtot“ gemacht.
Doch, nun klingen uns aber die Worte des Petrusbriefes mit der Forderung im Ohr: Jede Überheblichkeit abzulegen; denn, „denen, die gering von sich denken, wendet er seine Liebe zu“. (Übersetzung: Gute Nachricht)
Gewiss gibt es auch heute im Zusammenleben, ob in der Gemeinde, beruflich oder auch privat, diesen wunden Punkt der Selbstüberschätzung, des Hochmutes und der Selbstsucht. Und dieser grenzenlose Egoismus macht die Menschen kalt, blind, engstirnig und berechnend, weil nur der eigene Vorteil bedacht wird. Überheblichkeit, Hochmut, und Lieblosigkeit sind Eigenschaften, die jegliches Zusammenleben in der Gemeinde im häuslichen wie im beruflichen Bereiche stören. Eigenschaften, die uns nicht nur den Frieden und die Freude am Leben nehmen, sondern auch die Gesundheit rauben Wir wissen heute alle, was es mit dem Wort „Mobbing“ auf sich hat.
Wer aber befreit uns von Hochmut und Überheblichkeit und überschätzter Eigenliebe?
Geschieht dies durch Ermahnungen, durch Appelle an unsere Einsicht, durch mühevolles Ringen und Kämpfen? Sind diese Worte des Apostels als fordernder Aufruf zur absoluten Demut zu verstehen, wenn er schreibt. „Alle aber miteinander haltet fest an der Demut“? Sind sie ein dringender Befehl zur Selbstlosigkeit bis hin zur Selbstaufgabe?
Vielleicht könnte dies auf den ersten Blick so erscheinen.
Doch dieser Brief ist kein erhobener Zeigefinger, nun, seid alle mal schön demütig, nein, es sollte den verfolgten Gemeinden vor allem Hilfe und Orientierung gegeben werden, um in einer nichtchristlichen Umwelt, von der sie abgelehnt wurden, sich im Glauben zu bewähren und fest und standhaft in diesem Glauben zu bleiben und in diesem neuen Leben zu leben.
Darum der erste Rat:
„Beugt euch unter Gottes starke Hand!“
Wir beugen uns lieber vor Menschen, aber wir widerstehen Gott. Entstehen vielleicht damit unsere Probleme? Sich unter Gottes starker Hand zu beugen, heißt: ein Ja zu finden zu den Führungen meines Lebens, heißt: eine andere Lebensperspektive zu haben, vielleicht sogar andere Prioritäten in meinem Leben zu setzen!
Nein, es sind keine Duckmäuser und ewigen Jasager gefragt. Keine friedlichen „Kopfnicker“ und angepassten, opportunistischen Menschen. Mut braucht es, um „gegen den Strom zu schwimmen“. Doch das können nur Menschen, die einen starken Halt, einen festen Standpunkt haben. Selbst die Leiden der Verfolgung können diese Menschen nicht schrecken, denn Gott selbst wird die Kraft geben, dass der Glaube stark und fest bleibt, um auch dem Bösen zu widerstehen.
Die Zustimmung zu Gottes Wegen und Willen, das ist die wahre Demut, aus der heraus auch die Kraft zum Widerstand wachsen kann. Das „Ja“ zu Gottes Wegen mit mir, ist die Stärke des Schwachen, ist der Mut für andere da zu sein, der Mut gegen Unrecht und Ungerechtigkeit die Stimme zu erheben und tätig zu werden. In dieser Wechselbeziehung von Demut und Widerstand muss und wird sich auch heute noch unser Leben als Christ abspielen.
Darum seid nüchtern und wachet!
Eine klare Sicht muss man haben, um realistisch die Dinge dieser Welt und unseres Lebens einzuschätzen. Es bedarf eines wachen und hellen Geistes. Denn genau diese Forderung nach Nüchternheit beinhaltet auch die Fähigkeit zu erkennen, unter wessen Hand wir uns beugen sollen.
Ebenso braucht man auch Nüchternheit und Wachsamkeit, um das Böse zu erkennen. Die Versuchung schleicht um uns her wie ein hungriger Löwe, der ein Opfer sucht, wie es im Bild des damaligen Denkens ausgedrückt wird.
Doch sind es heute nicht eher die sanften Versuchungen, die uns vom festen Glauben abringen wollen? Finden wir es noch zeitgemäß, uns zu diesem Christus zu bekennen? Fürchten wir uns, gegen Ungerechtigkeit und Unrecht unsere Stimme zu erheben?
Fest im Glauben zu sein, bedeutet nicht alle Glaubenssätze nachzuplappern, sondern einen festen Standpunkt zu haben. Doch das ist heute eigentlich überholt und ewig gestrig, denn in einer Gesellschaft in der alles „gleich gültig“ ist, wird vielen Menschen auch das Christsein gleich-gültig. So schrieb schon Bonhoeffer im Mai 1944 in seinem Buch Widerstand und Ergebung: „Was Versöhnung und Erlösung, was Wiedergeburt und Heiliger Geist, was Feindesliebe, Kreuz und Auferstehung, was Leben in Christus und Nachfolge Christi heißt, das alles ist so schwer und so fern, dass wir es kaum mehr wagen, davon zu sprechen.“1
Doch welch eine frohe Botschaft ist das: denn Zuspruch und Ermutigung liegen in dem Wissen, dass Gott, der uns in Jesus Christus in seine Nachfolge gerufen hat, uns liebt. Er wird uns aufrichten, wenn wir nicht mehr weiter wissen. Er wird uns stärken, wenn Lasten, Sorgen und Ängste des Alltags uns niederdrücken. Er wird uns kräftigen und gründen in seinem Wort, das Hilfe und Wegweisung für unser Leben sein will. Steht in diesem Wissen die Tür der Hoffnung nicht für alle offen?
Hoffnung auch gerade für Menschen, die vor einer ungewissen Zukunft, vor Verfolgung und vielleicht vor dem Tod um ihres Glaubens standen.
So steht im Mittelpunkt unseres Textes die tröstliche Zusage:
„Alle eure Sorgen werfet auf ihn, denn er sorgt für euch.“
Ein Wort, das in unserer veränderten Gesellschaft aber auch hinterfragt werden könnte, weil es im negativen Sinn verstanden, auch nur ein Abschieben von Verantwortung bedeuten kann? Brauchen wir, die wir durch Technik und Fähigkeiten fast alles selbst bewältigen können, noch dieses Angebot?
Doch dieses fast naive, absolute Vertrauen bedeutet eben nicht, fatalistisch „den Kopf in den Sand zu stecken“, wenn Schwierigkeiten des Lebens sich vor uns auftürmen, sondern, auch gerade darin zeigt sich die Demut, dass wir unsere Lebensführungen akzeptieren, weil wir uns unter seine Hand beugen können.
So könnte dieses Wort Angebot und Aufforderung auch für unser Leben werden. Denn alle unsere Sorgen abzugeben, ist die Aufforderung: Macht aus Sorgen ein Gebet! Hier ist Lebensbewältigung, die der Glaube schenkt, Zuspruch, Trost aber auch Mut für ein Leben zwischen Ergebung und Widerstand.
Das Bedürfnis, die schweren Sorgen und Lasten, die uns bedrücken abzuwerfen hat aber sicher nur der, der nicht in Selbstüberschätzung seiner eigenen Leistungsfähigkeit lebt. Wer den Mut hat, auch zu seinen eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten zu stehen, der ist bereit das, was er nicht bewältigen kann, abzugeben.
Weil Gott in Jesus Christus uns liebt, dürfen wir uns selbst loslassen. Und wenn wir uns von ihm und seinem Wort bestimmen lassen, werden wir uns weder in falscher Demut „mundtot“ machen lassen, noch in Überheblichkeit und Selbstüberschätzung das Zusammenleben in der Gemeinde oder privat zerstören. Wir werden einen Weg finden, eine ausgewogene Stellung zwischen Demut und Widerstand, wie es in folgendem Gebet zum Ausdruck kommt:
„Herr, gib mir Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann.
Gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann; und schenke mir die Weisheit der Unterscheidung, das eine von dem anderen zu trennen. Amen.

Verfasserin: Prädikantin Mechthild Gäntzle, Egerländer Str. 33, 643534 Reinheim

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