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Jesus auf dem Weg Gottes.

von

Predigtdatum : 10.02.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Estomihi
Textstelle : Lukas 18,31-43
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Wochenspruch:

"Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn." (Lukas 18, 31)

Psalm: 31, 2 - 6

Lesungen

Altes Testament: Amos 5, 21 - 24

Epistel: 1. Korinther 13, 1 - 13

Evangelium: Markus 8, 31 - 38

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 447 Lobet den Herren

Wochenlied: EG 384 Lasset uns mit Jesus ziehen

Predigtlied: EG 296 Ich heb mein Augen sehnlich auf

Schlusslied: EG 557 Ein Licht geht uns auf

Vorbemerkung

Wenn der Satz von Martin Kähler stimmt, dass die Evangelien „Passionsgeschichten mit ausführlicher Einleitung“ sind, dann sind wir hier am Ende der Einleitung angekommen. Bei allen synoptischen Evangelien, Matthäus, Markus und Lukas markiert die Blindenheilung bei Jericho den Übergang nach Jerusalem und zu den letzten Lebenstagen von Jesus. Jeweils davor findet sich die Dritte der Leidensankündigungen, die einerseits die Evangelien gliedern, andererseits auf das Ziel hinführen: Die Erzählung der Passions- und Ostergeschichte. Bei Matthäus und Markus findet sich dazwischen noch die Erzählung von den „Zebedäussohnen“ und vom Dienst der Hingabe. Bei Lukas fehlt diese Geschichte, aber in seiner Darstellung folgt auf die dritte Leidensankündigung (18,31ff.) die Darstellung des völligen Unverständnisses der Jünger (18,34) und dann die Blindengeschichte von Jericho (18,35ff.). Diese Einheit ist der Predigttext und der Zusammenhang dieser Einheit das Thema der Predigt.

Lukas 18, 31 -43 aus der Neuen Genfer Übersetzung

31 Jesus nahm die Zwölf beiseite und sagte zu ihnen: »Wir gehen jetzt nach Jerusalem hinauf. Dort wird sich alles erfüllen, was bei den Propheten über den Menschensohn steht.

32 Er wird den Heiden übergeben werden, ´die Gott nicht kennen`; er wird verspottet, misshandelt und angespuckt werden;

33 man wird ihn auspeitschen und schließlich töten. Doch drei Tage danach wird er auferstehen.«

34 Die Jünger begriffen von all dem nichts. Der Sinn dieser Worte war ihnen verborgen; sie verstanden nicht, was damit gemeint war.

35 Als Jesus in die Nähe von Jericho kam, saß dort ein Blinder am Straßenrand und bettelte.

36 Er hörte, wie eine große Menschenmenge vorüberzog, und erkundigte sich, was das zu bedeuten habe.

37 »Jesus von Nazareth kommt vorbei«, erklärte man ihm.

38 Da rief er: »Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!«

39 Die Leute, die vor Jesus hergingen, fuhren ihn an, er solle still sein. Doch er schrie nur umso lauter: »Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!«

40 Jesus blieb stehen und ließ ihn zu sich holen. Als der Blinde vor ihm stand, fragte ihn Jesus:

41 »Was möchtest du von mir?« – »Herr«, antwortete er, »ich möchte sehen können!«

42 Da sagte Jesus zu ihm: »Du sollst sehen können! Dein Glaube hat dir geholfen.«

43 Im selben Augenblick konnte der Mann sehen. Er folgte Jesus nach und lobte und pries Gott. Und auch die ganze Volksmenge, die seine Heilung miterlebt hatte, gab Gott die Ehre.

Predigt

Liebe Gemeinde,

„muss ich denn hier alles dreimal sagen?!“ So klagen wir manchmal, wenn einer auf das, was wir sagen, nicht reagiert, nicht zuhört oder nicht tut, was wir auftragen. Was auch immer: Müll rausbringen, Zimmer aufräumen, die Arbeit erledigen.

Etwas dreimal sagen, das ist nur nötig, wenn der Widerstand hartnäckig ist. Ob es Widerstand war? Oder einfach nur Unverständnis? Lukas muss es gleich dreimal sagen, wie es mit dem Durchblick der Jünger bestellt ist:

Die Jünger begriffen von all dem nichts.

Der Sinn dieser Worte war ihnen verborgen;

sie verstanden nicht, was damit gemeint war.

Jesus hatte die „Zwölf“, seinen engsten Jüngerkreis zu sich gerufen und offenbart, was auf ihn und auf sie zukommt, wenn sie jetzt hinaufgehen nach Jerusalem: Übergabe an die Römer, Spott, Misshandlung, Tod. Und nach drei Tagen Auferstehung.

Das war für die Jünger zu hoch. Zu weit weg. Lukas attestiert den Jüngern völliges Unverständnis. Das muss er dreimal sagen. Sie sind noch ganz weit weg von dem, was auf sie zukommt.

Sie sind auch gerade noch in Jericho, viel weiter geht es nicht nach unten. Die Palmenstadt im Jordantal liegt 250 Meter unter dem Meeresspiegel. Nur das Tote Meer liegt noch einige Meter weiter unten. Geht man hinauf zum höchsten Punkt Jerusalems, dann muss man über 1000 Höhenmeter überwinden.

Zu hoch. Zu weit weg.

So könnte es gehen, wenn mir jemand die Mechanismen der weltweiten Finanzwirtschaft erklärt. Ich ahne, dass das massive Auswirkungen auf mein Leben hat, aber ich verstehe es nicht wirklich. So könnte es gehen, wenn mir jemand die neuesten Erkenntnisse der experimentellen Physik erklärt: Dass man im Teilchenbeschleuniger in Genf das Higgs-Teilchen gefunden hat und nun entscheidende Er-kenntnisse über Materie und Antimaterie gewinnen kann. Ich ahne, dass das weitreichende Konsequenzen haben kann, aber letztlich ist es mir zu hoch.

Und die 12 Jünger, so weit von Jerusalem entfernt, verstehen gar nichts von dem, was Jesus ihnen sagt. Verstehen wir es denn? „Em-pfangen von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, am dritten Tage auferstanden von den Toten.“

Manchmal reagieren wir darauf mit schläfrigem Einverständnis. Kommt uns bekannt vor. Wird schon so sein. Paulus nennt diese Worte einen Skandal, eine Torheit. Widerstand oder Unverständnis - das ist die normale Reaktion. Genießerische Zustimmung, wenn wir die Worte der Evangelien, verpackt in einer wohlklingenden musikalischen Aufführung hören, sind dem Neuen Testament fremd.

Ein Blinder sitzt am Weg und bettelt am Straßenrand von Jericho. Als ob sich Lukas, der Erzähler ablenken lässt und den Blick vom Großen und Ganzen verliert, erzählt er eine Geschichte. Und es kann gar nicht anders sein, als dass diese Geschichte eine entscheidende Funktion hat. Sie ist die Schnittstelle, das Scharnier, das Bindeglied von der großen Wahrheit zum kleinen Leben. Die 12 Jünger, die nach drei Jahren mit Jesus die großen Zusammenhänge durchblicken müssten, aber gar nichts verstehen, sehen jetzt auch auf diesen blinden Mann. Und seine Geschichte ist nicht nur die Geschichte einer Heilung. Sie ist eine Geschichte, wie ein Mensch zum Glauben kommt.

Als die große Menschenmenge um Jesus herum am blinden Bettler vorbeizog, da erkundigt der sich danach, was denn da los ist. Eine ganz schlichte Neugier steht hier am Anfang. Und man erzählt ihm, dass Jesus von Nazareth da sei.

Den Namen hatte er schon vernommen, die vielen Geschichten der Heilungen hatte er mit offenen Ohren gehört. Hatte er sie abgetan? Es wird viel erzählt an einem langen Tag! Oder hatte das seine Sehnsucht geweckt? Jetzt läuft Jesus nur wenige Meter entfernt an ihm vorbei und er will es wissen: „Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“.

Er ruft und er ruft laut und lässt sich nicht abbringen.

Spüren Sie, wie sehr die Geschichte persönliche Schnittstelle ist? Eben waren wir noch bei den großen Zusammenhängen, dass Jesus für die ganze Welt leidet und stirbt und aufersteht, und die Jünger haben es nicht verstanden. Und jetzt sind wir bei der Neugier, bei der Sehnsucht eines blinden Bettlers, der nichts zu verlieren und alles zu gewinnen hat. Er hält sich nicht an die Spielregeln der wissenschaftlichen Diskussion, er weiß nicht, wie man sich in einer Aufführung der Matthäuspassion anständig verhält. Er ruft sich nur die Seele aus dem Leib und wird von Jesus gehört.

Der lässt ihn zu sich holen. Und belehrt ihn nicht, sondern fragt nur: „Was möchtest du von mir?“. Das ist so eine erstaunliche Jesus-Frage: Ist das nicht klar, was der will? Der ist blind, also will er geheilt werden! Nein, so geht es bei Jesus nicht. Dieser Mensch, erfüllt von Neugier und Sehnsucht soll genau das aussprechen und darin das Mutige wagen: „Herr, ich möchte sehen können!“.

An dieser Stelle wird deutlich, warum Glaube kein Häkchen auf einer Zustimmungserklärung ist. Kein bloßes Einverständnis zu einer Aussage. Dieser Glaube, dieses Vertrauen ist absolutes Risiko. Dieser Blinde äußert Jesus gegenüber und vor den Ohren aller, die da stehen, seine kühnste Hoffnung. Und in diesem Moment ist dieser Jesus sein persönliches Risiko. Wenn der ihn nun nicht heilen kann und sagt: Tut mir leid, für dich kann ich nichts tun, dann steht er armseliger da, als je zuvor.

Da sagte Jesus zu ihm: „Du sollst sehen können! Dein Glaube hat dir geholfen.“ Im selben Augenblick konnte der Mann sehen.

Jesus heilt diesen Mann und erklärt diesem Mann, dass sein Glaube ihm zu dieser Heilung geholfen hat, dass sein Vertrauen ihn gerettet hat. Nun wird es immer deutlicher: Glaube ist keine Zustimmung zu einer hohen Wahrheit, sondern eine Sehnsucht, die lautstark ruft, eine Hoffnung, die alles auf eine Karte setzt, eine Kraft, die Heilung bewirken kann.

Jesus hätte auch sagen können: Ich habe dir geholfen. Nein, er sagt: Dein Glaube hat dir geholfen. In der Begegnung mit Jesus entsteht die heilende Kraft des Vertrauens.

Und dabei bleibt es nicht. Dieser Mann folgt Jesus nach. Und wir wissen, wohin dieser Weg geht. 1000 Höhenmeter hinauf nach Jerusalem.

Liebe Gemeinde,

Lukas musste es dreimal sagen, dass die 12 Jünger mit Leidensankündigung überhaupt gar nichts anzufangen wissen. Und dann erzählt er die Geschichte vom Blinden, dessen Sehnsucht so groß ist, dass er schreit, dessen Hoffnung so groß ist, dass er sich Jesus gegenüber öffnet und dessen Vertrauen so groß wird, dass sein „Glaube ihm geholfen hat.“

Wenn das so ist, dann lohnt es, sich selbst an den Straßenrand zu setzen. Arm und blind und in der Hoffnung,

dass Jesus vorbei kommt.

Amen.

Verfasser: Pfarrer Andreas Klein

Goethestraße 7, 64367 Mühltalung.


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