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Jesus ist auferstanden - aktualisierte Fassung unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie

von Ingrid Volkhardt-Sandori (35447 Reiskirchen)

Predigtdatum : 13.04.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Ostermontag
Textstelle : Lukas 24,36-45
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Wochenspruch: Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und ha-be die Schlüssel des Todes und der Hölle. (Offenbarung 1,18)

Psalm: 118,14-24 (EG 747)

Predigtreihen

Reihe I: Jesaja 25,6-9
Reihe II: Lukas 24,36-45
Reihe III: Offenbarung 5,6-14
Reihe IV: Jona 2,(1-2)3-10(11)
Reihe V: Lukas 24,13-35
Reihe VI: 1. Korinther 15,50-58

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 553, 1-4 Besiegt hat Jesus Tod und Nacht
Wochenlied: EG 100, 1-3 Wir wollen alle fröhlich sein
Predigtlied: EG 621, 1-3 Ins Wasser fällt ein Stein
Schlusslied: EG 580 Dass du mich einstimmen lässt

Predigttext: Lukas 24,36-45

Jesu Erscheinung vor den Jüngern

36 Als sie aber davon redeten, trat er selbst mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!
37 Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist.

38 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz?
39 Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe.
40 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen seine Hände und Füße.
41 Da sie es aber noch nicht glauben konnten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen?
42 Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor.
43 Und er nahm's und aß vor ihnen.
44 Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen.
45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden,

Predigt

Ostermontag, Pfingstmontag – die zweiten Feiertage. Sie sind ein bisschen ins Hintertreffen geraten. In vielen christlichen Ländern gibt es sie erst gar nicht.

Wozu sind sie denn gut, die Festmontage?

Sie erinnern uns daran, dass die Feste, die wir feiern, Feste des Anfangs sind, keine Wochenend- und Abschlussfeste. Der Sabbat, der Tag des Ausruhens, ist für uns Christen zusammengefallen mit dem Sonntag, dem Tag des Aufbruchs. Darum ist es kaum mehr zu fühlen und zu erleben, was es bedeutet, dass Christus am ersten Tag der Woche auferstanden ist. Nach unseren Gewohnheiten wäre das ein Montag!

Als die Frauen zum Grab gingen, war keine Feiertagsruhe, sondern die Bürger Jerusalems schickten sich an, ihre Geschäfte wieder aufzunehmen. Auf dem Weg zum Grab trafen sie die Müllabfuhr und erste Lieferanten. Als die Frauen mit der Botschaft des Engels zurückkehrten in die Stadt, da sahen sie in die verschlafenen Augen der Frühschicht und mussten den Karren ausweichen, die auf dem Weg zum Markt waren.

Ostern feiern wir nicht das Happy End der Geschichte Jesu, sondern einen Aufbruchsmoment, an dem etwas ganz Neues beginnt. Von Ostern geht eine Bewegung aus, die unser eigenes Leben Tag für Tag verwandelt.

Und weil für uns faktisch der Montag der erste Tag geworden ist, darum ist es nur richtig und gut, dass die beiden Anfangsfeste Ostern und Pfingsten so unübersehbar hineinragen in unsere Alltagsgeschäfte. Darum ist es nur richtig und gut, dass wir diese Feiertage ehren und verteidigen gegen alle Versuche, sie einzuebnen und unseren Glauben damit noch ein Stück weiter hinauszudrängen aus dem „normalen" Leben dieser Gesellschaft.

Und gerade in diesem Jahr: da ist ja nichts normal. Wir verbringen Ostern zur Zeit der Kontaktbeschränkung: Wir müssen unsere Lieben schützen, die Großeltern, die Kranken besonders, und so gibt es keine Besuche wie sonst.

Unser Leben, unser Alltag ist eingeschränkt wie nie zuvor. Wir müssen Abstand voneinander halten, damit sich diese Krankheit nicht weiterverbreitet.

So hören wir die Osterbotschaft in diesem besonderen Jahr ganz anders als sonst. Aus der Entfernung.
Auch der Kirchenbesuch findet aus der Entfernung statt – vielleicht lesen Sie diese Predigt im Internet, oder sie wird Ihnen zum Lesen weitergegeben.

Die Bibel erzählt davon, wie die Auferstehungserfahrung in den Alltag hinreicht - und auch davon, wie schwer die Botschaft es hat, inmitten des „normalen Lebens" geglaubt zu werden. Wir hören von der zweiten Begegnung mit dem Auferstandenen nach dem Lukasevangelium. Die ersten Zeuginnen, die drei Frauen am Grab, hatten dort nur zwei Boten getroffen; Petrus sogar nur das leere Grab.

Es sind zwei Jünger, auf dem Heimweg ins Dörfchen Emmaus.
Sie brauchen einen ganzen Tag, bis sie Ostern verstehen.
Und da ist der auferstandene Jesus schon längst mit ihnen auf dem Weg.
Sie halten ihn für einen Fremden. Und am Abend laden sie ihn zu sich nach Hause ein, zum Abendessen. Er bricht das Brot und teilt es auf – und da gehen ihnen die Augen auf: Ach, das ist doch Jesus!
Und schon ist er verschwunden.
Nun möchten die beiden nicht mehr zu Hause bleiben.
Sie eilen zu den Jüngerinnen und Jüngern nach Jerusalem. Dort haben sie sich versteckt.
Sie sind zutiefst irritiert sind von der Nachricht vom leeren Grab. Ihnen erzählen die Emmaus-Jünger, was sie erlebt haben. Und dann:
Als die Jüngerinnen und Jünger von ihm redeten, trat Jesus selbst mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist.
Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße.
Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen?
Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. Und er nahm's und aß vor ihnen. Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, so dass sie die Schrift verstanden.

„Ich war wie in einer anderen Welt“. So drücken es mitunter Leute aus, die sich an ein erschütterndes Erlebnis erinnern.
„In der ersten Zeit danach fühlte ich mich wie in einem inneren Kokon, wie betäubt.“

Um da wieder herauszufinden, brauchen die Menschen, die ein Unglück trifft, eine gute Begleitung: Vertraute Stimmen, eine Umgebung, in der sie sich geborgen und sicher fühlen. Sehen und anfassen und begreifen, was da gerade passiert. Einen sicheren Ort, um wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen. 

Das Lukas-Evangelium erzählt von solchen Menschen. Sie trauern, sie sind wie betäubt, wie in einem Kokon.
Jesus fehlt ihnen – der Mensch, mit dem sie ihr Leben geteilt haben.

Sie sind damit nicht allein. Mit anderen können sie darüber sprechen; das hilft. Sie tasten sich im Gespräch langsam vor, um wieder sicheren Boden unter die Füße zu bekommen.
Das ist die Erfahrung der Gemeinden, die die Evangelien geschrieben haben, die mit ihnen gelebt und gehofft haben.
Wo war die vertraute Stimme, wo konnten sie sich geborgen und sicher fühlen, wenn sie durch die kälter gewordene Welt gingen wie betäubt?

Sie erzählen sich von dem lebendigen Jesus – und das tun sie auf eine ganz besondere Art.
Wie seine vertraute Gestalt unter den ersten Jüngerinnen und Jüngern erscheint, erzählen sie. Und dass die damit zunächst gar nichts anfangen konnten.
Ist es ein Geist? Was sehen sie da – vielleicht spielt ihnen die Einbildung einen Streich?
Sie sind immer noch den Tod näher als dem Leben; erstarrt und furchtsam – genau wie die bedrängten christlichen Gemeinden der späteren Generationen.
Und dann hören sie seine vertraute Stimme: „Ich bin’s doch“.  Und seine Hände und Füße – ja, die kennen sie, das ist etwas Vertrautes. Da sind die Wunden zu sehen, das ist wichtig: Hier erscheint keine Gestalt aus der Götterwelt. Jesus, der Auferstandene, ist kein anderer als Jesus, der ein Mensch unter Menschen war. Es ist derselbe, seine Stimme, seine Gestalt, und vor allem seine Wunden.

Darin liegt das ganze Vertrauen dieser erschütterten, bewegten, zweifelnden, glaubenden Gemeinde: Dass sie vor Jesus keine Angst haben müssen, weil er einer von ihnen ist – und bleibt.

Er möchte sogar etwas essen – das ist auch wichtig.
Sehen und anfassen: Wer etwas isst, der ist wirklich da, er ist nicht nur ein Bild oder eine Vorstellung.
In der Kraft dieser Geschichte lebt die Gemeinde. Sie isst und trinkt im Bewusstsein, dass Jesus mit an Tisch sitzt.
Das ist ihr sicherer, vertrauter Ort; da hören sie seine Stimme: „Ich bin‘s, habt keine Angst! Ich bin einer von euch.“
Der sichere Ort, an dem sie Zuflucht gefunden haben – das ist kein Haus, kein Raum, auch kein bestimmter Ort.
Es ist eine Geschichte. Die Geschichte eines wirklichen Menschen aus Fleisch und Blut.

Er kommt zu seiner Gemeinde, die in Ängsten ist, die von Zweifeln heimgesucht wird, die nicht wissen, was der nächste Tag bringt. Er kommt und gibt sich zu erkennen, auch mit seinen Wunden.
Wenn ein Mensch etwas Schreckliches erlebt, braucht er einen Zufluchtsort, an dem er sich sicher fühlen kann. Eine Geschichte kann so ein Ort sein – eine Geschichte, die andere mit mir teilen, die Geschichte einer vertrauten Stimme,  von einem Menschen, der helfen kann.
An einem solchen sicheren Ort wird das Leben wieder erweckt – es ist ein Ort der Auferstehung. Das ist etwas sehr Kostbares – für einen Menschen und für eine Gemeinde.

Wir bleiben zu Hause in diesen Tagen. Es fehlen uns die Menschen, mit denen wir eigentlich Ostern feiern wollten.
Es fehlen die Besuche bei Oma und Opa zu Hause oder im Altersheim. Es fehlt die Trauergemeinde auf dem Friedhof – nur wenige Verwandte dürfen zur Beerdigung kommen.
Und jetzt: Eine Geschichte, die erzählt, wie das Leben hinter den geschlossenen Türen zurückkommt.
Indem die Geschichte von Jesus für seine Gemeinde zu einem sicheren Ort wird, kann sie wieder leben. Die Todesstarre ist gelöst; die Angst ist gebannt.
Nun heilt Jesus seine Gemeinde, die oft miterlebt hatte, wie er andere geheilt hat.
Doch ist noch ein Weg zu gehen, bis sie wirklich Ostern erleben.

Jesus sehen und anfassen – das konnten die Menschen, die das Lukasevangelium gelesen und gebraucht haben, nicht. Sie lebten schon zwei Generationen später. Aber sie legten großen Wert darauf, dass Jesus nicht zu einer Idealgestalt oder gar zu einem Gespenst erklärt wurde. Sie suchten Jesus in der wirklichen Welt, unter den wirklichen, lebendigen Menschen. Sie suchten und fanden Jesus in ihrer Mitte.
Auferstehung – das ist dann die Erkenntnis: Es ist derselbe.
Es ist eine Geschichte des Anfangs, sie reicht hinein in den Montag, den Dienstag und alle Tage, zwischen die Lastkarren und in die Ecken und Winkel des Alltagslebens. Sie reicht bis hin zu den Krankenstationen und an die Ladenkassen der Geschäfte, dorthin, wo die Menschen jetzt besonders belastet sind.

Sie ist der sichere Ort, an dem Jesus sagt: „Friede sei mit euch. Ich bin es doch, ich selbst und niemand sonst“.

Verfasserin: Pfarrerin Ingrid Volkhardt-Sandori


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