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Johannes und Jesus

von Florian Bortfeldt (Idafehn)

Predigtdatum : 11.01.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : Matthäus 3,13-17
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Liebe Gemeinde,

unser heutiger Predigttext erzählt von einer überraschenden Begegnung zwischen zwei Männern in der Wüste. Sie kannten sich von früher, schon aus Kindertagen, waren doch ihre Mütter miteinander verwandt. Doch daß sie sich an diesem Ort treffen würden, damit hätte zumindestens einer der beiden überhaupt nicht gerechnet. Ich lese aus Matthäus 3, die Verse 13-17:
13 Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.
14 Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?
15 Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's geschehen.
16 Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen.
17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.

Liebe Gemeinde, Johannes der Täufer wirkte im Auftrag Gottes in der Wüste und verkündigte das Strafgericht Gottes. Die einzige Chance, die ihr habt, diesem Strafgericht zu entgehen - so predigte Johannes - ist, daß ihr von euren falschen Wegen umkehrt, also Buße tut und euch zum Zeichen dieser Umkehr taufen laßt. Und so kamen viele Menschen aus der Umgebung, ja sogar aus den Städten zu Johannes in die Wüste und an den Fluß Jordan und ließen sich taufen. Es kamen aber nicht alle aus innerer Überzeugung. Viele kamen auch aus Neugierde, als Schaulustige sozusagen. Sogar Pharisäer und Sadduzäer, also die jüdische Geistlichkeit, kamen an den Jordan, weil sie diesen Mann kennenlernen wollten. Es hatte sich nämlich herumgesprochen, daß Johannes ein begnadeter Prediger war, der die Leute in seinen Bann ziehen konnte. Er war so eine Art "Barack Obama" des antiken Orients, er hatte das Zeug zum Superstar und heute noch wird er als der "letzte Prophet" des Alten Testaments bezeichnet. Und so mancher, der skeptisch oder nur mal eben so zum Gucken zu Johannes gekommen war, ließ sich von seinen Predigten ansprechen und inspirieren, sein Leben zu ändern. Schließlich, so erzählt uns die Bibel, war der Andrang so groß, daß es zu einer Massentaufe kam (Lukas 3,21). Ich stelle mir das so vor, daß sich die Leute in einer Schlange aufstellten und nach und nach von Johannes getauft wurden.
Und während immer mehr Menschen sich bekehrten, einen neuen Anfang mit Gott machten und sich taufen ließen, machte plötzlich ein Wort die Runde. Irgendeiner hatte es zuerst gesagt und nun breitete es sich wie ein Lauffeuer aus:
"Messias". Der "Erlöser". Der von Gott versprochene "Retter". Könnte es sein, daß Johannes der Täufer der in den alten Schriften angekündigte Heiland des Volkes Israel ist? So fragten sich die Menschen damals. Wir können das im Lukasevangelium (3,15) nachlesen. Dort heißt es wörtlich: Das Volk war voll Erwartung und alle dachten in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht der Christus wäre.
Liebe Gemeinde, Johannes hätte nun die Riesenchance gehabt, sich an die Spitze einer Bewegung, seiner Bewegung zu stellen. Getragen von den Massen hätte er sich dazu verführen lassen können zu sagen: "Ja, ich bin es. Ja, ich bin der, auf den ihr gewartet habt. Ich bin der Erlöser des Volkes Israel, ja der ganzen Menschheit (vgl. Lk 3,6). Folgt mir nach, ich zeige euch den wahren Weg zu Gott, ja, ich bin der Weg zu Gott selber". Es wäre gar nicht so verwunderlich, wenn die Geschichte so verlaufen wäre. Es hat auch schon viele gegeben, die Johannes mißverstanden haben. Die Bibel berichtet davon, daß Johannes eine Jüngerschaft hatte, die ihn wahrscheinlich trotz seiner Dementis für den Messias gehalten haben (vgl. Mk 2,18; Apg 19,3). Und schließlich hat es vor und nach Johannes viele gegeben, die sich für den von Gott, den Göttern oder der sogenannten "Vorsehung" auserwählten Erlöser der Welt gehalten haben. Vor allem auch deshalb, weil sie viele Menschen begeistern konnten und schließlich der Versuchung nicht widerstehen konnten, als die Massen sie auf den Thron gehoben haben.
Johannes erlag dieser Versuchung nicht. Er wußte, daß es sein Auftrag war, lediglich "Wegbereiter des Herrn" zu sein. Und so erstickte er die falschen Erwartungen im Keim uns wies stattdessen auf den hin, der die wahre Erlösung bringen würde. Johannes kannte seine Grenzen und er bekannte (Lukas 3,16): "Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, daß ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen."
Und nun kam es zu der unerwarteten Begegnung, von der ich am Anfang erzählt habe und mit der Johannes mit Sicherheit nicht gerechnet hatte. Jesus, der bis dahin noch weitgehend unbekannte Zimmermannssohn aus Nazareth, erschien am Jordanfluß und reihte sich in die Schlange der Wartenden sein, die sich taufen lassen wollten. Ich stelle mir förmlich das Gesicht des Täufers vor, als er Jesus vor sich in der Schlange der Wartenden erkannte. Die Bibel erzählt von der großen Verwunderung, die Johannes in diesem Moment überfiel (Mt 3,14): Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?
Johannes wußte, daß der wahre Messias sich bald offenbaren würde. Und vielleicht ahnte er auch schon, daß es sein Verwandter Jesus aus Nazareth sein würde, denn schließlich hatte seine Mutter Elisabeth ihm schon früh von der wunderbaren Geburt des Sohnes der Maria erzählt. Aber was um alles in der Welt wollte Jesus hier und jetzt am Jordan? Warum tauchte er mitten im Volk auf? Er brauchte keine Taufe - er kam doch von Gott! Jesus antwortete Johannes nur kurz und knapp: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Johannes verstand dies nicht, aber er gehorchte Jesus und taufte ihn. Doch kurz danach wurde es ihm klar, als nämlich Gott selbst vom Himmel Jesus als den Heiland der Welt bestätigte. Matthäus berichtet (3, 16-17): Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Johannes begriff: Es war tatsächlich Jesu Auftrag, sich unter die Sünder einzureihen. Mit und unter den Sündern zu leben, sich wie sie taufen zu lassen, ihr Leben zu leben, so zu leiden wie sie und wie sie zu sterben. Unter den Sündern zu sein, aber dabei selber kein Sünder zu sein oder zu werden. Diesen Weg hatte Gott gewählt und diesen Weg hatte er nach der Taufe Jesu durch seinen Heiligen Geist bestätigt.
Liebe Gemeinde, diese Geschichte ist für unseren Glauben von großer Wichtigkeit. Denn sie zeigt uns, woran wir erkennen, ob eine Botschaft wirklich von Gott kommt oder nicht. Und sie zeigt uns, ob wir es bei einem Menschen mit einem Diener Gottes oder mit einem falschen Propheten bzw. einem Verführer zu tun haben. 2 Merkmale in dieser Geschichte sind entscheidend:
1.Merkmal: Johannes weist von sich weg. Er weist auf Christus. Er ist zwar begabt, redegewandt und selbstbewußt. Aber im entscheidenden Moment bleibt er bescheiden und demütig. Er kennt seinen Auftrag und weicht nicht von ihm ab. Und er läßt sich nicht auf einen Thron heben, der ihm nicht zusteht. Er läßt sich nicht dazu verführen, sich anbeten zu lassen. Auch spätere Persönlichkeiten des Glaubens sind dieser Versuchung nicht erlegen. Ich denke hier nur an Paulus, der im 1.Korintherbrief schreibt (V.5ff): "Wer ist nun Apollos? Wer ist Paulus? Diener sind sie, durch die ihr gläubig geworden seid ... Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben. So ist nun weder der pflanzt noch der begießt etwas, sondern Gott, der das Gedeihen gibt." Oder ich denke an Martin Luther, der den Kult um seine Person gar nicht mochte und sich selber als "feisten Doktor" bezeichnete, der "ein gutes Futter für die Maden abgeben" wird.
2., über Wahrheit oder Lüge entscheidendes Merkmal: Jesus reiht sich in die Schlange der Menschen ein. Damit stellt Gott die Verhältnisse auf den Kopf. So wie er das schon vorher getan hat, als er seinen Sohn in einem ärmlichen Stall und nicht in einem Königspalast zur Welt kommen ließ. Und so wie nachher, wenn sein Sohn die Aussätzigen berührt, bei den Sündern einkehrt und seinen Jüngern die Füße wäscht. Man kann es auch anders formulieren: Jesus ist echt, weil er am wirklichen Leben der Menschen teilgenommen hat. Jesus kam aus der Mitte der kleinen Leute und er blieb in der Mitte der kleinen Leute. Die falschen Messiase, die sogenannten Führer, sie kamen vielleicht auch aus dem sogenannten niederen Volk. Aber sie blieben dort nicht. Wenn sie sich an die Macht gekämpft, geputscht oder gelogen hatten, dann zogen sie in die Paläste ein, ob sie nun Hitler, Stalin oder Robert Mugabe hießen oder heißen. Jesus hatte Macht, ja die größte Macht der Welt. Aber er kam weder an die Macht noch blieb er an der Macht. Er demonstrierte seine Macht an den Schwachen, den Gescheiterten und den Hoffnungslosen und wählte selbst den Weg der Ohnmacht. Und immer dann, wenn die Kirche Jesu Christi diesen Weg verlassen hat und sich auf die Seite der Mächtigen geschlagen oder die Methoden der Mächtigen angewandt hat, dann hat sie aufgehört Kirche Jesu Christi zu sein.
Und so lautet auch unsere Aufgabe in unserer Zeit, liebe Gemeinde: Wie Johannes auf Christus hinzuweisen, der alleine uns retten kann in Zeit und Ewigkeit. Und zu versuchen, sich danach auszustrecken, so zu leben wie er: barmherzig, mutig, neue Wege einschlagend; vollmächtig, aus der Kraft des Heiligen Geistes lebend. All das ist keine Utopie, sondern es ist möglich. Johannes und Jesus haben es uns vorgemacht. Und Jesus, er ist immer noch mitten unter uns. Und er wird es bleiben. Er hat sich entschieden, mit uns schwachen, unvollkommenen Menschen sein Reich zu bauen. Auch in diesem neuen Jahr. Also, nur Mut, liebe Gemeinde, lassen Sie uns gemeinsam losgehen auf diesen Weg, den Gott bereiten und segnen möchte.

Amen