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Jesu Versuchung

von Christoph Eichert (Halle)

Predigtdatum : 18.02.2024
Lesereihe : VI
Predigttag im Kirchenjahr : Invokavit
Textstelle : Matthäus 4,1-11
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Wochenspruch: "Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre." (1. Johannes 3,8b)

Psalm: 91,1-6.9-12 (EG 736)

Predigtreihen

Reihe I: Hebräer 4,14-16
Reihe II: 1. Mose 3,1-19(20-24)
Reihe III: Johannes 13,21-30
Reihe IV: 2. Korinther 6,1-10
Reihe V: Hiob 2,1-13
Reihe VI: Matthäus 4,1-11

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 455,1-3 Morgenlicht leuchtet
Wochenlied: EG 347,1-3 Ach bleib mit deiner Gnade
Predigtlied: EG 347,4-6 Ach bleib mit deiner Gnade
Schlusslied: EG 171,1-4 Bewahre uns, Gott

Predigttext: Matthäus 4,1-11

(Wird im Verlauf der Predigt verlesen.)

1 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. 2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3 Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. 4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« 5 Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels 6 und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« 7 Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« 8 Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit 9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. 10 Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« 11 Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.

Predigt

Liebe Gemeinde!

Sind Sie schon einmal versucht worden oder verführt? So wie Adam und Eva in der Paradiesgeschichte? Am schönsten ist es natürlich, nicht von einer Schlange verführt zu werden, sondern von einer Frau oder einem Mann. So ein Erlebnis ist unvergesslich, selbst wenn es Jahre oder Jahrzehnte zurückliegt. Vielleicht ist eine Ehe daraus geworden, eine lebenslange Partnerschaft, weil die Verführung damals so groß war.

Man kann aber auch ganz anders verführt werden, zum Beispiel mit Essen: Eigentlich bin ich ja satt, aber wie mich dieses Lachsröllchen anlacht – da kann ich einfach nicht nein sagen! Und zu Milka auch nicht, der zartesten Versuchung, seit es Schokolade gibt. Vielleicht kennen Sie diesen Werbespruch ja noch. Soll der Arzt doch schimpfen über die Zuckerwerte im Blut, dieses Stückchen muss jetzt sein. Und schöne Kleider können einen verführen. Der Schrank ist eigentlich voll, aber dieses eine, preisgesenkt auch noch, was da im Schaufenster hängt …

Es gibt eine Sonnenseite bei manchen Versuchungen, das liegt auf der Hand. Ekstase, Freude, Genuss – was wäre das Leben ohne die kleinen und großen Verführungen, die den grauen Alltag aufhellen? Und wo kämen wir hin, wenn wir nicht mal Fünfe gerade sein lassen würden und dem nachgeben, was uns lockt. Die Faschingszeit, die gerade hinter uns liegt, ist so eine Zeit: Da ist mehr erlaubt als sonst. Da kann man in Rollen schlüpfen, die man sich sonst versagt und auch der einen oder anderen Versuchung erliegen.

Aber Fastnacht ist vorüber. Die sieben Wochen der Passions- und Fastenzeit haben begonnen. Und wer fastet, der will den Verlockungen, die es gibt, gerade nicht erliegen. Wer fastet, der will loskommen von dem, was ihn allzusehr in Beschlag nimmt. Denn es gibt, natürlich, eine Schattenseite der Versuchungen: Wenn man Dinge tut, die man eigentlich gar nicht tun will und die einem auch nicht guttun. Dann ist man nicht mehr Herr seiner selbst. Dann ist man abhängig und nicht frei. In der Fastenzeit sagt man diesen Versuchungen den Kampf an.

Schaffe ich es eine Zeitlang ohne Schokolade, ohne Alkohol oder ohne Fernsehen? Nicht weil ich ein genussfeindlicher Mensch bin. Ich will nur nicht, dass diese Dinge mich im Griff haben. Bin ich noch ein Mensch, wenn mir das fehlt? Oder ist das dann kaum zum Aushalten?

Und es gibt ernstere, härtere Versuchungen, die einen quälen können. Jesus selbst war ihnen ausgesetzt, berichtet das Matthäusevangelium im 4. Kapitel:

„Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«

Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5.Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«

Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5.Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.“

Liebe Gemeinde, das sind Versuchungen von einem solchen Ausmaß, dass sie dem Teufel persönlich zugerechnet werden. Wer ihm erliegt, ist kein freier Mensch mehr, der ist in seiner Hand. Die alten Griechen haben sich etwas Ähnliches vorgestellt: Sie glaubten an Sirenen, an feengleiche Wesen, die mit ihrem unwiderstehlichen Gesang Männer verwirrten und ins Verderben lockten.

Diese sirenengleiche, diese teuflische Stimme hört man hier: „Lass die Steine zu Brot werden. Das kannst du doch. Warum verzichten, wenn man’s nicht muss? Du bist Jesus, du kannst alles haben, wenn du nur willst!“ Interessant ist, wie Jesus darauf antwortet: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, sagt er. Also geht es gar nicht ums Sattwerden, jedenfalls nicht im physischen Sinn. Es geht um den Hunger der Seele und um das, was uns eigentlich zum Menschen macht. Dass nicht der Magen knurrt, sondern die Seele, das kennen wir: Dass man unzufrieden ist mit sich selbst und mit anderen. Dass man sich manches anders vorgestellt hat und enttäuscht ist. Dass ich nicht mehr so fröhlich und so begeisterungsfähig bin wie früher. Dass man leer ist und ausgebrannt. Und dann gibt es diese dämonische, diese sirenenartige Stimme, die einem zuflüstert: „Eine Reise vielleicht? Irgendwas Exotisches, weit weg, wo die anderen neidisch werden und staunen. Oder ein Kleid? Oder eine neue Frisur? Oder, das wird schon lange Zeit, eine neue Küche?“ Und für die Herren der Schöpfung: „Darf’s vielleicht ein neues Auto sein? Jetzt noch schnell, bevor alles elektrisch werden soll?“

Jesus sagt: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ Und auch nicht von Lachsröllchen. Und Schokolade. Und all den anderen Dingen, die man sich kaufen kann für wenig oder für viel Geld. So schön und angenehm das alles ist: Die Seele wird davon nicht satt, und mein Leben wird dadurch nicht anders. Die Verführung des Materiellen – so könnte man diese erste Versuchung Jesu nennen. Und wer es schafft, gemeinsam mit ihm Nein zu sagen, der wird sich, wie er, in der Wüste wiederfinden. In der Leere. In der Unzufriedenheit. In einem Zustand, wo noch nicht klar ist, was werden soll. Aber das Neue, das Andere ist schon im Werden. Denn wenn die Versuchungen schweigen, kann Gott sich nähern und uns helfen.

Doch es gibt noch andere Versuchungen, die einem wirklich zu schaffen machen können: „Spring von der Zinne des Tempels!“, flüstert der Teufel Jesus als zweites ins Ohr. „Gott wird dich schon auffangen. Du bist sein Sohn. Dich kann er nicht fallenlassen. Was wäre das für ein Gott, der nicht tatkräftig zu Hilfe eilt?“ Aber Jesus antwortet: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“

Eine tiefe Sehnsucht kommt hier zur Sprache: „Gott muss mir doch helfen! Gott muss mich doch schützen! Wofür gehe ich denn in die Kirche, wenn ich trotzdem krank bin oder Schlimmes erleiden muss? Gott soll mir die Steine aus dem Weg räumen, damit ich mich nicht daran stoße!“ Aber nirgendwo steht, dass der Glaube das Leben einfacher macht oder vor Schicksalsschlägen bewahrt. Dass mir nichts zustoßen könnte und ich es besser hätte als die anderen. Doch die Versuchung ist groß, genau das von Gott zu erwarten und sich in diesen kindlichen Glauben zu flüchten. Manch einer wurde zum Atheisten, weil er auf diese Weise enttäuscht wurde von Gott.

Dabei kann uns der Glaube an Gott viel geben, auch wenn wir ins Stolpern geraten oder, wie es Psalm 23 sagt, „durch finstere Täler wandern“. Diese Täler gehören dazu, es gibt keine Umleitung, wo immer die Sonne scheint. Aber Gott wird uns nahe sein, gerade dann. Gott wird uns Kraft geben. Und aufhelfen. Und den Glauben an das Licht wachhalten in uns.

Und dann, als letztes, die Versuchung der Macht: „Herrschen und nicht dienen, wie würde dir das gefallen, Jesus? Treten anstatt getreten zu werden. Nicht gehorchen müssen, sondern befehlen. Nicht Verlierer sein, sondern Gewinner. Du müsstest mich anbeten, das wäre alles. Komm, zier‘ dich nicht, das ist eine Kleinigkeit!“ Doch Jesus widersteht noch einmal, indem er ruft: „Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.“

Dem Teufel dienen und nicht Gott. Der Macht nachjagen und nicht der Liebe. Auch heute, mehr denn je vielleicht, ist das eine echte Versuchung. Macht verändert Menschen, heißt es: „Früher war er so ein Kumpel, aber jetzt, als Chef, ist er unausstehlich!“ Auch von Leuten, die in der Kirche Karriere machen, hört man das manchmal. Jesus bleibt auf der Seite der Ohnmächtigen, der Hilfsbedürftigen und der Liebesbedürftigen. Und damit bleibt er auf der Seite Gottes – auch dann, wenn er Macht und Einfluss hat und die Menge ihn verehrt und bejubelt.

Und was können wir lernen aus den Erfahrungen Jesu? Dass Fastenzeit auch Wüstenzeit ist. Und dass es sich lohnt, den Versuchungen in dieser Zeit nicht nachzugeben, sondern zu widerstehen. Es geht ja um mehr als um Lachsröllchen und Schokolade. Es geht, am Ende, um unsere Seele.

Welche Versuchungen das sind, die einen bedrängen und gefangen nehmen, dass weiß jede und jeder von uns selbst am besten. Welche Einflüsterungen, welche Sirenenstimmen mich wegführen von dem, was eigentlich nottut. Versuchen wir es, wie Jesus, wagen wir die Auseinandersetzung mit ihnen! Wir können nur gewinnen dabei: mehr Klarheit, größere Freiheit, tieferes, wahrhaftigeres Leben. Wenn wir uns dazu verführen lassen, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Amen.

Verfasser: Pfarrer Christoph Eichert, 06108 Halle


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